„Wardrobe Crisis“ mit Clare Press ist der weltweit führende Podcast über nachhaltige Mode. Er wurde 2017 ins Leben gerufen und hat sich zu einem Bildungs- und Inspirationszentrum entwickelt, das von einigen der besten Modeschulen weltweit als Ressource genutzt wird. Mit mehr als 1 Million Downloads ist das Publikum global und umfasst wichtige Branchenführer, Mode-Entscheidungsträger, Studenten und Influencer, aber am wichtigsten: Menschen, denen die Schaffung einer gerechteren, ökologisch und sozial bewussten Welt am Herzen liegt. Im Podcast werden große Themen wie die Zukunft der Mode, die faire Behandlung von Bekleidungsarbeitern, Klimawandel und Plastikverschmutzung angesprochen.
In der 89. Folge des Podcasts (Dauer: 42:04) steht das Thema „Post-Growth Plan“ im Vordergrund. Zu Gast ist die Professorin vom Centre for Sustainable Fashion in London, Kate Fletcher. Kate Fletcher ist eines der Gründungsmitglieder der Union of Concerned Researchers in Fashion und Autorin des Buches „Craft of Use“. In ihrem Buch thematisiert sie, was wäre, wenn wir der Pflege und dem Tragen von Kleidungsstücken mehr Aufmerksamkeit schenken würden als ihrem eigentlichen Erwerb.
Kate Fletcher gilt als Begründerin der „Slow Fashion“. Zu verstehen, dass Ressourcen begrenzt sind und dass man als Verbraucher Verantwortungsbewusstsein entwickeln muss, sind die beiden Hauptanliegen ihrerseits. „Slow Fashion" liefere, so Fletcher, einen individuell anwendbaren Ansatz mit vielen Facetten, und sie sieht Nachhaltigkeit als ein offenes Konzept. Sie etablierte die Begriffe „reuse“, „reduce“, „recycle“ als Grundgedanken des nachhaltigen Konsums.
Das Thema Nachhaltigkeit in Mode und Textil ist heute wichtiger denn je. Nicht zuletzt durch die rasante Entwicklung der Fast Fashion und des billigen Massenkonsums bringt die Produktion von Mode und Textilien gravierende Probleme mit sich. Um den Massenkonsum zu befriedigen, wird immer mehr produziert. Die Idee „Slow Fashion“ will somit das Tempo der Produktion verlangsamen, ein nachhaltiges Konsumverhalten fördern und die katastrophalen Arbeitsbedingungen vieler Textilarbeiter*innen verbessern.
Zu Beginn des Podcasts wird erwähnt, dass wenn wir als Gesellschaft weitermachen wie bisher, die Modeindustrie bis 2030 ungefähr 102 Millionen Tonnen Kleidung und Schuhe herstellen wird. Dabei ist Wachstum etwas, das wir in der Modeindustrie, oder in jeder weiteren Branche, nicht gerne infrage stellen. In unserem kapitalistischen System wird der wirtschaftliche Erfolg am Wachstum gemessen. Dabei wird die Frage gestellt, wie wir unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten bewerkstelligen wollen.
Kate Fletcher sagt dazu, dass „wenn wir innerhalb der Grenzen dessen leben könnten, was wir bereits haben, könnten wir einen Blick darauf werfen, wie Mode jenseits der Konsumbesessenheit aussehen könnte“. Im weiteren Verlauf wird die „Union of concerned fashion“, welche 2018 von Kate Fletcher, Lynda Grose, Timo Rissanen und Mathilda Tham gegründet wurde, thematisiert. Inspiriert wurden sie von der Union of Concerned Scientists, die 1969 in den USA gegründet wurde. Ihr Manifesto beginnt: "Planetare Systeme sind bedroht. Mode- und Bekleidungsprodukte und -aktivitäten tragen zur Zerstörung dieser Systeme bei. Sie tragen auch zur zunehmenden Entkopplung zwischen Mensch und Erde bei.“
Die Union of Concerned Researchers in Fashion erkennt an, dass die Reaktion des Modesektors auf die sich verschärfende ökologische Krise übermäßig vereinfacht, fragmentiert und durch die Wachstumslogik kapitalistischer Geschäftsmodelle, wie sie derzeit realisiert und praktiziert werden, behindert wurde - und weiterhin wird. Darüber hinaus wird festgestellt, dass unkritische Forschungsergebnisse, doppelte Forschung, Reduzierung und Missbrauch von wissenschaftlichem und technischem Wissen diesen übermäßig vereinfachten Zustand in der Modeindustrie verstärken und beschleunigen.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs wird die Ansicht, dass besorgte Mode- und Bekleidungsforscher nicht länger unbeteiligt oder selbstgefällig bleiben können, stark hervorgehoben. Dies hat zur Folge, dass sich Forscher auf eine neue Art und Weise verhalten müssen. Kate Fletcher ruft somit die Modeforscher auf, sich zu einer konzertierten Aktion zusammenzuschließen und eine Führungsrolle bei der Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu übernehmen, die für die vielfältigen Krisen, mit denen wir konfrontiert sind, relevanter und angemessener sind.
Sie betont außerdem, „viele Leute sehen die derzeitigen Möglichkeiten, sich mit der Modebranche zu beschäftigen, als wertneutral an, aber nichts davon ist es, denn es stützt ausdrücklich den Status quo.“ Es ist leichter, sich ein Ende der Welt vorzustellen als ein Ende des Kapitalismus", so ein Zitat von Mark Fisher, dem britischen Autor von Capitalist Realism: Is There No Alternative?
Darüber hinaus stellt Fletcher sich mehrere Modesysteme vor, die von den Besonderheiten des Ortes und den Menschen, die davon betroffen sind, geprägt sind. "Lokalismus", sagt sie, "ist ein außerordentlich wirkungsvoller Weg, um die Vorteile von Entscheidungen in der Heimat zu nutzen.“ Die Union of Concerned Researchers in Fashion setzt sich für einen ganzheitlichen System- und Paradigmenwechsel ein, der über die derzeitigen Normen und das "Business-as-usual" hinausgeht.
Die Modeindustrie ist sehr weit von echter Nachhaltigkeit entfernt, und die derzeit verwendeten Fortschrittsmaßstäbe beruhen auf der Verringerung der Auswirkungen, um „weniger Schaden anzurichten“. Lokalismus ist dabei die Vision einer Kombination aus regionaler, kleinerer Produktion und lokal hergestellten Fasern und über das Material und die Herstellung hinaus eine ganze Welt des Gebrauchs, des Reparierens, Änderns, Anpassens, Teilens und Lebens mit Kleidung zu schaffen. "Alle versuchen immer, Mode auf etwas zu reduzieren, das wir herstellen und konsumieren - ich widersetze mich dem", sagt Kate Fletcher.
Quelle: Podcast zum Thema von Wardrobe Crisis: "Post-Growth Plan": https://thewardrobecrisis.com/podcast/2019/7/7/podcast-89-kate-fletcher-craft-of-use