Mittwoch, 6. April 2022

Können nur Veganer und Vegetarier nachhaltig leben?

"What if the key actors in climate change are … cows, pigs and chickens?" Dieser Satz ist die Überschrift des Worldwatch Reports von November/Dezember 2009 (https://awellfedworld.org/livestock-climate-advanced/). Er berichtet über die Rolle der Viehzucht und des Verzehrs von Fleisch im Kontext des Klimawandels.

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung der modernen Menschheitsgeschichte. Diese Krise ist vom Menschen selbst verursacht worden. Viele Menschen denken, dass man mit dem Ausstieg aus fossilen Energien der Lösung auf der Spur sei. Die Energiegewinnung beziehungsweise die Wirtschaft auf erneuerbare Energien umzustellen, ist aber nur ein Teil der großen Problematik „Klimawandel“. Ein weiterer, nicht zu verachtender Teil ist die Ernährung der Menschen, besonders der Fleischkonsum.

Dieses Thema wird gerne totgeschwiegen, da es jeden Einzelnen persönlich betrifft. Menschen sind Gewohnheitstiere und bei tiefgreifenden Veränderungen sehr oft misstrauisch. Dieses Misstrauen wird in der Thematik Ernährung nochmals verstärkt. Die meisten Menschen wollen ihr Essen einfach genießen, für manche ist es gar heilig. Aus diesem Grund wollen sie sich auch nicht vorschreiben lassen, wie sie sich zu ernähren haben.

Vor allem in den Industrienationen des globalen Nordens ist der Fleischkonsum pro Kopf geradezu explodiert. Damit dieser Fleischkonsum gewährleistet werden kann, müssen Wälder gerodet werden, um Weidefläche und Ackerland zu erhalten. Jedoch findet eine Kehrtwende im Ernährungsdenken der Menschen statt. Immer mehr Menschen ernähren sich vegetarisch oder sogar vegan.

Die Gründe dafür sind unterschiedlich, aber die Auswirkungen sind bei allen dieselben. Die vegetarische und vegane Ernährung verspricht, eine nachhaltige und gesunde Alternative zu sein, die außerdem auch gut für das Klima ist. Die daraus resultierenden Fragen werden in diesem Beitrag aufgegriffen. Ist ein nachhaltiger Fleischkonsum möglich?

Ausschlaggebend für die Fragestellung war die Dokumentation "Cowspiracy" (https://www.youtube.com/watch?v=nV04zyfLyN4). In ihr behandelt der freie Journalist Kip Andersen die Frage, wie Fleischkonsum das Klima verändert und warum dies von der Politik nicht thematisiert wird. In der Dokumentation kommt der Journalist zu dem Ergebnis, dass nachhaltiger Fleischkonsum nicht möglich ist. Dieses Fazit ließ mich im Zwiespalt zurück. Mir war durchaus bewusst, dass der Fleischkonsum rapide reduziert werden muss. Dennoch spielte ich auch weiterhin mit dem Gedanken, dass nachhaltiger Fleischkonsum doch möglich sei. 

Was ist Nachhaltigkeit?

Vegane und vegetarische Produkte werden oft mit Nachhaltigkeit in Verbindung gebracht. Auch die Fleischindustrie versucht ihre Produkte für die Kunden attraktiver zu machen, indem sie sie als nachhaltig bezeichnen. Denn bei den Menschen steigt das Verlangen nach nachhaltigen Bio-Produkten, vor allem in den vergangenen Jahren.

Dass die Menschen nun verstärkt darauf achten, welche Produkte sie konsumieren, geht damit einher, dass vielen der Klimawandel als Problem für ihre Zukunft und die ihrer Kinder bewusst wird. Dabei ist das Konzept der Nachhaltigkeit schon über 300 Jahre alt. Von Hans Carl von Carlowitz wurde der Begriff und das Konzept 1713 für die Forstwirtschaft entwickelt (https://s3-science.org/geschichte-und-ziele/), weshalb auch der Duden heute noch zwei Definitionen kennt, eine ökologische und eine für die Forstwirtschaft. Der Duden definiert den Begriff Nachhaltigkeit wie folgt:

"Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt werden kann." (https://www.duden.de/rechtschreibung/Nachhaltigkeit).

Im Bereich der Ernährung spielen jedoch viel mehr Faktoren hinein. Themen wie Tierwohl, Wasser- und Flächenverbrauch, Regionalität und CO²-Emissionen sind die Grundpfeiler, die eine nachhaltige Ernährung definieren. An diesen Eckpunkten lässt sich auch verdeutlichen, wie nachhaltig eine Ernährungsweise ist. Aber gerade beim Fleischkonsum müssen die einzelnen Arten der Tierhaltung gesondert berücksichtigt werden, denn sie könnten jeweils zu komplett unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Fleischkonsum - eine Nachhaltigkeitsbilanz

In den vergangenen 20 Jahren hat sich der weltweite Fleischkonsum mehr als verdoppelt. Die Hauptkonsumenten bilden Industrieländer des globalen Nordens. Der größte Anteil am weltweiten Fleischverbrauch entfällt jedoch auf China mit fast einem Drittel. Dabei ist der Pro-Kopf-Verbrauch in China kaum gewachsen, obwohl der allgemeine Fleischkonsum in den letzten Jahren stark angestiegen ist.

Allgemein lässt sich ein starkes Wachstum des Fleischkonsums in den Ländern des globalen Südens beobachten, obwohl sich auch dort der Pro-Kopf-Konsum kaum nennenswert verändert. Dies liegt am hohen Bevölkerungswachstum, besonders in Afrika. Ein Afrikaner konsumiert pro Jahr 17 Kilogramm Fleisch. In Deutschland war im Jahr 2019 ein Pro-Kopf-Konsum von 60 Kilogramm zu verzeichnen. Spitzenreiter sind Australier und US-Amerikaner mit über 100 Kilogramm Fleisch pro Jahr. Damit ist deren Konsum auch über doppelt so hoch wie der Fleischkonsum der Chinesen. Der internationale Fleischverbrauch wird weiterwachsen, vor allem in den Ländern Subsahara-Afrikas und dem nichtchinesischen Asien. Der Marktanteil dieser asiatischen Länder wird bis 2029 rund 56 Prozent betragen (Fleischatlas Heinrich-Böll-Stiftung 2021, S.10).

Genau wie der Fleischkonsum von jedem einzelnem Land unterschiedlich ist, variiert auch der Anteil der Fleischsorten auf dem globalen Fleischmarkt. Während der Konsum von Rind und Schaf abnimmt, wird der Anteil an Schwein und Geflügel steigen. Es wird davon ausgegangen, dass allein das Geflügelfleisch ungefähr die Hälfte des Wachstums ausmachen wird. Im Gegensatz dazu wird der Konsum von Rindfleisch in den nächsten 20 Jahren um ein Drittel abnehmen.

Die Gründe für das Wachstum beziehungsweise die Abnahme sind hierbei unterschiedlich. Geflügel ist aufgrund des niedrigen Fettgehalts und des billigeren Preises sehr beliebt. Schweinefleisch wird ebenfalls immer mehr verzehrt, obwohl vor allem in den muslimischen Ländern Asiens und Afrikas der Verzehr von Schweinefleisch religiös untersagt ist.

Die Analyse der Fleischmengen, die jedes Land konsumiert, kann in einzelnen Ländern nicht in vollem Umfang erfasst werden. Was jedoch erfasst werden konnte, ist, dass Frauen tendenziell weniger Fleischwaren konsumieren als Männer und die jüngere Generation weniger verzehrt als die Generationen vor ihnen. In Deutschland haben die Männer zum Beispiel einen doppelt so hohen Fleischkonsum als die Frauen, und auch in den Vereinigten Staaten ist der Fleischkonsum von Männern um fünfzig Prozent höher als der der Frauen.

In den ärmeren Ländern ist der Unterschied eher nach Einkommen zu definieren. So lässt sich dort erkennen, dass Menschen der ärmeren Schichten tendenziell weniger Fleisch zu sich nehmen als Menschen mit höherem Einkommen. Hierdurch kann man durchaus darauf schließen, dass für viele Menschen Fleisch noch immer Luxusgut ist (Fleischatlas Heinrich-Böll-Stiftung 2021, S. 10). Für viele Menschen ist Fleisch also immer noch ein Lebensmittel, das sie sich nicht leisten können, während in der Europäischen Union und anderen Industrienationen das Fleisch zu einem sehr billigen Preis eingekauft werden kann.

Diesem Problem liegt zu Grunde, dass immer noch sehr viele Nutztiere wie Rinder, Schweine und Hühner in Massentierhaltung gehalten werden und somit unter zutiefst tierwohlunfreundlichen Bedingungen. Diese Haltungen sollen vor allem eins verbessern: die Kosten. Denn warum auf einer gewissen Fläche nur zehn Rinder halten, wenn es auch 50 oder 100 sein können. Das Wohl der Tiere ist dabei zweitrangig. Wichtig ist, so wenig Kosten wie möglich zu verursachen, um das Fleisch möglichst billig zu verkaufen oder exportieren zu können.

Um diesen, ohnehin schon geringen Fleischpreis noch weiter zu drücken, verhandeln die Europäische Union und die Mercosur-Länder Argentinien, Uruguay, Brasilien und Paraguay ein Assoziierungsabkommen. Dadurch soll der Zoll auf Produkte aus diesen Ländern, wie Fleisch oder Soja, in die EU teilweise oder vollständig entfallen. Im Gegenzug sollen dafür chemische Produkte wie Dünger oder Maschinen billiger aus der EU in diese Länder exportiert werden können.

So können zu den rund 200.000 Tonnen Rindfleisch zusätzliche 99.000 Tonnen in die EU exportiert werden. Durch diese Zunahme könnte die Entwaldung des Regenwaldes noch weiter beschleunigt werden, denn die Rinderhaltung und die Futterbeschaffung für die Rinder sind ohnehin schon die Hauptgründe für die Entwaldung. Zu der Entwaldung kommt noch hinzu, dass es zu einem erhöhten Einsatz von Pestiziden kommen könnte, wenn der Einfuhrzoll verringert wird oder komplett entfällt.

Die Folgen dieses Assoziierungsabkommen wären fatal für den Zustand des Regenwalds und die Biodiversität. Deshalb wird es auch mittlerweile von vielen EU-Mitgliedsstaaten als negativ und in seiner aktuellen Fassung als nicht verabschiedungsfähig betrachtet. Weiterreichende Änderungen werden jedoch vom EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis abgelehnt, da man das Abkommen nach über 20-jähriger Verhandlung nicht erneut eröffnen möchte (Fleischatlas Heinrich-Böll-Stiftung 2021, S. 12-13). Die Ratifizierung wurde mittlerweile schon verschoben, und das Abkommen befindet sich noch immer in der formaljuristischen Prüfung (https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Aussenwirtschaft/assoziierungsabkommen-zwischen-der-eu-und-den-mercosur-staaten.html).

Der Fleischkonsum der Weltbevölkerung erlebt stetiges Wachstum. Um der wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, muss die Fleischproduktion ebenfalls steigen. Dies könnte jedoch fatale Folgen für die Umwelt haben. Faktoren wie Flächen- und Wasserverbrauch, Methan und CO²-Emissionen, Verschmutzung von Gewässern und Verringerung der Biodiversität sind die bestimmenden Elemente, um eine Nachhaltigkeitsbilanz ziehen zu können.

Die Verringerung von CO²-Emissionen ist das übergeordnete Ziel der Politik. Die Viehhaltung produziert jedoch ein Gas, welches häufig übersehen wird, jedoch deutlich schädlicher ist als CO², nämlich Methan. Es zerfällt zwar laut Experten zehnmal schneller als Kohlenstoffdioxid, nämlich nach etwa 12 Jahren, ist aber in dieser Zeit 25-mal schädlicher.

Wenn man von Methangas hört, denkt man vielleicht an die Warnungen von Klimaforschern, dass die Permafrostböden in Sibirien oder in der Tundra Nordkanadas auftauen und jahrtausendealtes, dort eingefrorenes Methangas freisetzen (https://www.br.de/klimawandel/permafrost-boden-klimawandel-kohlendioxid-methan-100.html). Wir haben aber einen sehr großen Methangasproduzenten, der nicht erst auftauen muss, sondern aktuell aktiv ist und Unmengen an Methan produziert, ohne dass wir großartig darauf aufmerksam werden.

Kühe und andere Wiederkäuer produzieren während ihres Wiederkauprozesses Methan und scheiden diesen durch Fermentationen aus. Nach dem WorldWatch Bericht von 2009 ist die Viehhaltung laut der FAO für rund 37% des menschengemachten Methanausstoßes verantwortlich. In Zahlen sind das im Jahr 2004 103 Millionen Tonnen an Methanemissionen im Vergleich zu 2,369 Millionen Tonnen an CO² Emissionen. Wodurch Methan für 11,6 Prozent aller Treibhausgase verantwortlich war (WorldWatch Report 2009, S. 13-14).

Das Umweltbundesamt spricht davon, dass in Deutschland 8,2 % der Treibhausgas-Emissionen auf die Landwirtschaft zurückzuführen sind (https://www.umweltbundesamt.de/daten/land-forstwirtschaft/beitrag-der-landwirtschaft-zu-den-treibhausgas#treibhausgas-emissionen-aus-der-landwirtschaft). Auf globaler Ebene soll laut der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) 14,5 Prozent der Emissionen im Jahr 2013 auf die Viehzucht entfallen.

Dem IPCC-Bericht des Weltklimarats zufolge ist der Ernährungssektor für 21 bis 37 Prozent des Treibhausgasausstoßes verantwortlich (Fleischatlas Heinrich-Böll-Stiftung 2021, S. 22). Dem entgegen steht der WorldWatch Bericht, wonach die FAO bestimmte Werte unterschätzt oder gar missachtet. So wirft der Bericht der FAO vor, den Flächenverbrauch und die Atmung des Viehs komplett zu übersehen und den Methanausstoß zu unterschätzen. Nach deren Berechnung sei die globale Viehhaltung für mehr als 51% der Emissionen verantwortlich oder in Zahlen für 32,564 Millionen Tonnen an Treibhausgasen (WorldWatchBericht 2009, S. 11).

Die Angaben variieren also stark. Im Jahr 2018 wurden die Emissionen der 35 größten Fleisch- und Milchproduzenten durch die Nichtregierungsorganisation GRAIN und das Institute for Agriculture and Trade Policy berechnet. Ihr Ergebnis lautet wie folgt: Die fünf größten Fleisch- und Milchkonzerne verursachen mehr Emissionen pro Jahr als ein großer Ölkonzern wie Shell oder BP (https://grain.org/en/article/5976-emissions-impossible-how-big-meat-and-dairy-are-heating-up-the-planet).

Wenn man 20 dieser Unternehmen zusammen betrachtet, kommt man auf mehr Treibhausgasemissionen als Deutschland, Frankreich oder Großbritannien. Dem Bericht zufolge könnten die Fleisch- und Milchkonzerne die Ölkonzerne in den nächsten Jahrzehnten als die größten Klimaverschmutzer überholen. Dabei geben viele dieser Konzerne ihre Treibhauswerte gar nicht an. Sehr wenige haben überhaupt nur einen Teil ihrer Werte gemeldet, die Glaubwürdigkeit dieser Zahlen ist ebenfalls sehr anzuzweifeln. So haben Forscher errechnet, dass die gemeldeten Zahlen nur drei Prozent bei JBS, dem größten Fleischproduzenten Südamerikas, beziehungsweise 37% bei Marfrig, dem drittgrößten brasilianischen Fleischproduzenten, der eigentlichen Menge entsprechen. Nur das japanische Unternehmen NH Foods gibt verlässliche Zahlen an.

Wir müssen die globalen Emissionen bis 2050 um 38 Milliarden Tonnen drücken, um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen. Nach dem GRAIN Bericht wird, wenn die Fleischindustrie weiterhin wächst und alle anderen Sektoren dem Pfad zum Erreichen des 1,5 Grad Ziels folgen würden, die Viehhaltung 80% des erlaubten Treibhausesgasetats innerhalb von 32 Jahren aufbrauchen (GRAIN and the Institute for Agriculture and Trade Policy 18. Juli 2018).

Ein weiterer, nicht zu verachtender Aspekt ist der Wasserverbrauch der Tiere und die Menge an Nahrung, die sie benötigen. Dieser Aspekt wird oft übersehen. Um Wasser zu sparen, wird oft dazu geraten, zu duschen anstatt zu baden oder den Wasserhahn während des Zähneputzens zuzudrehen, weniger Fleisch zu essen, kommt wenigen in den Sinn.

Dabei ist der Wasserverbrauch pro Kilo Fleisch erheblich. So werden für ein Kilo Rindfleisch im Schnitt 15.415 Liter Wasser benötigt, für ein Kilo Schaf- oder Ziegenfleisch sind es fast 9.000 Liter, bei Schweinefleische 6.000 und bei Hühnern 4.300 Liter Wasser (Fleischatlas Heinrich Böll Stiftung 2021, S. 26).

In der Dokumentation "Cowspiracy" wird angegeben, dass man für einen Hamburger mit einem Gewicht von einem Viertel Pfund (amerikanische), also ungefähr 0,11 Kilogramm, ganze 2 Monate duschen könnte (Minute 6:30 – 6:44). Insgesamt entfallen rund 92 % des globalen Wasserfußabdrucks auf die Landwirtschaft. Davon wiederum gehen 29 Prozent an die Viehhaltung, außerdem verbraucht die Landwirtschaft mit 70% des Süßwassers dreimal mehr als vor 50 Jahren.

Um diese immensen Zahlen besser veranschaulichen zu können, greift der Fleischatlas von 2021 auf Badewannen zurück. Eine Badewanne entspricht in dem Schaubild etwa 140 Liter Wasser. Neben dem Wasserverbrauch der Tiere wird auch der Wasserverbrauch einzelner tierischer Lebensmittel und pflanzlicher Lebensmittel dargestellt. So verbraucht ein Rind bis zu seiner Schlachtung ungefähr 103,25 Badewannen an Wasser, ein Ei benötigt ungefähr 23 Badewannen.

Bei der Berechnung des Wasserverbrauchs unterteilen die Experten das Wasser in grünes, graues und blaues Wasser. Grünes Wasser macht den Hauptbestandteil aus und ist Regenwasser, welches den Pflanzen auf natürliche Weise zur Verfügung steht. Unter blauem Wasser versteht man Wasser, das künstlich aus Oberflächenwasser, also Seen oder Flüssen oder eben dem Grundwasser entnommen wurde, für die Produktion genutzt wird und anschließend nicht mehr zurückgeführt wird. Graues Wasser ist schlussendlich Wasser, das bei seiner Anwendung verschmutzt, da es zur Säuberung, zum Beispiel von Ställen, genutzt wird (Fleischatlas Heinrich-Böll-Institut 2021, S. 27).

Durch die übermäßige Entnahme von blauem Wasser trocknen zum Beispiel Seen aus oder der Grundwasserspiegel sinkt ab. Außerdem wird der Wasserkreislauf gestört, wodurch in manchen Regionen karge Landschaften und Dürren entstehen können. Das graue Wasser hingegen wird durch das Auswaschen von Ställen oder der Verdünnung mit Dünger verdreckt und anschließend ohne jegliche Säuberung in die Flüsse, Seen oder ins Meer abgeleitet. Dort richtet das graue Wasser verheerende Schäden an und sorgt dafür, dass an den Mündungen, wo viel graues Wasser das Meer erreicht, Todeszonen entstehen, in denen es kein maritimes Leben mehr gibt ("Cowspiracy" Minute 21:29 – 21:54).

Wenn man nach der reinen Menge des Wasserverbrauchs schaut, ist die industrielle Massentierhaltung am sparsamsten. So ist zum Beispiel der Wasserfußabdruck von Rindern in ökologischer Weidehaltung größer als jener von industriellen Haltungsformen. Sobald man jedoch die Effizienz des Wasserverbrauchs betrachtet, wird deutlich, dass die Weidehaltung die Wasserressourcen schont. Allein der Anteil an grauem Wasser ist bei der Massentierhaltung 61-mal höher. Der Anteil des blauen Wassers ist aufgrund des Kraftfutters 43-mal höher.

Das Problem bei der Berechnung des Wasserverbrauchs ist, dass die Rinder in der Weidehaltung eine größere Fläche zur Verfügung haben, und wenn diese Rinderweide in einem feuchten Gebiet liegt, in dem es viel Niederschlag gibt, wird der komplette Niederschlag, der auf die Weide fällt, dem Rind zugeordnet, wodurch die Rinder einen hohen Wasserfußabdruck besitzen.

Dieser wird dann noch durch die längere Lebensdauer der Rinder verstärkt, da das Raufutter weniger effizient ist als das Kraftfutter und somit das Rind seine Schlachtreife später erreicht. Kraftfutter steigert also das Wachstum der Tiere und macht sie früher schlachtreif. Jedoch verbrauchen die Pflanzen, wie Mais oder Soja, extrem viel Wasser. Außerdem werden für das benötigte Ackerland für den Planeten wertvolle Wälder gerodet.

Das beste Beispiel ist hierfür der Amazonas Regenwald. Hier werden tausende Hektar Wald pro Jahr gerodet, um Acker- und Weideland zu gewinnen. Allein im Zeitraum von August 2020 bis Juli 2021 wurden 13.235 Quadratkilometern gerodet (https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/amazonas-abholzung-119.html). Mit dem wachsenden Fleischkonsum steigt auch der Bedarf an Weide- und Ackerfläche. So sind in den 20 Jahren bis 2019 die Flächen, die für den Sojaanbau genutzt werden, von 77 auf 125 Millionen Hektar angewachsen.

In Brasilien wurde zwischen 2006 und 2017 der Amazonas und die brasilianische Savanne Cerrado um 220.000 Quadratkilometern verkleinert, um dort Viehweiden und Sojafelder anzulegen. Diese Fläche entspricht etwa 60% der Fläche Deutschlands (Fleischatlas Heinrich-Böll-Institut 2021, S.16). Der Flächenverbrauch ist aber nicht nur ein Problem für den Regenwald, auch in Deutschland werden Rinder auf entwässerten Mooren gehalten. Beim Entwässern der Moore wird das in ihnen gespeicherte Methan und andere Treibhausgase freigesetzt. In Deutschland sind die 7% der Weideflächen, die auf trockengelegten Moorgebieten angelegt sind, für 37% der Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft verantwortlich.

Zum Vergleich: Die Milch von einer Kuh, die auf Moorland gehalten wird, besitzt einen fünf Mal höheren CO²-Fußabruck als die Milch einer Kuh, die auf Mineralböden gehalten wird. Das gleiche Bild zeigt sich, wenn auf der Moorfläche das Futter für die Viehhaltung angebaut wird (Fleischatlas Heinrich-Böll-Institut 2021, S.28). Natürlich sind die Verhältnisse des Flächenverbrauchs nicht zu vergleichen mit den Verhältnissen in Brasilien oder Argentinien. Aber es veranschaulicht, dass man auch in Deutschland noch Arbeit vor sich hat, um zu nachhaltiger Viehhaltung zu kommen.

An Nachhaltigkeit ist man hier jedoch deutlich näher als es in Brasilien der Fall ist. Seit der rechtskonservative Präsident Jair Bolsonaro im Amt ist, wird die Rodung des Regenwaldes von der brasilianischen Regierung sogar gefördert. So stieg die Fläche an jährlich gerodetem Regenwald im Zeitraum von August 2020 bis Juli 2021 um 22%.

Zusätzlich werden immer mehr Gebiete des Regenwalds durch Brandrodung entwaldet. Durch diese Art der Rodung werden nicht nur Waldbrände entfacht, die eine viel größere Fläche zerstören als die herkömmliche Rodung, sondern durch das Feuer wird zusätzlich CO² in die Atmosphäre geschleudert. Ergänzend zu dem Verlust von Regenwald, der immens wichtig für das Klima unseres Planeten ist, leidet die Biodiversität und die indigene Bevölkerung unter den Rodungen.

Obwohl sich die indigene Bevölkerung zur Wehr setzt, ist sie den mächtigen Viehbaronen und Konzernen schutzlos ausgeliefert. Auch jene Umweltaktivisten, die sich für den Schutz des Regenwalds einsetzen, sind im Visier der Fleischkonzerne. So wurden allein 2019 24 Umweltaktivisten und -aktivistinnen in Brasilien getötet (Fleischatlas Heinrich-Böll-Institut 2021, S.27).

Auch in der Cowspiracy-Dokumentation wird dieses Thema aufgegriffen. Dort spricht die Programmdirektorin von Amazon Watch, Leila Salazar Lopez, davon, dass 1965 ein Kodex namens "Forrest code" in Brasilien verabschiedet wurde und sich in Zuge dessen Einzelne gegen die Vieh- und Agrarwirtschaft und deren Lobbyisten aufgelehnt haben. Viele von ihnen wurden daraufhin ermordet.

Anschließend stellt die Dokumentation das Schicksal der Nonne Dorothy Stang vor. Sie setzte sich für den Schutz des Regenwalds ein und wurde von einem Auftragsmörder ermordet (Cowspiracy, Minute 35:46 – 36:56). Dieses Fleisch, an dem, man kann es nicht anders sagen, Blut klebt, landet bei uns auf den Tellern, weil das Importieren von Fleisch aus diesen Ländern nötig ist, um unseren eigenen Fleischkonsum zu decken.

Hinzu kommt, dass laut Umweltexperten der World Bank die industrielle Nutztierhaltung verantwortlich für 91% der Zerstörung des Amazonas Regenwalds und 30% des weltweiten Wasserverbrauchs ist. Außerdem benötigt diese 45% der Landflächen und ist der Hauptgrund für Todeszonen in den Meeren, den Verlust von Artenvielfalt und die Zerstörung von Lebensraum (Cowspiracy, Minute 11:49 – 12:28).

Dieser industriellen Tierhaltung steht die ökologische Tierhaltung entgegen. In den meisten Fällen gibt es in den Supermärkten, gerade in Deutschland, zu dem billigen Fleisch die Bio-Alternative. Diese Alternative ist zwar teurer, aber immer mehr Menschen sind bereit, diesen Preis zu bezahlen. Wenn man die konventionelle Viehhaltung mit der ökologischen vergleicht, fällt einem direkt ins Auge, dass der Flächenverbrauch rapide ansteigt.

Zum Beispiel Hühner: In der Kleingruppenhaltung stehen jedem Huhn 800 Quadratzentimeter an Fläche zu. Um das Ganze zu verdeutlichen: Jedes Huhn besitzt einen Platz in der Größe von eineinhalb DIN-A4-Blättern. Die Gruppengröße beträgt dabei 20-60 Hennen. In der ökologischen Haltung hingegen dürfen maximal sechs Hennen pro Quadratmeter gehalten werden. Außerdem stehen jeder Henne noch vier Quadratmeter Auslauffläche zu (https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Huehnerhaltung-Ist-bio-wirklich-besser,tierhaltung138.html). Das sind zumindest die Regeln in Europa.

Der Flächenverbrauch wird auch in der Dokumentation bemängelt. In dieser wird folgende Rechnung aufgestellt: Wenn der Fleischverbrauch der gleiche bleiben würde, würde man 1,5 Milliarden Hektar Weideland benötigen, nur um die Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika mit Fleisch versorgen zu können. Bildlich gesprochen müsste man jeden Quadratzentimeter Land von der nördlichsten Spitze Kanadas über Mexiko und Mittelamerika bis Südamerika roden und dort Weidevieh grasen lassen (Cowspiracy, Minute 45:29 – 46:10). Jeder See und Fluss müsste dabei aber trockengelegt, jede Stadt und jedes Dorf dem Erdboden gleichgemacht werden, die Wüsten bewässert und die Berge abgetragen werden. Und das alles nur, um die Bürger der USA mit Fleisch aus Weidehaltung versorgen zu können.

Obwohl die ökologische Viehhaltung deutlich mehr Fläche beansprucht, ist sie schonender für die Erde und ihre Bewohner. Die Weiden können neben den Kühen auch von anderen Tieren genutzt werden. So können Feldhasen auf den Wiesen ihre Jungen aufziehen oder Greifvögel über den Weiden ihre Kreise ziehen. Insekten finden in den Wiesenblumen den dringend benötigten Nektar, und es können Pflanzen wachsen, die für die Biodiversität essenziell sind. Weideviehhaltung ist also deutlich tierfreundlicher, nicht nur für die Nutztiere, sondern auch für alle anderen Tiere und Pflanzen, die in unmittelbarer Nähe der Weide leben.

Außerdem bedeutet Weidehaltung automatisch auch weniger Arbeit für den Bauern oder die Bäuerin, denn die Tiere ernähren sich von den zur Verfügung stehenden Gräsern. Diese sind zwar nicht so energiehaltig wie das Kraftfutter in den Mastbetrieben, dennoch können dadurch die Jungen ein gesundes Wachstum erleben.

Um die Qualität noch weiter zu steigern und um vor allem den Klimafußabdruck der Tiere zu verringern, könnte das Konzept der "adaptiven Mehrweidehaltung" angewendet werden. Hierbei handelt es sich um ein System, in welchem die Tiere zwischen mehreren abgegrenzten Weiden wandern können. So wird zum einem verhindert, dass eine Weide übergrast wird, und zum anderen ahmt dieses System den natürlichen Wanderzyklus von Weidetieren nach (Fleischatlas Heinrich-Böll-Institut 2021, S. 23).

Außerdem hat die Wanderung der Tiere zusätzlich positive Auswirkungen auf den Boden und die Pflanzen, die darauf wachsen. So wird der Boden durch die Ausscheidungen der Tiere gedüngt und durch die Wanderungen der Tiere verdichtet. Dies hat zur Folge, dass es bei starken Regenfällen mit niedrigerer Wahrscheinlichkeit zu Erosionen kommt.

Es zeigt sich zudem, dass sich dieses System auch gegenüber dem System der Dauerweiden klimafreundlicher verhält. Dadurch ist die Kohlenstoffbindung und die Weideproduktivität erhöht und die Futterqualität steigt. Nicht zu verachten ist auch, dass durch die Weidelandhaltung die Ackerfläche für den Futtermittelbedarf nicht mehr benötigt wird. Dadurch könnten die gerodeten Flächen wieder in Wald verwandelt werden. Dieser Prozess würde dem Klima zugutekommen.

Natürlich muss man hierbei beachten, dass die Weidelandhaltung nicht die Produktionskapazitäten des Mastbetriebes besitzt. Um den globalen Bedarf an Fleischwaren zu decken, ist die ökologische Viehhaltung keine Lösung. Zusammen mit einem deutlich geringeren Fleischkonsum könnte dies jedoch gelingen, vor allem dann, wenn die Ackerflächen für die Viehhaltung Nahrung für den Menschen produzieren. Dann wäre es möglich, jeden Menschen auf der Welt mit ausreichend Nahrung zu versorgen (Cowspiracy, Minute 1:05:59 – 1:06:10). 

Vegane und vegetarische Lebensweise – das Ernährungsmodell der Zukunft?

In der "Cowspiracy"-Dokumentation sprechen sich die befragten Experten für eine vegane Ernährung aller Menschen aus. Sie sei umweltfreundlicher und könnte den Klimawandel stoppen. Außerdem ist diese Maßnahme sofort umsetzbar. Vegane Ernährung beruht darauf, dass keinerlei tierische Produkte auf den Teller kommen. In diesem Punkt unterscheidet sie sich signifikant von der vegetarischen, da dort nur auf Fleisch verzichtet wird.

Mittlerweile erleben beide Ernährungsweisen einen großen Zulauf vor allem unter den Jüngeren. In Deutschland zum Beispiel ernähren sich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung doppelt so viele 15- bis 29-Jährige vegan oder vegetarisch. Vor allem die Rolle der Ernährung im Kontext des Klimawandels spielt bei den Jüngeren eine sehr große Rolle.

Allgemein lässt sich feststellen, dass Menschen ihre Ernährungsweise zunehmend als politisches Statement verstehen. Menschen mit einer veganen Lebensweise sind politisch aktiver, wenn es um Themen wie Tierschutz, Klimawandel, Lebensmittelverschwendung und Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft geht.

Auch die Vegetarierinnen und Vegetarier sind politisch aktiv, allerdings nicht so stark wie die Veganerinnen und Veganer, aber dafür deutlich mehr als die Menschen, die Fleisch essen. Auch zwischen den Geschlechtern ist ein Unterschied zu erkennen. Der Anteil an Frauen, die eine vegane beziehungsweise vegetarische Ernährungsweise gewählt haben, ist doppelt so hoch als der Anteil bei den Männern. Mittlerweile machen Vegetarierinnen und Vegetarier bei den 15- bis 29-Jährigen in Deutschland 10,4% aus, während 2,3% der Menschen Veganerinnen und Veganer sind. Der Anteil sinkt, je älter die Menschen sind (Fleischatlas Heinrich-Böll-Institut, 2021, S. 35).

Wie klimafreundlich sind diese Ernährungsweisen? Ähnlich wie beim Fleischkonsum lässt sich die Nachhaltigkeitsbilanz anhand von Flächenverbrauch, Wasserverbrauch und Emissionen veranschaulichen. Der Flächenverbrauch von Pflanzen ist sehr gering. Laut "Cowspiracy" benötigt man nur 0,24 Hektar Land, um eine Veganerin oder einen Veganer zu ernähren. Eine Vegetarierin oder ein Vegetarier benötigt schon die dreifache Menge, ein Mensch, welcher Fleisch, Milchprodukte und Eier isst, braucht das 18-fache an Land, wenn der Konsum dem eines durchschnittlichen Amerikaners entspricht (Cowspiracy, Minute 1:21:37 – 1:21:54).

Ähnlich sieht das Ganze beim Wasserverbrauch aus. Während ein Kilogramm Rindfleisch 15.415 Liter Wasser benötigt, benötigt ein Kilogramm Gemüse, Früchte oder Wurzelgemüse maximal 962 Liter Wasser. Dazu kommt, dass bei der Produktion, wenn keine Pestizide eingesetzt werden, kein graues Wasser entsteht. Allein die Hülsenfrüchte benötigen mit 4055 Liter pro Kilogramm annähernd so viel Wasser wie ein Huhn (Fleischatlas Heinrich-Böll-Institut 2021, S. 27).

Betrachtet man den Emissionsausstoß der veganen bzw. vegetarischen Ernährung, so ist dieser deutlich geringer als jener der Menschen, die Fleisch, Milch usw. konsumieren. Wenn sonst der Lebensstil identisch ist, soll die vegane Ernährung jährlich 2 Tonnen an Emissionen einsparen (https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/veganer-sparen-jaehrlich-zwei-tonnen-treibhausgase-a-1264577.html).

Forscher der Oxford University haben außerdem berechnet, dass bis 2050 die Treibhausgasemissionen, die auf die Nahrungsmittelproduktion zurückzuführen sind, für ungefähr die Hälfte der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, die sich die Welt noch leisten kann, wenn die Erderwärmung auf 2 Grad begrenzt werden soll. Wenn die Menschen die Ernährungsrichtlinien der FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) (https://www.fao.org/nutrition/nutrition-education/food-dietary-guidelines/en/) befolgen würden, würde das die Emissionen um 29% senken, bei einer vegetarischen Ernährung wären es 63%, bei einer veganen sogar 70% (https://www.ox.ac.uk/news/2016-03-22-veggie-based-diets-could-save-8-million-lives-2050-and-cut-global-warming).

Die vegane und vegetarische Ernährungsweise könnte also nicht nur den internationalen Hunger stillen, sondern den Klimawandel bremsen, wenn nicht sogar stoppen.

Fazit

Die Dokumentation "Cowspiracy" hat mich zum Nachdenken gebracht. Tatsächlich hat sich in meinem Konsumverhalten viel getan. Ich esse mehr Gemüse, Obst und weniger Fleisch- und Wurstwaren. Bei den Produkten schaue ich auf deren Herkunft und kaufe gemäß den Jahreszeiten ein. Auf Kirschen oder anderes Sommerobst und -gemüse sollte man im Winter vielleicht verzichten können, wenn man den dafür nötigen Transportweg und die damit verbundenen Emissionen sparen möchte.

Auch greife ich vermehrt zu Bio-Produkten. Diese sind zwar teurer, jedoch sind immer mehr Menschen dazu bereit, diese Kosten zu tragen, und auch die Supermärkte machen gezielt Werbung für ihre Bio-Produkte, wie z.B. Rewe (https://www.youtube.com/watch?v=yE0lSnF2Zfo/https://www.youtube.com/watch?v=W_sR6yIMMdQ). Dort steht aber immer das Gemüse und Obst im Mittelpunkt. Auch hier lässt sich wiederum erkennen, dass Fleisch und Nachhaltigkeit immer einen fahlen Beigeschmack haben.

Konsumiere ich tatsächlich Fleisch- und Wurst, beziehe ich dieses von unserem örtlichen Metzger oder sogar von unseren eigenen Kühen. Hierbei weiß ich, dass die Tiere auf Weideland, unter Berücksichtigung der höchsten ökologischen Standards, gehalten werden. Fleisch und Wurst vom Supermarkt in Plastik eingeschweißt kaufe ich schon seit Jahren nicht mehr. Auch innerhalb meiner Familie habe ich diesen Wandel angeregt. Bei uns wird mittlerweile weniger Fleisch gegessen und auch die Vielfalt an Speisen hat stark zugenommen. Allgemein achte ich inzwischen sehr auf meine persönliche Ökobilanz.

Dennoch fühle ich mich bei dieser Thematik ziemlich alleingelassen. Um das große Problem des Klimawandels zu bewältigen, reicht mein bescheidener Beitrag nicht aus. Es müssen tiefgreifende Änderungen stattfinden, in der Gesellschaft, in den Köpfen der Menschen und auch durch die Politik. Zunächst sollte die Politik die ökologische Landwirtschaft als Standard vorsehen und die landwirtschaftlichen Betriebe dahingehend unterstützen, dass sie diese Hürde auch finanziell meistern können.

Eine Preisanhebung bei tierischen Produkten könnte hier zum Beispiel Abhilfe schaffen. Dadurch würden die Produzenten höhere Einnahmen erzielen. Die Menschen würden Fleisch als das ansehen, was es für viele Menschen in der Welt noch immer ist, ein Luxusgut. Und tatsächlich muss ich sagen, dass das Leben eines Tieres zu beenden, um es zu verzehren, Luxus bleiben sollte. Damit das jedoch gelingt, muss ein Umdenken in den Köpfen der Menschen und in der Gesellschaft stattfinden.

Die Menschen müssen begreifen, dass hinter jeder Scheibe Wurst, hinter jedem Stück Fleisch, hinter jedem Liter Milch und hinter jedem Ei ein Tier steht, dessen einzige aktuelle Daseinsberechtigung darin besteht, uns die Produkte zu liefern. Die Menschen müssen begreifen, dass wir nicht den Planeten mit allen Lebewesen, die auf ihm beheimatet sind, beherrschen, sondern dass all das Leben in einem gefährlich instabilen Gleichgewicht zueinander steht. Wenn wir dieses Gleichgewicht aus der Bahn werfen, müssen wir uns nicht mehr überlegen, ob wir die Wurst für 38 Cent bei Lidl oder für 36 Cent bei Penny kaufen.

Das Umdenken muss stattfinden und zwar schnell. Es ist untragbar, dass Fleisch- und Milchprodukte global 83% aller landwirtschaftlichen Flächen verbrauchen und 60% der Treibhausgase der Landwirtschaft verursachen, obwohl sie nur 18% der Kalorien und 37% aller Proteine liefern (https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/umweltvergleich-vegan-vor-oeko-tierprodukten).

Der Klimawandel macht sich immer stärker bemerkbar. Natürlich ist das Thema Ernährung die persönliche Entscheidung jeder einzelnen Person, und ich glaube, in keiner anderen Thematik lassen sich die Menschen weniger gern maßregeln und einschränken. Nach wie vor ist das Essen für manche Menschen heilig. Es gibt auch jetzt schon aktuelle negative Auswirkungen, die wir spüren und die nachweislich durch die Viehzucht und den Fleischverzehr entstanden sind.

Eine dieser Auswirkungen spüren wir aktuell noch sehr stark beziehungsweise sie hat unser Leben die letzten zwei Jahre einschneidend geprägt. Die Covid-19 Pandemie ist nach aktuellen Vermutungen durch die Wildtiere auf dem Wildtiermarkt in Wuhan (China) verursacht worden (https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/wuhan-wildmarkt-hoechstwahrscheinlich-ursprungsort-zwei-neue-studien-a-40a533c6-c64f-40e2-ab45-918c60649b94). Diese Zoonose ist nicht die einzige in den letzten Jahren. So ist das erste SARS-Virus 2003 von Fledertieren und Schleichkatzen auf den Menschen übergesprungen oder die nach Corona wohl bekannteste Krankheit, die von Wildtieren, in diesem Fall von Affen, auf den Menschen übergegangen ist, das Aquired Immune Deficiency Syndrome besser bekannt als AIDS (Fleischatlas Heinrich-Böll-Institut 2021, S. 32).

Fleischverzehr beeinflusst also schon heute unser Leben. Daher muss die Politik handeln und Aufklärung betreiben, um den Fleischkonsum zu drosseln. Denn ökologische und nachhaltige Viehhaltung ist möglich und kann auch der Umwelt zugutekommen, wie zum Beispiel der Pastoralimsus. Diese Form der Viehhaltung beruht darauf, mit seinen Herden umherzuziehen; bei uns sind vor allem die Hirten mit ihren Schafen und Ziegen bekannt. Der Vorteil dieser Haltungsform ist, dass die Tiere und ihre Hirten mobil sind und daher Gebiete bewirtschaften, die sonst nicht anders genutzt werden können.

Diese Haltungsform ist vor allem in den kargsten, trockensten und kältesten Gebieten der Erde aufzufinden. Die bewirtschafteten Gebiete betragen dabei eine Fläche von 26 Millionen Quadratkilometern, also mehr Fläche als China, die USA und die EU zusammen. Auf den dortigen Gebieten werden neben Schafen und Ziegen auch Kamele, Rinder und Rentiere gehalten, welche frei umherziehen und von großer Bedeutung für die dort lebenden Menschen sind (Heinrich-Böll-Institut 2021, S. 20).

Jedoch können diese Arten der Viehhaltung nicht dieselben Produktionskapazitäten erfüllen wie die aktuelle industrielle. Um den Planeten und seine Bewohner zu schützen, muss deshalb der Fleischkonsum rapide gesenkt werden, und das auf ein Niveau, welches die nachhaltige Viehzucht bewältigen kann, ohne dass wir jeden Quadratzentimeter Land in Weideland verwandeln müssen. 

Literatur 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen