Samstag, 9. November 2019

Sandvorspülungen an der Nordsee - ein verlorener Kampf gegen die Natur

Die Nordseeinsel Sylt bietet mit ihrer geographischen Lage eine Art Schutzdamm für das Wattenmeer und das dahinterliegende Festland. Das Wattenmeer bietet für Zugvögel und andere Tiere einen unvergleichbaren Lebensraum. Millionen Zugvögel rasten zweimal jährlich, im Frühjahr und im Herbst, mehrere Wochen im nahrungsreichen Wattenmeer, um hier Energie aufzutanken - auf dem weiten Weg in die Brutgebiete im hohen Norden bzw. die Winterquartiere in südlichen Gefilden. 
Sylt ist die Insel, die am stärksten der Kraft der Strömung und Wellen der Nordsee ausgesetzt ist. Jedes Jahr verliert die Insel daher erhebliche Mengen an Sand und wird kleiner.

Auf Grund dessen wurden seit 1972 als Küstenschutzmaßnahme rund 50 Millionen Kubikmeter Sand auf die Nordseeinsel Sylt vorgespült. Dies sind 1,3 Millionen Kubikmeter Sand pro Jahr, was wiederum 600 50-Meter-Becken eines Freibads entspricht. Die Kosten dafür belaufen sich insgesamt auf 230 Millionen Euro. Aktuell belaufen sich die gesamten Kosten der Küstenschutzmaßnahmen der Insel Sylt auf 80 Millionen Euro pro Jahr. Würden diese Maßnahmen eingestellt werden, würden Sylt und andere Nordseeinseln langfristig nicht mehr existieren, was einen Verlust des Festlands von Schleswig Holstein von bis zu 25% zur Folge haben kann.

Wenn heute über die Klimakatastrophe gesprochen wird, ist oft die Rede davon, dass sich deren Auswirkungen besonders gut an Meeren oder auf Inseln beobachten lassen. In der Tat war ich das erste Mal im Jahr 2002 und das letzte Mal im Jahr 2016 auf Sylt und konnte den Unterschied feststellen. Die Strände haben deutlich an Sand verloren. Ein Phänomen hat mich jedoch besonders negativ beeindruckt. Die südlichste Stelle der Insel, die "Hörnum-Odde", verschwindet unter den Kräften der Natur mehr und mehr. Im Zuge meiner Recherche fand ich heraus, dass dieses Phänomen nicht nur auf die Gewalten der Natur zurückzuführen ist, sondern zum Großteil von Menschen verursacht ist. Eine Präsentation des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig Holsteins beschreibt diesen Phänomen sehr ausführlich und zeigt die Veränderungen der "Hörnum-Odde" seit 1972.

Die roten Balken am linken Rand der dortigen Grafiken stellen Tetrapoden dar, die die Gebäude (rote Punkte) vor den Wellen und der Strömung schützen sollen. Diese wurden in den 60er Jahren im Auftrag des damaligen Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm, der zufällig seinen Zweitwohnsitz an dieser Stelle hatte, zum ersten mal auf den Grund der Nordsee gelassen. Der Plan ging auf. Die Siedlung konnte vor der Strömung und den Wellen geschützt werden und es lagerte sich neuer Sand vor der Siedlung an. Sand, der sich bis dahin schützend an die Sylter Südspitze abgelagert hatte. Auch diverse Umlagerungen der Betonklötze konnte die Situation nicht verbessern. Die Sandvorspülungen und somit auch die "Hörnum-Odde" an diesem Punkt der Insel wurden aufgegeben. Eine Niederlage gegen die Natur.

Quellen und weitere Informationen:

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