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Donnerstag, 21. April 2022

Wie Kapitalismus, Wachstum und Klimawandel zusammenhängen

Der Klimawandel ist eines der größten und komplexesten Probleme unserer heutigen Zeit. In allen größeren Parteien Deutschlands findet man in den Programmpunkten einige Ansätze und Vorschläge, wie die schlimmsten Auswirkungen verhindert werden können. Und dennoch bekommen wir bereits heute die ersten Konsequenzen des Klimawandels zu spüren: Immer häufiger erreichen uns Nachrichten von riesigen Waldbränden, ausgelöst durch lange Hitzewellen, oder von Fluten, welche ganze Ortschaften zerstören. Und so steigt auch die Angst vieler Bürgerinnen und Bürger, die sich zunehmend direkt bedroht fühlen (vgl. Heeke 2021).

Diese zunehmend erlebte Gefährdung drückt sich auch in globalen Organisationen wie „Fridays for Future“ aus. Diese organisieren regelmäßig globale Streiks gegen den Klimawandel und fordern dabei immer wieder die Politik auf, Maßnahmen zu ergreifen, um das Klima zu schützen (vgl. Fridays for Future 2022).

Doch obwohl das Problem des Klimawandels eine hohe mediale und politische Aufmerksamkeit genießt, reichen die Beschlüsse und Maßnahmen nicht aus, um das Problem zu lösen (vgl. Sadik 2020). Es scheint, als fehle der Wille oder die Kompetenz, um den Klimawandel wirklich wirksam zu bekämpfen. Doch warum ist dies so?

Was, wenn unsere gesamte Art zu leben, unser Wirtschaftssystem und unsere Werte gegen eine Bekämpfung des Klimawandels sprechen? Wie wirkt sich der Kapitalismus auf die Bekämpfung des Klimawandels aus? Als Antwort lautet die These dieser Arbeit: Der Kapitalismus teilt unsere Gesellschaft in zwei Gruppen auf: Personen mit und ohne Kapital. Dabei existiert ein Wachstumsgedanke in beiden Gruppen, welcher sich unterschiedlich bemerkbar macht, im Effekt jedoch die Lösung des Klimaproblems verhindert.

Freitag, 19. November 2021

Online-Vortrag zum guten Leben innerhalb der planetaren Grenzen

Eine Veranstaltung wie für unseren Seminarkontext gemacht: Wie ist das "Gute Leben" in planetaren Grenzen möglich? Und was ist dafür zu tun?. Am Mittwoch, den 24.11.21 ab 20 Uhr präsentierte Prof. Julia Steinberger aktuelle Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Living Well Within Limits“. Prof. Steinberger referierte auf Englisch, allerdings wurde simultan auf Deutsch übersetzt. Wer also Schwierigkeiten mit akademischem Englisch hat, kann darauf ausweichen.

Das Projekt untersucht Fragen der sinnvollen Nutzung knapper Ressourcen. Ausgangslage ist die Tatsache, dass die Ressourcen auf unserem Planeten endlich sind, wir folglich den Verbrauch verringern müssen und gleichzeitig aber den Anspruch haben, weiterhin ein gutes Leben zu führen. Dabei wird ein interdisziplinärer Ansatz angestrebt, um umfassende Antworten auf diese komplexen Fragen zu suchen.

Ziel der Forschung ist kurz gesagt herauszufinden, was der Energiebedarf für ein gutes Leben ist, um dann weiterzugehen und zu fragen, wie Ressourcennutzung durch soziale und technische Versorgungssysteme beeinflusst ist und letzten Endes eine Vision davon zu entwickeln, wie die knappen Ressourcen zur Steigerung des weltweiten Wohlbefindens bestmöglich eingesetzt werden können. So verstehe ich zumindest die Herangehensweise. Ich glaube, der Vortrag könnte spannende Denkanstöße aus volkswirtschaftlicher Perspektive bieten. Wer weiter reinlesen möchte: https://lili.leeds.ac.uk/

Konkret zum Vortrag:
Nach einer kurzen Kontextualiserierung in der Thematik des Klimwandels und einer Darlegung, warum gehandelt werden muss, stellt sie den analytischen Rahmen des Forschungsprojekts vor.
Hier fande ich ihre Verdeutlichung des Donuts auch nochmal sehr spannend, vor allem die Auswertungen aus denen man zurzeit schließen könnte: Ein Gutes Leben innerhlab der Limits ist zurzeit nicht möglich. Nicht unter der gegebenen internationalen Realität. (Wenn ein Land ein Gutes Soziales Fundament hat, sprengt es den ökologischen Rahmen, wenn es den Rahmen einhält, sprengt es ihn nicht --> kein Land ist, dort, wo wir sein sollten.) 

Daraufhin folgt dann, die Abarbeitung der Forschungsfrage: wie ist ein Gutes Leben innerhalb der Limits möglich? Sie nennt dabei drei Punkte:
1. Gleiche Verteilung
    Dabei spielt sie auf den Fakt an, dass die Topverdienenden 1% der Weltbevölkerung ausmachen, aber mehr als doppelt so viel Emmissionen erzeugen wir die 50% der am           geringsten Verdieneden. Den Löwenanteil haben dabei Transportemissionen. Bei einer gerechten Verteilung der Einkommen, würde der Energieverbauch zwar nicht zwangsläufig sinken, aber wofür die Energie genutzt wird, würde sich ändern: es würde mehr in Heizung & Co fließen. Hier kann man aber deutlich leichter mit nachhaltiger Technik ansetzten als bei Transport.

2. Sozio-ökonomische Faktoren
    Hierbei unetsuchte die Forschungsgruppe welchen Versorgungssysteme Einfluss auf den Sozialen Outcome haben: wenig verwunderlich: Eine öffentlich geregelte Gesundheitsversorgung hat einen stark positiven Einfluss auf das allgemeine Wohlbefinden, währen Ökonomischer Wachstum einen stark Negativen hat usw.

3. Angemessenheit & Effizienz
    Kann also eine andere Zukunft modiliert werden? Theoretisch ist es möglich, dass alle Menschen weltweit 2050 ein Gutes Leben führen, bei 40 % der jetztigen Energieverbrauchs.

Und was steht  uns im Weg? Sie zeigt am Beispiel der Autoindustrie, dass es eben mehrere Stellschrauben sind, die es so erschweren Veränderungen herbeizuführen - das haben wir im Seminarkontext ja auch schon diskutiert. 

Ihr Fazit: Es braucht radikale Veränderungen, die nur durch Druck aus der Gesellschaft entstehen könnten, da Regierungen sonst nicht reagieren. Für sich als Wissenschaftlerin sieht sie die Aufgabe für Bewegungen wie fridays for future & Co eine gute argumentative Basis bereit zu halten. 


Zum Vortrag

Zum Votrag mit Übersetzung


Dienstag, 16. November 2021

Geschichte zum guten Leben und Glücklichsein

Auf dem Blog des brasilianischen Schriftstellers Paulo Coelho findet sich eine kleine Geschichte über ein Gespräch zwischen einem Fischer und einem Geschäftsmann, das direkt an die Thematik der vergangenen Sitzungen anknüpft (Arbeit, Geld, Rente, Beschleunigung, Wachstum, Glück, Zufriedenheit, Lebenssinn/-ziel). Eventuell ist diese Geschichte manchen sogar bekannt, eine deutsche Version gibt es von Heinrich Böll ("Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral"): "1 min read: the fisherman and the businessman"...

Montag, 3. Mai 2021

Vortrag von Niko Paech zur Postwachstumsökonomie

Am 10. Mai 2021 um 19 Uhr hält Niko Paech einen Online-Vortrag mit dem Titel "All you need is less. Der Weg in die Postwachstumsökonomie", (erstaunlicherweise) veranstaltet von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Anmeldung (bis 7. Mai, 12 Uhr) und weitere Informationen gibt es hier...

Sonntag, 22. November 2020

Wachstum in den Köpfen: Leseempfehlungen

Empfehlungen von Jonathan Hörtkorn

Ein Interview aus dem Tagesspiegel (03.11.2014) mit dem Titel "Stetiges Wachstum ist obsolet" thematisiert das ständige Verlangen nach Wachstum, das sich in unseren Köpfen wiederfindet und sich in der Ökonomie widerspiegelt. Dabei zeigt der Ökonom Holger Rogall Ansätze auf, die das Wachstumsdenken der Menschen abschwächen könnten.

Der Beitrag "Wahrnehmung des Klimawandels" von Prof. Dr. Ines Weller auf dem insgesamt empfehlenswerten Portal Klimanavigator wertet verschiedene Studien zum Konsumverhalten aus. Außerdem werden im Text Einflussfaktoren auf das Konsumverhalten und die Ressourcennutzung dargelegt und er bietet einige Anhaltspunkte zur Selbstreflektion des eigenen Konsumverhaltens.

Donnerstag, 21. Mai 2020

Wachstumsdenken - Versuch einer Bilanz

Hinsichtlich der Thematik "Wachstum in den Köpfen - kulturelle Prägungen" (3. Sitzung, 12.05.20) soll nun eine Bilanz zu den Texten von Naomi Klein und Harald Welzer folgen. Dazu ziehen wir (Tahira Schierle, Mareike Gebauer und Felicitas Boneberger) u.a. die gemeinsame Ausarbeitung aus unserem Arbeitsauftrag hinzu.

Harald Welzer: Wie das Wachstum in die Köpfe kam

Welzers Vorstellungen vom grenzenlosen Wachstum: Seit der Industrialisierung leben wir in einem System, in dem unablässig für die Herstellung einer unendlichen Reihe von Produkten gearbeitet wird. Im Fokus der Produktion stehen die Verbesserung und Erweiterung der Produktpalette zur ununterbrochenen Gewinnung von Mehrwert. Hierfür wird die Arbeit als Zweck verstanden, um Produkte als Mittel zum Zweck herzustellen. Aufgrund des unendlichen Wachstums ist der Arbeitsprozess niemals abgeschlossen, wodurch kein Zweck je erreicht wird. Daraus resultiert eine nie endende Produktion von Wachstum bzw. ein nie endendes Wachstum von Produktion.

Auch in Bezug auf das lebenslange Lernen ist der homo oeconomicus niemals fertig. Die Vorstellung, dass der zukünftige Zustand ein „Mehr” gegenüber der Gegenwart bedeuten muss, hat sich während diesem Prozess in unserem Denken und Handeln festgesetzt. Daraus bildete sich eine Mentalität des “Niemals-fertig-seins”. Aus diesen Kategorien konstruiert der Mensch einen individuellen Lebenslauf mit dem Ziel, so viel wie möglich aus der verfügbaren Zeit und den verfügbaren Ressourcen auszuschöpfen und nichts zu verpassen - ein „Immer-besser-weiter-höher-mehr”.

Dieses Wachstumskonzept ist längst fest in der menschlichen (Selbst-)Vorstellung verankert. Der Mensch steckt tief im Selbstzwang, so viel Welt wie nur möglich zu ergreifen. Was dabei aus dem Bewusstsein verschwindet - die Gegenwart.

Naomi Klein: Machen wir Halt: Der Kampf unseres Lebens

Naomi Klein hebt in ihrem Artikel die Inkongruenz des Konsumverhaltens mit dem Klimawandel hervor. Als es in den 1980er Jahren an der Zeit war, den Konsum einzuschränken, bemächtigte sich das Konsumdenken bereits sämtlicher Lebensbereiche. In der modernen Gesellschaft werden Identitäten durch Anschaffungen gebildet. Was zur Folge hat, dass die Menschheit kontinuierlich weiter und mehr konsumiert. Eine Änderung des Konsumverhaltens wird als Angriff auf das Selbst aufgefasst.

Beobachtungsinstrumente, die von der Realität des Klimawandels überzeugen könnten, fehlen. Erlebt werden gefüllte Supermarktregale, obwohl die heimischen Äcker nur noch schwer bewirtschaftet werden können. Dies suggeriert, dass ein Unterlassen unnötig erscheint und weitergemacht werden kann wie gewohnt, da sich die Probleme weit außerhalb der eigenen Reichweite befinden.

Ein „weg” wird dabei vielmehr mit „gut” assoziiert, was sich im Umgang mit Dingen, die nicht mehr benötigt werden, erweist. Im „Weg” scheint es nur einen einzigen Leitgedanken zu geben („Hauptsache in die richtige Tonne”). Weicht das Abfallprodukt aus den Augen, so scheint es ab dem Moment des Wegwerfens auch dem Sinn zu entweichen, obwohl es sich nach wie vor auf dem Planeten befindet.

Mit dem Hinweis auf die drei Rs (reduce, reuse, recycle) hebt Naomi Klein die Veränderungen hervor, die im menschlichen Konsumverhalten umgesetzt werden müssten, um den Klimawandel zu verlangsamen. Die Klimakatastrophe ist ein kollektives Problem, das kollektives Handeln erfordert. Für den einzelnen Menschen bedeutet dies konkret, das Reduzieren und Wiederverwenden von Dingen in den Fokus zu nehmen.

Wie bereits Harald Welzer beschrieb, haben wir die Gegenwart aus unserem Bewusstsein katapultiert. Dabei handelt es sich um etwas sehr Bedeutungsvolles. Wenn wir uns vertraut machen mit den Orten, die wir als Lebensräume nutzen, gewinnen wir an Vertrautheit mit den jeweiligen spezifischen Ökosystemen. In diesen können wir die Veränderungen durch den Klimawandel wahrnehmen und gelangen zu einem Verantwortungsbewusstsein, wodurch ein Überdenken unseres Verhaltens wahrscheinlicher wird.

Dienstag, 12. Mai 2020

Mission: Welt retten! - Dennis Eversberg erforscht das Umdenken

Passend zum Thema des heutigen Seminars, Wachstum in den Köpfen: Kulturelle Prägungen, hat sich unsere Referatsgruppe mit den Texten von Harald Welzer und Naomi Klein beschäftigt.

Harald Welzer spricht in seinem Text „Wie das Wachstum in die Köpfe kam“ unter anderem über grenzenloses Wachstum und dessen Verankerung in unserer Psyche. Passend hierzu spricht Naomi Klein in ihrem Beitrag über unser Konsumdenken und Kaufverhalten und das dazu notwendige Umdenken, wie beispielsweise die Einschränkung des Verbrauchs.

Eine ähnliche Sichtweise lässt sich auch bei dem Soziologen Dr. Dennis Eversberg finden. Bezüglich der Wachstumsthematik geht er der Frage nach, wie wir uns dem Wachstumszwang entziehen können und was den Menschen am besten zum Umdenken bewegt. Der Kurzfilm „Mission: Welt retten! Folge 6: Umdenken“ befasst sich mit den eben genannten Überlegungen und Ansätzen: https://www.mdr.de/wissen/mensch-alltag/mission-welt-retten-dennis-eversberg-degrowth-umdenken-100.html.

Bezüglich des Umdenkens fordert Eversberg mehr Genügsamkeit und glaubt, dass sich das Handeln erst verändern kann, wenn der Kopf mitmacht. Sein Ansatz lautet dabei, mit Hilfe von Degrowth (Postwachstum) das „zerstörerische“ Wachstum in Frage zu stellen, welches durch den Wettbewerb in unserer Gesellschaft vorangetrieben wird.

An dieser Stelle würden wir uns nun über Eure Gedanken, Anregungen und Ideen in Form von Kommentaren unter unserem Blogbeitrag freuen. Welche Lösungsvorschläge gibt es? Wie kann man Menschen für eine genügsame Lebensweise gewinnen? Wie könnte z.B. auch die Politik einen Beitrag zur Unterstützung des Postwachstums leisten?

Vielen Dank für Eure Mitarbeit!
Felicitas Boneberger, Mareike Gebauer & Tahira Schierle

Ein Filmtipp am Rande: Wachstum, was nun? Hier findet Ihr eine passende Dokumentation zum Thema Wachstum, mit Blick auf die Postwachstums-Gesellschaft.

Sonntag, 5. April 2020

Gespräch mit der Nachhaltigkeitsforscherin Maja Göpel

Bei SWR1 Leute war am 1. April 2020 Maja Göpel zu Gast. Sie ist Mitbegründerin von Scientists for Future, einer Initiative zur Unterstützung von Fridays for Future, Politökonomin und Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen sowie Honorarprofessorin an der Leuphana Universität in Lüneburg. In ihrem neuen Buch “Unsere Welt neu denken“ hinterfragt sie traditionelle ökonomische Annahmen, auf deren Grundlage bis heute Wirtschaft verstanden und betrieben wird. Zugang zum Podcast mit dem rund 30-minütigen Gespräch gibt es ausgehend von dieser Seite: https://www.swr.de/swr1/bw/swr1leute/maja-goepel-swr1-leute-100.html...

Samstag, 21. Dezember 2019

TED Talk von Tim Jackson

Der folgende TED Talk von Tim Jackson, Autor des Klassikers "Prosperity Without Growth" ("Wohlstand ohne Wachstum"), bildet für das Nachhaltigkeitsseminar eine ideale Nachbereitung, für das Masterseminar die Pflicht"lektüre" für die erste Sitzung im neuen Jahr:

Donnerstag, 5. Dezember 2019

Schaubild zur Wachstumsgesellschaft

In den Seminaren zu Themen rund um Nachhaltigkeit ist das folgende Schaubild entstanden, das viele Aspekte der Gesellschaftsdiagnose zusammenfasst und das ich auf vielfachen Wunsch hier zur Verfügung stelle:


Dienstag, 1. Oktober 2019

Wohin geht eigentlich all die Zeit, die wir sparen?

Jegliche Technik lockt uns mit dem Versprechen, an irgendeiner Stelle Zeit einzusparen. Ob es nun das neue Küchengerät ist, welches mühsames Schneiden von Gemüse erleichtert, das Navigationsgerät, welches die schnellste Route mit unserem ebenso möglichst schnellen Auto empfiehlt, oder überhaupt erst das Auto im Gegensatz zur Kutsche. Zeitersparnisse versprechen ebenfalls der schnellere neue Computer, das schnellere Smartphone oder die schnellste Internetverbindung.

Gerade im Bereich der Kommunikation ist das Tempo geradezu unbeschreiblich. Mit einer Email sparen wir im Vergleich zum Brief mehr als die Hälfte der Zeit, durch Instant-Messenger kann bei einer Kurznachricht kaum noch von Zeitaufwand gesprochen werden. Wenn wir also an allen Ecken und Enden unseres Tagesablaufes Zeit sparen, drängt sich doch geradezu die Frage auf, wo all diese Zeit hingeht? Denn obwohl wir Zeit im Überfluss gewinnen, kennt doch jeder das Gefühl der Zeitnot. Ist das nicht paradox?

Diese Frage wird in der folgenden Arbeit beantwortet werden. Hierfür wird die Erfahrung des modernen Lebens unter dem Aspekt der sozialen Beschleunigung betrachtet. Auf Basis der Überlegungen Hartmut Rosas wird die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne thematisiert, um zu zeigen, inwiefern die soziale Beschleunigung das spätmoderne Leben durchdringt, und um zu klären, ob die Beschleunigung in der modernen Gesellschaft fest verankert ist. Leitfrage dieser Arbeit ist, ob die Beschleunigung als prägendes Merkmal der Moderne gilt und inwiefern die spätmoderne Gesellschaft dem Autonomieversprechen der Moderne gerecht wird.

Hierfür werden zunächst die verschiedenen Arten der Beschleunigung sowie ihre Motoren definiert, bevor die Entschleunigung thematisiert wird, um zu betrachten, inwiefern sie einen Gegentrend zur Beschleunigung darstellt. Darauffolgend wird das Erleben der Moderne analysiert und überprüft, inwiefern dieses als Beschleunigungserfahrung charakterisiert werden kann. Hierbei wird die Entwicklung der Zeitstrukturen im Verlauf der Moderne betrachtet, ebenso wie die Rolle der Gesellschaft gegenüber dem Individuum. Abschließend wird kritisch betrachtet, ob die Erfahrung des spätmodernen Lebens dem Ideal des selbstbestimmten Lebens entspricht.

Mittwoch, 25. September 2019

Überblickstext zur Postwachstums-Idee

Katharina Mau hat für Krautreporter einen äußerst lesenswerten Text zum Thema Postwachstum entlang folgender Fragen verfasst:
  • Was bedeutet Wachstum wirklich?
  • Warum wollen so viele immer mehr Wachstum?
  • Wie kam das Wachstum in die Köpfe?
  • Was ist schlecht an Wachstum?
  • Aber brauchen arme Länder nicht Wachstum, um ihre Bürger aus der Armut zu holen?
  • Wie würde eine Wirtschaft ohne Wachstum funktionieren? 
  • Wie würde unser Leben aussehen?
  • Gäbe es dann noch Unternehmen?
  • Haben wir dann nicht total viel Arbeitslosigkeit?
  • Kann Deutschland eine Postwachstums-Gesellschaft überhaupt im Alleingang umsetzen, wenn die Welt nicht mitzieht?
  • Aber geht nicht auch beides: Wachsen und gleichzeitig Klima und Umwelt schützen?
  • Wir leben jetzt in einer Wachstumsgesellschaft. Der Umbruch hin zu einer Post-Wachstumsgesellschaft wäre doch gigantisch. Wie soll das gelingen?
  • Welche politischen Parteien unterstützen Postwachstum?
  • Hat so ein Umbruch jemals in der Vergangenheit funktioniert?
Dabei trifft man auf viele alte Bekannte aus unseren Seminaren: Von Alberto Acosta über Tim Jackson und Niko Paech bis hin zu Kate Raworth, Harald Welzer, Edward Bernays oder Yuval Noah Harari.

Donnerstag, 13. Juni 2019

polis aktuell zu geplanter Obsoleszenz

Das Zentrum polis ist das österreichische Gegenstück zur deutschen Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Beide beschäftigen sich häufig mit Nachhaltigkeits-Themen. Passend zu unserer Beschäftigung mit der Wachstums- und Konsumgesellschaft ist nun ein "polis aktuell" zum Thema "Geplante Obsoleszenz" erschienen. Es handelt sich um die Ausgabe 3/2019, die ausgehend von der folgenden Seite heruntergeladen werden kann: https://www.politik-lernen.at/pa_geplanteobsoleszenz.

Sonntag, 14. April 2019

Die ökologische Krise aus der Perspektive von Vittorio Hösle

"Sie sägten die Äste ab, auf denen sie saßen
Und schrieen sich zu ihre Erfahrungen,
Wie man schneller sägen könnte, und fuhren
Mit Krachen in die Tiefe, und die ihnen zusahen,
Schüttelten die Köpfe beim Sägen und
Sägten weiter." (Bertolt Brecht, Exil, III)
(zit. nach Hösle 1994, 43)

Mit diesem Zitat beschreibt Vittorio Hösle den kollektiven Wettlauf der ersten Welt in die ökologische Katastrophe. Der Mensch hat durch technischen Fortschritt eine ungeheure Macht gewonnen und dabei vergessen, an die Folgen zu denken. Der Mensch muss "[...] für den Raubbau an der Natur verantwortlich gemacht werden." (Hösle 1994, 43)

In dieser Arbeit wird die Sichtweise des deutsch-italienischen, in Amerika lebenden Philosophen auf die aktuelle ökologische Krise dargestellt. Doch warum beschäftigt sich ein Philosoph mit dieser Frage? Die Philosophie erscheint auf den ersten Blick nicht als die Wissenschaft, mit der das Problem gelöst werden kann. Doch sie kann wertvolle Impulse liefern. Das ist unter anderem Thema der historischen Abhandlung, wie es zur ökologischen Krise kam. Zu Hösles Lösungsansatz gehört ein grundlegender Paradigmenwechsel. Auch dieser ist ein Aspekt der vorliegenden Arbeit. Wie kann und muss die Politik die Rahmenbedingungen ändern, damit die ökologische Katastrophe verhindert werden kann?

Montag, 7. Januar 2019

Buen Vivir - das gute Leben jenseits der Entwicklungsideologie

Ein Beitrag von Marius Kölly über folgenden Aufsatz:

Alberto Acosta: Vom guten Leben. Der Ausweg aus der Entwicklungsideologie; in: Blätter für deutsche und internationale Politik (Hg.) (2015), Mehr geht nicht! Der Postwachstums-Reader, Blätter, S. 191-197.

Der Autor beschäftigt sich zunächst mit dem Begriff der ‚Entwicklung‘ oder auch dem ‚Fortschritt‘ und prangert das Versprechen der Industrieländer (u.a. Truman) auf die „Entwicklung“ und deren Umsetzung an. Genauer gesagt, das Vorgehen der Industrieländer in den peripheren Regionen, z.B. durch Interventionen von IWF und Weltbank auf ökonomischer Ebene, aber auch durch militärische Aktionen. Diese Interventionen werden von den westlichen Industrieländern dadurch legitimiert, dass die „Durchsetzung der Demokratie“ als Voraussetzung für die Entwicklung unabdingbar ist.

Als der Glaube an Entwicklung dann aber zu bröckeln begann, hat man nach alternativen Entwicklungspfaden gesucht, ohne aber den Pfad der Entwicklung komplett zu verlassen, was der Autor sehr kritisch sieht, d.h. der Begriff der Entwicklung wurde mit Zweitnamen versehen: soziale Entwicklung, lokale Entwicklung, ländliche Entwicklung, nachhaltige Entwicklung, endogene Entwicklung, geschlechtergerechte Entwicklung. 

Vom Neoliberalismus zum Extraktivismus

Der Autor fährt mit seiner Kritik an der Entwicklungsideologie weiter fort. In den 80er und 90er Jahren kam es zu – vom Neoliberalismus inspirierten – Reformen, welche allerdings die soziale Ungleichheit und die Umweltprobleme weiter wachsen ließen. Solange, bis die sozialen Konflikte, die Unzufriedenheit in der Bevölkerung und der immer weiter zunehmende Marktradikalismus immer deutlicher wurden.

Dies führte in einigen Ländern Südamerikas zu einem politischen Wandel nach links und zur Ablehnung des Neoliberalismus. Folglich kam es zu neuen Entwicklungsstrategien, die die Ausbeutung der Rohstoffe und des Agrarlands für den Export verfolgten. Genannt „Extraktivismus des 21. Jahrhunderts.“ Mit diesem Wandel bleiben Probleme allerdings nicht aus. Der nun auf Konsum ausgerichtete und räuberische Lebensstil bedroht das globale ökologische Gleichgewicht und schließt immer mehr Menschen von den vermeintlichen Vorteilen der Entwicklung aus.

Auch hier findet der Autor weitere Ansätze zur Kritik. Laut Acosta akzeptieren die lateinamerikanischen Staaten soziale und ökologische Verwüstungen (z.B. im Bereich des industriellen Bergbaus), um den fortgeschrittenen, modernen Ländern nachzueifern. Man schaut zu, wie alles kommerzialisiert wird, während gleichzeitig die eigenen historischen und kulturellen Wurzeln verleugnet werden. Acosta plädiert dafür, dass die natürlichen Ressourcen nicht länger als Basis für wirtschaftliches Wachstum herhalten müssen.

Alternativen zur Entwicklungsideologie – das Konzept ‚Buen Vivir‘

Zunächst stellt sich die Frage, ob eine Lebensweise innerhalb des Kapitalismus überhaupt möglich ist, die von den politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Menschenrechten sowie den Rechten der Natur angetrieben wird?

In diesem Zusammenhang stellt Acosta das Konzept Buen Vivir als Alternative zur Entwicklung bzw. als Grundlage für einen Diskurs über Alternativen zur Entwicklung vor. Buen Vivir entstand im Kontext indigenen Widerstands gegen den Kolonialismus und wird heute noch in einigen indigenen Gemeinden praktiziert. Als bekannteste Umsetzung des Konzepts gilt die Verfassung Ecuadors und Boliviens, denn hier ist Buen Vivir festgeschrieben.

Buen Vivir stellt das Konzept des Fortschritts und die auf hauptsächlich wirtschaftlichem Wachstum basierende Entwicklung in Frage. Beispielsweise gibt es in einigen indigenen Gemeinschaften gar keinen Begriff für ‚Entwicklung‘. Das Leben ist nach dieser Philosophie kein linearer Prozess mit einem Vorher und Nachher. Es gibt weder unterentwickelte noch entwickelte Phasen, welche die Menschen auf der Suche nach Wohlstand durchlaufen. Es gibt keine Konzepte von Armut und Reichtum.

Denn: Buen Vivir basiert auf der Ethik des „Ausreichenden“ – für die ganze Gemeinschaft und nicht nur für das Individuum. Des Weiteren schlägt das Konzept einen zivilisatorischen Wandel vor, heißt: Man muss den Kapitalismus überwinden, um neue Formen des Wirtschaftens zu erschaffen. Allen voran eine Wirtschaft, die im Einklang mit der Natur steht und die Bedürfnisse der Menschen und nicht die des Kapitals bedient.

Wie bereits angeklungen, spielt die Natur beim Buen Vivir eine zentrale Rolle. Hier gilt es zu verstehen, dass die Menschen ein integraler Bestandteil der Natur sind. Der Mensch muss also aufhören, die Natur zu beherrschen versuchen, denn sie ist keine unerschöpfliche Quelle.

Deshalb setzt sich das Konzept auch zur Aufgabe, die Natur und die Menschen einander anzunähern mit dem Ziel, die Natur zu entkommerzialisieren. Das bedeutet, die ökonomischen Ziele müssen der Funktionsweise der Ökosysteme untergeordnet werden. Also gilt es, die natürlichen Ressourcen nur insoweit zu nutzen, wie die Natur sie regenerieren kann. Hierzu fordert Acosta die Politik auf, die Natur als Rechtssubjekt anzuerkennen, denn die Natur ist nicht bloßes Objekt des Eigentums.

Kurz darauf relativiert der Autor sein ‚Angebot‘ an die Politik mit dem Hinweis, es sei eine „komplexe Aufgabe“. Denn allein die Idee zu akzeptieren, braucht Zeit, sie auszuarbeiten, noch viel mehr. Selbst in Bolivien und in Ecuador, wo das Buen Vivir Teil der Verfassung ist, wird es immer schwieriger umzusetzen, da mittlerweile beide Regierungen neoextraktivistische Politik betreiben und sich der kapitalistischen Akkumulation verschrieben haben.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass Buen Vivir kein fertig ausgearbeiteter Vorschlag ist, noch kann es globales Programm sein. Vielmehr bietet es eine Möglichkeit oder eine Grundlage, um kollektiv neue Lebensformen zu entwicklen. Es kann möglicherweise als Diskussionsplattform zur Entwicklung von Antworten auf beispielsweise die Effekte des Klimawandels und/oder die wachsenden sozialen Verwerfungen herangezogen werden.

Montag, 26. November 2018

Das bedingungslose Grundeinkommen – Raus aus der Leistungsgesellschaft?!

Im Rahmen einer Hausarbeit habe ich mich bereits ausführlicher mit der "Utopie" des bedingungslosen Grundeinkommens (kurz: BGE) nach Götz Werner auseinandergesetzt (hier der ausführliche Eintrag). Hier sollen nun die zentralen Aspekte dieser Ausarbeitung zusammengeführt und Überlegungen, inwiefern das BGE einen Lösungsvorschlag gegen den permanenten Druck der Wachstumsgesellschaft bieten könnte, geteilt werden. Um eines direkt vorwegzunehmen: die Entscheidung, ob sich jemand für oder gegen ein BGE entscheidet, steht und fällt mit dem Gesellschafts- und Menschenbild des Einzelnen.

Was ist das BGE?

Die Grundidee des bedingungslosen Grundeinkommens ist auf den ersten Blick recht simpel: die Gesamtzahl der Bürgerinnen und Bürger erhalten bedingungslos ein Existenzminimum zugesichert; dies geschieht anstelle von Sachleistungen in Form von Geld. Dabei liegt eine spezielle Betonung auf dem Wort „bedingungslos“. So spielt es beispielsweise keinerlei Rolle, welches Vermögen bei einer Person bereits angespart worden ist. Ein wichtiger Punkt des Konzepts besteht darin, dass das Grundeinkommen zu einem Teil des Lohnbestandes gezählt wird. Genauer bedeutet dies: Ein Grundeinkommen bedeutet nicht mehr Geld. Der Teil des Einkommens, welcher die Grundexistenz sichert, wird von der Gemeinschaft an jeden Einzelnen gestellt, alle darüber hinausgehenden Leistungen werden von Arbeitgebern entlohnt. Dabei ist die Höhe des Grundeinkommens nicht endgültig geklärt; fest steht dabei nur, dass ein Existenzminimum beziehungsweise ein Kulturminimum immer abgedeckt sein muss.

Argumente gegen ein BGE
  • Gleich ist nicht gerecht.
  • Finanzierung: Es existieren bereits verschiedene Vorschläge, wie sich ein BGE finanzieren lassen könnte. Die meisten sind allerdings noch nicht zufriedenstellend oder unausgereift.
  • Die wohl größte Schwierigkeit, die mit der Einführung eines BGE auftreten kann, ist die Unberechenbarkeit und die damit stets verbundene Angst vor dem Scheitern eines BGE.
  • Ein solcher Systemwechsel wäre kaum mehr reversibel und dadurch mit einem hohen Risiko verbunden.
Argumente für ein BGE
  • Verlust von Erwerbsarbeit durch Digitalisierung (es ist ohnehin nicht mehr genug Arbeit da).
  • Durch ein BGE kann das Problem der Care-Arbeit gelöst werden (Lohnsubventionierung, durch neue Freiheit kann man sich diese Arbeit wieder"leisten").
  • Alters- und Kinderarmut wären Probleme der Vergangenheit, denn jedem ist ein Leben mit einem Existenzminimum (oder Kulturminimum) zugesichert und somit wäre Alters- und Kinderarmut kaum mehr möglich.
  • Darüber hinaus wären die sozialen Demütigungen und das Leben in Armut für Menschen, welche mit dem Arbeitslosengeld II Ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen, ebenfalls Teil der Vergangenheit (Hier noch aktuelle Entwicklungen zum Thema Hartz IV).
  • Erhöhte Innovationsfähigkeit, Freiheit und Selbstverwirklichung.
  • Gesellschaft, in welcher niemand mehr gezwungen wird, einen Arbeitsplatz zu suchen, nur um menschenwürdig leben zu können. Das gesellschaftliche Klima wandelt sich vom „sollen“ zum „wollen“.
  • Attraktivität von unliebsamer Arbeit muss gesteigert werden.
  • Menschen sind nicht zur Arbeit und ständiger Weiterentwicklung gezwungen; damit endet auch der Druck, sich immer höher, schneller und besser als der Rest der Gesellschaft bewegen zu müssen (raus aus der Leistungsgesellschaft, oder auch strukturelle Veränderung nach Hartmut Rosa). 
Fazit: Das wohl größte Argument gegen die Einführung eines BGE (die Unberechenbarkeit bzw. die Angst vor dem Scheitern) muss einer Gegenfrage standhalten: Ist es besser, an einem System festzuhalten, welches bereits jetzt von starken gesellschaftlichen und politischen Problemen geprägt ist? Oder ist es das Risiko wert, auf begründete positive Entwicklungen zu hoffen, um dadurch Lösungen für gesellschaftliche und politische Probleme zu erhalten?

Montag, 17. September 2018

Offener Brief zum Postwachstum

Zeit Online dokumentiert einen offenen Brief von mehr als 200 WissenschaftlerInnen aus allen Mitgliedstaaten an die EU. Er spricht sich im Vorfeld der morgen in Brüssel beginnenden Post-Growth-Konferenz dafür aus, die Fixierung auf Wachstum zu überdenken. Zu den Unterzeichnern zählen viele Wissenschaftler, die hier im Blog immer wieder auftauchen, z.B. Niko Paech, Wolfgang Sachs, Tim Jackson oder Stephan Lessenich. Die Zeit hat den Brief unter folgtendem Titel veröffentlicht: "Schluss mit WachstumWachstumWachstum"...

Mittwoch, 22. August 2018

Video: Die Wachstumsmaschine

Attac und die Heinrich-Böll-Stiftung haben ein stark 2-minütiges Video zum Kern der Problematik von (Post-)Wachstum veröffentlicht: