Montag, 18. Juli 2022

Direct Air Capture – CO2-Filter als (Teil-)Lösung der Klimakrise?

Unter anderem durch den 2019 erstmals vorgestellten „European Green Deal“ und dem damit verbundenen Ziel, die Netto-Emissionen auf Null zu reduzieren, kamen wieder vermehrt sogenannte „Direct Air Carbon Capture and Storage“-Systeme in den Fokus der Debatte rund um politische Maßnahmen zur Abschwächung bzw. Lösung der Klimakatastrophe (Europäische Kommission 2019, S. 1). Der Weltklimarat IPCC geht in seinen neuesten Modellen sogar von einer Notwendigkeit von Maßnahmen zur CO2-Entnahme aus, um das Netto-Null-Ziel überhaupt erreichen zu können (IPCC 2022, S. 1).

Dementsprechend wird innerhalb der europäischen Institutionen sowie der nationalen Regierungen auch an potenziellen Maßnahmen zur gezielten Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre und dessen dauerhaften Lagerung gearbeitet, da die natürlichen Entnahmekapazitäten, zum Beispiel durch (Wieder-)Aufforstung, nicht ausreichen, um die vereinbarten Ziele zu erreichen (Schenuit et al. 2022, S. 1). So geht die Europäische Kommission davon aus, dass „im Jahr 2050 [immer noch] etwa 500 Megatonnen (Mt) CO2-Äquivalente (CO2eq) ausgeglichen werden […], um Netto-Null-Emissionen zu erreichen“ (ebd., S. 2).

Ökosystembasierte Methoden, unter anderem (Wieder-)Aufforstung, werden allein nicht ausreichen, um die Emissionen auszugleichen, weswegen künstliche Carbon Dioxide Removal-Maßnahmen (CDR) vermehrt in den Fokus rücken bzw. politisch, insbesondere hinsichtlich der potenziellen Entnahmemethoden, diskutiert werden (ebd.). Zu den bislang meistdiskutierten Maßnahmen gehören sogenannte „Direct Air Carbon Capture and Storage“-Systeme (DACCS), welche CO2 aus der Umgebungsluft herausfiltern und speichern bzw. anderweitig verwendbar machen (z.B. synthetische Kraftstoffe).

Da „die tatsächlichen Entnahmekapazitäten bis dato gering“ sind, „dürfte [der Fokus] deshalb zunächst darauf liegen, die Förderung dieser Technologien auszuweiten“, auch wenn sich noch nicht mit Sicherheit sagen lässt, welche Entnahmemethode die Debatte in Zukunft dominieren wird bzw. wo diese in größerem Umfang eingesetzt werden (ebd., S. 3f).

Die bis dato weltweit größte DACCS-Anlage ist im September 2021 in Island vom Schweizer Unternehmen Climeworks in Betrieb genommen worden. Die Anlage bzw. deren Wirkungsweise erinnert an eine Art „überdimensionalen Staubsauger“ (Tolzmann 2022, S. 1). Diese sind modular aufgebaut und können dementsprechend beinahe beliebig groß konstruiert werden. Das Herausfiltern bzw. das Speichern von CO2 wird in zwei Schritten vollzogen: Zunächst wird durch einen Fön Luft in die Anlage gezogen, wobei das CO2 auf der Oberfläche eines Filters aufgefangen wird. In einem zweiten Schritt wird die Temperatur innerhalb der Kammer auf 80 bis 100 °C erhöht, um das konzentrierte CO2 in einem chemischen Prozess zu separieren, um es dann unter anderem im Boden zu speichern oder in synthetischen Kraftstoffen wiederzuverwenden (Climeworks 2022, S. 1).


Mit Blick auf die auszugleichenden Emissionen muss aber kritisch festgehalten werden, dass die Technik noch nicht ausgereift genug ist, um den Dimensionen der Krise gerecht zu werden. Die Anlage in Schweden „entzieht der Luft [derzeit] 4.000 Tonnen CO2 pro Jahr“ (Tolzmann 2022, S. 1). Trotzdem ist es ein technologisch großer Schritt, da die Anlage aufzeigt, dass die „Entnahme großer Mengen aus der Atmosphäre [technisch] möglich“ ist, und gegebenenfalls „hilft, Investoren, Politiker und Unternehmen von dieser Technologie zu überzeugen“ (ebd).

Quellen

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