Sonntag, 30. April 2023

Biomethan: Eine Alternative zu Erdgas

Erneuerbare Energien wie beispielsweise Wind- und Sonnenenergie sowie Wasserkraft können einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz leisten. Doch wie sieht es mit Biomasse aus? Welche Rolle die Nutzung von Biomasse bei der Produktion von erneuerbarer Energie spielt, soll im Folgenden erläutert werden.

Biogasanlagen sind ein Beispiel für einen biologisch hergestellten Erdgasersatz. Diese wandeln Biomasse in eine Energieform um. Hierbei werden biologische Rohstoffe aus Privathaushalten und Landwirtschaft wie beispielsweise Abfall, Mist oder Gülle in einen versiegelten Behälter, den sogenannten Fermenter, gefüllt. Diese Masse wird von Mikroorganismen und Bakterien zersetzt und erzeugt biologischen Dünger und Biogas.

Dieses Biogas wird auf zwei Wegen verwertet. Zum einen wird Biogas in Blockheizkraftwerken in Strom umgewandelt. Zum anderen wird das in der Fermentation entstandene Rohbiogas veredelt. Biogas enthält Methan, Kohlenstoff, Wasserstoff, Ammoniak, Schwefelwasserstoff sowie andere Gase. Um Schäden an den Anlagen zu verhindern und gereinigtes Methan zu erzeugen, ist das Verfahren der Entschwefelung, Trocknung sowie Ausscheidung von Kohlendioxid notwendig. Nun kann Biomethan in das bestehende Gasnetz eingespeist und als Alternative zu Erdgas genutzt werden.

Die Vorteile von Biomethan sind vielfältig. Es kann unter anderem die Treibhausgasemissionen und Abhängigkeit von ausländischem Öl verringern. Da Biomasse reichlich vorhanden ist, stellt Bioenergie eine zuverlässige, nachhaltige und erneuerbare Energiequelle dar. Die Produktion von Biomethan kann damit zur Abfallvermeidung beitragen, indem organisches Material verwendet wird, das andernfalls weggeworfen werden würde. Es kann zur Stromversorgung, zum Heizen oder im Verkehr eingesetzt werden.

Weiterführende Links und Quellen

Samstag, 29. April 2023

Verfügbare Titel zum Thema Klimakrise bei der bpb

Zum Themenbereich Klima/Ressourcen/Umwelt sind bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) im Moment folgende Bücher bestellbar: 

  • Über Leben und Natur - Es geht nicht ohne sie: Biologische Vielfalt ist entscheidend für das Überleben von Mensch und Natur. Das Buch erklärt, warum das so ist und was für den Erhalt biologischer Vielfalt zu tun ist.
  • Klimaschutz: Wissen und Handeln - Zwischen dem Wissen über Ursachen, Folgen und geeignete Strategien zur Eindämmung der Klimakrise einerseits und der Umsetzung in Handeln andererseits klafft eine große Lücke. 
  • Im Strudel - Unser Verhältnis zur Umwelt ist ambivalent. Frank Uekötter entwirft eine Umweltgeschichte, die die vielen Facetten in den Blick nimmt. 
  • In Zukunft hitzefrei? - Der Klimawandel ist in aller Munde – doch selten wird genauer nachgefragt: Was hat er mit der Sonne, mit Kohlenstoff und der Erdatmosphäre zu tun? Warum erwärmt sich die Erde so stark...
  • Mehr aus weniger - Geht das denn überhaupt? Mehr Wachstum und Wohlstand für alle Menschen, trotz geringeren Ressourceneinsatzes? Der Wirtschaftswissenschaftler Andrew McAfee ist überzeugt, dass eine kluge Kombination...
  • Heißzeit - Kaum eine Erdregion, in der nicht inzwischen die Folgen des menschengemachten Klimawandels zu spüren sind. Mojib Latif erläutert unmissverständlich dessen Ursachen und Folgen und wendet sich gegen...
  • Der Boden - Unter uns: Die meisten Menschen verspüren wenig Anlass, über die Welt unterhalb ihrer Schuhsohlen nachzudenken. Dabei gibt es gute Gründe dafür. Peter Laufmann zeigt, was intakte Böden ausmacht...
  • Zieht euch warm an, es wird heiß! - Der Klimawandel mit seinen vielen bedrohlichen Folgen geht vom Menschen aus. Daher drängt uns die Wissenschaft zum notwendigen Gegensteuern, doch immer noch zu vielen Menschen scheint das...
  • Land unter im Paradies - Der Klimawandel hat viele Auswirkungen - viele davon sind in anderen Weltgegenden noch dramatischer als hierzulande. Wie sehen diese konkret aus? Wie steht es um das Bewusstsein für die Problematik...
  • Plastik - Plastik: unverzichtbar, unvernichtbar oder beides? Ein Stoff, der einst wegen seiner Nützlichkeit und Vielseitigkeit den Siegeszug durch unseren Alltag antrat, bereitet heute weltweit große...
  • Das Klimabuch - Niemand kann mehr ernsthaft den Klimawandel leugnen. Was passiert konkret? Welche Faktoren sind beteiligt? Wie wirken sich die Veränderungen weltweit aus? Was können Einzelne oder viele bewirken?
  • Die Erde rechnet ab - Der Klimawandel ist ein Faktum, dessen Auswirkungen kaum mehr zu übersehen sind: Starkregen und Dürren, Waldschäden, Ernteausfälle, extreme Hitze.
  • Das Tier und der Nutzen - Nutztierhaltung ist zunehmend breiter öffentlicher Kritik ausgesetzt, die sich vor allem auf die damit verbundene ökologische Belastung und das eingeschränkte Wohlbefinden der Tiere bezieht. 
  • Ewigkeitslasten - Kann man radioaktive Abfälle "endlagern"? Gibt es technisch verlässliche, sozial und politisch vermittelbare Lagerstätten für den atomaren Müll, der nach jahrzehntelanger Nutzung der Atomkraft...
  • Das Verstummen der Natur - Es ist weithin still geworden. Insbesondere Vögel und Insekten leiden darunter, dass ihre Lebensgrundlagen und Futterpflanzen Raubbau, Gleichgültigkeit oder Unkenntnis zum Opfer fallen. 
  • Leute machen Kleider - Woher stammen die Kleidungsstücke, die wir tragen? Wer produziert sie und wo? Welchen Arbeitsbedingungen sind die Menschen in der Kleidungsindustrie unterworfen? Und welche ökologischen und sozialen...
  • Wasser - Wasser ist lebenswichtig. Doch während es die einen verschwenden (können), haben andere zu wenig, zu schlechtes oder gar kein Wasser zur Verfügung. Wasserkrisen verschärfen sich zudem durch den...
  • Klimapolitik - Veränderungen des globalen Klimas sind unübersehbar. Doch vielfach wird hoch kontrovers über Ursachen, Ausmaß und Folgen gestritten. Die Autoren bieten einen Problemaufriss, diskutieren…
  • Das Ozeanbuch - Verschmutzung und Überfischung sind nur die offenkundigsten Bedrohungen unserer Weltmeere. Der Klimawandel hat spürbar Einfluss auf Temperaturen, Strömung und Wasserqualität der Meere. 
  • Das Ende der Natur - Artensterben? Vor unserer Haustür? Vögel, Insekten, Amphibien, Wildkräuter und deren Lebensräume sind, so Susanne Dohrn, massiv bedroht durch eine agroindustrielle Landwirtschaft, in der alles dem...
  • Ökoroutine - Gewohnheiten sind erst Spinnweben, dann Drähte, sagt ein Sprichwort. Eingefahrene Verhaltensweisen bremsen die Hinwendung zu einer ressourcenschonenderen (Land)Wirtschaft, Mobilität oder...
  • Magnet Stadt - Die Städte des Globalen Südens ächzen unter dem Zustrom von Menschen, deren Lebensgrundlagen durch Entrechtung, Katastrophen oder Kriege verloren gingen und die ihr Überleben in urbanen Räumen...
  • Global Gardening - Bioökonomie? Klingt gut, aber wie ist das Verhältnis zwischen Bio und Ökonomie dabei? Bedeutet der Begriff Wirtschaften im Einklang mit den Ressourcen der Erde? Oder tarnt sich hier weiterer...
  • Deutschland in Grün - Umwelt und Umweltschutz – zwei viel zitierte Begriffe. Wie steht es um beides in Deutschland? Welche Akteure setzen sich für welche Ziele ein? Welche Initiativen hatten Erfolg und warum?
  • Endspiel - Eine Welt ohne Regenwälder ist dem Untergang geweiht. Doch wie steht es um sie? Rodung, Zerschneidung und viele andere negative Einflüsse setzen ihnen zu. Claude Martin analysiert in seinem ebenso...
  • Schlussbericht der Enquete-Kommission - Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" hat ihren Schlussbericht vorgelegt. Unter anderem schlägt sie einen neuen Begriff von Wohlstand und eine neue... 
  • Wasser - Ohne Wasser ist kein Leben möglich. Im Überfluss ist es ebenso zerstörerisch wie bei Mangel. Und Wasser spaltet: in Arme und Reiche, in Verschwender und Sparsame, in Zerstörer und Bewahrer.

Freitag, 21. April 2023

Sharing Economy - Zwischen Gemeinwohlorientierung und Dumping-Hölle

Geshared werden kann heute so einiges. Seien es Fahrräder, Autos, Kleider oder Wohnungen, es haben sich mittlerweile ganze Märkte entwickelt, in denen Menschen ihre Güter miteinander teilen. Für die große Beliebtheit der Sharing Economy sind nach Reinhard Loske vor allem zwei Entwicklungen verantwortlich. Die Erkenntnis, dass man Dinge nicht unbedingt als Eigentum benötigt, um sie zu nutzen, und die weitreichenden Vorteile des Internets, die den Austausch zwischen Menschen erleichtern.

Doch was auf den ersten Blick wie eine gute Entwicklung aussieht, kann auch zu einem Problem werden. Die Sharing Economy birgt die Gefahr einer Dumping-Hölle, in der es nur noch darauf ankommt, mit möglichst niedrigen Preisen Profit zu machen. Unter anderem Betreiber von mittelständischen Hotels sehen sich durch diese Entwicklung bedroht, da sie mit den Preisen von Home-Sharing-Angeboten nicht mehr mithalten können. Auch für die Nutzer von Sharing-Angeboten können Gefahren entstehen, z.B. durch fehlenden Versicherungsschutz oder Datenmissbrauch (vgl. Loske, 2015, S. 295 f.).

An dieser Stelle ist es wichtig zu differenzieren, und zwar zwischen gemeinwohlorientiertem (Mitfahrzentralen oder Kleidertauschpartys) und gewinnorientiertem Sharing (z.B. kommerzielle Buchungsplattformen für Schlafplätze). Denn das Teilen von Gütern und die Erkenntnis, dass es nicht nötig ist, immer alles neu zu kaufen, kann ein wichtiger Schritt sein, um unserer Konsumgesellschaft entgegenzuwirken. Dazu ist es notwendig, Gestaltungs- und Regulierungsregime zu schaffen, die Gemeinwohlorientierung, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfairness sicherstellen (vgl. Loske, 2015, S. 298) und dennoch nicht zu Tode regulieren.

Literatur

Loske, Reinhard (2015): Sharing Economy: Gutes Teilen, schlechtes Teilen? In: Blätter für deutsche und internationale Politik (Hg.). Mehr geht nicht! Der Postwachstums-Reader, Berlin, Blätter Verlagsgesellschaft mbH, S. 295-304.

Mittwoch, 19. April 2023

Definition des Begriffs "Nachhaltigkeit"

Der Begriff ‚Nachhaltigkeit‘ bezog sich zunächst vornehmlich auf physische Konzepte, bei denen es um den Erhalt und den Schutz eines vorhanden ‚Landschaftsbilds‘ ging (vgl. Schulte-Tickmann 2023, S.11ff). Die Wurzeln des Nachhaltigkeitsbegriffs lassen sich dabei auf Carl von Carlowitz zurückführen, einen Oberberghauptmann aus Freiberg im 17. Jahrhundert. Carlowitz betonte, dass in einem Wald nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie sich innerhalb einer bestimmten Zeit auf natürliche Weise wieder regenerieren konnte. Er sprach in diesem Zusammenhang von einer „klugen Art der Waldbewirtschaftung" (Hans Carl von Carlowitz & Joachim Hamberger 2013, S. 87) und "einer beständigen und nachhaltigen Nutzung des Waldes" (ebd. S. 105). Das Prinzip der Nachhaltigkeit sollte somit sicherstellen, dass ein regeneratives, natürliches System in seinen wesentlichen Eigenschaften dauerhaft erhalten bleibt (Pufé 2014, S. 3). Auf dieser Grundlage wurde das Verständnis von Nachhaltigkeit als ressourcenökonomisches Prinzip geprägt.

Die heutzutage am weitesten verbreitete Definition von Nachhaltigkeit stammt aus dem Brundtland-Bericht von 1987. In diesem Bericht wurde festgelegt, dass "nachhaltige Entwicklung die Entwicklung ist, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu beeinträchtigen, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen" (zit. nach Pufé 2014, S. 3).

Aus dieser Definition heraus wurden in der Folge Verhaltensregen abgeleitet, die Menschen im Sinne der Nachhaltigkeit berücksichtigen sollen. Diese besagen, dass eine nachhaltige Lebensweise die Bedürfnisse sowohl der heutigen als auch der zukünftigen Generationen berücksichtigt, wodurch intergenerationelle Gerechtigkeit gewährleistet wird (Schulte-Tickmann 2023, S.13). Zudem hat die Priorisierung der Bedürfnisse der ärmsten Bevölkerungsschichten der Welt und die Bekämpfung der Armut einen hohen Stellenwert, um intragenerationelle Gerechtigkeit zu erreichen (ebd.). Der Erhalt der Umwelt und ihrer grundlegenden Funktionen ist zudem ein wichtiger Grundsatz, der die Integration der Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik erfordert. Ziel ist es demnach sicherzustellen, dass kommende Generationen nicht weniger Zugang zu Ressourcen und Nahrung haben als wir heute, und dass sie ein gesundes, sicheres, freies und soziales Leben führen können (bpb 2021, S. 154).

Um zu beschreiben, was nötig ist, damit die Ziele erreicht werden können, hat sich das Drei-Säulen-Modell zur Beschreibung der Nachhaltigkeitsdimensionen entwickelt. Es besagt, dass Ökologie, Ökonomie und Soziales gleichberechtigt für Nachhaltigkeit stehen (Pufé 2014, S. 6). Die ökologische Dimension bezieht sich auf den Schutz der Umwelt und der natürlichen Ressourcen, die soziale Dimension auf die Förderung von sozialer Gerechtigkeit und die Wahrung von Menschenrechten und schließlich die ökonomische Dimension auf die Schaffung von Wohlstand und das Management von Ressourcen (vgl. Leipold & Scheumann, 2019). Um dem Geist und Prinzip der Nachhaltigkeit gerecht zu werden, müssen alle drei Dimensionen zusammengeführt, verbunden und integriert werden. Dies ist auch das Ziel aller Nachhaltigkeitsmodelle, um wiederherzustellen, was in der Natur immer verbunden war, aber in der Wirtschaft getrennt betrachtet wird.

Literatur

  • Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). (2021). Einfach Politik: Lexikon A-Z. bpb.
  • Carlowitz, H. C. von / Hamberger, J. (Hrsg.). (2013). Sylvicultura oeconomica oder Haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur Wilden Baum-Zucht. München: Bayerischer Landwirtschaftsverlag. (Originalarbeit veröffentlicht 1713).
  • Pufé, I. (2014). Was ist Nachhaltigkeit? Dimensionen und Chancen. Aus Politik und Zeitgeschichte, 64(29-30), 3-9.
  • Schulte-Tickmann, D. (2023). Was ist Nachhaltigkeit? Naturphilosophische Reflexion auf einen vielfältig verwendeten Begriff. Marburg: Tectum Wissenschaftsverlag.

Der Europäische Emissionshandel

Im Jahr 2005 einigte sich die EU auf eine gemeinsame Methode, um die Klimaschutzziele zu erreichen: den europäischen Emissionshandel. Damit ist ein internationaler Markt gemeint, an dem mithilfe von sogenannten Klimazertifikaten Kohlendioxid-Verschmutzungsrechte gehandelt werden. Auf Englisch heißt dieses System Emission Trading System (ETS). Wie funktioniert der Europäische Emissionshandel?

Der Grundgedanke ist, dass Fabriken und Kraftwerke der energieintensiven Industrie Verschmutzungsrechte verliehen bekommen. Diese Obergrenze wird Cap genannt und legt fest, wie viele Treibhausgas-Emissionen die Anlagen ausstoßen dürfen. Wenn sie die Obergrenze nicht erreichen, können sie die übrigen Berechtigungen auf dem Markt verkaufen. Somit entsteht ein Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen, und Fabriken und Kraftwerke mit geringen Emissionen werden finanziell belohnt.

Mit der Zeit werden die Zertifikate, die an die Firmen vergeben werden, reduziert, um einen Anreiz zu schaffen, auf Produktionen umzustellen, die geringere Emissionen verursachen. Die EU zählt zu den größten Verursacher von Treibhausgasen und sieht sich als „international treibende Kraft einer globalen Klimapolitik“.

Mit dem Handel von Klimazertifikaten ist eine politische Maßnahme entstanden, die an die kapitalistische Gesellschaftsform angepasst ist und die kapitalistischen Denk- und Verhaltensweisen nutzt, um das Klima zu schützen. Das ETS ist seit 2005 das zentrale Klimaschutzinstrument der EU. 2023 nehmen neben den EU-Mitgliedstaaten auch Norwegen, Island und Lichtenstein am ETS teil und das System ist außerdem mit dem Emmisionshandelsystem der Schweiz verlinkt.

Das ETS soll dadurch wirksam sein, dass der Geltungsbereich sukzessive erweitert und die Anzahl der Berechtigungen reduziert wird. Eine Berechtigung berechtigt zum Ausstoß von einer Tonne Kohlendioxid-Äquivalent (CO2-Äq). Ende 2021 lag der Preis bei etwa 80 Euro pro Berechtigung. Für die dritte Handelsperiode 2013-2020 wurden insgesamt 15,6 Milliarden Emissionsberechtigungen verteilt. Jedes Jahr wurde die Menge der vergebenen Berechtigungen um etwa 2,2 %, also ca. 38 Millionen reduziert.

Seit dieser dritten Handeslperiode nimmt nicht nur der Luftverkehr und Energieanlagen am ETS teil. Seitdem müssen auch Anlagen zur Metallverarbeitung, Herstellung von Aluminium, Adipin- und Salpetersäure, Ammoniak und andere Anlagen der chemischen Industrie Emissionsberechtigungen erhalten und abgeben. Weiterhin gilt seit der dritten Handelsperiode die Berichts- und Abgabepflicht nicht mehr nur für Kohlendioxid, sondern es wurde auf weitere Emissionen erweitert. In der vierten Handelsperiode, in welcher wir uns heute befinden, wird die Obergrenze an Zertifikaten noch schneller abgesenkt als in der Periode 2013-2020, um den Emissionsausstoß noch weiter zu reduzieren.

Das ETS ist wirksam, doch der Weg zum Erreichen der Ziele ist noch weit. Seit der Einführung des ETS in der EU lassen sich Erfolge verzeichnen. Von 2005 bis 2021 sind die Emissionen europaweit um ca. 36% gesunken. Es zeigt sich, dass die Emissionen in der EU mit Ausnahme des Jahres 2008 stets deutlich unter der Obergrenze lagen. Da das Klimaschutzziel aber ist, dass die Emissionen bis 2030 um 62 Prozent gesenkt werden, ist noch einiges zu tun.

2024 und 2026 wird deshalb die Vergabe der Berechtigungen um 90 Millionen und 27 Millionen verringert. Außerdem werden jährlich 4,3%, bzw 4,4% weniger Zertifikate vergeben. Damit sinkt die Anzahl der Zertifikate schneller als in den Jahren zuvor. Außerdem wird das ETS auf die Schifffahrt ausgeweitet. Des Weiteren wird bis 2027 oder 2028 ein neues System, das ETS II, eingeführt werden, das die CO2-Emissionen im Straßenverkehr und von Gebäuden reguliert.

Das ETS unterstützt grüne Industrien. Während die Menge an Zertifikaten, die an die energieintensiven Indistrien vergeben werden, Schritt für Schritt verringert wird, werden immer mehr Zertifikate an den Innovationsfond und den Modernisierungsfond vergeben, und EU-Länder mit geringem Einkommen werden ebenfalls mit Zertifikaten unterstützt. Außerdem sollen die Einnahmen aus der Versteigerung von nicht genutzten Zertifikaten für klimarelevante Aktivitäten ausgegeben werden. Für die Verbraucher bedeutet die Verringerung der Menge an Zertifikaten ein Anstieg der Kosten für Heizen, Fliegen und weitere Produkte. Jedoch kann mit relativ geringen Kosten ein großer Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels geleistet werden.

Quellen

Externalisierungsgesellschaft: Postkolonial und verwerflich?

Unter Externalisierungsgesellschaft verstehen wir das Prinzip der kapitalistischen, wachstumsorientierten globalen Wirtschaftsordnung unserer Zeit, Kosten und Lasten unseres ökonomischen Handelns in andere Teile der Welt zu verlagern, anstatt diese unmittelbar an ihrem Entstehungsort zu behandeln. Doch wer externalisiert hier eigentlich und wer bekommt die negativen Folgen davon zu spüren?

Stephan Lessenich sagt: "Uns geht es gut, weil es anderen schlecht geht". Eine These wie ein Vorschlaghammer, die - sollte sie der Wahrheit entsprechen - uns vor Augen führt, dass wir in einer zutiefst ungleichen, unfairen und damit unmoralischen postkolonialen Gesellschaftsform leben, die wir aus ethischen Gründen nicht weiter aufrechterhalten dürften. Doch schauen wir uns die Situation einmal genauer an.

Zunächst springt ins Auge, dass wir bis zu einem gewissen Grad auf Kosten anderer leben. Wir exportieren unseren Müll, wir erlassen so strenge Umwelt- und Arbeitsschutzauflagen, dass bestimmte Industrien schon vor Jahrzehnten in die Dritte Welt abgewandert sind. Man denke nur an die Gerbereien, die - wie auch weite Teile der Stahlindustrie und nahezu die gesamte Textilindustrie - aus den Industriestaaten nach Asien abgewandert sind. Von dort kommen immer wieder Berichte über schlechte Arbeitsbedingungen und Umweltzerstörung. 

Aber es ist nicht alles düster. Auch andere Aspekte müssen bedacht werden. Zum Beispiel haben wir auch unsere Energiegewinnung weitestgehend externalisiert. Statt Kohle ist Öl und Gas jetzt wichtig. Auch andere Formen der Gewinnung von Rohstoffen fällt unter diese Kategorie. Viele Länder sind dadurch extrem reich geworden, sogar reicher als wir selbst.

Auch haben sich durch Externalisierung viele Länder wie z.B. China in atemberaubendem Tempo zu großen und mächtigen Industrienationen entwickelt. Vor 40 Jahren lebte noch fast die Hälfte der Menschheit in extremer Armut, heute ist das noch jeder Zehnte. Externalisierung hat also auch ihre hellen Seiten, gerade für die ehemaligen Kolonien, die unter europäischer Herrschaft gelitten haben. Sie bekommen so endlich einen Teil vom Kuchen ab. Wir sind auf sie angewiesen, was ihnen endlich ein Gewicht verleiht, das sie vorher nie hatten. 

Trotzdem haben wir großen Schaden in der Dritten Welt angerichtet, wir exportieren immer noch eschreckende Mengen Müll in Länder, in denen er nicht sachgerecht entsorgt werden kann. Wir müssen für faire Arbeitsbedingungen in diesen Ländern sorgen und für Umwelt- und Klimaschutz auf der internationalen Bühne eintreten. Kurz gesagt: die öko-soziale Marktwirtschaft mit anderen teilen.

Dienstag, 18. April 2023

Leben über die Verhältnisse anderer: Die Externalisierungsgesellschaft

„Die internationale Arbeitsteilung besteht darin, dass einige Länder sich im Gewinnen und andere im Verlieren spezialisieren.“ (Eduardo Galeano, 1973)

Stephan Lessenich (2016) bezeichnet Externalisieren als Vorgang der Verlagerung. Im politischen Kontext bedeutet dies konkret: hochindustrialisierte, wohlhabende Gesellschaften lagern unangenehme negative Effekte in weniger wohlhabende Regionen der Welt aus (ebd., S. 24). Dabei ist diese Auslagerung kein willkürliches Nebenprodukt politischer Maßnahmen hochentwickelter Nationen: sie wird viel mehr willentlich und systematisch in Folge der Konsumgesellschaft einkalkuliert, um kostengünstiges und massenhaftes Produzieren weiterhin zu ermöglichen.

Konkret: Externalisierung geht auf Kosten und zu Lasten anderer. So kann insbesondere der Globale Norden als große Externalisierungsgesellschaft bezeichnet werden. Von Niedriglohnarbeit über Müllentsorgung bis hin zur Landnutzung und Luftverschmutzung – die Auslagerung in weniger wohlhabende Regionen der Erde ist keineswegs neu, sondern geht auf die lange Historie des Wohlstandskapitalismus im Globalen Norden zurück.

Der von Lessenich als „ungleicher ökologischer Tausch“ bezeichnete Umstand regt zum Nachdenken an: All die positiven, mit vielen Annehmlichkeiten verbundenen Effekte der kapitalistischen Kolonialisierung hängen damit zusammen, dass anderen Menschen diese Annehmlichkeiten systematisch und bewusst vorenthalten werden: seinen landwirtschaftlichen Flächenbedarf exportiert Deutschland, beispielsweise zum Anbau von Soja, in Agrargesellschaften, die ihre eigenen Flächen so maßgeblich für Exportprodukte statt den Eigenbedarf nutzen (Lessenich, 2016, S. 83).

So zeigt Lessenich auf, dass „drei Viertel der jährlich 200 Millionen Tonnen weltweit geernteter Sojabohen“ als Futter für Massentierhaltung in Europa, Nordamerika und China genutzt werden (Lessenich, 2016, S. 85). Diese Zahl verdeutlicht einmal mehr, dass das „ecological footprint/ environmental degradation paradox“, also der ökologische Fußabdruck der Industrienationen, darauf aufbaut, die eigene Umweltbilanz nur augenscheinlich sauber zu halten.

Aktuelle klimapolitischen Herausforderungen zeigen, dass die Externalisierung nicht vor Effekten der Rückkoppelung schützen wird: der Trugschluss, durch Abwälzung negative, unliebsame Effekte bewusst aus dem Globalen Norden auslagern und somit „wegdenken“ zu können, wird brüchig mit der Erkenntnis: die Klimakrise wird kein Nullsummenspiel sein. Die Frage ist wohl vielmehr, wie der politischen Herausforderung begegnet werden kann, während die Externalisierungsgesellschaft längst mit selbstzerstörerischen Tendenzen begonnen hat? 

Quelle

Lessenich, S. (2016). Neben uns die Sintflut. Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.

Kernelemente der Postwachstumsgesellschaft

Die Postwachstumsgesellschaft konzentriert sich auf das Schaffen einer gerechten und nachhaltigen Gesellschaft. Kernelemente der Postwachstumsgesellschaft sind folgende:

  • Degrowth: Ressourcen effizienter nutzen und gerecht verteilen, um den materiellen Konsum zu reduzieren.
  • Gemeinwohlorientierung: Die Wirtschaft soll auf dem Prinzip des Gemeinwohls basiert. Es geht darum, nicht auf Gewinnmaximierung abzuzielen. In den Mittelpunkt sollen die Bedürfnisse der Umwelt und der Menschen gestellt werden.
  • Ökologische Nachhaltigkeit: Der Schutz der natürlichen Ressourcen der Erde ist das oberste Ziel. Eine Wirtschaft soll geschaffen werden, die die Belastungen für die Umwelt minimiert.
  • Solidarität und soziale Gerechtigkeit: Die Postwachstumsgesellschaft setzt auf Zusammenarbeit. Es geht darum, eine gerechtere Verteilung von Ressourcen und Chancen zu erzielen.
  • Partizipation und Demokratie: Die Kontrolle über Ressourcen und die Wirtschaft soll wieder in die Hände der Menschen gelegt werden. Außerdem soll die Beteiligung der Menschen an politischen Entscheidungen gefördert werden.

EU-Klimaschutzpaket "Fit für 55"

Eine politische Maßnahme, die sich für den Klima- und Umweltschutz einsetzt, ist das EU-Klimaschutzpaket „Fit für 55“. Der Pakt bezieht sich grundsätzlich „auf das Ziel der EU, die Netto-Treibhausgasemission bis 2030 um mindestens 55% zu senken“ (Die Bundesregierung 2023). Es umfasst unter anderem eine Reihe von Vorschlägen, die zur Überarbeitung und Aktualisierung der EU-Rechtsvorschriften dienen soll. Des weiteren enthält es neue Anregungen für Initiativen, mit deren Hilfe sichergestellt werden soll, dass die Maßnahmen der EU im Einklang mit den Klimazielen stehen (vgl. ebd.).

Welche Maßnahmen beinhaltet das Klimaschutzpaket konkret?

Im Folgenden werde ich die wichtigsten Maßnahmen des Paketes näher vorstellen. Eine ausführliche Auflistung aller Maßnahmen ist auf der offiziellen Website des Rates der EU und des Europäischen Rates zu finden.

Energieeffizienz

Im Rahmen des Paketes „Fit für 55“ schlägt die EU-Kommission die Überarbeitung der bereits geltenden Energieeffizienz-Richtlinie vor. Hierzu ist es von Nöten, höhere Effizienzvorgaben weiterzugeben, um die EU als Ganzes zu verpflichten, ihren Endenergieverbrauch zu reduzieren. Demnach müssen die Mitgliedstaaten ihre Einsparungen von 2024 bis 2030 kontinuierlich steigern. 

„Die Einsparungen des Endenergieverbrauchs werden durchschnittlich 1,49% des jährlichen Gesamtenergieverbrauchs ausmachen und nach und nach bis Ende 2030 1,9% erreichen“ (Europäischer Rat/Rat der Europäischen Union 2023, online).

CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM)

Diese Maßnahme ist eine neue Regelung, mit welcher Anreize für Erzeuger außerhalb der EU geschaffen werden sollen, ihre Emission zu verringern. Was bedeutet das konkret? Es soll verhindert werden, dass Unternehmen mit hohen Treibhausgasemissionen ihre Produktion in Nicht-EU-Länder verlagern, deren Standards niedriger sind als in der EU. Künftig müssen Unternehmen demnach sogenannte CBAM-Zertifikate kaufen, um den Preisunterschied der günstigen Produktionskosten in einem Land außerhalb der EU auszugleichen (vgl. ebd.)

Erneuerbare Energien

Die derzeit geltende Erneuerbare-Energien-Richtline der EU muss aktualisiert werden, um das Ziel der Reduktion der Treibhausgasemission um mindestens 55% bis 2030 erreichen zu können. Erneuerbare Energien haben grundsätzlich weniger Umweltbelastungen, da sie weniger Kohlenstoff produzieren als fossile Brennstoffe. Mittels der neuen EU-Zielvorgabe wird der derzeitige Anteil an erneuerbaren Energien (22,1%) verdoppelt und erreicht demnach 40% des Gesamtenergiebedarfs. Jeder Mitgliedstaat muss zur Erreichung dieses Ziels einen Beitrag leisten (vgl. ebd.)

Energiebesteuerung

Mittels einer Energiebesteuerung ist es möglich, die genannten Klima- und Umweltziele zu erreichen. Hierbei wird sichergestellt, dass die umweltschädlichsten Kraftstoffe in Zukunft am höchsten besteuert werden. Hierzu zählen derzeit Kohle, Öl und Gas. Des weiteren würden die Steuern auf Flug- und Schiffskraftstoffe schrittweise angehoben werden (vgl. ebd.).

Quellen:

Europäischer Rat / Rat der Europäischen Union (2023): "Fit für 55", fit-for-55-the-eu-plan-for-a-green-transition (zuletzt abgerufen am 18.04.2023).

Die Bundesregierung (2023): EU-Klimaschutzpaket: Fit For 55, https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/europa/fit-for-55-eu-1942402 (zuletzt abgerufen am 18.04.2023).

Welcome to Sodom


Rund 250.000 Tonnen Elektroschrott werden Jahr für Jahr illegal nach Ghana verschifft. Klimaanlagen, Drucker, Kabel, Computer aus einer weit entfernten, digitalisierten Welt. Unser Elektrozeug, das nicht mehr funktioniert und weggeschmissen wird. Oder vielleicht doch. Aber veraltet ist es. Reparieren lohnt sich nicht. Neues muss her, Neues muss verkauft werden. Die Elektrogeräte, die wir heute kaufen, landen irgendwann vielleicht auf einer Müllhalde in Ghana. Auf Deponien für Elektroschrott ohne jegliche Struktur, geschweige denn Sicherheits- oder Gesundheitsrichtlinien, ohne einen Ansatz zum Recycling.

Eine der größten dieser Deponien weltweit befindet sich in der ghanaischen Hauptstadt Accra - die Elektroschrottmüllhalde Agbogbloshie. Rund 6000 Frauen, Kinder und Männer leben in diesem, vom Müll überfluteten Stadtteil. Vor nicht allzu langer Zeit war hier noch unberührtes Sumpfland. Heute gilt es als eines der giftigsten Gebiete der Welt.

"Sodom" nennen sie das Areal. Wie die Stadt, die nach  Erzählungen aus der Bibel und dem Koran, von Gott wegen ihrer Sündhaftigkeit zerstört wurde. Der Dokumentarfilm „Welcome to Sodom“ bietet einen erschütternden Einblick in das Leben der Menschen, die versuchen, aus unserem Schrott ein bisschen Geld zum Überleben zu machen.

„Für die Europäer ist es nur Müll, aber ich kann noch ein paar Dollar damit verdienen“, sagt ein Mann in dem Film, der auf der Deponie lebt und arbeitet. Amerigo heißt er. Seine Mutter hat ihn nach dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten benannt. „Je mehr Müll sie uns bringen, umso besser ist das für mein Geschäft“, sagt er. „Sie sollten noch viel mehr schicken“. Was für mich zynisch klingt und mir beim Hören richtig weh tut, meint er ernst. Im giftigen Rauch verbrennenden Elektroschrotts, zwischen Ziegen, Rindern und abgemagerten Kindern im Müll nach Kupfer und Zink zu suchen, stellt für ihn die einzige Möglichkeit dar, ein bisschen Geld zu verdienen.

Jeden Morgen leiht er sich einen Wagen, den er durch die Müllberge und Rauchschwaden zieht, um neuen Elektroschrott aus Europa zu suchen. Er bezahlt für kaputte Monitore und Kabel, um an die verbauten Edelmetalle zu kommen und sie weiterzuverkaufen. Er setzt sich auf einen alten Röhrenbildschirm, bindet die Kabel zu einem großen Knoten zusammen und zündet ihn an. Indem er alles Überflüssige verbrennt, kommt er an das wertvolle Kupfer.

Von pechschwarzem Rauch umhüllt, schlägt er mit einer Metallstange auf den brennenden Kabelhaufen ein. Für ihn sei das Feuer eine gute Sache. Es helfe ihm, die Metalle vom Plastik zu trennen. „Aber das Feuer lässt meinen Körper heiß werden. Es gelangt in deinen Körper und macht dich verrückt – macht dich krank“, sagt Amerigo.

Ist alles Plastik drumherum verbrannt, gehen die Metalle die übrig bleiben wieder zurück nach Europa oder wo auch immer. Dort werden sie dann in neue Handys und Computer verbaut, die bald wieder weggeschmissen werden können. Ist das nicht Recycling? „Von dort kommt es und dorthin geht es auch wieder zurück. Und eines Tages landet es wieder bei uns“, weiß Amerigo.

Montag, 17. April 2023

Verbot von Verbrennermotoren in der EU ab 2035

Als eine Maßnahme zur Stärkung des Umweltschutzes und zur Förderung der Nachhaltigkeit im Verkehrssektor hat das Europäische Parlament am 14.03.2023 mit 340 Ja-Stimmen zu 279 Nein-Stimmen für ein Verbot von Verbrennermotoren bei Neuwagen ab dem Jahr 2035 gestimmt (Tagesschau 2023). Dabei wurden aber nicht sämtliche Verbrennermotoren aus dem Straßenverkehr verbannt. Motoren, die beim Fahren CO₂-emissionsfrei sind, können weiterhin zugelassen werden (Bundesregierung 2023). Ziel ist es, den Verkehr mit Personenkraftwagen klimaneutral zu gestalten. Sekundäres Ziel, das es zu erreichen gilt, ist die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und damit die Unabhängigkeit von vorwiegend autoritär regierter Staaten wie Saudi-Arabien oder Russland.

Diese Entscheidung basiert auf der Erkenntnis der negativen Auswirkungen von Treibhausgasemissionen auf das Klima und die Umwelt. Laut der Europäischen Umweltagentur (EEA) ist der Verkehrssektor für etwa 29 % der CO₂-Emissionen in der EU verantwortlich, wobei der größte Teil, genauer gesagt ca. 60,6 Prozent, durch den Personenstraßenverkehr verursacht wird (Europäisches Parlament 2020). Im Jahr 2020 betrug der CO₂-Ausstoß im Straßenverkehr der EU insgesamt etwa 628 Millionen Tonnen CO₂ (Statistisches Bundesamt 2022).

Mit dem neuen Gesetz soll zudem die Innovationsbereitschaft der Automobilhersteller vorangetrieben werden, indem verbindliche Vorgaben beschlossen wurden, die Planungssicherheit gewährleisten. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund, dass immer mehr chinesische E-Autos auf den europäischen Markt drängen und der daraus resultierenden drohenden Verdrängung europäischer Technologien vom Markt (Tagesschau 2023). Das EU-Parlament erhofft sich durch die Entscheidung insbesondere einen Innovationsschub in der europäischen Automobilindustrie. Entsprechend hat die Entscheidung des EU-Parlaments weitreichende Auswirkungen auf die Autoindustrie und erfordert eine Umstellung auf die Produktion von Elektrofahrzeugen. Einige Autohersteller haben bereits angekündigt, ihre Produktion auf Elektroautos umzustellen, wie beispielsweise der Volkswagenkonzern, der sich das Ziel gesetzt hat, dass bis 2030 acht von zehn verkauften Autos in Europa vollelektrisch angetrieben werden (Volkswagen 2023). 

Quellen

Postwachstumsgesellschaft (Tim Jackson)

Tim Jackson ist ein britischer Wirtschaftswissenschaftler und Autor, der sich in seinem Artikel „Die Postwachstumsgesellschaft“ intensiv mit dieser beschäftigt hat. Er beschreibt in dem Artikel unter anderem die Notwendigkeit eines Wirtschaftssystem, das nicht auf ständigem Wachstum basiert. Im gleichen Zuge argumentiert er jedoch, dass innerhalb der Bevölkerung eine große Gleichgültigkeit darüber herrscht, „wie eine solche Volkswirtschaft aussehen könnte, und dass derzeit alle Institutionen und Anreize beständig in die falsche Richtung weisen“ (Jackson 2017: 181).

Jackson schlägt in diesem Zusammenhang eine „Aschenputtel-Ökonomie“ vor, die seiner Meinung nach Keime für ein ressourcenschonendes und umweltverträgliches Wirtschaftssystem beinhaltet (vgl. ebd.: 186). Lokale Unternehmen, kommunale Energieprojekte, öffentlicher Verkehr, Bauernmärkte und vieles mehr – all diese Dinge sind Teil seiner Vision und können zu einer niedrigeren CO2-Bilanz beitragen. In einer konventionellen, wachstumsbasierten Wirtschaft wäre ein solches System katastrophal, da dieses kaum zum Wachstum der Produktivität beiträgt.

„In einer Wirtschaft hingegen, die darauf ausgerichtet ist, den Menschen die Fähigkeit und die Möglichkeit zu geben, eine angemessene Arbeit zu verrichten und zu gedeihen, ist dies ein ausgesprochener Pluspunkt“ (ebd.).

Um den Weg in ein nachhaltiges Wirtschaftssystem bestreiten zu können, erarbeitete Jackson drei Maßnahmen: Zu Beginn müssen Grenzen festgesetzt werden. Die Materialverschwendung unserer Konsumgesellschaft zehrt an den natürlichen Ressourcen, weshalb es unabdingbar ist, für den Ressourcenverbrauch klare Grenzen zu setzen (vgl. ebd.: 189). Des weiteren muss das aktuelle Wirtschaftsmodell repariert werden. Hierzu ist eine neue Makroökonomie für Nachhaltigkeit von Nöten – „ein Motor der Wirtschaft, dessen Zuwachs nicht auf unerbittlich wachsendem Konsum und expandierendem Verbrauch beruht“ (vgl. ebd.). Zuletzt muss die gesellschaftliche Logik verändert werden. Hierzu müssen den Menschen Alternativen angeboten werden, die diese weg vom Lebensstil als Konsument bringen (vgl. ebd.: 189f).

Insgesamt fordert Jackson demnach eine grundlegende Umgestaltung der Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur, um eine nachhaltige Gesellschaft zu schaffen. Er betont in seinem Fazit, dass es an der Zeit ist, sich von der Idee des Wirtschaftswachstums zu verabschieden, und stattdessen eine neue Vision für die Zukunft zu schaffen (vgl. ebd.: 190).

Quelle

Jackson, T. (2017): Die Postwachstumsgesellschaft, In: Blätter für deutsche und internationale Politik (Hg.): Mehr geht nicht! Der Postwachstums-Reader. Berlin: Blätter Verlagsgesellschaft mbH, S. 181-190.

Sonntag, 16. April 2023

Eine Kritik an „Sharing Economy: Gutes Teilen, schlechtes Teilen?“ von Reinhard Loske

In „Sharing Economy: Gutes Teilen, schlechtes Teilen?“ beschreibt Loske die „Ökonomie des Teilens“ und welche Aspekte daran er befürwortet und welche er ablehnt. Unter der Ökonomie des Teilens bzw. der Sharing Economy fallen Dienste wie beispielweise „Car, Bike oder Ride Sharing, Couchsurfing oder Kleidertausch, Urban Gardening oder Food Sharing, Crowdfunding oder Office Sharing, Coworking oder freie Software“[1]. Für die Prognose der zukünftigen Entwicklung der Sharing Economy stellt er eine pessimistische und eine optimistische Perspektive dar. Dabei stellt er meiner Meinung nach eine falsche Dichotomie auf, da beide Perspektiven, so wie er sie beschreibt, eine negative Grundeinstellung zu freien Märkten haben und er damit die Selbstverständlichkeit dieser Annahme impliziert. So heißt es bei der positiven Perspektive:

„Hier wird dem Sharing-Modus, der im gesellschaftlichen Alltag an die Stelle kompetitiver Grundorientierungen treten soll, eine transformative und letztlich systemsprengende Kraft zugeschrieben. Am Horizont erscheint nichts Geringeres als das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen.“[2] 

Der Charakter der kompetitiven Grundorientierung, welcher umfangreiche gesellschaftliche und wirtschaftliche Fortschritte mit sich brachte, wird hierbei als etwas Negatives gesehen. Dabei ist diesem Prinzip zu verdanken, dass der Wohlstand ein Level erreicht hat, welches Menschen dazu bewegt, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen und sich Gedanken über Klima und Umwelt zu machen. Jene wären im Bewusstsein lediglich Sekundärerscheinungen, wenn sich das Lebensniveau auf einem niedrigeren Level befände, da dabei gänzlich andere Problematiken für die Menschen von Relevanz wären. In der negativen Perspektive heißt es:

„Im sogenannten Plattformkapitalismus drohe die Erosion sozialstaatlicher Errungenschaften und eine allumfassende Entsolidarisierung der Gesellschaft – also das exakte Gegenteil dessen, was die Sharing-Optimisten voraussehen. Was wir ehedem aus Empathie und ohne ökonomisches Kalkül taten, so die Befürchtung, machen wir in Zukunft nur noch aus Berechnung und gegen Geld.“[3] 

Auch hier wird ein falscher Dualismus aus Marktwirtschaft und ökonomisch sinnvollem Denken auf einer Seite und Aspekten wie Solidarität und Empathie auf der anderen Seite erstellt. Dies suggeriert, dass die Aspekte Solidarität und Empathie in einem freiheitlichen System verschwinden würden, sofern sie nicht staatlich erzwungen werden. Loske stellt seine eigene Position daraufhin als eine Art „vernünftige Mitte“ dar, auch wenn er ebenfalls auf der markwirtschaftskritischen Grundprämisse aufbaut:

„Die politische Gestaltungsaufgabe ist meines Erachtens eine dreifache: Wo Sharing gemeinwohlorientiert organisiert ist, hat Politik die Aufgabe, es zu fördern, zu stabilisieren und auch vor feindlichen Übernahmen zu schützen. Wo Sharing eine gewinnorientierte Wirtschaftsaktivität wie jede andere ist oder wird, sind durch adäquate Regulierung Wettbewerbsfairness, Steuergerechtigkeit und die Einhaltung von Sozial-, Sicherheits- und Umweltstandards zu gewährleisten. Wo wirtschafts- und sozialpolitische Grundsatzentscheidungen getroffen werden, sollte in Zukunft systematisch mitgedacht werden, ob sie eher zur Bildung von sozialem Kapital beitragen oder eher zu dessen Erosion.“[4]

Sein Lösungsansatz hat also meiner Meinung nach eher einen ideologischen Charakter, da sich seine Kritik weniger daran orientiert, was gut für die Umwelt ist, sondern sich direkt gegen kapitalistische Mechanismen richtet. Die sich aus dem Markt heraus gebildete Sharing Economy hat durchaus positive Aspekte für die Umwelt. Dies geht dem Autor jedoch nicht weit genug und so fordert er umfangreiche politische Interventionen in den Markt. Auch stellt er Marktwirtschaft in direkte Verbindung mit umweltschädlichem Verhalten, ohne dies kausal in einem zufriedenstellenden Maße zu begründen. 

Loske reiht sich damit unter jene ein, die das Narrativ vertreten, dass der Klimaschutz eine Legitimation dafür sei, in Freiheits- und Eigentumsrechte einzugreifen bzw. den Kapitalismus einzudämmen. Jeder, dem der Liberalismus und die Freiheit des Menschen etwas bedeuten, sollte sich diesem Narrativ konsequent entgegenstellen. 


[1] Loske, Reinhard (2015): Sharing Economy: Gutes Teilen, schlechtes Teilen?; in: Blätter für deutsche und internationale Politik (Hg.), Mehr geht nicht! Der Postwachstums-Reader, Blätter, S. 295.
[2] Ebenda S. 296
[3] Ebenda S. 296
[4] Ebenda S. 299

Donnerstag, 13. April 2023

Klimaschutz in München: STEP2040

München ist eine Großstadt mit mehr als 1,4 Millionen Einwohner*innen. Vor einiger Zeit hat die Stadt erkannt, dass Klimaschutzmaßnahmen in naher Zukunft zwingend ergriffen werden müssen. Daher rief die Stadt 2019 den Klimanotstand aus. München hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu sein. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, unter anderem die „Perspektive München“, das „Bündnis München für Klimaschutz“ und die „Münchner Wirtschaft“. An letzterem beteiligen sich Großbetriebe in München und haben das Ziel, ihre eigenen Emissionen zu verringern.

Die Maßnahme, die ich nun näher beleuchten möchte, ist der Stadtentwicklungsplan 2040 (STEP2040). Dieser wurde im Rahmen der Konzeption zur Stadtentwicklung „Perspektive München“ ins Leben gerufen. Auf der kommunalen Ebene bietet ein Stadtentwicklungsplan die Möglichkeit, notwendige Klimaschutzmaßnahmen beziehungsweise -anpassungen voranzutreiben und eine nachhaltige Stadtentwicklung zu ermöglichen. Der STEP2040 hat das Ziel, verschiedenste Maßnahmen für einen ökologischen Stadtumbau und ökologisch akzeptable Lösungen zu bündeln und diese zu konkretisieren, um so die zentralen räumlichen Zukunftsfragen für die nächsten zwei Jahrzehnte zu diskutieren („Wie soll München in 20 Jahren aussehen?“). Ziele und Strategien zur räumlichen Entwicklung sollen visualisiert werden. Mögliche Handlungsfelder sind Mobilität, Freiräume, Quartiere, Klimaanpassung, Klimaschutz und Region.

Der STEP2040 ist in verschiedene Phasen eingeteilt. Ende 2021 wurden in der ersten Phase Ziele, Strategien und Maßnahmen des Stadtentwicklungsplans diskutiert. Phase zwei war die Öffentlichkeitsphase. Diese fand im Frühjahr 2022 statt und erlaubte den Münchner*innen, ihre konkreten Ideen und Vorschläge einzubringen, die zum Erreichen der Ziele beitragen können. Ebenso wurden unterschiedliche Akteure der Stadtentwicklung und der Region München miteinbezogen. Gerade aufgrund der aktuellen Ereignisse ist es besonders erwähnenswert, dass im Zuge des STEP40 auch ein Jugenddialog zustande kam. Somit werden auch die Anliegen, Anregungen und Forderungen der jungen Generation gehört und berücksichtigt. Das Miteinbeziehen dieser verschiedenen Akteure ermöglicht die Berücksichtigung der verschiedensten Bereiche und die Betrachtung der Stadt in ihrer Gesamtheit. Maßnahmen können unter anderem Wohnen, Bauen, Grünräume, Öffentliche Orte/Flächen oder den Öffentlichen Nahverkehr betreffen.

Beispiele liefern die Ergebnisberichte. Der Jugenddialog ergab unter anderem, dass Jugendliche den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs als relevant betrachten. Konkret forderten sie unter anderem Expressbusse für Schüler*innen, die auf direktem Wege die Schule(n) anfahren. Im Bereich Klima zeigt der Ergebnisbericht des Jugenddialogs, dass eine intensivere Nutzung von Solar, Wasser- und Windkraft gewünscht ist. Konkret vorgeschlagen wurde eine Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Einkaufszentrums.

Demnächst greift der nächste Schritt des STEP2040. Nachdem die Erkenntnisse ausgewertet wurden, wird der Entwurf des Stadtentwicklungsplans überarbeitet und in einer Finalfassung dem Stadtrat vorgelegt. Detaillierte Informationen lassen sich den Webseiten und der Infobroschüre entnehmen:

Energie durch Kernfusion

Unter Sonnenenergie verstehen wir landläufig die sogenannte Solarenergie, also die Panels, die überall auf den Dächern unserer Gebäude zu finden sind. Was wäre aber, wenn wir uns die Kraft der Sonne in einer deutlich unmittelbareren Art und Weise zunutze machen könnten?

Ein Ansatz in diese Richtung ist die Kernfusion. An ihr wird bereits seit Jahrzehnten geforscht. Sie gilt als einer der großen Menschheitsträume, da sie saubere und billige Energie unbegrenzt zur Verfügung stellen soll. Dass Kernfusion funktioniert, ist heute unbestritten. Sie wird in den kommenden Jahrzehnten die Grundlage unserer Energieversorgung revolutionieren. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, der viel Forschung und viele Mittel in Anspruch nehmen wird. Darüber hinaus gibt es verschiedene Ansätze, die zum Erfolg führen sollen und die gleichzeitig an verschiedenen Standorten überall auf der Welt erforscht werden. Welcher sich davon durchsetzt, ist bisher noch völlig offen.

In Europa und in Deutschland wird Kernfusion an verschiedenen Stellen mit hohem Aufwand an öffentlichen Geldern erforscht. Viele Politiker setzen große Hoffnung in diese Technologie, da sie dem Problem des steigenden Energiebedarfs und den damit bisher einhergehenden negativen ökologischen Konsequenzen ein Ende setzen würde. Das größte Forschungsprojekt ist der ITER, eine international geförderte Versuchsanlage in Südfrankreich. 35 Staaten sind an diesem Projekt beteiligt. ITER (lat. "Weg", "Marsch", "Reise") muss aber noch viele Hürden überwinden, um uns in der Zukunft Strom liefern zu können. Dennoch wird dieses Projekt verfolgt, weil die zugrundeliegende Technologie skalierbar bis in den Gigawattbereich sein soll und damit für den Bau klassischer Kraftwerke geeignet.

Die Vorteile der Kernfusion liegen nämlich klar auf der Hand. Es entsteht kein langfristig strahlender Atommüll und es kann keine gefährlichen Havarien geben wie bei der Kernspaltung. Damit soll diese Technologie sicher, sauber und grundlastfähig sein und so im Zusammenspiel mit erneuerbaren Energien oder auch alleine unsere Energieversorung auf eine ökonomische und ökologische Grundlage stellen, die den Prinzipien der Nachhaltigkeit Rechnung trägt.

Zum Abschluss noch einige weiterführende Links und Quellen, die auch in die Funktionsweise der Kernfusion einführen sollen: