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Mittwoch, 19. April 2023

Externalisierungsgesellschaft: Postkolonial und verwerflich?

Unter Externalisierungsgesellschaft verstehen wir das Prinzip der kapitalistischen, wachstumsorientierten globalen Wirtschaftsordnung unserer Zeit, Kosten und Lasten unseres ökonomischen Handelns in andere Teile der Welt zu verlagern, anstatt diese unmittelbar an ihrem Entstehungsort zu behandeln. Doch wer externalisiert hier eigentlich und wer bekommt die negativen Folgen davon zu spüren?

Stephan Lessenich sagt: "Uns geht es gut, weil es anderen schlecht geht". Eine These wie ein Vorschlaghammer, die - sollte sie der Wahrheit entsprechen - uns vor Augen führt, dass wir in einer zutiefst ungleichen, unfairen und damit unmoralischen postkolonialen Gesellschaftsform leben, die wir aus ethischen Gründen nicht weiter aufrechterhalten dürften. Doch schauen wir uns die Situation einmal genauer an.

Zunächst springt ins Auge, dass wir bis zu einem gewissen Grad auf Kosten anderer leben. Wir exportieren unseren Müll, wir erlassen so strenge Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen, dass bestimmte Industrien schon vor Jahrzehnten in die Dritte Welt abgewandert sind. Man denke nur an die Gerbereien, die - wie auch weite Teile der Stahlindustrie und nahezu die gesamte Textilindustrie - aus den Industriestaaten nach Asien abgewandert sind. Von dort kommen immer wieder Berichte über schlechte Arbeitsbedingungen und Umweltzerstörung. 

Aber es ist nicht alles düster. Auch andere Aspekte müssen bedacht werden. Zum Beispiel haben wir auch unsere Energiegewinnung weitestgehend externalisiert. Statt Kohle ist Öl und Gas jetzt wichtig. Auch andere Formen der Gewinnung von Rohstoffen fällt unter diese Kategorie. Viele Länder sind dadurch extrem reich geworden, sogar reicher als wir selbst.

Auch haben sich durch Externalisierung viele Länder wie z.B. China in atemberaubendem Tempo zu großen und mächtigen Industrienationen entwickelt. Vor 40 Jahren lebte noch fast die Hälfte der Menschheit in extremer Armut, heute ist das noch jeder Zehnte. Externalisierung hat also auch ihre hellen Seiten, gerade für die ehemaligen Kolonien, die unter europäischer Herrschaft gelitten haben. Sie bekommen so endlich einen Teil vom Kuchen ab. Wir sind auf sie angewiesen, was ihnen endlich ein Gewicht verleiht, das sie vorher nie hatten. 

Trotzdem haben wir großen Schaden in der Dritten Welt angerichtet, wir exportieren immer noch eschreckende Mengen Müll in Länder, in denen er nicht sachgerecht entsorgt werden kann. Wir müssen für faire Arbeitsbedingungen in diesen Ländern sorgen und für Umwelt- und Klimaschutz auf der internationalen Bühne eintreten. Kurz gesagt: die öko-soziale Marktwirtschaft mit anderen teilen.

Dienstag, 18. April 2023

Leben über die Verhältnisse anderer: Die Externalisierungsgesellschaft

„Die internationale Arbeitsteilung besteht darin, dass einige Länder sich im Gewinnen und andere im Verlieren spezialisieren.“ (Eduardo Galeano, 1973)

Stephan Lessenich (2016) bezeichnet Externalisieren als Vorgang der Verlagerung. Im politischen Kontext bedeutet dies konkret: hochindustrialisierte, wohlhabende Gesellschaften lagern unangenehme negative Effekte in weniger wohlhabende Regionen der Welt aus (ebd., S. 24). Dabei ist diese Auslagerung kein willkürliches Nebenprodukt politischer Maßnahmen hochentwickelter Nationen: sie wird viel mehr willentlich und systematisch in Folge der Konsumgesellschaft einkalkuliert, um kostengünstiges und massenhaftes Produzieren weiterhin zu ermöglichen.

Konkret: Externalisierung geht auf Kosten und zu Lasten anderer. So kann insbesondere der Globale Norden als große Externalisierungsgesellschaft bezeichnet werden. Von Niedriglohnarbeit über Müllentsorgung bis hin zur Landnutzung und Luftverschmutzung – die Auslagerung in weniger wohlhabende Regionen der Erde ist keineswegs neu, sondern geht auf die lange Historie des Wohlstandskapitalismus im Globalen Norden zurück.

Der von Lessenich als „ungleicher ökologischer Tausch“ bezeichnete Umstand regt zum Nachdenken an: All die positiven, mit vielen Annehmlichkeiten verbundenen Effekte der kapitalistischen Kolonialisierung hängen damit zusammen, dass anderen Menschen diese Annehmlichkeiten systematisch und bewusst vorenthalten werden: seinen landwirtschaftlichen Flächenbedarf exportiert Deutschland, beispielsweise zum Anbau von Soja, in Agrargesellschaften, die ihre eigenen Flächen so maßgeblich für Exportprodukte statt den Eigenbedarf nutzen (Lessenich, 2016, S. 83).

So zeigt Lessenich auf, dass „drei Viertel der jährlich 200 Millionen Tonnen weltweit geernteter Sojabohen“ als Futter für Massentierhaltung in Europa, Nordamerika und China genutzt werden (Lessenich, 2016, S. 85). Diese Zahl verdeutlicht einmal mehr, dass das „ecological footprint/ environmental degradation paradox“, also der ökologische Fußabdruck der Industrienationen, darauf aufbaut, die eigene Umweltbilanz nur augenscheinlich sauber zu halten.

Aktuelle klimapolitischen Herausforderungen zeigen, dass die Externalisierung nicht vor Effekten der Rückkoppelung schützen wird: der Trugschluss, durch Abwälzung negative, unliebsame Effekte bewusst aus dem Globalen Norden auslagern und somit „wegdenken“ zu können, wird brüchig mit der Erkenntnis: die Klimakrise wird kein Nullsummenspiel sein. Die Frage ist wohl vielmehr, wie der politischen Herausforderung begegnet werden kann, während die Externalisierungsgesellschaft längst mit selbstzerstörerischen Tendenzen begonnen hat? 

Quelle

Lessenich, S. (2016). Neben uns die Sintflut. Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.

Welcome to Sodom


Rund 250.000 Tonnen Elektroschrott werden Jahr für Jahr illegal nach Ghana verschifft. Klimaanlagen, Drucker, Kabel, Computer aus einer weit entfernten, digitalisierten Welt. Unser Elektrozeug, das nicht mehr funktioniert und weggeschmissen wird. Oder vielleicht doch. Aber veraltet ist es. Reparieren lohnt sich nicht. Neues muss her, Neues muss verkauft werden. Die Elektrogeräte, die wir heute kaufen, landen irgendwann vielleicht auf einer Müllhalde in Ghana. Auf Deponien für Elektroschrott ohne jegliche Struktur, geschweige denn Sicherheits- oder Gesundheitsrichtlinien, ohne einen Ansatz zum Recycling.

Eine der größten dieser Deponien weltweit befindet sich in der ghanaischen Hauptstadt Accra - die Elektroschrottmüllhalde Agbogbloshie. Rund 6000 Frauen, Kinder und Männer leben in diesem, vom Müll überfluteten Stadtteil. Vor nicht allzu langer Zeit war hier noch unberührtes Sumpfland. Heute gilt es als eines der giftigsten Gebiete der Welt.

"Sodom" nennen sie das Areal. Wie die Stadt, die nach  Erzählungen aus der Bibel und dem Koran, von Gott wegen ihrer Sündhaftigkeit zerstört wurde. Der Dokumentarfilm „Welcome to Sodom“ bietet einen erschütternden Einblick in das Leben der Menschen, die versuchen, aus unserem Schrott ein bisschen Geld zum Überleben zu machen.

„Für die Europäer ist es nur Müll, aber ich kann noch ein paar Dollar damit verdienen“, sagt ein Mann in dem Film, der auf der Deponie lebt und arbeitet. Amerigo heißt er. Seine Mutter hat ihn nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten benannt. „Je mehr Müll sie uns bringen, umso besser ist das für mein Geschäft“, sagt er. „Sie sollten noch viel mehr schicken“. Was für mich zynisch klingt und mir beim Hören richtig weh tut, meint er ernst. Im giftigen Rauch verbrennenden Elektroschrotts, zwischen Ziegen, Rindern und abgemagerten Kindern im Müll nach Kupfer und Zink zu suchen, stellt für ihn die einzige Möglichkeit dar, ein bisschen Geld zu verdienen.

Jeden Morgen leiht er sich einen Wagen, den er durch die Müllberge und Rauchschwaden zieht, um neuen Elektroschrott aus Europa zu suchen. Er bezahlt für kaputte Monitore und Kabel, um an die verbauten Edelmetalle zu kommen und sie weiterzuverkaufen. Er setzt sich auf einen alten Röhrenbildschirm, bindet die Kabel zu einem großen Knoten zusammen und zündet ihn an. Indem er alles Überflüssige verbrennt, kommt er an das wertvolle Kupfer.

Von pechschwarzem Rauch umhüllt, schlägt er mit einer Metallstange auf den brennenden Kabelhaufen ein. Für ihn sei das Feuer eine gute Sache. Es helfe ihm, die Metalle vom Plastik zu trennen. „Aber das Feuer lässt meinen Körper heiß werden. Es gelangt in deinen Körper und macht dich verrückt – macht dich krank“, sagt Amerigo.

Ist alles Plastik drumherum verbrannt, gehen die Metalle die übrig bleiben wieder zurück nach Europa oder wo auch immer. Dort werden sie dann in neue Handys und Computer verbaut, die bald wieder weggeschmissen werden können. Ist das nicht Recycling? „Von dort kommt es und dorthin geht es auch wieder zurück. Und eines Tages landet es wieder bei uns“, weiß Amerigo.

Sonntag, 7. Juni 2020

Externalisierungsgesellschaft

"Neben uns die Sintflut" ist der eindrückliche Titel (Untertitel: "Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis"), den der Soziologe Stephan Lessenich seiner treffenden Diagnose unserer Gesellschaft gegeben hat. Das Buch ist 2016 im Carl Hanser Verlag erschienen und unbedingt lesenswert.

Zentrale Aussage ist, dass es uns gut geht, weil es anderen schlecht geht. Glück und Unglück müssen in Tateinheit betrachtet werden. So schreibt der Autor hinsichtlich der Ziele, die er mit dem Buch verfolgt:
"Ebendiese Doppelgeschichte soll hier in den Blick genommen werden. Es geht um den Einblick in Zusammenhänge, die Einsicht in Abhängigkeiten, in globale Beziehungsstrukturen und Wechselwirkungen. Es geht um die andere Seite der westlichen Moderne, um ihr 'dunkles Gesicht', um ihre Verankerung in den Strukturen und Mechanismen kolonialer Herrschaft über den Rest der Welt. Es geht um Reichtumsproduktion auf Kosten und um Wohlstandsgenuss zu Lasten anderer, um die Auslagerung der Kosten und Lasten des 'Fortschritts'. Und es geht noch um eine weitere, dritte Geschichte: um die Abwehr des Wissens um ebendiese Doppelgeschichte, um deren Verdrängung aus unserem Bewusstsein, um ihre Tilgung aus den gesellschaftlichen Erzählungen individuellen und kollektiven 'Erfolgs'. Wer von unserem Wohlstand hierzulande redet, dürfte von den damit verbundenen, verwobenen, ja ursächlich zusammenhängenden Nöten anderer Menschen andernorts nicht schweigen. Genau das aber ist es, was ununterbrochen geschieht." (S. 17)
Im weiteren Verlauf des Textes wird Lessenich noch deutlicher, wenn er schreibt: "Gegen ebenjenes Vergessen aber richtet sich dieses Buch" (S. 24). Es geht darum, die Mechanismen und Strukturen darzustellen, die zu der perversen "internationalen Arbeitsteilung" geführt haben, die sich so beschreiben lässt:
"Wir haben uns aufs Gewinnen spezialisiert - und die anderen aufs Verlieren festgelegt." (S. 25)
Die Anzeichen mehren sich, dass Ungleichheit und Ungerechtigkeit im Weltmaßstab immer mehr Menschen Unbehagen bereitet.
"Diesem einstweilen noch unterschwelligen, aber - so die Vermutung - zunehmend um sich greifenden Unbehagen an der Externalisierungsgesellschaft und ihrem Preis will das vorliegende Buch Ausdruck und Auftrieb geben." (S. 29)
Es geht Lessenich also um "eine Gegenwartssoziologie der Externalisierungsgesellschaft" (S. 50), wobei er diesen zentralen Begriff entlang der drei zentralen Kategorien von Macht, Ausbeutung und Habitus folgendermaßen definiert:
"In der Externalisierungsgesellschaft besteht Macht in der Chance, die Kosten der eigenen Lebensführung auf andere abzuwälzen - und diese Chance ist strukturell ungleich verteilt. Sie ist dies, weil es bestimmten sozialen Kollektiven gelungen ist, sich Möglichkeiten zur Externalisierung anzueignen und sie zugleich anderen vorzuenthalten. Diese anderen werden von den machtvollen Positionen aus ausgebeutet, insofern sie vorrangig die Kosten der Externalisierung zu tragen haben, von den Profiten derselben aber dauerhaft ausgeschlossen bleiben. Sozial wirksam und gesellschaftlich stabilisiert werden Machtungleichgewicht und Ausbeutungsdynamik in der Externalisierungsgesellschaft durch einen spezifischen Habitus derjenigen, die aus machtvollen Positionen heraus ausbeuterisch handeln: Externalisierung wird für sie zu einer sozialen Praxis, die sie als möglich, üblich und legitim wahrnehmen und daher wie selbstverständlich vollziehen." (S. 62f., eigene Hervorhebung)
Auf den Seiten 179/180 bilanziert der Autor seine Analyse. In zwei Anläufen habe er zu ergründen versucht, wie es sich mit Wohlstand und "Übelstand" verhält:
"Zunächst wurde gezeigt, wie die gesamte (...) Lebensführung in den reichen Gesellschaften des globalen Nordens auf einem schon seit langem praktizierten, großangelegten System ungleichen Tauschs beruht: In weiter Ferne, an den vielen Peripherien der kapitalistischen Weltökonomie, werden Arbeiten erbracht, Ressourcen gefördert, Giftstoffe freigesetzt, Abfälle gelagert, Landstriche verwüstet, Sozialräume zerstört, Menschen getötet - für uns, für die Menschen in den Zentren des Wohlstands, für die Ermöglichung und Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards, ihrer Lebenschancen, ihres Lebensstils." (S. 179f.)
Der zweite Schritt besteht darin, das Mobilitätsregime dieser globalen Formation in den Blick zu nehmen. Hier kommt Lessenich zu folgender Einschätzung:
"Sodann wurde in einem zweiten Schritt nachgezeichnet, wie sich diese Zentren des Wohlstands von der sie nährenden und entlastenden Außenwelt abschließen, oder genauer: wie sie 'fremde' Lebenswelten als ein 'Außen' konstruieren, auf das sie zur Sicherung ihrer Lebensweise zugreifen können, ohne selbst jedoch von diesem in ihrer Integrität berührt zu werden. Die Beziehungen zwischen Zentren und Peripherien sind nach dem Prinzip der Halbdurchlässigkeit gestaltet: Während nach 'außen' viel geht, soll nur wenig nach 'innen' gelangen. Die globale Mobilitätskluft zugunsten des globalen Nordens ist dafür ein treffendes Beispiel: Die eine Hälfte der Welt bereist kollektiv die andere, eröffnet dieser aber nur einen höchst selektiven Zugang zu ihrem eigenen Wirtschafts- und Sozialraum. Wie die Lebens- sind auch die Bewegungschancen offensichtlich global teilbar - und effektiv geteilt. Was den einen möglich ist, bleibt den anderen verwehrt: Das nennt sich dann das Zeitalter der 'Globalisierung'." (S. 180)
In dieser Analyse bestand das Hauptanliegen des Buches. Hinzu kam das Ziel, mit "der Schweigespirale des Wohlstandskapitalismus" (S. 192) zu brechen. Was mögliche Reaktionen auf die dargestellte schreiende Ungerechtigkeit betrifft, beschränkt sich Lessenich auf einige Andeutungen zur "radikalen institutionellen Reform der Externalisierungsgesellschaft" (S. 195):
"...von einer mit den Privilegien der Zentrumsökonomien brechenden Revision des Welthandelsregimes, einer effektiven Besteuerung weltweiter Finanztransaktionen und einem Umbau der reichen Volkswirtschaften in Postwachstumsökonomien bis hin zu einem Sozialvertrag zur Verzögerung des Klimawandels (...) und einer transnationalen Rechtspolitik, die globale soziale Rechte wirkungsvoll verankert. Auf einen gemeinsamen Nenner gebracht, liefe eine solche Reform auf eine konsequente Politik der doppelten Umverteilung hinaus: im nationalgesellschaftlichen wie im weltgesellschaftlichen Maßstab, von oben nach unten und von 'innen' nach 'außen'." (S. 195)

Donnerstag, 5. Dezember 2019

Schaubild zur Wachstumsgesellschaft

In den Seminaren zu Themen rund um Nachhaltigkeit ist das folgende Schaubild entstanden, das viele Aspekte der Gesellschaftsdiagnose zusammenfasst und das ich auf vielfachen Wunsch hier zur Verfügung stelle:


Sonntag, 25. März 2018

Coltanabbau im Kongo - Ressourcenreichtum ohne Wohlstand?

Die Mikroelektronik ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Egal, ob es um unser Auto geht, das uns von A nach B bringt, um nachhaltige und effiziente Energieversorgung, um modernste Medizintechnik oder das vielverwendete Smartphone. Laut einer „Handelsdaten“-Statistik des Forschungs- und Bildungsinstituts EHI aus dem Jahr 2017 nutzen 78 Prozent der Deutschen zwischen vierzehn und vierundsechzig Jahren regelmäßig ein Smartphone (Vgl. EHI Retail Institute GmbH 2013-2017).

„Mikroelektronische Systeme sind eine Grundvoraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand in Deutschland.“ (Bundesministerium für Entwicklung und Forschung o.J.) Dieser materielle Wohlstand, den ein hochindustrialisiertes Land durch den Ausbau oben genannter Technologien erlangt, zeugt nicht ausschließlich von fachlichem Know-how in der Mikroelektronik. Mit dem Wissen, wie sich beispielsweise ein Smartphone (Smartphones werden im Folgenden als ein Beispiel von zahlreichen Elektrogeräten, die Coltan enthalten, benannt) zusammensetzt, stellt sich die Frage, welche Rohstoffe zur Herstellung benötigt und wie beziehungsweise von wem sie abgebaut werden.

Gibt es einen Widerspruch zwischen den rohstoffreichen Regionen dieser Welt, wie dem Kongo (im Verlauf des Textes auch: DRK, Demokratische Republik Kongo) und dem tatsächlichen Wohlstand der Bevölkerung dieser Länder? Es stellt sich zudem die Frage, wer die Akteure sind, die sich am Handel beteiligen.

Im Folgenden wird der Handel um das Erz Coltan, das in zahlreichen Elektrogeräten verarbeitet ist, genauer beleuchtet. Dabei wird der Fokus auf dem Kongo liegen. Ferner soll es um die Frage gehen, wer letztendlich am meisten vom Coltanabbau profitiert. Gibt es Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft, die Gewinne aus dem Coltanhandel gerecht zu verteilen?

Donnerstag, 14. Dezember 2017

Veranstaltungshinweis: Stephan Lessenich in Stuttgart

Der Soziologe Stephan Lessenich wird sein Buch "Neben uns die Sintflut: Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis" vorstellen. Wer seine Texte kennt, weiß, dass er ein scharfer Kritiker der bestehenden Verhältnisse ist und der Vortrag sicher gut zu unserem Seminar passt. Die Veranstaltung des BUND findet am Freitag, den 15.12.2017 um 18:00 Uhr im Bürgerzentrum West in der Bebelstr. 22 in Stuttgart statt. Mehr Informationen gibt es auf der Website des Weltladens an der Planie, von der auch das folgende Zitat stammt:
Alles zu haben und noch mehr zu wollen, den eigenen Wohlstand zu wahren, indem man ihn anderen vorenthält: Das ist das heimliche Lebensmotto der reichen industriekapitalistischen Gesellschaften. Großen Bevölkerungsmehrheiten in diesen Gesellschaften geht es gut, weil es den Menschen in anderen Weltregionen schlecht geht.
Das Buch wurde hier im Blog bereits vorgestellt...

Freitag, 6. Oktober 2017

Podcast zur Externalisierungsgesellschaft

Vor einigen Wochen haben wir an dieser Stelle das Buch "Neben uns die Sintflut" vorgestellt, eine scharfsinnige und lesenswerte Analyse der Externalisierungsgesellschaft von Stephan Lessenich. Nun hat sich SWR2 Wissen der Thematik angenommen und ein Gespräch mit dem Autor als Podcast (inkl. Manuskript zum Download) veröffentlicht: "Leben auf Kosten anderer. Die Struktur der Externalisierungsgesellschaft" (29 min).

Freitag, 29. September 2017

Aus Gebern und Nehmern werden Partner - nachhaltige Entwicklungspolitik in Afrika?

Das Jahr 2017 ist nicht nur das Jahr der Reformation – welche sich zum 500sten Mal jährt – sondern auch das Afrikajahr Deutschlands und der EU. Das Afrikajahr 2017 soll dazu dienen, alte Konzepte zu reformieren, zwar nicht im Sinne von Martin Luther, jedoch im Sinne eines neuen Partnerschaftsvertrages.

Die neue Partnerschaft soll den Cotonou-Vertrag ablösen und eine neue Grundlage der Zusammenarbeit schaffen. Die Schwerpunkte dieses "Marshall-Plans" liegen auf den Gebieten „fairer Handel“, „mehr private Investoren“, „mehr wirtschaftliche Entwicklung“, und „unternehmerische Entfaltung“, außerdem soll dieser Plan zu mehr Jobs und mehr Beschäftigung führen. Der zentrale Begriff des Planes ist Zusammenarbeit, innerhalb welcher die EU und ihre Mitgliedstaaten als „gleichberechtigte Partner zur Verfügung“ stehen sollen.
„Ziel ist ein prosperierendes Afrika, dessen Entwicklung alle einbeziehen und von den Potenzialen der eigenen Bevölkerung vorangetrieben wird.“
Weiter heißt es, man wolle afrikanische Lösungen für afrikanische Herausforderungen (vgl. BMZ 2017, S. 5). Diese „neue Dimension der Zusammenarbeit“ scheint reformatorisch zu sein. Doch stellt man sich in diesem Zusammenhang die Frage: Wie kann nachhaltige Afrikapolitik aussehen und wie soll diese gestaltet werden?

Dienstag, 27. Juni 2017

Analyse der Externalisierungsgesellschaft

"Neben uns die Sintflut" ist der eindrückliche Titel (Untertitel: "Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis"), den der Soziologe Stephan Lessenich seiner treffenden Diagnose unserer Gesellschaft gegeben hat. Das Buch ist 2016 im Carl Hanser Verlag erschienen, zwischenzeitlich auch als Lizenzausgabe bei der Bundeszentrale für politische Bildung (Schriftenreihe Band 10010) erhältlich und unbedingt lesenswert.

Zentrale Aussage ist, dass es uns gut geht, weil es anderen schlecht geht. Glück und Unglück müssen in Tateinheit betrachtet werden. So schreibt der Autor hinsichtlich der Ziele, die er mit dem Buch verfolgt:
"Ebendiese Doppelgeschichte soll hier in den Blick genommen werden. Es geht um den Einblick in Zusammenhänge, die Einsicht in Abhängigkeiten, in globale Beziehungsstrukturen und Wechselwirkungen. Es geht um die andere Seite der westlichen Moderne, um ihr 'dunkles Gesicht', um ihre Verankerung in den Strukturen und Mechanismen kolonialer Herrschaft über den Rest der Welt. Es geht um Reichtumsproduktion auf Kosten und um Wohlstandsgenuss zu Lasten anderer, um die Auslagerung der Kosten und Lasten des 'Fortschritts'. Und es geht noch um eine weitere, dritte Geschichte: um die Abwehr des Wissens um ebendiese Doppelgeschichte, um deren Verdrängung aus unserem Bewusstsein, um ihre Tilgung aus den gesellschaftlichen Erzählungen individuellen und kollektiven 'Erfolgs'. Wer von unserem Wohlstand hierzulande redet, dürfte von den damit verbundenen, verwobenen, ja ursächlich zusammenhängenden Nöten anderer Menschen andernorts nicht schweigen. Genau das aber ist es, was ununterbrochen geschieht." (S. 17)
Im weiteren Verlauf des Textes wird Lessenich noch deutlicher, wenn er schreibt: "Gegen ebenjenes Vergessen aber richtet sich dieses Buch" (S. 24). Es geht darum, die Mechanismen und Strukturen darzustellen, die zu der perversen "internationalen Arbeitsteilung" geführt haben, die sich so beschreiben lässt:
"Wir haben uns aufs Gewinnen spezialisiert - und die anderen aufs Verlieren festgelegt." (S. 25)
Die Anzeichen mehren sich, dass Ungleichheit und Ungerechtigkeit im Weltmaßstab immer mehr Menschen Unbehagen bereitet.
"Diesem einstweilen noch unterschwelligen, aber - so die Vermutung - zunehmend um sich greifenden Unbehagen an der Externalisierungsgesellschaft und ihrem Preis will das vorliegende Buch Ausdruck und Auftrieb geben." (S. 29)
Es geht Lessenich also um "eine Gegenwartssoziologie der Externalisierungsgesellschaft" (S. 50), wobei er diesen zentralen Begriff entlang der drei zentralen Kategorien von Macht, Ausbeutung und Habitus folgendermaßen definiert:
"In der Externalisierungsgesellschaft besteht Macht in der Chance, die Kosten der eigenen Lebensführung auf andere abzuwälzen - und diese Chance ist strukturell ungleich verteilt. Sie ist dies, weil es bestimmten sozialen Kollektiven gelungen ist, sich Möglichkeiten zur Externalisierung anzueignen und sie zugleich anderen vorzuenthalten. Diese anderen werden von den machtvollen Positionen aus ausgebeutet, insofern sie vorrangig die Kosten der Externalisierung zu tragen haben, von den Profiten derselben aber dauerhaft ausgeschlossen bleiben. Sozial wirksam und gesellschaftlich stabilisiert werden Machtungleichgewicht und Ausbeutungsdynamik in der Externalisierungsgesellschaft durch einen spezifischen Habitus derjenigen, die aus machtvollen Positionen heraus ausbeuterisch handeln: Externalisierung wird für sie zu einer sozialen Praxis, die sie als möglich, üblich und legitim wahrnehmen und daher wie selbstverständlich vollziehen." (S. 62f., eigene Hervorhebung)
Auf den Seiten 179/180 bilanziert der Autor seine Analyse. In zwei Anläufen habe er zu ergründen versucht, wie es sich mit Wohlstand und "Übelstand" verhält:
"Zunächst wurde gezeigt, wie die gesamte (...) Lebensführung in den reichen Gesellschaften des globalen Nordens auf einem schon seit langem praktizierten, großangelegten System ungleichen Tauschs beruht: In weiter Ferne, an den vielen Peripherien der kapitalistischen Weltökonomie, werden Arbeiten erbracht, Ressourcen gefördert, Giftstoffe freigesetzt, Abfälle gelagert, Landstriche verwüstet, Sozialräume zerstört, Menschen getötet - für uns, für die Menschen in den Zentren des Wohlstands, für die Ermöglichung und Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards, ihrer Lebenschancen, ihres Lebensstils." (S. 179f.)
Der zweite Schritt besteht darin, das Mobilitätsregime dieser globalen Formation in den Blick zu nehmen. Hier kommt Lessenich zu folgender Einschätzung:
"Sodann wurde in einem zweiten Schritt nachgezeichnet, wie sich diese Zentren des Wohlstands von der sie nährenden und entlastenden Außenwelt abschließen, oder genauer: wie sie 'fremde' Lebenswelten als ein 'Außen' konstruieren, auf das sie zur Sicherung ihrer Lebensweise zugreifen können, ohne selbst jedoch von diesem in ihrer Integrität berührt zu werden. Die Beziehungen zwischen Zentren und Peripherien sind nach dem Prinzip der Halbdurchlässigkeit gestaltet: Während nach 'außen' viel geht, soll nur wenig nach 'innen' gelangen. Die globale Mobilitätskluft zugunsten des globalen Nordens ist dafür ein treffendes Beispiel: Die eine Hälfte der Welt bereist kollektiv die andere, eröffnet dieser aber nur einen höchst selektiven Zugang zu ihrem eigenen Wirtschafts- und Sozialraum. Wie die Lebens- sind auch die Bewegungschancen offensichtlich global teilbar - und effektiv geteilt. Was den einen möglich ist, bleibt den anderen verwehrt: Das nennt sich dann das Zeitalter der 'Globalisierung'." (S. 180)
In dieser Analyse bestand das Hauptanliegen des Buches. Hinzu kam das Ziel, mit "der Schweigespirale des Wohlstandskapitalismus" (S. 192) zu brechen. Was mögliche Reaktionen auf die dargestellte schreiende Ungerechtigkeit betrifft, beschränkt sich Lessenich auf einige Andeutungen zur "radikalen institutionellen Reform der Externalisierungsgesellschaft" (S. 195):
"...von einer mit den Privilegien der Zentrumsökonomien brechenden Revision des Welthandelsregimes, einer effektiven Besteuerung weltweiter Finanztransaktionen und einem Umbau der reichen Volkswirtschaften in Postwachstumsökonomien bis hin zu einem Sozialvertrag zur Verzögerung des Klimawandels (...) und einer transnationalen Rechtspolitik, die globale soziale Rechte wirkungsvoll verankert. Auf einen gemeinsamen Nenner gebracht, liefe eine solche Reform auf eine konsequente Politik der doppelten Umverteilung hinaus: im nationalgesellschaftlichen wie im weltgesellschaftlichen Maßstab, von oben nach unten und von 'innen' nach 'außen'." (S. 195)

Dienstag, 6. Juni 2017

Lessenich: Analyse der Externalisierungsgesellschaft

"Neben uns die Sintflut" ist der eindrückliche Titel (Untertitel: "Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis"), den der Soziologe Stephan Lessenich seiner treffenden Diagnose unserer Gesellschaft gegeben hat. Das Buch ist 2016 im Carl Hanser Verlag erschienen, zwischenzeitlich auch als Lizenzausgabe bei der Bundeszentrale für politische Bildung (Schriftenreihe Band 10010) erhältlich und unbedingt lesenswert.

Zentrale Aussage ist, dass es uns gut geht, weil es anderen schlecht geht. Glück und Unglück müssen in Tateinheit betrachtet werden. So schreibt der Autor hinsichtlich der Ziele, die er mit dem Buch verfolgt:
"Ebendiese Doppelgeschichte soll hier in den Blick genommen werden. Es geht um den Einblick in Zusammenhänge, die Einsicht in Abhängigkeiten, in globale Beziehungsstrukturen und Wechselwirkungen. Es geht um die andere Seite der westlichen Moderne, um ihr 'dunkles Gesicht', um ihre Verankerung in den Strukturen und Mechanismen kolonialer Herrschaft über den Rest der Welt. Es geht um Reichtumsproduktion auf Kosten und um Wohlstandsgenuss zu Lasten anderer, um die Auslagerung der Kosten und Lasten des 'Fortschritts'. Und es geht noch um eine weitere, dritte Geschichte: um die Abwehr des Wissens um ebendiese Doppelgeschichte, um deren Verdrängung aus unserem Bewusstsein, um ihre Tilgung aus den gesellschaftlichen Erzählungen individuellen und kollektiven 'Erfolgs'. Wer von unserem Wohlstand hierzulande redet, dürfte von den damit verbundenen, verwobenen, ja ursächlich zusammenhängenden Nöten anderer Menschen andernorts nicht schweigen. Genau das aber ist es, was ununterbrochen geschieht." (S. 17)
Im weiteren Verlauf des Textes wird Lessenich noch deutlicher, wenn er schreibt: "Gegen ebenjenes Vergessen aber richtet sich dieses Buch" (S. 24). Es geht darum, die Mechanismen und Strukturen darzustellen, die zu der perversen "internationalen Arbeitsteilung" geführt haben, die sich so beschreiben lässt:
"Wir haben uns aufs Gewinnen spezialisiert - und die anderen aufs Verlieren festgelegt." (S. 25)
Die Anzeichen mehren sich, dass Ungleichheit und Ungerechtigkeit im Weltmaßstab immer mehr Menschen Unbehagen bereitet.
"Diesem einstweilen noch unterschwelligen, aber - so die Vermutung - zunehmend um sich greifenden Unbehagen an der Externalisierungsgesellschaft und ihrem Preis will das vorliegende Buch Ausdruck und Auftrieb geben." (S. 29)
Es geht Lessenich also um "eine Gegenwartssoziologie der Externalisierungsgesellschaft" (S. 50), wobei er diesen zentralen Begriff entlang der drei zentralen Kategorien von Macht, Ausbeutung und Habitus folgendermaßen definiert:
"In der Externalisierungsgesellschaft besteht Macht in der Chance, die Kosten der eigenen Lebensführung auf andere abzuwälzen - und diese Chance ist strukturell ungleich verteilt. Sie ist dies, weil es bestimmten sozialen Kollektiven gelungen ist, sich Möglichkeiten zur Externalisierung anzueignen und sie zugleich anderen vorzuenthalten. Diese anderen werden von den machtvollen Positionen aus ausgebeutet, insofern sie vorrangig die Kosten der Externalisierung zu tragen haben, von den Profiten derselben aber dauerhaft ausgeschlossen bleiben. Sozial wirksam und gesellschaftlich stabilisiert werden Machtungleichgewicht und Ausbeutungsdynamik in der Externalisierungsgesellschaft durch einen spezifischen Habitus derjenigen, die aus machtvollen Positionen heraus ausbeuterisch handeln: Externalisierung wird für sie zu einer sozialen Praxis, die sie als möglich, üblich und legitim wahrnehmen und daher wie selbstverständlich vollziehen." (S. 62f., eigene Hervorhebung)
Auf den Seiten 179/180 bilanziert der Autor seine Analyse. In zwei Anläufen habe er zu ergründen versucht, wie es sich mit Wohlstand und "Übelstand" verhält:
"Zunächst wurde gezeigt, wie die gesamte (...) Lebensführung in den reichen Gesellschaften des globalen Nordens auf einem schon seit langem praktizierten, großangelegten System ungleichen Tauschs beruht: In weiter Ferne, an den vielen Peripherien der kapitalistischen Weltökonomie, werden Arbeiten erbracht, Ressourcen gefördert, Giftstoffe freigesetzt, Abfälle gelagert, Landstriche verwüstet, Sozialräume zerstört, Menschen getötet - für uns, für die Menschen in den Zentren des Wohlstands, für die Ermöglichung und Aufrechterhaltung ihres Lebensstandards, ihrer Lebenschancen, ihres Lebensstils." (S. 179f.)
Der zweite Schritt besteht darin, das Mobilitätsregime dieser globalen Formation in den Blick zu nehmen. Hier kommt Lessenich zu folgender Einschätzung:
"Sodann wurde in einem zweiten Schritt nachgezeichnet, wie sich diese Zentren des Wohlstands von der sie nährenden und entlastenden Außenwelt abschließen, oder genauer: wie sie 'fremde' Lebenswelten als ein 'Außen' konstruieren, auf das sie zur Sicherung ihrer Lebensweise zugreifen können, ohne selbst jedoch von diesem in ihrer Integrität berührt zu werden. Die Beziehungen zwischen Zentren und Peripherien sind nach dem Prinzip der Halbdurchlässigkeit gestaltet: Während nach 'außen' viel geht, soll nur wenig nach 'innen' gelangen. Die globale Mobilitätskluft zugunsten des globalen Nordens ist dafür ein treffendes Beispiel: Die eine Hälfte der Welt bereist kollektiv die andere, eröffnet dieser aber nur einen höchst selektiven Zugang zu ihrem eigenen Wirtschafts- und Sozialraum. Wie die Lebens- sind auch die Bewegungschancen offensichtlich global teilbar - und effektiv geteilt. Was den einen möglich ist, bleibt den anderen verwehrt: Das nennt sich dann das Zeitalter der 'Globalisierung'." (S. 180)
In dieser Analyse bestand das Hauptanliegen des Buches. Hinzu kam das Ziel, mit "der Schweigespirale des Wohlstandskapitalismus" (S. 192) zu brechen. Was mögliche Reaktionen auf die dargestellte schreiende Ungerechtigkeit betrifft, beschränkt sich Lessenich auf einige Andeutungen zur "radikalen institutionellen Reform der Externalisierungsgesellschaft" (S. 195):
"...von einer mit den Privilegien der Zentrumsökonomien brechenden Revision des Welthandelsregimes, einer effektiven Besteuerung weltweiter Finanztransaktionen und einem Umbau der reichen Volkswirtschaften in Postwachstumsökonomien bis hin zu einem Sozialvertrag zur Verzögerung des Klimawandels (...) und einer transnationalen Rechtspolitik, die globale soziale Rechte wirkungsvoll verankert. Auf einen gemeinsamen Nenner gebracht, liefe eine solche Reform auf eine konsequente Politik der doppelten Umverteilung hinaus: im nationalgesellschaftlichen wie im weltgesellschaftlichen Maßstab, von oben nach unten und von 'innen' nach 'außen'." (S. 195)