Zu den besten deutschspachigen Büchern zum Themenkomplex Nachhaltigkeit zählt das Buch "Verkaufte Zukunft. Warum der Kampf gegen den Klimawandel zu scheitern droht " von Jens Beckert, das auch in den Seminaren Verwendung findet. Dieses Buch können Sie ab sofort bei der bpb für 5,- € bestellen. Auf der bpb-Website findet sich folgende Beschreibung:
"Seit Jahrzehnten ist der Zusammenhang zwischen dem Ausstoß
von Treibhausgasen und der Erhitzung der Erdatmosphäre bekannt – genau
wie seine potenziell desaströsen Konsequenzen. Dennoch hat die
Menschheit in dieser Zeit nicht weniger, sondern immer mehr
Treibhausgase ausgestoßen: In den vergangenen drei Jahrzehnten ist so
viel CO₂ emittiert worden wie in den zwei Jahrhunderten zuvor. Worin
liegt diese eklatante Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln begründet? Der
Soziologe Jens Beckert analysiert, welche massiven Hürden moderne
Gesellschaften davon abhalten, angemessen auf die Klimakrise zu
reagieren: die kapitalistische, an Gewinn orientierte Wirtschaft, das
auf demokratische Legitimation angewiesene politische System sowie
soziokulturelle Bedingungen, die Konsum, Identität und sozialen Status
eng aneinander koppeln. Da keine einfachen Auswege aus diesen
strukturellen Dilemmata hinausführen, so Beckert, sei es wichtig, diese
zu reflektieren und sie im politischen Handeln zu berücksichtigen. Auch
wenn die Klimaerhitzung bereits Realität sei und sich ein weiterer
Temperaturanstieg nicht mehr abwenden lasse, sei es nötig,
Handlungspotenziale auszuloten und zu nutzen, um ihn so weit wie möglich
zu begrenzen. Zugleich müssten Anpassungsmaßnahmen ergriffen werden,
die den Menschen Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels bieten und
den sozialen Zusammenhalt im Angesicht verschlechterter
Lebensbedingungen stärken."
Seit einigen Jahren nimmt die Klimakrise als wichtigstes Thema der Gegenwart auch bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) immer größeren Raum ein. Neben dem Online-Angebot (siehe hier) gilt das auch für die bpb-Schriftenreihe. In den letzten Tagen sind drei lesenswerte Titel hinzugekommen:
Dixson-Declève, Sandrine / Gaffney, Owen / Ghosh, Jayati / Randers, Jørgen / Rockström, Johan / Stoknes, Per Espen (2022), Earth for All. Ein Survivalguide für unseren Planeten, Lizenzausgabe der bpb - für 4,50 € bestellbar
Adler, Michael (2022), Klimaschutz ist Menschenschutz. Warum wir
über die Klimakrise anders sprechen müssen, Lizenzausgabe der bpb - für 4,50 € bestellbar
Die Ausgabe 15-16/2023 der Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" widmet sich dem (wenig spezifischen) Thema "Träume" und umfasst einen höchst lesenswerten Beitrag (17 min Lesezeit) zur Thematik dieses Blogs und des laufenden Seminars "Nachhaltigkeit (II): In der Klimakrise":
"Wenn Deutschland klimaneutral ist, die Welt aber nicht, nutzt das wenig.
Stattdessen sollten wir uns zu Paten des Regenwaldes machen und weniger
auf individuelle Verhaltensänderungen achten als auf die Verbesserung
der Welt durch gezieltes Spenden."
Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) bietet zu zentralen Themen Dossiers an, die in aller Regel sehr interessant und vielseitig sind. Das trifft auch und gerade auf das Dossier "Klimawandel" zu, das in Zusammenarbeit mit dem renommierten Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie erarbeitet wurde und Beiträge zu Themen umfasst wie:
Zum Themenbereich Klima/Ressourcen/Umwelt sind bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) im Moment folgende Bücher bestellbar:
Über Leben und Natur - Es geht nicht ohne sie: Biologische Vielfalt ist entscheidend für das Überleben von Mensch und Natur. Das Buch erklärt, warum das so ist und was für den Erhalt biologischer Vielfalt zu tun ist.
Klimaschutz: Wissen und Handeln - Zwischen dem Wissen über Ursachen, Folgen und geeignete Strategien zur Eindämmung der Klimakrise einerseits und der Umsetzung in Handeln andererseits klafft eine große Lücke.
Im Strudel - Unser Verhältnis zur Umwelt ist ambivalent. Frank Uekötter entwirft eine Umweltgeschichte, die die vielen Facetten in den Blick nimmt.
In Zukunft hitzefrei? - Der Klimawandel ist in aller Munde – doch selten wird genauer nachgefragt: Was hat er mit der Sonne, mit Kohlenstoff und der Erdatmosphäre zu tun? Warum erwärmt sich die Erde so stark...
Mehr aus weniger - Geht das denn überhaupt? Mehr Wachstum und Wohlstand für alle Menschen, trotz geringeren Ressourceneinsatzes? Der Wirtschaftswissenschaftler Andrew McAfee ist überzeugt, dass eine kluge Kombination...
Heißzeit - Kaum eine Erdregion, in der nicht inzwischen die Folgen des menschengemachten Klimawandels zu spüren sind. Mojib Latif erläutert unmissverständlich dessen Ursachen und Folgen und wendet sich gegen...
Der Boden - Unter uns: Die meisten Menschen verspüren wenig Anlass, über die Welt unterhalb ihrer Schuhsohlen nachzudenken. Dabei gibt es gute Gründe dafür. Peter Laufmann zeigt, was intakte Böden ausmacht...
Zieht euch warm an, es wird heiß! - Der Klimawandel mit seinen vielen bedrohlichen Folgen geht vom Menschen aus. Daher drängt uns die Wissenschaft zum notwendigen Gegensteuern, doch immer noch zu vielen Menschen scheint das...
Land unter im Paradies - Der Klimawandel hat viele Auswirkungen - viele davon sind in anderen Weltgegenden noch dramatischer als hierzulande. Wie sehen diese konkret aus? Wie steht es um das Bewusstsein für die Problematik...
Plastik - Plastik: unverzichtbar, unvernichtbar oder beides? Ein Stoff, der einst wegen seiner Nützlichkeit und Vielseitigkeit den Siegeszug durch unseren Alltag antrat, bereitet heute weltweit große...
Das Klimabuch - Niemand kann mehr ernsthaft den Klimawandel leugnen. Was passiert konkret? Welche Faktoren sind beteiligt? Wie wirken sich die Veränderungen weltweit aus? Was können Einzelne oder viele bewirken?
Die Erde rechnet ab - Der Klimawandel ist ein Faktum, dessen Auswirkungen kaum mehr zu übersehen sind: Starkregen und Dürren, Waldschäden, Ernteausfälle, extreme Hitze.
Das Tier und der Nutzen - Nutztierhaltung ist zunehmend breiter öffentlicher Kritik ausgesetzt, die sich vor allem auf die damit verbundene ökologische Belastung und das eingeschränkte Wohlbefinden der Tiere bezieht.
Ewigkeitslasten - Kann man radioaktive Abfälle "endlagern"? Gibt es technisch verlässliche, sozial und politisch vermittelbare Lagerstätten für den atomaren Müll, der nach jahrzehntelanger Nutzung der Atomkraft...
Das Verstummen der Natur - Es ist weithin still geworden. Insbesondere Vögel und Insekten leiden darunter, dass ihre Lebensgrundlagen und Futterpflanzen Raubbau, Gleichgültigkeit oder Unkenntnis zum Opfer fallen.
Leute machen Kleider - Woher stammen die Kleidungsstücke, die wir tragen? Wer produziert sie und wo? Welchen Arbeitsbedingungen sind die Menschen in der Kleidungsindustrie unterworfen? Und welche ökologischen und sozialen...
Wasser - Wasser ist lebenswichtig. Doch während es die einen verschwenden (können), haben andere zu wenig, zu schlechtes oder gar kein Wasser zur Verfügung. Wasserkrisen verschärfen sich zudem durch den...
Klimapolitik - Veränderungen des globalen Klimas sind unübersehbar. Doch vielfach wird hoch kontrovers über Ursachen, Ausmaß und Folgen gestritten. Die Autoren bieten einen Problemaufriss, diskutieren…
Das Ozeanbuch - Verschmutzung und Überfischung sind nur die offenkundigsten Bedrohungen unserer Weltmeere. Der Klimawandel hat spürbar Einfluss auf Temperaturen, Strömung und Wasserqualität der Meere.
Das Ende der Natur - Artensterben? Vor unserer Haustür? Vögel, Insekten, Amphibien, Wildkräuter und deren Lebensräume sind, so Susanne Dohrn, massiv bedroht durch eine agroindustrielle Landwirtschaft, in der alles dem...
Ökoroutine - Gewohnheiten sind erst Spinnweben, dann Drähte, sagt ein Sprichwort. Eingefahrene Verhaltensweisen bremsen die Hinwendung zu einer ressourcenschonenderen (Land)Wirtschaft, Mobilität oder...
Magnet Stadt - Die Städte des Globalen Südens ächzen unter dem Zustrom von Menschen, deren Lebensgrundlagen durch Entrechtung, Katastrophen oder Kriege verloren gingen und die ihr Überleben in urbanen Räumen...
Global Gardening - Bioökonomie? Klingt gut, aber wie ist das Verhältnis zwischen Bio und Ökonomie dabei? Bedeutet der Begriff Wirtschaften im Einklang mit den Ressourcen der Erde? Oder tarnt sich hier weiterer...
Deutschland in Grün - Umwelt und Umweltschutz – zwei viel zitierte Begriffe. Wie steht es um beides in Deutschland? Welche Akteure setzen sich für welche Ziele ein? Welche Initiativen hatten Erfolg und warum?
Endspiel - Eine Welt ohne Regenwälder ist dem Untergang geweiht. Doch wie steht es um sie? Rodung, Zerschneidung und viele andere negative Einflüsse setzen ihnen zu. Claude Martin analysiert in seinem ebenso...
Schlussbericht der Enquete-Kommission - Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" hat ihren Schlussbericht vorgelegt. Unter anderem schlägt sie einen neuen Begriff von Wohlstand und eine neue...
Wasser - Ohne Wasser ist kein Leben möglich. Im Überfluss ist es ebenso zerstörerisch wie bei Mangel. Und Wasser spaltet: in Arme und Reiche, in Verschwender und Sparsame, in Zerstörer und Bewahrer.
1972, vor 50 Jahren, ist der Bericht "Grenzen des Wachstums" erschienen. Aus diesem Anlass widmet sich die aktuelle Ausgabe von "Aus Politik und Zeitgeschichte" (APuZ 3-4/2022) dem Thema "Green New Deals". Darin enthalten sind u.a. die folgenden lesenswerten Aufsätze:
Klaus Dörre: Alle reden vom Klima. Perspektiven sozial-ökologischer Transformation - CO2-Emissionen sind ungleich verteilt – zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, aber auch innerhalb der Industriestaaten. Eine Transformation muss daher auch die innergesellschaftliche Ungleichheit angehen, oder sie wird scheitern.
Thomas Döring: 50 Jahre "Grenzen des Wachstums". Von der Wachstums- zur Post-Wachstumsökonomie? - Der Bericht an den Club of Rome von 1972 ist ein Meilenstein in der Analyse des unbegrenzten Wirtschaftswachstums. Auf ihm fußen wachstumskritische Ansätze, aber auch Alternativen zum BIP als der wichtigsten ökonomischen Kennzahl.
Susanne Dröge: Der europäische Green Deal. Ziele, Hintergründe und globale Dimension - Der Green Deal ist die ehrgeizigste Agenda, die sich die EU je gegeben hat. Die Kommission verfolgt nicht bloß den Klimaschutz als Ziel, sondern will durch den Deal auch wirtschaftlich und geopolitisch zu den USA und China aufschließen.
Rainer Land: Entwicklung statt Wachstum - Statt einen Rückbau der Wirtschaft braucht es eine ökologische Wirtschaftsentwicklung, mit der durch umweltkompatible Innovationen und nachhaltige Ressourcenbewirtschaftung eine wirkliche sozial-ökologische Transformation erreichbar ist.
Johannes Müller-Salo, Rupert Pritzl: Klimaschutz durch Innovation und Marktwirtschaft - Klimapolitik muss den Kriterien Effizienz und Gerechtigkeit genügen. Anstatt immer ehrgeizigere Klimaziele auszurufen, sollte die Politik die Instrumente und deren gesellschaftliche Kosten hinterfragen und offen diskutieren.
Birgit Mahnkopf: Der große (Selbst-)Betrug. "Klimaneutralität" durch "grünes Wachstum" - Essay - Der Green Deal der EU-Kommission führt das wachstumsorientierte Wirtschaftsmodell fort – unter fadenscheinigen grünen Vorzeichen. Für eine wirkliche Transformation müssten Politik und Gesellschaft die planetaren Ressourcen der Marktlogik entziehen.
Eben ist ein neues Heft aus der Reihe "Informationen zur politischen Bildung" der bpb erschienen: Heft 347 zum Thema "Klima" (kostenlos bestellbar und komplett online). Es handelt sich um eine hochaktuelle und überaus gelungene Koproduktion von Forschern des Wuppertal Instituts und des IASS Potsdam mit folgenden Abschnitten:
Wenn wir in unserem Alltag Nachhaltigkeit praktizieren möchten, können wir dies durch den Kauf von umwelt- und sozialverträglichen Produkten tun. Um uns Konsumenten dabei zu unterstützen und Orientierung zu geben, sind viele Produkte mit sogenannten Gütesiegeln gekennzeichnet. Sie verfolgen die Entstehung des Produktes und bewerten dabei die Gewinnung der Rohstoffe, die Arbeitsbedingungen zur Herstellung und die faktische Beschaffenheit des Produktes im Hinblick auf Nachhaltigkeit.
Da Gütesiegel jedoch mehr und mehr auch als Vermarktungsstrategie eingesetzt werden und somit stetig neue Siegel entworfen werden, welche nicht immer für hohe Standards stehen, ist man als Konsument ohne Expertise oft überfordert angesichts der unzähligen vielversprechenden Gütesiegeln. Um hierbei Orientierung zu geben, was wirklich hinter den einzelnen Siegeln steckt und welche Siegel tatsächlich auf gehobene Nachhaltigkeitsanforderungen hinweisen, gibt die Bundeszentrale für politische Bildung im nachfolgend verlinkten Artikel eine Übersicht: https://www.bpb.de/dialog/netzdebatte/283493/welche-guetesiegel-gibt-es
Der Begriff kulturelle Globalisierung und der zugehörige Diskurs sorgt für reichlich Diskussionsstoff. Vor allem, da dabei vor einer "Homogenisierung im Sinne einer Verwestlichung gewarnt wird." (Belwe) In der westlichen Welt wird kulturelle Globalisierung häufig als etwas Positives empfunden. In Ländern des sogenannten globalen Südens hingegen wird dies in der Regel als Angriff auf die eigene kulturelle Identität verstanden. (vgl. Belwe) Im folgenden Beitrag der Tagesschau wird an dem Beispiel eines ägyptischen Weihnachtsmarkts die positive Seite der Globalisierung beleuchtet. Der Titel stellt jedoch dennoch die Frage nach der "[…] positiv[en] Seite der Globalisierung?"
Im Gegensatz dazu steht die negative Seite, die sehr häufig als Kritik an der sogenannten McDonaldisierung firmiert:
Entwicklungspolitische Auslandsfreiwilligendienste, wie zum Beispiel das Programm weltwärts, das 2008 eingeführt wurde, sollen den interkulturellen Austausch fördern. Solche Programme werden jedoch in ihrer Wirkungsmöglichkeit kritisch hinterfragt. Auch hierzu gibt es auf der Seite der bpb einen interessanten Artikel von Jörn Fischer.
Das zugrundeliegende Wirkungsmodell von entwicklungspolitischen Auslandsfreiwilligendiensten wird in dem Artikel wie folgt beschrieben und anschließend wird jede Stufe nochmals einzeln und ausführlich betrachtet.
Die Freiwilligen wirken durch ihre Tätigkeit in der Einsatzstelle und veranlassen durch ihre pure Anwesenheit informelle Lernprozesse in ihrem gesellschaftlichen Mikroumfeld (Stufe 1). "Gleichzeitig durchlaufen sie selbst Lernerfahrungen, die zurückzuführen sind auf ihre Tätigkeit und auf die Interaktion mit ihrem Mikroumfeld (Stufe 2). Die Gesamtheit der während des Dienstes gemachten Erfahrungen wiederum wirkt als Motivator und Katalysator für ein Engagement auch nach dem Dienst (Stufe 3)."(Fischer) Die Problematik hierbei ist, dass die Wirkungsforschung bisher nur schemenhaft das Wirkungspotential erkennen lässt. (vgl. Fischer)
Das Programm BtE
Das Programm Bildung trifft Entwicklung, kurz BtE, bietet Personen mit Migrantionsbiografie aus dem sogenannten globalen Süden, Personen, die längere Zeit im Ausland verbracht haben und dort entwicklungspolitisch tätig waren, oder Personen, die durch ein Programm wie weltwärts für 1 Jahr einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst absloviert haben, die Möglichkeit im Bereich des Globalen Lernens und der Bildung für nachhaltige Entwicklung tätig zu werden. "BtE vermittelt diese Referentinnen für Bildungsveranstaltungen des Globalen Lernens an Kindergärten, Schulen, Hochschulen, Einrichtungen der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung sowie an weitere interessierte Gruppen.". Ziel des Programms ist es die persönlichen Erfahrungen ihrer Referent*innen zu nutzen, um "authentische Einblicke in weltweite Zusammenhänge" zu bieten und "einen Perspektivenwechsel auf die Themen und Probleme der Globalisierung" zu ermöglichen.
Das Programm hat verschiedene pädagogische Arbeitsmaterialien für das Globale lernen entwickelt. Hierzu veröffentlichte Publikationen können auf dem zugehörigen Internetauftritt abgerufen werden. Außerdem können Materialien bestellt werden und bei den regionalen Bildungsstellen ausgeliehen werden.
Die regionale Bildungsstelle in Baden-Württemberg ist das entwicklungspädagogische Informationszentrum in Reutlingen, kurz EPiZ. Ausführliche und weiterführende Informationen zu dem Programm BtE lassen sich auf dem Internetauftritt des Programms finden.
Die aktuelle Ausgabe des Magazins fluter der Bundeszentrale für politische Bildung (Nr. 70, Frühjahr 2019) widmet sich dem Thema Klimawandel. Aus der Beschreibung auf der bpb-Website:
Die Debatten um das Klima als Krise sind weltweit voll im Gang.
Kritische Befunde zu Luftverschmutzung, Artensterben, Abholzung der
Regenwälder, Erosion der Böden, Anstieg des Meeresspiegels und anderem
verweisen auf einen brisanten Zusammenhang: Unser Verhältnis zu den
natürlichen Lebensgrundlagen muss neu gestaltet werden. Von wegen "Macht
euch die Erde untertan". (...) Die kapitalistische Wirtschaftsweise
hat einen prekären Stoffwechsel. Noch immer herrscht hier Ignoranz
gegenüber den Umweltschäden und ist die Auslagerung ihrer Kosten auf die
Allgemeinheit die Regel. (...) Der
Klimawandel bedroht Menschen auf der ganzen Welt sehr unterschiedlich.
Er wird neue Gewinner und Verlierer erzeugen. Klimaschutz birgt sozialen
Sprengstoff: Wenn nur die Preise für klimaschädliche Produkte verteuert
oder diese ganz verboten werden, ohne erschwingliche Alternativen zu
schaffen, trifft es Arme und Familien mit Kindern härter. Noch immer ist
"Bio" vor allem ein Phänomen der gehobenen Schichten. Die größten
Klimasünder finden sich bei den Gutverdienern, die sich allerdings ihr
gutes Gewissen etwas kosten lassen können. Und wie gerecht ist es, von
den Staaten des globalen Südens die gleichen Anstrengungen zu fordern
wie von den Staaten des globalen Nordens? (...) Wir streiten ums Klima oft so, wie wir übers Wetter reden, mit
kurzem Blick, rascher Aufregung und schnellem Vergessen. Mit der
Klimadebatte kommen aber in vielen Arenen des Streits langfristige
Überlegungen ins Spiel, mit Zeitrahmen weit jenseits der
Verwertungshorizonte unserer Märkte und ihrer Konsumkultur.
Eine Konsumgesellschaft ist immer auch eine Wegwerfgesellschaft. Deshalb kann nicht überraschen, dass wir dem Thema Müll im laufenden Semester schon mehrfach begegnet sind. Die aktuelle Ausgabe von "Aus Politik und Zeitgeschichte" (APuZ 49-50/2018) beleuchtet das Thema Müll aus unterschiedlichen Blickwinkeln:
Christof Mauch: Deponierte Schätze. Archäologien des Mülls als Spiegel der Gesellschaft - Essay - Müll und Weggeworfenes geben Aufschluss über Bedürfnisse und Wertvorstellungen, über einstmals Geschätztes und über das, was wir vergessen wollten. Dabei sind ihre Botschaften untrüglich, weil sie niemals dazu bestimmt waren, "gelesen" zu werden.
Henning Wilts: Was passiert mit unserem Müll? Nationaler Müllkreislauf und internationale Müllökonomie - Kein europäisches Land hat höhere Abfallverwertungsquoten als Deutschland. Aber was genau passiert eigentlich mit unserem Müll? In welchen Teilen der Welt wird er recycelt? Und wer hat Zugriff auf die Rohstoffe, die aus ihm zurückgewonnen werden?
Wolfgang Klett, Hagen Weishaupt: Müllgovernance in Deutschland und Europa - Die EU-Richtlinien bilden den Rahmen für die nationale Gesetzgebung zur Abfallwirtschaft. Das europäische Kreislaufwirtschaftspaket 2018 öffnet ein weiteres Kapitel der Rechts-entwicklung, die in Deutschland mit dem Abfallbeseitigungsgesetz 1972 begann.
Stefan Gäth, Frances Eck: Zur falschen Zeit am falschen Ort. Müll als Ressource - Die Dinge, die wir ausmustern und wegschmeißen, sind zugleich ein Fundus an Materialien und Stoffen, die sich wieder nutzbar machen ließen. Am Beispiel der Rohstoffe Phosphor, Kobalt und Kupfer wird deutlich, welche Bedeutung effizientes Recycling hat.
Laura Moisi: Müll als Strukturfaktor gesellschaftlicher Ungleichheitsbeziehungen - Die Wahrnehmung von Müll hängt stark von sozialen Erfahrungen und kulturellen Bewertungen ab. Vorstellungen von legitimen oder illegitimen Abfällen, von Schmutz und Reinheit haben daher auch Einfluss auf gesellschaftliche Grenzziehungen.
Roman Köster: Recycelte Sprachbilder. Kleine Geschichte deutscher Abfalldiskurse bis 1990 - Aktuelle Mülldebatten demonstrieren, dass die semantischen Gehalte der Abfalldebatten der 1970er und 1980er Jahre immer noch plausibel erscheinen. Die Rede über den Müll versetzt uns insofern in einen Modus der kritischen Reflexion über die moderne Lebensweise.
Olga Witt: Zero Waste. (K)ein Ding der Unmöglichkeit? - Essay - Keinen Müll kann es in unserer Gesellschaft nicht geben. Aber es könnte deutlich weniger Müll geben. In vielen Städten entstehen Läden, die Einkäufe ohne Verpackungen ermöglichen. Und auch sonst gibt es genügend Strategien, wie man seine Müllbilanz verbessern kann.
Das Buch "Nachhaltigkeit" von Iris Pufé ist 2017 in 3. Auflage erschienen und hat sich zum Standardwerk entwickelt. Vergangene Woche hat die Bundeszentrale für politische Bildung eine Lizenzausgabe des Werkes ins Programm aufgenommen. Das bewährte Lehrbuch kann dort für 4,50 € bestellt werden...
Passend zum vorigen Beitrag zu nachhaltiger Mode hat die Bundeszentrale für politische Bildung heute ein Buch von Imke Müller-Hellmann mit dem Titel "Leute machen Kleider. Eine Reise durch die globale Textilindustrie" ins Programm aufgenommen (für 4,50 € bestellen). Die Beschreibung liest sich folgendermaßen:
Was ziehe ich heute an? Diese Frage, zumeist auf die Auswahl im
Kleiderschrank gerichtet, kann auch dazu einladen, über Herkunft,
Materialien und Produktionsbedingungen unserer Kleidung nachzudenken.
Wer produziert eigentlich all die modischen, nützlichen oder
erforderlichen Textilien, die wir tragen? Welche Arbeitsbedingungen
bestehen an den Standorten der Textilindustrie, hierzulande, im
europäischen Ausland, in den Staaten des globalen Südens? Welche
ökologischen und sozialen Auswirkungen hat die Textilproduktion? Imke
Müller-Hellmann traf Manager und Zwischenhändler, Verkaufsstrategen und
Aufsichtspersonal. Zumal in China, Bangladesh oder Vietnam blieb jedoch
der offene Austausch mit den Menschen schwierig, die zwar am Beginn des
Produktionsprozesses, aber am unteren Ende seiner Hierarchie stehen:
Arme, zumeist Frauen. Ihre realen Lebens- und Arbeitsbedingungen in der
globalisierten, die Welt umspannenden textilen Industrie bleiben vage.
Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)
hat ein lesenswertes und anregendes Buch ins Programm aufgenommen, das sich mit der Frage nach dem guten Leben befasst und u.a.
ein nachdrückliches Plädoyer für die Einführung des bedingungslosen
Grundeinkommens enthält:
Rutger Bregmann (2018), Utopien für Realisten. Die Zeit ist reif
für die 15-Stunden-Woche, offene Grenzen und das bedingungslose
Grundeinkommen (für 4,50 € bestellen)
Die Beschreibung auf der bpb-Website lautet:
Utopien scheinen nicht kompatibel mit der Realität. Utopie aber war
lange Zeit vieles, was wir heute als Selbstverständlichkeit erachten:
eine sichere Daseinsvorsorge, eine erfüllte Freizeit, der Stellenwert
der Gerechtigkeit auf individueller, nationaler und internationaler
Ebene. Warum also, so fragt Rutger Bregman, nicht weiter mutige Schritte
in Richtung einer Gesellschaft gehen, die das Wohlergehen nicht an
Herkunft, Leistungsfähigkeit oder Besitz koppelt, sondern möglichst alle
Menschen befähigt, gut zu leben? Sein provokantes Buch möchte dazu
einladen, Denkverbote und unhinterfragte Routinen beiseite zu schieben.
Bregman trägt eine Vielzahl von Überlegungen und Erkenntnissen zusammen,
die, so sein Credo, das Potenzial zur Überwindung aktueller
Problemlagen haben – zum Beispiel andere Formen der Arbeit, innovativere
Daseinsvorsorge, deutlicher chancenorientierte Rahmenbedingungen für
möglichst viele Menschen.
Hier im Blog haben sich immer wieder Beiträge mit Plastikmüll befasst. In der Ausgabe 51-52/2017 beschäftigt sich die Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" in mehreren lesenswerten Beiträgen mit dem Thema "Meere und Ozeane". Ein Aufsatz gibt einen Überblick über die wissenschaftliche Debatte zum Thema "Plastikmüll im Meer":
Der nordpazifische "Müllstrudel" aus Plastikpartikeln gilt als eines der
drängendsten Umweltprobleme. Auch wenn noch nicht gesichert ist, wie
schädlich Mikroplastik für den
Menschen ist, gibt es ausreichend Argumente, etwas gegen die Vermüllung
der Ozeane zu tun.
An dieser Stelle wurde schon mehrfach darauf hingewiesen, dass bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) Themen rund um Nachhaltigkeit regelmäßig berücksichtigt werden. Das gilt sowohl für Bücher und Zeitschriften als auch für das Online-Angebot. Entsprechend ist wieder auf zwei Veröffentlichungen hinzuweisen:
Ottmar Edenhofer / Michael Jakob (2018), Klimapolitik. Ziele, Konflikte, Lösungen (für 4,50 € bestellen) - Kurzbeschreibung auf der bpb-Website:
Die Existenz des vom Menschen verursachten Klimawandels bestreiten nur
mehr ganz wenige. Gleichwohl gibt es in Wissenschaft und Politik
Differenzen in der Beurteilung seiner Ursachen und Auswirkungen sowie
der Strategien, diese zu beherrschen und sich den neuen, zu erwartenden
Gegebenheiten auf dem Planeten anzupassen. Ottmar Edenkofer und Michael
Jakob stellen zunächst die Ziele von Klimapolitik vor, die einen Weg
zwischen den Risiken des Klimawandels, den Kosten der
Emissionsvermeidung und dem Anspruch der Generationengerechtigkeit
auszuloten habe. Sie analysieren Erfolge und Desiderate bei der
Umsetzung klimapolitischer Zielstellungen, fragen nach dem Beitrag von
Wirtschaft und Gesellschaft zu Klimaschutzmaßnahmen und untersuchen, wie
und gegen welche Widerstände eine ambitionierte internationale
Klimapolitik im globalen Maßstab ausgestaltet, wissenschaftlich
begleitet und umgesetzt werden könnte. Zahlreiche Tabellen und Grafiken
ergänzen die Darstellung.
Gabriele Dürbeck: Das Anthropozän Erzählen: fünf Narrative - Um den Begriff des Anthropozän hat sich in Wissenschaft und Öffentlichkeit seit 2000 ein kontroverser Diskurs entwickelt. Es wird gezeigt, inwiefern unterschiedliche, erzählerisch strukturierte Geschichten der gesellschaftlichen und politischen Sinnstiftung dienen.
Steffen Bauer: Internationale Klimapolitik 2018. Von Paris über Bonn nach Katowice - Im Dezember 2018 soll auf der Klimakonferenz in Katowice ein Regelwerk zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens verabschiedet werden, das die kontinuierliche Steigerung der nationalen Klimaschutzanstrengungen gewährleisten soll. Ob dies gelingt, ist offen.
Ottmar Edenhofer: Klima, Kohle, Kapital. Ökonomische Hebel in der internationalen Klimapolitik - Um die Klimaziele zu erreichen, bedarf es mehr als die Förderung grüner Technologien. Erst wenn die Verursacher für ihre Emissionen zahlen müssen, ändert sich die Situation. CO2 braucht Preise – entweder als Steuer oder als Mindestpreis in einem Emissionshandelssystem.
Silja Klepp: Klimawandel und Migration. Heterogenes Forschungsfeld und politisierte Debatte - Das Thema "Klimawandel und Migration" hat in den vergangenen Jahren erhöhte Aufmerksamkeit erfahren. Das liegt auch daran, dass Fragen aufgeworfen werden, die auf den Kern politischer, sozialer und ökologischer Entwicklungen des 21. Jahrhunderts zielen.
Gotelind Alber, Diana Hummel, Ulrike Röhr, Meike Spitzner, Immanuel Stieß: Geschlechtergerechtigkeit und Klimapolitik - Jeder Aspekt des Klimawandels ist direkt oder indirekt genderrelevant. Klimapolitik kann einen wichtigen Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit leisten und durch die Berücksichtigung von Genderaspekten zugleich ihre gesellschaftliche Wirksamkeit verbessern.
In der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) sind in den letzten Wochen mehrere für unsere Thematik einschlägige Bücher erschienen:
Annemieke Hendriks (2018), Tomaten. Recherchen auf dem globalisierten Nahrungsmittelmarkt (für 4,50 € bestellen) - Kurzbeschreibung auf der bpb-Website:
Tomaten sind beliebt, aber unverarbeitet nicht lange haltbar.
Hierzulande wird zumeist niederländische Ware angeboten. Auch in
Osteuropa dominieren Tomaten niederländischer Produktion – obgleich das
warme Klima in vielen Gegenden Rumäniens, Bulgariens, Ungarns oder
Polens eine regionale Produktion zulässt. Große Teile der spanischen
Tomatenernte wiederum werden in den Niederlanden oder anderswo mehrfach
umgepackt und teilweise wieder spanischen Verbrauchern angeboten. Die
Ware Tomate, so das Fazit der niederländischen Journalistin Annemieke
Hendriks nach ihrer Recherche in ganz Europa, spiegelt beispielhaft
einen grotesk anmutenden, globalisierten Lebensmittelmarkt, der
hinsichtlich der Produktion und der Vertriebslogistik vielfach die
Gewinnmaximierung ökologischen, gesundheitlichen und ethischen Kriterien
überordnet. Hendriks hinterfragt zudem die Monopolstrukturen in der
Saatgutproduktion, aber auch die Mentalität der Verbraucher, die sich
häufig von Schlagworten wie Nachhaltigkeit oder Regionalität blenden
ließen.
Michael Kopatz (2018), Ökoroutine. Damit wir tun, was wir für richtig halten (für 4,50 € bestellen) - Kurzbeschreibung auf der bpb-Website:
Niemand muss das Rad neu erfinden, um ressourcenschonender zu leben:
Unser Alltag bietet zahlreiche Gelegenheiten, und viele Menschen sind
auch dazu bereit. Jedoch sei auch im großen Maßstab, so Michael Kopatz,
Nachhaltigkeit mit Blick auf Generationengerechtigkeit und den immer
noch wachsenden Ressourcenverbrauch nicht nur möglich, sondern zwingend
geboten. Um bei Konsum und Wohnen, bei Arbeit, Produktion und Verkehr,
im Agrarsektor, in der Energieversorgung und der Abfallwirtschaft im
Sinne einer ökologisch vertretbaren Praxis umzusteuern, bedürfe es einer
Vielzahl auch gesetzlicher Anreize. Eine in diesem Sinne engagierte
Politik könne dazu beitragen, den vielfach vorhandenen guten Willen in
die Tat umzusetzen, damit nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsformen zur
Selbstverständlichkeit werden. Kopatz kommt ohne moralische oder
pädagogische Zeigefinger aus und misst seine Vorschläge an der Realität.
Entscheidend sei, dass es gelinge, die Bürgerinnen und Bürger auf dem
Weg in eine "Ökoroutine".
Susanne Dohrn (2018), Das Ende der Natur. Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür (für 4,50 € bestellen) - Kurzbeschreibung auf der bpb-Website:
Raubbau in Deutschland? Was wir anderswo in der Welt anprangern,
geschieht auch vor unserer Haustür: Aus Profitstreben oder
Rationalisierungsdruck haben sich hierzulande landwirtschaftliche
Strukturen etabliert, die Boden, Luft und Wasser schädigen. Monokulturen
und Pestizideinsatz führen, weithin ignoriert, zum dramatischen
Rückgang der Artenvielfalt, insbesondere bei Insekten und Vögeln, und
verwandeln Landschaften in Agrarwüsten. Vielfach fehlt es an Wissen um
solche schwerwiegenden Auswirkungen agrarindustrieller Nutzung, zuweilen
auch am guten Willen, anders und umweltgerechter zu wirtschaften.
Susanne Dohrn verbindet die ökologische Lupe mit dem Blick auf
bundesweite Strukturen: Sie erläutert die Folgen der
Landschaftsverarmung und Überdüngung, des Herbizid- und
Pestizideinsatzes, spricht mit Produzenten, Lobbyisten, Aktivisten und
Forschenden in Landwirtschaft und Umweltschutz. Ihr Buch setzt sich für
ein Umdenken in der Agrarpolitik ein, das, so die Autorin, nicht nur
geboten, sondern im Interesse von Mensch und Umwelt unabdingbar sei.
"Die Menschheit muss in den kommenden Jahrzehnten viele Probleme bewältigen:
die Weltbevölkerung wird in kürzester Zeit auf bis zu 10 Milliarden Menschen anwachsen
Klima- und Umweltkatastrophen bedrohen unser Leben auf dem Planeten
unsere Ressourcen sind begrenzt
die Ungerechtigkeiten zwischen armen und reichen Menschen spitzen sich zu
die Konflikte zwischen nationalen und internationalen Interessengruppen verschärfen sich
Was sollen wir tun? Die Filmemacher Dirk Wilutzky und Mathilde Bonnefoy haben dazu Menschen aus unterschiedlichen Bereichen befragt: Aktivistinnen und Aktivisten, Spezialistinnen und Spezialisten aus der Natur- und Sozialwissenschaft, Ökonomie, Ökologie und Philosophie. Im Interview schildern sie die Situation aus ihrer Sicht. Sie sprechen über ihre Ideen, wie die Menschheit diese Probleme konkret lösen kann und wie jede/r Einzelne sich engagieren kann. Daraus entstand diese Kurzinterviewreihe."
Zu den Interviewten zählen viele weltweit bedeutende Experten. Vom Mitautor des epochalen Berichts "Grenzen des Wachstums" aus den 1970er Jahren, Dennis Meadows, bis hin zu Vandana Shiva, über deren Ideen zur Öko-Apartheid wir früher im Semester gesprochen hatten. Hier die Liste:
"Neben uns die Sintflut" ist der eindrückliche Titel (Untertitel: "Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis"), den der Soziologe Stephan Lessenich seiner treffenden Diagnose unserer Gesellschaft gegeben hat. Das Buch ist 2016 im Carl Hanser Verlag erschienen, zwischenzeitlich auch als Lizenzausgabe bei der Bundeszentrale für politische Bildung (Schriftenreihe Band 10010) erhältlich und unbedingt lesenswert.
Zentrale Aussage ist, dass es uns gut geht, weil es anderen schlecht geht. Glück und Unglück müssen in Tateinheit betrachtet werden. So schreibt der Autor hinsichtlich der Ziele, die er mit dem Buch verfolgt:
"Ebendiese
Doppelgeschichte soll hier in den Blick genommen werden. Es geht um den
Einblick in Zusammenhänge, die Einsicht in Abhängigkeiten, in globale
Beziehungsstrukturen und Wechselwirkungen. Es geht um die andere Seite
der westlichen Moderne, um ihr 'dunkles Gesicht', um ihre Verankerung in
den Strukturen und Mechanismen kolonialer Herrschaft über den Rest der
Welt. Es geht um Reichtumsproduktion auf Kosten und um Wohlstandsgenuss
zu Lasten anderer, um die Auslagerung der Kosten und Lasten des
'Fortschritts'. Und es geht noch um eine weitere, dritte
Geschichte: um die Abwehr des Wissens um ebendiese Doppelgeschichte, um
deren Verdrängung aus unserem Bewusstsein, um ihre Tilgung aus den
gesellschaftlichen Erzählungen individuellen und kollektiven 'Erfolgs'.
Wer von unserem Wohlstand hierzulande redet, dürfte von den damit
verbundenen, verwobenen, ja ursächlich zusammenhängenden Nöten anderer
Menschen andernorts nicht schweigen. Genau das aber ist es, was
ununterbrochen geschieht." (S. 17)
Im weiteren
Verlauf des Textes wird Lessenich noch deutlicher, wenn er schreibt:
"Gegen ebenjenes Vergessen aber richtet sich dieses Buch" (S. 24). Es
geht darum, die Mechanismen und Strukturen darzustellen, die zu der
perversen "internationalen Arbeitsteilung" geführt haben, die sich so
beschreiben lässt:
"Wir haben uns aufs Gewinnen spezialisiert - und die anderen aufs Verlieren festgelegt." (S. 25)
Die Anzeichen mehren sich, dass Ungleichheit und Ungerechtigkeit im Weltmaßstab immer mehr Menschen Unbehagen bereitet.
"Diesem
einstweilen noch unterschwelligen, aber - so die Vermutung - zunehmend
um sich greifenden Unbehagen an der Externalisierungsgesellschaft und
ihrem Preis will das vorliegende Buch Ausdruck und Auftrieb geben." (S.
29)
Es geht Lessenich also um "eine
Gegenwartssoziologie der Externalisierungsgesellschaft" (S. 50), wobei
er diesen zentralen Begriff entlang der drei zentralen Kategorien von Macht, Ausbeutung und Habitus folgendermaßen definiert:
"In der Externalisierungsgesellschaft besteht Macht in
der Chance, die Kosten der eigenen Lebensführung auf andere abzuwälzen -
und diese Chance ist strukturell ungleich verteilt. Sie ist dies, weil
es bestimmten sozialen Kollektiven gelungen ist, sich Möglichkeiten zur
Externalisierung anzueignen und sie zugleich anderen vorzuenthalten.
Diese anderen werden von den machtvollen Positionen aus ausgebeutet,
insofern sie vorrangig die Kosten der Externalisierung zu tragen haben,
von den Profiten derselben aber dauerhaft ausgeschlossen bleiben.
Sozial wirksam und gesellschaftlich stabilisiert werden
Machtungleichgewicht und Ausbeutungsdynamik in der
Externalisierungsgesellschaft durch einen spezifischen Habitus derjenigen,
die aus machtvollen Positionen heraus ausbeuterisch handeln:
Externalisierung wird für sie zu einer sozialen Praxis, die sie als
möglich, üblich und legitim wahrnehmen und daher wie selbstverständlich
vollziehen." (S. 62f., eigene Hervorhebung)
Auf den
Seiten 179/180 bilanziert der Autor seine Analyse. In zwei Anläufen habe
er zu ergründen versucht, wie es sich mit Wohlstand und "Übelstand"
verhält:
"Zunächst wurde gezeigt, wie
die gesamte (...) Lebensführung in den reichen Gesellschaften des
globalen Nordens auf einem schon seit langem praktizierten,
großangelegten System ungleichen Tauschs beruht: In weiter Ferne, an den
vielen Peripherien der kapitalistischen Weltökonomie, werden Arbeiten
erbracht, Ressourcen gefördert, Giftstoffe freigesetzt, Abfälle
gelagert, Landstriche verwüstet, Sozialräume zerstört, Menschen getötet -
für uns, für die Menschen in den Zentren des Wohlstands, für die
Ermöglichung und Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards, ihrer
Lebenschancen, ihres Lebensstils." (S. 179f.)
Der
zweite Schritt besteht darin, das Mobilitätsregime dieser globalen
Formation in den Blick zu nehmen. Hier kommt Lessenich zu folgender
Einschätzung:
"Sodann wurde in einem
zweiten Schritt nachgezeichnet, wie sich diese Zentren des Wohlstands
von der sie nährenden und entlastenden Außenwelt abschließen, oder
genauer: wie sie 'fremde' Lebenswelten als ein 'Außen' konstruieren, auf
das sie zur Sicherung ihrer Lebensweise zugreifen können, ohne selbst
jedoch von diesem in ihrer Integrität berührt zu werden. Die Beziehungen
zwischen Zentren und Peripherien sind nach dem Prinzip der
Halbdurchlässigkeit gestaltet: Während nach 'außen' viel geht, soll nur
wenig nach 'innen' gelangen. Die globale Mobilitätskluft zugunsten des
globalen Nordens ist dafür ein treffendes Beispiel: Die eine Hälfte der
Welt bereist kollektiv die andere, eröffnet dieser aber nur einen höchst
selektiven Zugang zu ihrem eigenen Wirtschafts- und Sozialraum. Wie die
Lebens- sind auch die Bewegungschancen offensichtlich global teilbar -
und effektiv geteilt. Was den einen möglich ist, bleibt den anderen
verwehrt: Das nennt sich dann das Zeitalter der 'Globalisierung'." (S.
180)
In dieser Analyse bestand das Hauptanliegen des
Buches. Hinzu kam das Ziel, mit "der Schweigespirale des
Wohlstandskapitalismus" (S. 192) zu brechen. Was mögliche Reaktionen auf
die dargestellte schreiende Ungerechtigkeit betrifft, beschränkt sich
Lessenich auf einige Andeutungen zur "radikalen institutionellen Reform
der Externalisierungsgesellschaft" (S. 195):
"...von
einer mit den Privilegien der Zentrumsökonomien brechenden Revision des
Welthandelsregimes, einer effektiven Besteuerung weltweiter
Finanztransaktionen und einem Umbau der reichen Volkswirtschaften in
Postwachstumsökonomien bis hin zu einem Sozialvertrag zur Verzögerung
des Klimawandels (...) und einer transnationalen Rechtspolitik, die
globale soziale Rechte wirkungsvoll verankert. Auf einen gemeinsamen
Nenner gebracht, liefe eine solche Reform auf eine konsequente Politik
der doppelten Umverteilung hinaus: im nationalgesellschaftlichen
wie im weltgesellschaftlichen Maßstab, von oben nach unten und von
'innen' nach 'außen'." (S. 195)
"Neben uns die Sintflut" ist der eindrückliche Titel (Untertitel: "Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis"), den der Soziologe Stephan Lessenich seiner treffenden Diagnose unserer Gesellschaft gegeben hat. Das Buch ist 2016 im Carl Hanser Verlag erschienen, zwischenzeitlich auch als Lizenzausgabe bei der Bundeszentrale für politische Bildung (Schriftenreihe Band 10010) erhältlich und unbedingt lesenswert.
Zentrale Aussage ist, dass es uns gut geht, weil es anderen schlecht geht. Glück und Unglück müssen in Tateinheit betrachtet werden. So schreibt der Autor hinsichtlich der Ziele, die er mit dem Buch verfolgt:
"Ebendiese Doppelgeschichte soll hier in den Blick genommen werden. Es geht um den Einblick in Zusammenhänge, die Einsicht in Abhängigkeiten, in globale Beziehungsstrukturen und Wechselwirkungen. Es geht um die andere Seite der westlichen Moderne, um ihr 'dunkles Gesicht', um ihre Verankerung in den Strukturen und Mechanismen kolonialer Herrschaft über den Rest der Welt. Es geht um Reichtumsproduktion auf Kosten und um Wohlstandsgenuss zu Lasten anderer, um die Auslagerung der Kosten und Lasten des 'Fortschritts'. Und es geht noch um eine weitere, dritte Geschichte: um die Abwehr des Wissens um ebendiese Doppelgeschichte, um deren Verdrängung aus unserem Bewusstsein, um ihre Tilgung aus den gesellschaftlichen Erzählungen individuellen und kollektiven 'Erfolgs'. Wer von unserem Wohlstand hierzulande redet, dürfte von den damit verbundenen, verwobenen, ja ursächlich zusammenhängenden Nöten anderer Menschen andernorts nicht schweigen. Genau das aber ist es, was ununterbrochen geschieht." (S. 17)
Im weiteren Verlauf des Textes wird Lessenich noch deutlicher, wenn er schreibt: "Gegen ebenjenes Vergessen aber richtet sich dieses Buch" (S. 24). Es geht darum, die Mechanismen und Strukturen darzustellen, die zu der perversen "internationalen Arbeitsteilung" geführt haben, die sich so beschreiben lässt:
"Wir haben uns aufs Gewinnen spezialisiert - und die anderen aufs Verlieren festgelegt." (S. 25)
Die Anzeichen mehren sich, dass Ungleichheit und Ungerechtigkeit im Weltmaßstab immer mehr Menschen Unbehagen bereitet.
"Diesem einstweilen noch unterschwelligen, aber - so die Vermutung - zunehmend um sich greifenden Unbehagen an der Externalisierungsgesellschaft und ihrem Preis will das vorliegende Buch Ausdruck und Auftrieb geben." (S. 29)
Es geht Lessenich also um "eine Gegenwartssoziologie der Externalisierungsgesellschaft" (S. 50), wobei er diesen zentralen Begriff entlang der drei zentralen Kategorien von Macht, Ausbeutung und Habitus folgendermaßen definiert:
"In der Externalisierungsgesellschaft besteht Macht in der Chance, die Kosten der eigenen Lebensführung auf andere abzuwälzen - und diese Chance ist strukturell ungleich verteilt. Sie ist dies, weil es bestimmten sozialen Kollektiven gelungen ist, sich Möglichkeiten zur Externalisierung anzueignen und sie zugleich anderen vorzuenthalten. Diese anderen werden von den machtvollen Positionen aus ausgebeutet, insofern sie vorrangig die Kosten der Externalisierung zu tragen haben, von den Profiten derselben aber dauerhaft ausgeschlossen bleiben. Sozial wirksam und gesellschaftlich stabilisiert werden Machtungleichgewicht und Ausbeutungsdynamik in der Externalisierungsgesellschaft durch einen spezifischen Habitus derjenigen, die aus machtvollen Positionen heraus ausbeuterisch handeln: Externalisierung wird für sie zu einer sozialen Praxis, die sie als möglich, üblich und legitim wahrnehmen und daher wie selbstverständlich vollziehen." (S. 62f., eigene Hervorhebung)
Auf den Seiten 179/180 bilanziert der Autor seine Analyse. In zwei Anläufen habe er zu ergründen versucht, wie es sich mit Wohlstand und "Übelstand" verhält:
"Zunächst wurde gezeigt, wie die gesamte (...) Lebensführung in den reichen Gesellschaften des globalen Nordens auf einem schon seit langem praktizierten, großangelegten System ungleichen Tauschs beruht: In weiter Ferne, an den vielen Peripherien der kapitalistischen Weltökonomie, werden Arbeiten erbracht, Ressourcen gefördert, Giftstoffe freigesetzt, Abfälle gelagert, Landstriche verwüstet, Sozialräume zerstört, Menschen getötet - für uns, für die Menschen in den Zentren des Wohlstands, für die Ermöglichung und Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards, ihrer Lebenschancen, ihres Lebensstils." (S. 179f.)
Der zweite Schritt besteht darin, das Mobilitätsregime dieser globalen Formation in den Blick zu nehmen. Hier kommt Lessenich zu folgender Einschätzung:
"Sodann wurde in einem zweiten Schritt nachgezeichnet, wie sich diese Zentren des Wohlstands von der sie nährenden und entlastenden Außenwelt abschließen, oder genauer: wie sie 'fremde' Lebenswelten als ein 'Außen' konstruieren, auf das sie zur Sicherung ihrer Lebensweise zugreifen können, ohne selbst jedoch von diesem in ihrer Integrität berührt zu werden. Die Beziehungen zwischen Zentren und Peripherien sind nach dem Prinzip der Halbdurchlässigkeit gestaltet: Während nach 'außen' viel geht, soll nur wenig nach 'innen' gelangen. Die globale Mobilitätskluft zugunsten des globalen Nordens ist dafür ein treffendes Beispiel: Die eine Hälfte der Welt bereist kollektiv die andere, eröffnet dieser aber nur einen höchst selektiven Zugang zu ihrem eigenen Wirtschafts- und Sozialraum. Wie die Lebens- sind auch die Bewegungschancen offensichtlich global teilbar - und effektiv geteilt. Was den einen möglich ist, bleibt den anderen verwehrt: Das nennt sich dann das Zeitalter der 'Globalisierung'." (S. 180)
In dieser Analyse bestand das Hauptanliegen des Buches. Hinzu kam das Ziel, mit "der Schweigespirale des Wohlstandskapitalismus" (S. 192) zu brechen. Was mögliche Reaktionen auf die dargestellte schreiende Ungerechtigkeit betrifft, beschränkt sich Lessenich auf einige Andeutungen zur "radikalen institutionellen Reform der Externalisierungsgesellschaft" (S. 195):
"...von einer mit den Privilegien der Zentrumsökonomien brechenden Revision des Welthandelsregimes, einer effektiven Besteuerung weltweiter Finanztransaktionen und einem Umbau der reichen Volkswirtschaften in Postwachstumsökonomien bis hin zu einem Sozialvertrag zur Verzögerung des Klimawandels (...) und einer transnationalen Rechtspolitik, die globale soziale Rechte wirkungsvoll verankert. Auf einen gemeinsamen Nenner gebracht, liefe eine solche Reform auf eine konsequente Politik der doppelten Umverteilung hinaus: im nationalgesellschaftlichen wie im weltgesellschaftlichen Maßstab, von oben nach unten und von 'innen' nach 'außen'." (S. 195)