Sonntag, 16. April 2023

Eine Kritik an „Sharing Economy: Gutes Teilen, schlechtes Teilen?“ von Reinhard Loske

In „Sharing Economy: Gutes Teilen, schlechtes Teilen?“ beschreibt Loske die „Ökonomie des Teilens“ und welche Aspekte daran er befürwortet und welche er ablehnt. Unter der Ökonomie des Teilens bzw. der Sharing Economy fallen Dienste wie beispielweise „Car, Bike oder Ride Sharing, Couchsurfing oder Kleidertausch, Urban Gardening oder Food Sharing, Crowdfunding oder Office Sharing, Coworking oder freie Software“[1]. Für die Prognose der zukünftigen Entwicklung der Sharing Economy stellt er eine pessimistische und eine optimistische Perspektive dar. Dabei stellt er meiner Meinung nach eine falsche Dichotomie auf, da beide Perspektiven, so wie er sie beschreibt, eine negative Grundeinstellung zu freien Märkten haben und er damit die Selbstverständlichkeit dieser Annahme impliziert. So heißt es bei der positiven Perspektive:

„Hier wird dem Sharing-Modus, der im gesellschaftlichen Alltag an die Stelle kompetitiver Grundorientierungen treten soll, eine transformative und letztlich systemsprengende Kraft zugeschrieben. Am Horizont erscheint nichts Geringeres als das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen.“[2] 

Der Charakter der kompetitiven Grundorientierung, welcher umfangreiche gesellschaftliche und wirtschaftliche Fortschritte mit sich brachte, wird hierbei als etwas Negatives gesehen. Dabei ist diesem Prinzip zu verdanken, dass der Wohlstand ein Level erreicht hat, welches Menschen dazu bewegt, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen und sich Gedanken über Klima und Umwelt zu machen. Jene wären im Bewusstsein lediglich Sekundärerscheinungen, wenn sich das Lebensniveau auf einem niedrigeren Level befände, da dabei gänzlich andere Problematiken für die Menschen von Relevanz wären. In der negativen Perspektive heißt es:

„Im sogenannten Plattformkapitalismus drohe die Erosion sozialstaatlicher Errungenschaften und eine allumfassende Entsolidarisierung der Gesellschaft – also das exakte Gegenteil dessen, was die Sharing-Optimisten voraussehen. Was wir ehedem aus Empathie und ohne ökonomisches Kalkül taten, so die Befürchtung, machen wir in Zukunft nur noch aus Berechnung und gegen Geld.“[3] 

Auch hier wird ein falscher Dualismus aus Marktwirtschaft und ökonomisch sinnvollem Denken auf einer Seite und Aspekten wie Solidarität und Empathie auf der anderen Seite erstellt. Dies suggeriert, dass die Aspekte Solidarität und Empathie in einem freiheitlichen System verschwinden würden, sofern sie nicht staatlich erzwungen werden. Loske stellt seine eigene Position daraufhin als eine Art „vernünftige Mitte“ dar, auch wenn er ebenfalls auf der markwirtschaftskritischen Grundprämisse aufbaut:

„Die politische Gestaltungsaufgabe ist meines Erachtens eine dreifache: Wo Sharing gemeinwohlorientiert organisiert ist, hat Politik die Aufgabe, es zu fördern, zu stabilisieren und auch vor feindlichen Übernahmen zu schützen. Wo Sharing eine gewinnorientierte Wirtschaftsaktivität wie jede andere ist oder wird, sind durch adäquate Regulierung Wettbewerbsfairness, Steuergerechtigkeit und die Einhaltung von Sozial-, Sicherheits- und Umweltstandards zu gewährleisten. Wo wirtschafts- und sozialpolitische Grundsatzentscheidungen getroffen werden, sollte in Zukunft systematisch mitgedacht werden, ob sie eher zur Bildung von sozialem Kapital beitragen oder eher zu dessen Erosion.“[4]

Sein Lösungsansatz hat also meiner Meinung nach eher einen ideologischen Charakter, da sich seine Kritik weniger daran orientiert, was gut für die Umwelt ist, sondern sich direkt gegen kapitalistische Mechanismen richtet. Die sich aus dem Markt heraus gebildete Sharing Economy hat durchaus positive Aspekte für die Umwelt. Dies geht dem Autor jedoch nicht weit genug und so fordert er umfangreiche politische Interventionen in den Markt. Auch stellt er Marktwirtschaft in direkte Verbindung mit umweltschädlichem Verhalten, ohne dies kausal in einem zufriedenstellenden Maße zu begründen. 

Loske reiht sich damit unter jene ein, die das Narrativ vertreten, dass der Klimaschutz eine Legitimation dafür sei, in Freiheits- und Eigentumsrechte einzugreifen bzw. den Kapitalismus einzudämmen. Jeder, dem der Liberalismus und die Freiheit des Menschen etwas bedeuten, sollte sich diesem Narrativ konsequent entgegenstellen. 


[1] Loske, Reinhard (2015): Sharing Economy: Gutes Teilen, schlechtes Teilen?; in: Blätter für deutsche und internationale Politik (Hg.), Mehr geht nicht! Der Postwachstums-Reader, Blätter, S. 295.
[2] Ebenda S. 296
[3] Ebenda S. 296
[4] Ebenda S. 299

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