Dienstag, 18. Juli 2023

Kann eine CO₂-neutrale Luftfahrt gelingen? Der Weg zu einer sauberen Luftfahrt aufgezeigt an der Lufthansa Group

„Wie Privatjets dem Klima überdurchschnittlich schaden“
Deutschlandfunk
vom 16.01.2023

„So viel trägt der Luftverkehr zum Klimawandel bei“
Frankfurter Allgemeine
vom 03.09.2020

"Eine Flugreise ist das größte ökologische Verbrechen"
Süddeutsche Zeitung am 31.05.2018

Spätestens durch die Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt aus dem Jahr 2020 ist klar, dass die Luftfahrt einen bedeutenden Anteil der globalen Klimaerwärmung ausmacht. Forschende belegten, dass der Anteil der globalen Luftfahrt an der Klimaerwärmung 3,5 Prozent beträgt (Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt 2020). Entsprechend steht die Luftfahrtindustrie in Zeiten der wachsenden Sorge um den Klimawandel und den damit einhergehenden Auswirkungen auf den Menschen vor einer wesentlichen Herausforderung: Wie kann die Luftfahrt CO₂-neutral werden?

Bislang stehen keine Technologien zur Verfügung, die eine solche Luftfahrt ermöglichen. Gleichzeitig ist eine – durch die Reisebeschränkungen während der Hochphase der Coronakrise nochmals verstärkte – hohe weltweite Nachfrage nach Flugreisen zu verzeichnen. Experten gehen davon aus, dass durch diese fatale Kombination zukünftig der Anteil des Luftverkehrs als Ursache von CO₂ weiter steigen wird (Bopst et al., 2019, S. 31). Deshalb müssen schnell Lösungen gefunden werden, um weitere negative Auswirkungen auf das Klima zu reduzieren.

Im vorliegenden Blogbeitrag wird versucht, mögliche Wege der Luftfahrtindustrie hin zu einem klimaneutralen Flugverkehr zu skizzieren. Dazu wird zunächst die Ausgangslage beschrieben und ein Zukunftsszenario skizziert, bevor anschließend mögliche Technologien und politische Maßnahmen zur CO₂-Reduktion erläutert werden. Dabei werden neben technischen Neuerungen, wie nachhaltige Kraftstoffe und das Potenzial von Wasserstoff, die Möglichkeiten und Grenzen der betrieblichen Optimierung und einer staatlichen Regulation diskutiert. Die Ansätze werden dabei stets kritisch hinterfragt.

Im zweiten Teil der Arbeit wird untersucht, inwiefern sich Airlines um eine nachhaltige CO₂-Reduktion bemühen. Als Beispiel wurde die Lufthansa Group ausgewählt. Die diesbezüglichen Maßnahmen werden ebenfalls zunächst dargestellt und anschließend kritisch betrachtet. Der Blogbeitrag endet mit einer Zusammenfassung, einer abschließenden Betrachtung der Ergebnisse und einem Verweis auf weitere Aspekte von Nachhaltigkeit beim Reisen.

Eine klimaneutrale Luftfahrt – Ausgangslage

Der weltweite Luftverkehr hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Im Jahr 2018 [1] wurde weltweit eine so hohe Zahl an Passagieren wie nie zuvor befördert. Deren Anzahl hat sich seit den 1990er-Jahren um mehr als 100 Prozent erhöht (Bopst et al., 2019, S. 17). Allein im Jahr 2018 stieg die Anzahl der Passagiere weltweit um 6,7 Prozent und in Europa um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (International Civil Aviation Organization (ICAO) 2019, S. 1). In Deutschland hat sich die Zahl der Fluggäste seit 1991 verdreifacht und erreichte 244 Millionen im Jahr 2018 (Bopst et al., 2019, S. 17).

Trotz des Einbruchs im Flugverkehr aufgrund der Coronapandemie in den Jahren 2020 bis 2022 wird spätestens im Jahr 2025 mit einer vollständigen Erholung des Luftverkehrs gerechnet. Es gibt auch Modelle, gemäß denen davon ausgegangen wird, dass sich die Luftfahrt bereits bis 2023 vollständig erholt und bis 2025 das Vorkrisenniveau weit überschritten wird. Je nach Szenario wird bis 2040 mit einem jährlichen Wachstum von 2,8 bis 3,5 Prozent gerechnet, was einen Anstieg der Passagierzahlen auf bis zu 9,4 Mrd. Passagiere weltweit bedeutet (Gelhausen 2021; vgl. EASA at al. 2019, S. 15).

Das Wachstum des Luftverkehrs in den vergangenen Jahren hat mehrere Ursachen. Eine zentrale Rolle spielen dabei sinkende Kosten auf der Angebotsseite, insbesondere durch den Rückgang von Produktionsfaktoren wie dem Kerosinpreis um mehr als die Hälfte in den letzten zwanzig Jahren (Bopst et al., 2019, S. 17f.). Auch Lohn- und Beschaffungskosten für Luftfahrzeuge sanken. Durch die steigende Treibstoffeffizienz, eine höhere Auslastung und eine höhere operative Leistung der Flugzeuge sowie die Bildung von Airline-Allianzen wurde diese Entwicklung unterstützt.

Neben dem Passagierverkehr verzeichnete auch der Frachtverkehr erhebliche Zuwachsraten in den letzten Jahrzehnten. Die jährliche Frachtmenge in Deutschland ist seit 1991 um 243 Prozent auf 4,9 Mio. t im Jahr 2017 gestiegen (ebd., S. 21).

Die steigende Nachfrage im Personen- und Frachtverkehr führt dazu, dass in Zukunft deutlich mehr Flugzeuge benötigt werden. Airbus prognostiziert eine Verdopplung der weltweiten Flotte bis 2036 (Bopst et al., 2019, S. 21). Trotz technischer Weiterentwicklungen und gesteigerter Effizienz bei gleichzeitiger Reduktion umweltschädlicher Schadstoffe trägt die Luftfahrt in einem bedeutenden Ausmaß zur Umweltbelastung bei. Flugzeuge sind zwar energieeffizienter geworden, aber die jährliche Effizienzsteigerung hat in der laufenden Dekade abgenommen und wird in der kommenden Dekade voraussichtlich im Durchschnitt bei 1,4 Prozent pro Jahr liegen (ebd.).

Trotz dieser Fortschritte kann durch Effizienzsteigerungen der prognostizierte Anstieg der Verkehrsleistung nicht ausgeglichen werden, was bedeutet, dass der Kerosinverbrauch und der Endenergiebedarf des Luftverkehrs in Zukunft weiter zunehmen werden (ebd., S. 25). Es wird erwartet, dass der weltweite Kerosinverbrauch im Jahr 2050 je nach Szenario zwischen 484 und 1096 Millionen Tonnen liegen wird (Cames et al., 2019).

Der Treibstoff verursacht eine Vielzahl klimarelevanter Emissionen. Treibhausgase wie Kohlendioxid, Methan, Lachgas, halogenierte Fluorkohlenwasserstoffe, Fluorkohlenwasserstoffe, Schwefelhexafluorid und Stickstofftrifluorid beeinflussen die Strahlungsbilanz der Erde (Bopst et al., 2019, S. 26). Sie lassen die einfallende Sonnenstrahlung passieren, blockieren aber die von der Erdoberfläche abgestrahlte langwellige Wärmestrahlung. Treibhausgase absorbieren diese Wärmestrahlung und strahlen sie in alle Richtungen, einschließlich der Erdoberfläche, ab. Dies führt insgesamt zu einer höheren Strahlungsbelastung auf der Erdoberfläche.

Zusätzlich zu den Treibhausgasemissionen, die direkt bei der Verbrennung von Kerosin im Luftverkehr entstehen, gibt es andere Emissionen, wie Partikel, Wasserdampf, Schwefel- und Stickoxide, die ebenfalls zur Klimaveränderung beitragen (ebd. S. 27). Diese Emissionen beeinflussen die Bildung von Aerosolen und Wolken sowie die Konzentration bestimmter atmosphärischer Gase und tragen dadurch ebenfalls zur Veränderung des Strahlungshaushalts bei.

Die CO₂-Emissionen des zivilen Luftverkehrs in Deutschland betrugen im Jahr 2017 etwa 31,2 Mio. t CO₂, wovon 2,1 Mio. t auf Inlandsflüge entfielen (ebd. S. 30). Im Vergleich dazu betrug die Gesamtmenge der CO₂-Emissionen des zivilen Luftverkehrs in Deutschland im Jahr 1990 etwa 14,3 Mio. t CO₂ (Inlandsflüge: 2,2 Mio. t CO₂) (ebd.). Somit ist der CO₂-Ausstoß des Luftverkehrs in Deutschland innerhalb von 27 Jahren um 117 Prozent gestiegen. Global betrachtet trug der zivile und militärische Luftverkehr im Jahr 2015 etwa 875 Millionen Tonnen CO₂-Emissionen bei, was etwa 2,5 % der gesamten vom Menschen verursachten CO₂-Emissionen entspricht (ebd.). Ohne weitergehende Maßnahmen werden auch klimarelevante Emissionen zukünftig weiter ansteigen.

Im European Aviation Environmental Report 2019 werden Prognosen für die zukünftigen CO₂-Emissionen des zivilen Luftverkehrs in Europa bis zum Jahr 2040 präsentiert. Die Prognosen basieren auf drei Szenarien, die sich in der Entwicklung der Verkehrsleistung unterscheiden. Beim wahrscheinlichsten Szenario, dem ‚base traffic forecast‘ der ICAO, wird bis 2040 von einem Anstieg der weltweiten CO₂-Emissionen, verursacht von der Luftfahrt, auf 198 Mio. t bis 224 Mio. t ausgegangen, abhängig von der technologischen Entwicklung. Dies entspricht einem Anstieg von 21 Prozent bis 37 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 2017 (EASA et al. 2019, S. 23).

Folglich werden in den kommenden Jahrzehnten durch den zunehmenden Flugverkehr die bereits bestehenden Umweltbelastungen weiter verstärkt. Ferner ist mit einem überproportionalen Anstieg der auf den Luftverkehr zurückzuführenden Treibhausgasemissionen zu rechnen, da andere Sektoren, wie die Automobilindustrie und der Energiesektor, voraussichtlich früher und umfassender ihre CO₂-Emissionen reduzieren werden (Bopst et al., 2019, S. 31).

Maßnahmen für die Erreichung einer klimaneutralen Luftfahrt

Aufgrund des zunehmenden Umweltbewusstseins ist auch die Luftfahrtbranche gezwungen, sich intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Entsprechend wurde in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an Maßnahmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit in der Luftfahrt umgesetzt bzw. befindet sich noch in der Umsetzung. Im Folgenden wird ein Teil dieser Maßnahmen exemplarisch erläutert.

Nachhaltige und klimaneutrale Antriebsstoffe

Kernpunkt einer nachhaltigen Luftfahrt ist das Umstellen auf alternative Antriebsarten von Flugzeugen. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es allerdings keine Antriebskonzepte, die bei Autos, Schiffen oder Zügen funktionieren und größtenteils bereits etabliert sind und die auch bei Flugzeugen eingesetzt werden können. Daher wird in der Industrie vor allem auf drei zukunftsweisende Technologien gesetzt, den Einsatz von nachhaltigen Kraftstoffen, Wasserstoff als Antriebsmittel für Flugzeuge sowie elektronische Antriebsarten.

In der Entwicklung am fortgeschrittensten und daher kurzfristig einsetzbar sind nachhaltige Treibstoffe für die Luftfahrt, konkret nachhaltige Flugkraftstoffe (engl.: Sustainable Aviation Fuels – SAF). Eine nachhaltige und CO₂-neutrale Luftfahrt erfordert den Einsatz von Flugkraftstoffen, die aus erneuerbaren Energiequellen und nachhaltig produzierten Rohstoffen hergestellt werden, um fossiles Kerosin zu ersetzen (Bundesregierung 2021).

Durch den Einsatz von SAF entsteht ein Kohlenstoffkreislauf, der weitgehend geschlossen ist. Der eingesetzte Kraftstoff wird aus CO₂ gewonnen, das im Idealfall zuvor aus der Atmosphäre absorbiert wurde (Geffert 2022). Es entsteht ein Kreislauf, bei dem kein zusätzliches CO₂ produziert wird, sondern das in der Atmosphäre vorhandene Kohlendioxid wiederverwertet wird.

Von der Bundesregierung besonders gefördert werden ‚Power-to-Liquid‘-Kraftstoffe (PtL), bei denen aus Strom, Wasser und CO₂ flüssige Kraftstoffe hergestellt werden. Diese Art von Antriebsstoffen wird auch als ‚strombasierte Kraftstoffe‘ bezeichnet (Bundesregierung 2021). Um einen Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu leisten, ist es entscheidend, erneuerbare Energiequellen bei der Herstellung zu nutzen. Es wird als realistisch angesehen, dass bis 2030 im deutschen Luftverkehr mindestens 200.000 Tonnen Kerosin aus PtL verwendet werden (ebd.). Diese Menge entspricht etwa 2 Prozent des Kerosinverbrauchs in Deutschland im Jahr 2019 (ebd.).

Die bis zum derzeitigen Zeitpunkt hohen Produktionskosten und die begrenzte Verfügbarkeit der PtL sind zentrale Herausforderungen für eine nachhaltige Luftfahrt (Flottau 2023). Um diesen zu begegnen, wurden von der Bundesregierung Maßnahmen zur Förderung der Produktion veranlasst. In einem gemeinsamen Papier der Bundesregierung und der Luftfahrtindustrie werden die Maßnahmen erläutert. Unter anderem plant die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, die Kostenlücke von SAF zu herkömmlichen Kraftstoffen zu schließen, die weitere Forschung und Entwicklung finanziell zu fördern (dazu zählen auch die Förderung und der Bau von SAF-Produktionsanlagen, um den Markthochlauf von PtL-Kerosin zu beschleunigen) sowie SAF bei der Flotte der Flugbereitschaft beizumischen, um als Vorläufer und Ankerkunde zum Markthochlauf beizutragen (Bundesregierung 2022, S. 5f.).

Der bedeutendste Vorteil gegenüber anderen Antriebsmitteln und Technologien ist, dass SAF herkömmlichem Kerosin bis zu 50 Prozent beigemischt werden können, ohne dass es nötig ist, Anpassungen an Flugzeugen und Triebwerken vorzunehmen (Geffert 2022). Entsprechend hat die EU-Kommission im Frühjahr 2023 gesetzliche Regelungen für eine Beimischung beschlossen. Ab dem Jahr 2025 ist es erforderlich, dass alle Flüge, die von Flughäfen in der Europäischen Union starten, mindestens zwei Prozent nachhaltige Flugkraftstoffe beimischen (Flottau 2023; Europäische Union 2023). Bis 2030 wird die Quote auf sechs Prozent erhöht und schließlich bis zum Jahr 2050 schrittweise auf eine Beimischungsquote von siebzig Prozent angehoben.

Beim Abflug von Flughäfen in der Europäischen Union dürfen Luftfahrzeugbetreiber zudem nur so viel Kraftstoff tanken, wie für den Flug tatsächlich benötigt wird, um zusätzliche Emissionen aufgrund von erhöhtem Gewicht zu vermeiden und um ein ‚Tankering‘ zu verhindern (Europäische Union 2023). Durch Letzteres wird die absichtliche Mitnahme von zusätzlichem Kraftstoff beschrieben, um den Einsatz von nachhaltigen Kraftstoffen zu vermeiden.

Neben den SAF als kurzfristig verfügbare Brückenlösung spielen die Entwicklung neuer emissionsfreier Antriebe eine zentrale Rolle. Als vielversprechender Ansatz gilt der Einsatz von regenerativem Wasserstoff als Antrieb, dessen Potenzial vor allem für den Einsatz in Brennstoffzellen, Gasturbinen und hybriden Lösungen untersucht wird (BDLI 2020, S. 4ff).

Zwei Ansätze werden hierbei verfolgt. Zum einen wird beobachtet, inwiefern Wasserstoff, wie bei herkömmlichen Turbinen, direkt verbrannt werden kann und dadurch Triebwerken Schub verleiht. Bedeutend höheres Potenzial wird ‚Flying Fuel Cells‘ zugesprochen, einer Brennstoffzelle, die flüssigen Wasserstoff in Strom umwandelt, der dann für den Antrieb des Flugzeugs genutzt werden kann (Weiner 2022; Geffert 2023).

Gemein haben beide Technologieansätze, dass lediglich Wasser als Emission zurückbleibt, sofern Wasserstoff mithilfe regenerativer klimaneutraler Energien gewonnen wird (Geffert 2022). Bevor diese Technologien jedoch in hohem Umfang im Flugbetrieb zum Einsatz kommen können, bedarf es erheblicher Entwicklungsprozesse und Innovationssprünge. Neben der Entwicklung von Antriebstechnologien besteht die zentrale Herausforderung darin, das erheblich größere Volumen von verflüssigtem Wasserstoff im Vergleich zu Kerosin und damit notwendige größere Tanks in das Flugzeug zu integrieren (ebd.).

Ebenfalls noch ungelöst sind Probleme, die im Zusammenhang mit Batterietechnik und Fliegen stehen. Die Verwendung von Batterien im elektrischen Flugverkehr hat zwar den Vorteil, dass sie während des Fluges keine Emissionen verursachen, einen hohen Wirkungsgrad aufweisen und es ermöglichen, eine hohe Energiemenge in kurzer Zeit abzugeben, aufgrund ihrer begrenzten Speicherkapazität sind derzeitige Batterien für den Einsatz in der kommerziellen Luftfahrt jedoch nicht geeignet. (BDLI S. 8).

Auch wenn in den kommenden Jahren weiter Fortschritte hinsichtlich der Speicherkapazität zu erwarten sind, ist anzunehmen, dass elektrisches Fliegen sich vornehmlich auf die Bereiche kleine Motorsegler, Flugtaxis und Kleinflugzeuge für regionale Strecken beschränkt. Eine vielversprechende Option auf lange Sicht sind hybride Antriebe. Gasturbinen und elektrische Antriebe werden dabei so kombiniert, dass sie sich ergänzen und elektrische Antriebe besonders in Phasen mit hohem Energiebedarf die kerosinbetriebene Turbine unterstützen (ebd.).

Effizientere Flugführung im europäischen Luftraum

Durch die Fortentwicklung eines ‚Single European Sky‘ kann ein maßgeblicher Beitrag zur aktiven Bekämpfung des Klimawandels geleistet werden. Bereits durch die Optimierung von Flugrouten im deutschen Luftraum konnte eine Reduzierung von Umwegen und somit eine Reduzierung des Treibstoffverbrauchs erzielt werden. Auf europäischer Ebene konnten beispielsweise seit 2014 durch die Einführung des ‚Free Route Airspace‘ mehr als 2,6 Millionen Tonnen CO₂ eingespart werden. Dies entspricht etwa 0,5 Prozent der insgesamt durch den Luftverkehr verursachten CO₂-Emissionen innerhalb der Europäischen Union (BDL 2021).

Um das vollständige Potenzial auszuschöpfen, wurden von politischer Seite weitere Maßnahmen zur Vereinheitlichung des europäischen Luftraums eingeleitet. Anhand von Untersuchungen wird deutlich, dass durch die Realisierung eines einheitlichen europäischen Luftraums pro Flug 250 bis 500 kg Kraftstoff bzw. 0,8 bis 1,6 Tonnen CO₂ eingespart werden können, indem optimierte und direktere Flugrouten genutzt werden (ebd.).

Verbesserte Flugverfahren, wie kontinuierliche Sinkflüge und das Vermeiden von Warteschleifen, bieten weiteres Einsparungspotenzial von bis zu 325 kg Kraftstoff pro Flug (ebd.). Neben der Optimierung der Flugdurchführung gilt es auch, die Prozesse am Boden weiter zu verbessern. Kürzere Rollwege mit weniger Zwischenstopps bieten weitere Einsparungsmöglichkeiten von 38 bis 75 kg Kraftstoff (ebd.).

CO2-neutraler Flughafenbetrieb

Neben den Flugzeugen selbst tragen Flughäfen und die damit verbundene Infrastruktur zu einer Belastung der Umwelt durch den CO2-Ausstoß bei. Entsprechend kann eine Optimierung der Flughafeninfrastruktur dazu beitragen, die Menge an Treibhausgasen zu reduzieren und so das Fliegen umweltfreundlicher zu gestalten. Zahlreiche Flughäfen haben bereits Maßnahmen ergriffen, um dies zu erreichen. Unterstützt werden sie in diesem Zusammenhang von der Bundesregierung, die eine Reihe von Projekten finanziell fördert (Bundesregierung 2022).

Die Maßnahmen schließen folgende Bereiche ein: Energieversorgung der Flughäfen, Gebäudetechnik, Einsparungen im Bereich der flughafenspezifischen Anlagen sowie der Bereich Fuhrpark und Mobilität (vgl. BDL 2021). Im Kontext der Energieversorgung wird eine besondere Förderung für Projekte gewährt, die sich auf die lokale und ökologische Energieerzeugung konzentrieren. Hierbei liegt der Fokus entweder auf der Eigenproduktion von Energie, z.B. durch den Einsatz von Photovoltaikanlagen, oder auf der Nutzung regional gewonnener erneuerbarer Energien (ebd.).

Zusätzlich werden Fördermittel für Projekte bereitgestellt, die auf die energetische Nachhaltigkeit von Gebäuden abzielen, wie durch den Bau von entsprechend konzipierten Neubauten oder durch die energetische Optimierung bereits bestehender Bauten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Optimierung von flughafenspezifischen Anlagen. Beispielhaft ist hier die Umstellung der Vorfeldbeleuchtung auf LED-Leuchtmittel zu nennen. Besonders hohes Einsparpotenzial bietet ferner die Umstellung von für den Flugbetrieb nötigen Bodenfahrzeugen auf alternative Antriebsformen wie Elektromobilität und alternative Kraftstoffe.

Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern

Eine Vernetzung der Verkehrsträger trägt zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen bei. Dabei sollen Verkehrsträger miteinander vernetzt werden, um ihre verkehrlichen, wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile am geeignetsten zu nutzen (BDL & DB 2021, S. 2). Ziel ist hierbei eine Verringerung des innerdeutschen Flugverkehrs auf ein Minimum. Dazu ist es allerdings unabdingbar, die Bahninfrastruktur weiter auszubauen und Flughäfen stärker an das bestehende Bahnnetz anzuschließen.

Durch den umfangreichen Ausbau der Infrastruktur, die Bereitstellung leistungsstarker und attraktiver Angebote sowie die Verbesserung der gemeinsamen Services entlang der Reisekette können das Mobilitätsangebot attraktiver gestaltet und die Kundenzufriedenheit gesteigert werden. Hierbei liegt das Potenzial bei bis zu 4,3 Mio. Reisenden jährlich und einer damit verbundenen Reduzierung der CO₂-Emissionen um rund ein Sechstel im innerdeutschen Flugverkehr (ebd., S. 3).

Prognosen zufolge wird der Luftverkehr innerhalb Deutschlands auf Kurzstrecken bis 2030 stark zurückgehen und nur noch auf längeren Strecken, wie zwischen Hamburg und München, profitabel sein. Bis zum Jahr 2050 ist zudem geplant, die Schieneninfrastruktur in Deutschland so weit auszubauen, dass nahezu alle innerdeutschen Flugverbindungen zwischen den großen Drehkreuzen und Ballungszentren durch Bahnfahrten innerhalb von vier Stunden ersetzt werden können (Bopst et al., 2019, S. 58). Durch die Einbindung der Flughäfen ins Schienennetz wird auch der Schienengüterverkehr profitieren. Die allgemeine Zielsetzung ist, dass bis 2050 schnelle Güterzüge im Nachtverkehr nationale Frachtflugverbindungen ersetzen können (ebd.).

Emissionshandel

Der Emissionshandel gilt als weiterer Baustein für eine klimaneutrale und nachhaltige Luftfahrt. Inwiefern der Emissionshandel zu mehr Nachhaltigkeit beitragen kann, wird bereits in verschiedenen Blogbeiträgen näher erläutert. An dieser Stelle sei daher insbesondere auf die Beiträge von Marion Stieger und Alexandra Knöchel verwiesen. Beide Autorinnen beleuchten, inwiefern der Emissionshandel zu einer Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit führen kann. Die in den Blogbeiträgen beschriebenen Prinzipien gelten selbstverständlich gleichermaßen für die Luftfahrt.

Kritische Betrachtung der Maßnahmen

Obwohl es in den vergangenen Jahren zahlreiche Innovationen und technologische Fortschritte in der Luftfahrtindustrie gab, besteht weiterhin ein signifikanter Entwicklungsbedarf, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Zur Nutzung von Wasserstoff als Treibstoff in Fluggasturbinen und Brennstoffzellen müssen zunächst zahlreiche neue Technologien entwickelt werden. Dies sind insbesondere Brennstoffzellen, Elektroantriebe und Tanks, die speziell für flüssigen -253 Grad kalten Wasserstoff konzipiert sind.

Diese Technologien müssen anschließend wiederum in das Design und die Struktur des Flugzeugs integriert werden, was aufgrund des deutlich größeren Volumens von Wasserstoff im Vergleich zu herkömmlichem Kerosin eine Neukonstruktion des Flugzeugs erforderlich macht (Geffert 2022). Unter Berücksichtigung der langen Entwicklungszyklen von Flugzeugen, die zwanzig bis dreißig Jahre betragen, sind solche Technologien frühestens Mitte der 2050er Jahre verfügbar.

Wie weiter oben beschrieben, setzen EU-Kommission und Fluggesellschaften daher auf SAF. Neben den bekannten Herausforderungen der hohen Kosten und begrenzten Verfügbarkeit stellt die Nutzung von SAF auch in ökologischer Hinsicht eine komplexe Problematik dar (Frankfurter Allgemeine 2022). Das bisher bedeutendste Problem ist die begrenzte Produktionskapazität von alternativem Flugtreibstoff, da momentan die Verfügbarkeit von Rohstoffen nicht ausreicht, um den tatsächlichen Bedarf an Kerosin zu decken (ebd.; vgl. McCurdy 2021).

Außerdem wird dieser alternative Treibstoff mittlerweile auch in anderen industriellen Bereichen eingesetzt, was zu einem Wettbewerb zwischen der Luftfahrtindustrie und anderen Branchen um eine begrenzte Ressource führt. Ferner ist für die Produktion dieser Treibstoffe ein erheblicher Energieaufwand notwendig. Diese Energie müsste demnach ebenfalls nachhaltig gewonnen werden, um eine positivere Klimabilanz als herkömmliches Kerosin zu erreichen. Die Produktion von nachhaltigem Kerosin ist entsprechend vom Ausbau der nachhaltigen Energiegewinnung abhängig.

Der Einsatz von PtL-Kraftstoffen in der Luftfahrt wird von einem Teil der Experten kritisiert, da die vermeintliche CO₂-Reduktion durch diese Treibstoffe nicht auf einer tatsächlichen Einsparung von CO₂ beruht. Stattdessen wird das für die Herstellung der PtL-Kraftstoffe benötigte CO₂ zunächst der Umwelt entzogen und später bei der Verbrennung des Kraftstoffs wieder in die Atmosphäre freigesetzt. Dieser Ansatz führt zu einer scheinbaren Kompensation von CO₂-Emissionen, die jedoch letztlich darauf hinausläuft, dass die CO₂-Bilanz lediglich als ausgeglichen angesehen werden kann. Im günstigsten Fall sollte kein zusätzliches CO₂ bei der Herstellung und dem Transport anfallen. In diesem Fall ergibt sich ein Nullsummenspiel, das jedoch nicht zur Lösung des Klimaproblems beiträgt (McCurdy 2021).

Kritik kommt auch von den Airlines, die insbesondere die deutlich höheren Preise von SAF und einen damit verbundenen Wettbewerbsnachteil kritisieren. Gemäß dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) führt die Einführung von Quoten sowohl auf innereuropäischen Flügen als auch auf Langstreckenflügen, die von Drehkreuzen innerhalb der Europäischen Union starten, zu signifikanten Preissteigerungen.

Berechnungen des Wirtschaftsprüfungsinstituts PricewaterhouseCoopers zufolge können durch den Einsatz von SAF Flugtickets um bis zu 16 Prozent teurer werden, wodurch ein erheblicher Wettbewerbsnachteil europäischer Airlines gegenüber außereuropäischer Konkurrenten entsteht (Frankfurter Allgemeine 2022; Flottau 2023). Laut den Berechnungen ist ebenfalls davon auszugehen, dass die genannten Kraftstoffe noch bis weit in die 2040er deutlich teurer als herkömmliches Kerosin aus fossilen Rohstoffen sein werden.

Um einen dadurch entstandenen Wettbewerbsnachteil deutscher und europäischer Airlines zu minimieren, setzt sich die Bundesregierung dafür ein, durch Luftverkehrsabkommen mit Drittstaaten zu gewährleisten, dass sich Luftfahrtunternehmen aus Staaten außerhalb der Europäischen Union beim Über- und Einfliegen in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland verpflichten, die nationalen und europäischen Umweltschutzvorschriften einzuhalten (Bundesregierung 2021).

Nachhaltigkeitsstrategien der Lufthansa Group

Im ersten Abschnitt dieses Beitrags konnte dargelegt werden, inwiefern durch die Luftfahrt zu einer nachhaltigeren Lebensweise und zur Reduktion des CO₂-Ausstoßes sowie dem damit verbundenen, durch Menschen verursachten Klimawandel beigetragen werden kann. Dabei wurde vorwiegend die wissenschaftliche Perspektive eingenommen und über den aktuellen Stand der Forschung berichtet.

Im folgenden Abschnitt soll eine Auseinandersetzung mit der Frage erfolgen, welche konkreten Maßnahmen von den Airlines, d.h. den Verursachern, zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes ergriffen wurden. Hierzu wurde die Lufthansa Group als eines der führenden Luftfahrtunternehmen weltweit ausgewählt.

Vorstellung der Lufthansa Group

Im Jahr 2022 hat die Lufthansa Group 826.379 Flüge mit 710 Flugzeugen durchgeführt und etwa 100 Mio. Passagiere befördert (Lufthansa Group 2023a, S. 3). Um die Beförderungsleistung erbringen zu können, wurden 7.284.584.000 Tonnen Treibstoff benötigt, was wiederum zu einem Ausstoß von 22.946.441.000 Tonnen CO₂-Emissionen führte (ebd.) Durchschnittlich wurden 3,59 Liter Kerosin pro 100 Passagierkilometer verbraucht, wobei auch ein Ausstoß von 9 Kilogramm CO2 je 100 Passagierkilometer zu berechnen ist (ebd.). Je nach Entfernung eines Flugs variiert der Verbrauch. Im Vergleich zu Kurzstrecken- wird auf Langstreckenflügen lediglich rund die Hälfte des Treibstoffs verbraucht (3,32 l/100 pkm auf Langstrecken- im Vergleich zu 5,89 l/100 pkm auf Kurzstreckenflügen) (ebd., S. 17). Trotz des höheren Verbrauchs auf Kurzstreckenflügen entfallen vor allem aufgrund der längeren zurückgelegten Strecken rund 57 Prozent des Treibstoffverbrauchs auf Langstreckenflüge, womit diese den größten Anteil an CO2-Emissionen haben.

Um die Wettbewerbsfähigkeit weiterhin zu stärken, wurde in den letzten Jahren der Fokus verstärkt auf die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens gelegt und Maßnahmen, insbesondere im Bereich der CO₂-Reduktion, wurden weiter verstärkt (Lufthansa Group 2023a, S. 6). Nach eigenen Angaben hat sich das Unternehmen das Ziel gesetzt, die Netto-CO₂-Emissionen im Flugbetrieb verglichen zum Jahr 2019 zu halbieren und bis zum Jahr 2050 einen CO₂-neutralen Flugbetrieb durchzuführen (ebd.). Zudem soll zumindest an den Heimatflughäfen (Frankfurt, München, Wien, Zürich, Genf, Brüssel und den Eurowings-Basen) der Bodenverkehr auf CO₂-neutrale Antriebe umgestellt werden (ebd., S. 8).

Um die angestrebten Ziele zu erreichen, wurden die eingeschlagenen Maßnahmen ‚Science-based Targets initiative‘ validiert (ebd.). Dieser Standard verpflichtet Unternehmen, sich kurz- bis mittelfristige Ziele (fünf bis fünfzehn Jahre) zur CO₂-Reduktion zu setzen, wobei genau festgelegt wird, wann wie viele Emissionen reduziert werden. Die Vorgehensweisen und Werte orientieren sich dabei an den Zielen des Pariser Abkommens und beziehen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse ein. Im weltweiten Vergleich ist die Lufthansa Group erst die zweite Airline, die nach diesen Standards zertifiziert wurde (ebd.).

Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen der Lufthansa Group

Die Maßnahmen sind vielfältig und erstrecken sich vorwiegend auf die Bereiche Flottenerneuerung, nachhaltige Kraftstoffe und die erhöhte intermodale Vernetzung von Flug- und Bahnverkehr. Trotz einer erheblichen Steigerung der Transportleistung wurde in den vergangenen Jahren der Treibstoffverbrauch im Verhältnis deutlich gesenkt. Im Zeitraum von 1991 bis 2022 stieg die Transportleistung der Lufthansa Group um 290 Prozent (Lufthansa Group 2023a, S. 14). Beim Vergleich des Anstiegs des Treibstoffverbrauchs mit den Werten der Transportleistung ist im gleichen Zeitraum lediglich eine Zunahme um 133 Prozent zu verzeichnen. Im Vergleich zum Bezugsjahr 1991 ist dies eine Effizienzsteigerung von über vierzig Prozent (ebd.).

Zurückzuführen ist dies auf eine kontinuierliche Erneuerung der Flugzeugflotte und dem damit verbundenen Einsatz effizienterer und kerosinsparender Flugzeuge (ebd.). Neue Flugzeuge, wie die Langstreckenmodelle Airbus A350-900 und Boeing 787-9, sowie die Kurzstreckenmodelle Airbus A320neo und A321neo haben einen im Vergleich zu den Vorgängermodellen reduzierten Treibstoffverbrauch von bis zu dreißig Prozent (ebd.).

Auch zukünftig fördert die Lufthansa Group eine konsequente Erneuerung der Flotte und hat im Zuge dessen zahlreiche Flugzeuge der neuesten Generation bestellt. Allein bis Ende 2024 stoßen 24 neue Langstreckenflugzeuge zur Konzernflotte hinzu und ersetzen ältere Modelle, wie die mit vier Triebwerken versehenen Flugzeuge des Typs Airbus A340-300 und 747-400. Bis 2030 werden weitere 180 neue Flugzeuge ältere, weniger effiziente Flugzeuge ersetzen (ebd.).

Die Lufthansa Group engagiert sich neben der Erneuerung ihrer Flotte für die Entwicklung und Erforschung nachhaltiger Kraftstoffe und neuer Antriebsmethoden für Flugzeuge. Bereits im Jahr 2022 konnten durch den Einsatz von modernen SAF rund 43.900 Tonnen CO₂ eingespart werden, wobei etwa 40.000 Tonnen auf die direkte Einsparung beim Verbrennungsprozess und etwa 4000 Tonnen auf vorgelagerte Prozesse, wie den Transport, zurückzuführen sind (Lufthansa Group 2023a, S. 16).

Es wird angestrebt, den Anteil von SAF kontinuierlich zu erhöhen. Hierzu fördert die Lufthansa Group zahlreiche Projekte, die darauf abzielen, die Verfügbarkeit dieser Kraftstoffe zu erhöhen und ihre Produktionskosten zu senken. In diesem Rahmen wurde eine Partnerschaft mit einer der ersten Raffinerien zur Herstellung von SAF-Kerosin eingegangen und es wurde vereinbart, dass die Lufthansa Group eine garantierte Menge von mindestens 25.000 Liter dieses umweltfreundlichen Kraftstoffes abnimmt (Lufthansa Group 2022).

Zudem haben das Unternehmen und der Energiekonzern VARO Energy eine gemeinsame Absichtserklärung über einen zügigen Ausbau nachhaltiger Treibstoffe unterzeichnet. Diese beinhaltet die Herstellung und Lieferung größerer Mengen von SAF ab 2026 an das Drehkreuz München (Lufthansa Group 2023b). Daneben wollen beide Unternehmen gemeinsam an „innovativen Verfahren“ (ebd.) zur Herstellung von grünem Wasserstoff aus biogenen Abfallstoffen arbeiten.

Die Erforschung des Potenzials von Wasserstoff als zukünftigen Antrieb für Flugzeuge ist auch Thema bei einer gemeinsamen Forschungsinitiative des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, des Zentrums für Angewandte Luftfahrtforschung und des Hamburg Airport. Gemeinsam wollen die Partner Wasserstoff als potenziellen nachhaltigen Flugzeugtreibstoff erproben und haben dazu das Projekt A320 Hydrogen Aviation Lab entwickelt (Lufthansa 2023a, S. 15). Das Projekt umfasst die Konzeption und Erprobung von Boden- und Wartungsprozessen in Verbindung mit Wasserstofftechnologie.

Lufthansa Technik unterstützt vor allem bei der Entwicklung zukünftiger Wartungs- und Reparaturtechniken sowie bei der Entwicklung eines auf -‍253 Grad Celsius kühlbaren Tanksystems für Wasserstoff an Bord von Flugzeugen (ebd.). Basierend auf dem derzeitigen Stand der Technik würde die Betankung eines Verkehrsflugzeuges mit Wasserstoff mehrere Stunden dauern (ebd.). Um den Betrieb mit diesem Kraftstoff wirtschaftlich realisieren zu können, ist es notwendig, Technologien zu entwickeln, die einen wirtschaftlichen Flugbetrieb ermöglichen.

Weiterhin ist die intermodale Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern, speziell der Bahn, erklärtes Ziel der Lufthansa Group. In den letzten Jahren ist der innerdeutsche Flugverkehr bereits erheblich zurückgegangen. Im Vergleich zum Jahr 2004 ist die Zahl an innerdeutschen Flügen um 22 Prozentpunkte gesunken (Lufthansa Group 2020).

Um die Vernetzung weiter zu fördern, bietet Lufthansa Express Rail Passagieren aufeinander abgestimmte Zug-Flug-Verbindungen an. Dies beinhaltet neben einer Umsteigegarantie die Möglichkeit, das Gepäck direkt am ‚AIRail-Terminal‘ einzuchecken (ebd.). Eine weitere Ausweitung des Lufthansa Express Rail-Netzes wird bei gleichzeitiger Verdichtung der Taktfrequenzen angestrebt.

Zudem investiert das Unternehmen in eine Vielzahl kleinerer Projekte zur Reduzierung des CO₂-Fußabdrucks in der Luftfahrt. Die AeroShark-Technologie, die von der BASF und der Lufthansa Group gemeinsam entwickelt wurde, soll an dieser Stelle exemplarisch angesprochen werden. Dabei handelt es sich um eine bionische Klebefolie, die der mikroskopischen Struktur der Haut eines Haifischs nachempfunden wurde und an den Rumpf von Flugzeugen angebracht wird (Lufthansa Group 2022). Durch die aerodynamische Wirkung verringert sich der Luftwiderstand und der Treibstoffverbrauch wird gesenkt. Der erste Test an einer Boeing 777 der Swiss hat eine jährliche Treibstoffersparnis von bis zu 1,1 Prozent ergeben (ebd.). Dies entspricht etwa 4800 Tonnen Kerosin und 15.200 Tonnen CO₂-Ersparnis bei einer Ausweitung der Technologie auf die gesamte Boeing 777-Flotte der Konzerntochter (ebd.).

Kritische Betrachtung der Nachhaltigkeitsbemühungen der Lufthansa Group

Trotz der erläuterten Bemühungen und Fortschritte der Lufthansa Group im Bereich der Nachhaltigkeit gibt es Kritikpunkte an den getroffenen Maßnahmen. Kritik kann besonders an der bestehenden Flotte der Lufthansa Group geäußert werden. Obwohl die Flottenerneuerung beschlossen wurde, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden und Kapazitäten zu erweitern, setzt das Unternehmen weiterhin auf eine Vielzahl älterer Flugzeuge.

Im Vergleich zu anderen Fluggesellschaften hat die Lufthansa Group einen besonders hohen Anteil an vierstrahligen Flugzeugen im Einsatz, deren Effizienz und Treibstoffverbrauch schlechtere Ergebnisse als vergleichbare neuere Flugzeuge erzielen. Aktuell werden im gesamten Konzern noch 84 viermotorige Langstreckenflugzeuge betrieben (Lufthansa 2023b, S. 26). Gemessen an der Gesamtzahl von 194 Langstreckenflugzeugen entspricht das einem Anteil von 43,3 Prozent. Bei den europäischen Konkurrenten ist der Anteil deutlich geringer. Die Air France-KLM-Gruppe betreibt lediglich vier vierstrahlige Flugzeuge, was mit einem Anteil von 1,6 Prozent gleichzusetzen ist (Air France-KLM-Gruppe 2023, S. 55). Einen ähnlich niedrigen Anteil hat auch die International Airline Group, deren Anteil an vierstrahligen Langstreckenflugzeugen im Jahr 2022 bei 6,3 Prozent lag (IAG 2023, S. 104).

Ein weiterer Kritikpunkt an der Nachhaltigkeitsstrategie ist, dass die Lufthansa Group sich vornehmlich bemüht, durch technische Lösungen den CO₂-Ausstoß zu senken, während eine Reduzierung des Flugverkehrs, insbesondere im innerdeutschen Verkehr, nicht konsequent umgesetzt wird. Die Partnerschaft mit der Deutschen Bahn in den vergangenen Jahren wurde zwar intensiviert, dennoch bietet die Lufthansa Group weiterhin auch Flüge an, bei denen der Zug eine gleichwertige und zugleich umweltfreundlichere Alternative darstellt.

Eine solche Strecke ist unter anderem die Linie Stuttgart-Frankfurt. Im Sommerflugplan 2023 werden die beiden rund 200 Kilometer entfernten Städte weiterhin bis zu fünfmal täglich mit dem Flugzeug bedient, obwohl der ICE als umweltfreundlichere Alternative die Strecke in etwa einer Stunde und 15 Minuten ohne Umsteigen befährt. Die Verbindungen Düsseldorf-Frankfurt, Nürnberg-München und Nürnberg-Frankfurt sind ebenso kritisch zu beurteilen.

In diesem Zusammenhang ist auch der fehlende Ausbau der Bahninfrastruktur an deutschen Flughäfen zu bemängeln. Am Beispiel des Flughafens München lässt sich dieser Mangel deutlich erkennen. Der zweitgrößte deutsche Flughafen ist nicht an das ICE-Netz der Deutschen Bahn angeschlossen und wird es nach einer Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums auch zukünftig nicht werden (Süddeutsche Zeitung 2023). Eine Buchung von FlyRail-Verbindungen, wie dies in Frankfurt möglich ist, ist dort nicht umsetzbar, wodurch der Zug an Attraktivität verliert. Besonders die Strecken Stuttgart-München und Nürnberg-München könnten im Rahmen einer Fernverkehrsanbindung des Flughafens München eingestellt werden.

Die Kompensationsmaßnahmen der Airline sind ebenfalls kritisch zu betrachten. Mit dem ‚Green Fare‘ bietet die Lufthansa Group seit diesem Jahr Passagieren die Möglichkeit, durch den Kauf eines Tickets vermeintlich klimaneutral zu fliegen, indem die durch die Flugreise verursachten Emissionen kompensiert werden. Zwanzig Prozent der beim Flug verursachten CO₂-Emissionen werden dabei durch den Einsatz von SAF-Treibstoff und die verbleibenden achtzig Prozent durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert, indem an anderer Stelle CO₂ eingespart wird (Lufthansa 2023).

Die Kompensation scheint jedoch nur vordergründig das Klima zu schützen. Die Stiftung Warentest bemängelt in diesem Zusammenhang die zu niedrig angesetzte zu kompensierende Menge, durch die nur etwa ein Drittel des ausgestoßenen CO₂ berücksichtigt wird (Stiftung Warentest 2022). Zudem liegt die Kompensation in den Händen der Passagiere. Lufthansa lässt sich entsprechend für die Kompensation und ihre Umweltbemühungen bezahlen. Ferner wird im Verhältnis zum gesamten CO₂-Ausstoß der Airline nur ein kleiner Teil kompensiert (ebd.).

Auch Airline-unabhängige Anbieter von Ausgleichszertifikaten befinden sich auf demselben Niveau. Kritisiert werden speziell die Kompensation durch Ex-ante-Zertifikate, bei denen Einsparungen erst in Zukunft anfallen, und die mangelnde Transparenz (ebd.).

Im Zuge der Rettung von Teilen der Lufthansa Group durch die Bundesregierung wurde oft die fehlende Verknüpfung der Milliardenhilfe mit Klimaschutzauflagen kritisiert. Besonders im Fehlen von Umweltauflagen, wie die Reduktion bzw. die Einstellung des Inlandsverkehrs und das Bekenntnis zur Emissionsreduktion, zeigt sich eine rein die wirtschaftlichen Interessen berücksichtigende Vorgehensweise (Forum nachhaltig Wirtschaften 2020). Die Coronakrise und die damit verbundene Reduktion des Flugverkehrs hätten stärker als klimapolitische Chance angesehen werden können, indem vermehrt Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit in den Vordergrund gerückt worden wären (ebd.).

Zusammenfassung

Dieser Beitrag beschäftigte sich mit der Frage, inwiefern sich die Luftfahrt in Richtung Klimaneutralität entwickelt. Dazu wurde zunächst die Ausgangslage beschrieben, dass die weltweite Luftfahrt stark wächst und auch – trotz technischer Innovationen und schadstoffärmerer Flugzeuge – für einen immer höheren Anteil der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich ist. Auf dem Weg zur Klimaneutralität werden verschiedene Pfade verfolgt, die teilweise geringe Erfolgsaussichten haben. Exemplarisch wurden die folgenden Möglichkeiten erläutert und anschließend einer kritischen Betrachtung unterzogen:

  • der Nutzen und die Effektivität nachhaltiger Kraftstoffe, insbesondere SAF;
  • eine effizientere Flugführung im europäischen Luftraum und die dadurch ermöglichten kürzeren Flugstrecken;
  • Möglichkeiten eines CO₂-neutralen Flughafenbetriebs und
  • die intermodale Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern, v.a. der Bahn.

Trotz der Bemühungen und der vielfältigen Ansätze, die Luftfahrt in eine CO₂-neutrale Zukunft zu steuern, wird dies auf absehbare Zeit nicht möglich sein, da sich die Forschung noch am Anfang befindet und es noch Jahre bzw. Jahrzehnte dauern wird, bis das erste klimaneutrale Flugzeug serienmäßig gebaut werden kann.

Am Beispiel der Lufthansa Group wurden schließlich Maßnahmen aufgezeigt, die Airlines ergreifen, um die Luftfahrt nachhaltiger und klimaneutral zu gestalten. Es zeigte sich, dass der Konzern vorwiegend auf den Einsatz nachhaltiger SAF setzt. Zudem wird die alternde Flotte schrittweise erneuert, wodurch die Effizienz gesteigert wird und der Kraftstoffverbrauch verringert werden kann. Auch die Vernetzung mit der Deutschen Bahn am Flughafen Frankfurt kann als positives Zeichen gewertet werden, wenngleich hierbei eine noch stärkere Partnerschaft wünschenswert wäre.

Trotz aller Bemühungen der Lufthansa Group muss die Frage gestellt werden, inwiefern wirtschaftliche Interessen und Nachhaltigkeitsbemühungen in Einklang gebracht werden können. Häufig bleibt der Eindruck zurück, dass finanzielle Aspekte höher als Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit gewichtet werden. Zahlreiche Aspekte deuten darauf hin, dass Nachhaltigkeit und Klimaschutz nur dann mit Nachdruck angegangen werden, wenn dies einen wirtschaftlichen und finanziellen Vorteil mit sich bringt oder von politischer Seite durch Reglementierungen Handlungsdruck erzeugt wird. Dies kommt auch in der ablehnenden Haltung gegenüber fixierten SAF-Quoten innerhalb der Europäischen Union zum Ausdruck.

Auch als Kunden der Airlines dürfen wir uns nicht der Verantwortung entziehen, sondern müssen uns über die Konsequenzen unseres Handelns bewusst sein. Wenn wir von Frankfurt nach New York in den Urlaub fliegen, ist dies mit einer erheblichen Belastung für die Umwelt verbunden und die Kompensation der Flugemissionen trägt nicht dazu bei, das Klima nachhaltig zu schützen. Jeder Flug belastet das Klima erheblich, unabhängig davon, ob wir ihn kompensieren, was sich auf absehbare Zeit nicht ändern wird, wie aufgezeigt wurde. Die einzige nachhaltige Lösung ist demnach, den Flugverkehr radikal zu reduzieren, wenn das 1,5 Grad-Ziel noch eingehalten werden soll.

Allerdings sollten nicht nur Flugreisen kritisch betrachtet werden, auch der zunehmende Tourismus in zahlreichen Städten und Regionen weltweit hat verstärkt negative Auswirkungen auf psychischer, sozialer, ökonomischer und ökologischer Ebene. An dieser Stelle möchte ich auf den Blogbeitrag von Lea Kopp verweisen, der sich mit dem Thema ‚Overtourism‘ in Barcelona befasst und in dem dargelegt wird, wie die einheimische Bevölkerung und die Natur unter der steigenden Nachfrage nach Reisen in die spanische Metropole leiden. Kopp beschreibt, wie innerstädtische Gentrifizierungsprozesse negative Auswirkungen auf die dort lebende Bevölkerung haben und wie sich die Zufriedenheit der Einwohner:innen, aber auch der Tourist:innen in den letzten Jahren verschlechtert hat.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Reiselust der Menschen, an die ich mich anschließe, ungebrochen ist. Dennoch müssen wir uns über die Auswirkungen unseres Handelns bewusst sein. Möglicherweise gelingt es, zukünftig mehr Personen davon zu überzeugen, nachhaltig mit dem Zug statt mit dem Flugzeug zu reisen und Urlaub nicht in Übersee, sondern innerhalb Deutschlands zu machen, wodurch ein - wenn auch geringer - Beitrag zur klimaschonenden Zukunft geleistet werden kann.

Literatur

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[1] Aufgrund der infolge der Coronapandemie eingebrochenen Passagierzahlen werden die Daten unmittelbar vor der Pandemie verwendet, um ein unverfälschtes Bild des Luftverkehrs zu bekommen.

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