Donnerstag, 31. März 2022

Wie fair ist Fairtrade?

Seit einigen Jahren kann man immer mehr Fairtrade-Produkte in unseren Supermärkten finden. Die Produkte kann der Konsument an dem Fairtrade-Siegel erkennen und kauft sie auch deswegen. Wir assoziieren mit Fairtrade faire Arbeitsbedingungen, gerechte Bezahlung und auch einen nachhaltigen Anbau. In diesem Beitrag möchte ich folgende Fragen ansprechen: Was steckt hinter der Fairtrade-Bewegung? Inwieweit sind die Produkte nachhaltig? Wie fair ist Fairtrade wirklich?

Entwicklung des Fairtrade-Konzeptes

In den 70er Jahren wurde die Aufmerksamkeit immer mehr auf gerechte Bezahlung gelenkt. Initiativen entstanden, die Kleinbauern aus „Dritte-Welt-Ländern“ unterstützen sollten. Vor allem waren diese Initiativen von kirchlichen Organisationen geprägt, bis sie in die breite Öffentlichkeit übergingen. Weltläden oder Reformhäuser verkauften die Produkte zu Preisen, an denen auch die Produzenten verdienen sollten.

Weiterhin entstanden verschiedene Organisationen, die sich für den fairen Handel einsetzten. Die Max Havelaar Foundation in den Niederlanden wurde 1988 gegründet und ist heute noch eine der bedeutendsten Stiftungen in Bezug auf den fairen Handel. Die Stiftung hatte es sich zur Aufgabe gemacht, ein Siegel zu entwickeln, das Produkte zertifizieren sollte, welche die Fairtrade-Standards erfüllten.

Die GEPA (Gesellschaft zur Förderung der Partnerschaft mit der Dritten Welt) weitete die Produkte auf Bio- und Naturkostläden sowie auf den Einzel- und Großhandel aus, so dass die Konsumenten einen vermehrten Zugang zu fair gehandelten Produkten erhielten. Auch wurden Dachverbände wie die EFTA (European Fairtrade Association) und IF (International Federation of Alternative Trade) gegründet.

Zwischenzeitlich gab es rückläufige Verkaufszahlen in Bezug auf fair gehandelte Produkte. Um diese zu überwinden, wurde das Bedürfnis nach einem Gütesiegel immer stärker präsent, um den Verkauf am konventionellen Handel zu ermöglichen. In Deutschland brachte TransFair e.V. das erste deutsche Gütesiegel auf den Markt. (vgl. Claus 2018, S. 83)

Diese Initiativen führten zu einem Kontroll- und Zertifizierungssystem, mit dem garantiert wurde, dass die zertifizierten Produkte unter fairen Bedingungen produziert und gehandelt werden. Das Siegel machte es möglich, dass die fair gehandelten Produkte auch in Bioläden und über Einzelhandelsketten verkauft werden konnten. Das erste Produkt, das zertifiziert wurde, war Kaffee, es folgten weitere Produkte aus dem Landwirtschaftssektor (Kakao, Honig und Tee) (vgl. Claus 2018, S. 85).

Durch die Zunahme der Organisationen und die Ausweitung des Handels kam es zu dem Bedarf einer neuen Kontrollinstanz, ein Dachverband wurde benötigt. Es gründete sich NEWS (Network of European Worldshops) als Zusammenschluss von europäischen Weltläden. Zudem wurden in den 2000er Jahren die verschiedenen Fairtrade-Siegel zusammengenommen und man hat sich auf eines geeinigt.

WFTO (World Fair Trade Organisation) ging aus der IFAT und NEWS hervor. In der Organisation hat man sich auf 10 Prinzipien geeinigt, die als Standard gelten sollten. Die WFTO ist international aber vor allem im europäischen Raum wichtig. Die Siegelorganisationen schlossen sich bereits in den 90ern zusammen zur FI (Fairtrade Siegelling Organizations International) (vgl. Claus 2018, S. 86-88).

Situation der Kleinbauern

Kleinbauern in Südamerika, Indien oder Afrika erhalten Dumpinglöhne, damit wir hier unsere Lebensmittel billig kaufen können. Dabei bleibt ihnen nichts übrig, als den Ackerboden mit Pestiziden zu bearbeiten, damit sie schnell an eine Ernte kommen, um ihre bestehenden Schulden bezahlen zu können. Sie bearbeiten den harten Boden, welcher über wenig Wasser verfügt. Oft wird der Boden durch die Bearbeitung unbrauchbar und steht nicht für eine weitere Ernte zur Verfügung. Die Bauern verschulden sich weiter und es kommt zu einem Kreislauf voller Schulden und Armut.

Es ist eine „Landwirtschaft mit eingebauter Armutsgarantie“ (Kruchem 2013). Den Kleinbauern fehlen finanzielle Mittel und der Zugang zu einer entsprechenden Infrastruktur, um ihre Produkte an den Märkten verkaufen zu können (vgl. Claus 2018, S. 88). Auch die Arbeitsbedingungen sind in den Produktionsstätten oft sehr schlecht. Unter einer schlechten Bezahlung, keine Sozialleistungen, keine ärztliche Versorgung leiden die Produzenten, zudem verfügen sie über keinerlei Rechte wie Versammlungsfreiheit oder ein Mitbestimmungsrecht (vgl. Claus 2018, S. 97).

Fairtrade-Konzept

"Fair Trade is a trading partnership, based on dialogue, transparency and respect, that seeks greater equity in international trade. It contributes to sustainable development by offering better trading conditions to, and securing the rights of, marginalized producers and workers – especially in the South. Fair Trade Organisations have a clear commitment to Fair Trade as the principal core of their mission. They, backed by consumers, are engaged actively in supporting producers, awareness raising and in campaigning for changes in the rules and practice of conventional international trade." (WFTO 2022)

Diese Definition der WFTO stellt fest, dass Fairtrade von Kommunikation, Transparenz und auch Respekt geprägt ist. Bei Fairtrade geht es darum, mit den Produzenten zusammenzuarbeiten und ihnen bessere Konditionen zu ermöglichen. Das Konzept des Fairen Handels dreht sich dabei um die Hilfe zur Selbsthilfe. Die Organisationen versuchen, Produzenten die Hilfsmittel zu geben, um sich selbst zu helfen, damit ihre Arbeit und Produkte entsprechend entlohnt werden. Deshalb kann man drei wichtige Ziele verorten

  • Mach den Handel fair
  • Unterstütze kleine Produzenten und Arbeitnehmer
  • Eine nachhaltige Lebensgrundlage fördern

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das Konzept soziale, ökonomische und ökologische Standards zusammenbringt, die die Organisationen versuchen zu erfüllen (vgl. Claus 2018, S. 89).

Prinzipien

Der Faire Handel umfasst eine Vielzahl von Prinzipen. Zu den wichtigsten gehört der faire Mindestpreis und zusätzliche Prämien. Zusätzliche Prämien werden gezahlt, wenn die Produkte auf dem Markt höher gehandelt werden als der Mindestpreis. Das Geld wird in Gemeinschaftsprojekte wie die Errichtung von Schulen investiert. Des Weiteren legt Fairtrade Wert auf die Mitbestimmung und Mitwirkung der Produzenten und deren Weiterbildung. Sie versuchen eine langfristige Partnerschaft auf Kommunikation, Transparenz und gegenseitigen Respekt aufzubauen.

Außerdem setzten sie sich für die Einhaltung von Arbeitsschutzrechten ein und für das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, sodass menschenwürdige Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Auch versuchen sie mehr Gleichberechtigung in der Bezahlung von Männern und Frauen zu erreichen. Zudem wollen sie den ökologischen Anbau fördern. Um den Fairen Handel auch schon früh zu integrieren, setzen sie auf Bildungs- und Kampangenarbeit, um die dortige Bevölkerung darüber aufzuklären (vgl. Brot für die Welt 2022).

Um die Situation der Produzenten zu stärken ist es von Fair Trade vorgegeben, dass sich mehrere Kleinbauern zusammenschließen, damit sie sich untereinander austauschen und unterstützen können (vgl. Claus 2018, S. 89). An sich setzt sich das Konzept aus der Dimension der Ökologie (die Natur zu erhalten), Ökonomie (verantwortlicher Umgang mit Ressourcen) und Soziales (eine Gesellschaft, an der jeder aktiv teilhaben kann) zusammen (vgl. Claus 2018, S. 90).

Der Preis kommt zustande, indem ein Mindestpreis von Importorganisationen in den Industrieländern und von den Produzenten entwickelt wird. Die Kosten der Produzenten werden dabei betrachtet und entsprechend entlohnt. Der zusätzliche Gewinn wird als Prämie in ein gemeinwohlorientiertes Projekt investiert. Dabei ist wichtig, dass sich die Produzenten nicht schon vorab verschulden, weshalb Fairtrade eine Vorfinanzierung ermöglicht. Die Vorabbezahlung schafft die Möglichkeit, Saatgut und weiteres Material zu kaufen, sie müssen sich auf keine Kredite mit hohen Zinsen einlassen (vgl. Claus 2018, S. 92).

Damit die Produzenten langfristig ihre Produkte auf den Markt bringen können, werden Handelsbeziehungen geschaffen. Sie umgehen damit die Zwischenhändler und können ihre Ware direkt an die Importgesellschaften verkaufen. Auch untereinander können sich die Kleinbauern zusammenschließen, um ihre Erfahrungen zu teilen, einen Zusammenschluss zu bilden, um die Produkte zu verkaufen oder Geräte der anderen nutzen zu können (vgl. Claus 2018, S. 95).

Zudem möchten die Organisationen die Menschenrechte und weitere Rechte der Arbeiter fördern. Das Recht auf Versammlungsfreiheit, Recht zur kollektiven Verhandlungsführung, Verbot von Kinderarbeit und Zwangsarbeit oder Verbot von Diskriminierung. Hier wird auch die Gleichstellung von Mann und Frau in den Entwicklungsländern gefördert. Darunter kann man auch den Versuch verorten, die ungleiche Bezahlung abzuschaffen. Wichtig ist aber dabei zu beachten, dass Frauen und Männer, die den gleichen Beruf ausüben, meistens den gleichen Lohn erhalten. Allerdings gibt es große Differenzen zwischen den Berufen, so sind Berufe, die Frauen eher ausüben, schlechter bezahlt als die Berufe, die eher von Männern ausgeübt werden (vgl. Claus 2018, S. 97).

Die Prinzipien des Fairen Handels werden von einer Vielzahl an Organisationen unterstützt. Die größte europäische Organisation bildet die GEPA seit 1975. Die WFTO bringt die Mitglieder der Fairtrade-Handelskette zusammen, unter anderem ist die GEPA ein Teil der WFTO. Die WFTO hat eine Kommunikationsplattform errichtet, welche zum direkten Austausch von Erfahrungen dient. Zusätzlich ist die FI für das Fairtrade-Siegel verantwortlich, dieser Organisation untersteht auch die deutsche Organisation TransFair e.V. und weitere europäische Organisationen. Eine weitere wichtige Organisation bildet die EFTA, ihr gehören neun Importorganisationen aus acht europäischen Ländern an. Die Organisationen arbeiten zusammen, um Informationen auszutauschen, in einem Arbeitskreis (FINE), in welchem sie versuchen, einheitliche Kriterien zu schaffen und deren Umsetzung zu ermöglichen (vgl. Claus 2018, S. 104-108).

Produkte

Es gibt mittlerweile eine breite Palette an Fairtrade-Produkten in Europa. Unter anderem sind es Lebensmittel, Textilien, aber auch Kosmetika, Schmuck, Tourismus und vieles mehr. Auf den Weltmärkten sind diese Produkte Preisschwankungen ausgesetzt aufgrund von schwankender Nachfrage und durch ein schwankendes Angebot. Beispielsweise können Kaffeebauern erst nach einigen Jahren Erträge von neu angepflanzten Kaffeesträuchern erzielen, womit wiederum das Angebot steigt.

Durch Angebot und Nachfrage sowie auch durch Warengeschäfte und die Börse wird der Kaffeepreis festgelegt. Diese Schwankungen auf dem Weltmarkt haben Auswirkungen auf Länder wie Brasilien, wo Kaffee ein wichtiges Exportgut darstellt. Bei einer Missernte steigt der Kaffeepreis, da es ein geringeres Angebot gibt, die Kleinbauern erhalten somit mehr Geld, um in neue Sträucher zu investieren. Das Problem dabei ist, dass die Sträucher erst nach 3-5 Jahren geerntet werden können.

Wenn es aber zu viel Kaffee gibt, sinkt der Preis. Um Ressourcen zu sparen, werden Sträucher vernachlässigt und sterben ab. Das Angebot sinkt und der Preis steigt wieder. So bildet sich ein Teufelskreis aus Preisschwankungen und die Kleinbauern sind ihnen ausgesetzt. Dabei wird Kaffee oft überproduziert, sodass der Preis für Kaffee immer geringer wird. Um dem entgegenzuwirken, wird von verschiedenen Organisationen Billigkaffee zu reduzieren versucht.

Nicht nur Kleinbauern, sondern auch Plantagenarbeiter sollen von dem Konzept profitieren. Dabei sind vor allem demokratische Strukturen wichtig, damit die Arbeitenden miteinbezogen werden und mitbestimmen können.

„Gegenwärtig gibt es 1241 Produzentenorganisationen in 76 Ländern, die von der FI zertifiziert sind. Die Produzentenorganisationen verteilen sich auf die Regionen Lateinamerika (538), Afrika (299) und Asien (154). Weltweit gibt es 1,66 Millionen Produzenten, die im Fairtrade-System aktiv sind. Rund 81% der Produzenten sind Kleinbauern.“ (Claus 2018, S. 127)

Nachhaltigkeit

Das Konzept der Nachhaltigkeit ist nur erfüllt, wenn soziale und ökonomische mit ökologischen Zielen zusammen verfolgt werden. Zunächst hatte sich der Faire Handel lediglich auf die sozialen Bedingungen der Produzenten fokussiert. Da sich in den letzten Jahren aber deutlich die Klimakrise herauskristallisiert hat, kann man sich nicht nur einer der drei Dimensionen widmen. Die übermäßige Nutzung von Rohstoffen und der Ausstoß von Schadstoffen haben zu einer Überlastung geführt, die sich immer mehr bemerkbar macht. Somit muss die Produktion, aber auch unser Konsumverhalten aufgrund der starken Belastung unserer ökologischen Systeme neu definiert werden (vgl. Claus 2018, S. 67).

In diesem Wandel hat man auch weiterführende Richtlinien für die Produzenten festgelegt. Zum einen sollte der Einsatz von Chemikalien und genetisch veränderten Organismen im Anbau, der Wasserverbrauch und vieles mehr reduziert werden. Die Produkte an sich müssen nicht biologisch angebaut werden, weil dies einen großen Aufwand erfordert, aber es wird versucht, nach und nach den Anbau zu verändern (vgl. Claus 2018, S. 99).

Vor allem wird den Produzenten Wissen in Bezug auf Düngemittel vermittelt. Man will damit verhindern, dass umweltschädigende Düngemittel und Pestizide weiterhin eingesetzt werden. Organische Düngemittel sollen verwendet werden, die nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch kostengünstiger sind. Der Anreiz ist dabei, einen besseren Preis für die Produkte zu erzielen und dementsprechend den Anbau von weiteren umweltfreundlicheren Produkten auszubauen. Die Böden werden somit nicht mehr übersäuert. Zudem erhalten sie eine zusätzliche Prämie, wenn sie die biologischen Standards erfüllen. Die Bauern werden bei der Umstellung auf einen ökologischen Anbau von den Fairtrade-Organisationen unterstützt, dennoch kommt es bei der Umstellung zu weiteren Kosten, die nicht alle Produzenten tragen können (vgl. Claus 2018, S. 172-173).

Preis und Kaufverhalten

Ob ein Fairtrade-Produkt gekauft wird, hängt oft mit dem Preis zusammen. Zudem spielen beim Kauf Alter, Geschlecht und Einkommenshöhe eine wichtige Rolle. Einkommensschwächere können es sich oft nicht leisten, Fairtrade-Produkte zu kaufen. Der Preis wird von den unterschiedlichen Organisationen ermittelt. Die FI setzt den Preis aus den Kosten der nachhaltigen Produktion, direkten Fairtrade-Kosten, Marktdifferenz, Organisches Differenzial und der Fairtrade Investitionsprämie zusammen (vgl. Claus 2018, S. 119).

Die GEPA bildet die Preise, indem sie Produktions-, Verpackungs-, Service- und Transportkosten miteinrechnet. Zudem orientiert sie sich oft an den von der FI festgelegten Preise für die Produkte. Diese preislichen Festsetzungen können je nach Organisation variieren. Dabei beschränken sich Organisationen oft nur auf den Lebensmittelbereich und setzen die Preise nicht für andere Produkte fest, da es bei den anderen Produkten schwierig ist, einen festen Preis zu ermitteln (vgl. Claus 2018, S. 121-122).

Zwar haben die Fairtrade-Produkte in Supermärkten Einzug gehalten, sie machen aber immer noch einen kleinen Teil aus. Konsumenten, die auf den Preis der Produkte achten, sind nicht leicht zu überzeugen, etwas Teureres zu kaufen. Auch führen die verschiedenen Siegel von fairen, biologischen, nachhaltigen oder ethischen Produkten zur Verwirrung, da die Frage entsteht, ob nicht alles dasselbe ist (vgl. Claus 2018, S. 129).

Gütesiegel

Das Fairtrade-Siegel ermöglicht den Konsumenten, im Supermarkt zu erkennen, dass diese Produkte eine faire Bezahlung der Produzenten ermöglichen (vgl. Claus 2018, S. 21). In den europäischen Staaten kennen über 80% der Bevölkerung das Fairtrade-Siegel und über 85% ist es wichtig, Menschen in den Entwicklungsländern zu helfen. Die Konsumenten haben mit dem Kauf der Produkte das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, und deshalb spielt der höhere Preis bei einigen eine Nebenrolle (vgl. Claus 2018, S. 117-118).

Das heutige Fairtrade-Siegel wurde aus der Organisation Max Havelaar eingeführt. Die Organisation schloss sich 1997 zu dem Dachverband Fairtrade Labeling Organisation International (FOL) mit anderen Organisationen, z.B. mit der deutschen Organisation TransFair e.V., zusammen. Sie haben seit 2003 das gemeinsame Fairtrade-Siegel (Baake 2018).

Auch Mischprodukte können das Fairtrade-Siegel erhalten, wenn alle Zutaten, die aus Fairtrade Rohstoffen verfügbar sind, aus Fairtrade-Quellen bezogen werden (vgl. Claus 2018, S. 89). Zusätzlich müssen mindestens 20% der Zutaten des Endproduktes Fairtrade sein. Das bekannteste Siegel stellt in Deutschland folgendes Fairtrade Siegel dar.


Bei diesem Siegel wird garantiert, dass die Produkte zu 100% nachverfolgt werden können und dass sie zu 100% fair sind und den FI Standards entsprechen. Es gibt noch gewisse Abweichungen von dem Siegel in Bezug auf spezielle Produkte oder Mischprodukte. Das Siegel ist am ehesten auf Kaffee oder Obst zu finden. Es wird von der Deutschen Organisation TransFair verliehen (Fair Trade 2022).


Ein weiteres Siegel, welches den Fairen Handel auf Produkten kennzeichnet, ist das GEPA-Siegel. Die GEPA gründete unter anderen die World Fair Trade Organization mit, hat sich aber auch ihrer Prüfung unterzogen. Mit folgendem Siegel zeichnet die WFTO Unternehmen aus, die nachgewiesen haben, dass ihre Produkte die Kriterien des Fairen Handels erfüllen.

Es gibt noch einige weitere Siegel, die ein Fairtrade-Produkt kennzeichnen, aber auch andere Siegel, die zu erkennen geben, ob ein Produkt biologisch angebaut wurde. Diese Siegel sind aber im Bezug auf den Fairen Handel in Deutschland am relevantesten.

Verbesserungen des Fairtrade-Konzeptes

Wie schön auch das Konzept klingen mag, es gibt immer noch Probleme in den Fairtrade-Organisationen. Dabei fehlen vor allem einheitliche internationale Regelungen, die den Fairen Handel prüfen und vermeintliche faire Produkte vom Markt nehmen.

Durch den hohen Verkaufspreis gehen die Konsumenten davon aus, dass es sich bei den Fairtrade-Produkten um Qualitätsware handelt. Es kam die Kritik auf, dass der Mindestpreis ausgenutzt werden kann. Das Problem ist, dass die Fairtrade-Organisationen nur einen gewissen Anteil der Ware abkaufen können, den Rest der Ware müssen die Produzenten selbst auf dem Markt verkaufen.

Beispielsweise wird der gute Sack Kaffeebohnen zu einem höheren Preis auf dem freien Markt verkauft, wohingegen die Produzenten für den schlechteren Sack trotzdem den Mindestpreis erhalten. Der Vorwurf, dass Fairtrade-Organisationen ihre Waren nicht überprüfen, wird hierbei erhoben. Es kann also vorkommen, dass auch schlechte Bohnen unter dem Fairtrade-Siegel auf den Markt kommen und zu einem hohen Preis verkauft werden (Hansen 2015).

Produzenten erhalten nur eine Fairtrade-Kooperation, wenn sie sich an die Fairtrade-Standards halten. Um die Standards einzurichten, brauchen die Produzenten Geld, welches sie oft nicht haben. Die Folge ist, dass nicht diejenigen von dem Fairen Handel profitieren, die ihn am nötigsten haben. (vgl. Claus 2018, S. 171).

Viele Produzenten sind abhängig von einer langfristigen Kooperation mit einer Fairtrade-Organisation. So entsteht das Risiko, dass sich Kleinbauern nicht nach weiteren Kooperationsmöglichkeiten umschauen, da sie über den Fairen Handel hohe Gewinne erzielen können. Dies fördert wiederum das Abhängigkeitsverhältnis. Die Folge ist, dass nur eine Umverlagerung von Zwischenhändlern hin zu Fairtrade-Organisationen geschieht. Wenn die Kooperation zwischen den Produzenten und der Organisation aufgelöst werden sollte, besteht die Gefahr, dass der Produzent keine neue Kooperation eingehen kann (vgl. Claus 2018, S. 159).

Weiterhin wissen die Arbeiter oder Produzenten oft nicht, wie das Fairtrade-Konzept funktioniert. Deshalb sind weitere Bildungsmaßnahmen wichtig, um das Verständnis für das Konzept zu entwickeln (vgl. Claus 2018, S. 160). Kleinbauern sehen die Vorteile des Fairen Handels nur in Bezug auf die höheren Preise. Sie haben nicht ihre Rolle und ihre Verantwortung im Blick, welche sie mit einer Kooperation eingehen (vgl. Claus 2018, S. 169).

Des Weiteren ist es schwieriger für Außenstehende, eine Kooperation zu erhalten, da die Fairtrade-Organisationen auf langfristige Kooperationen bauen, anstatt immer wieder neue einzugehen. Hierbei stellt sich allgemein die Frage, ob die Organisationen ihre Kooperationen häufiger wechseln sollten, da sie nur bis zu einem gewissen Maß Kooperationen eingehen können. Demzufolge könnten mehr Produzenten von dem System profitieren und lernen, wie sie sich auf dem Weltmarkt behaupten können. Des Weiteren kann es sein, dass nur ein kleiner Teil der Produkte abgenommen werden kann und es zwischen den Produzenten so zu Konkurrenz und Isolation einzelner Produzenten kommen kann, wenn sie anstatt ihrer Konkurrenten die Kooperation erhalten.

Aus dem hohen Preis der Produkte ergeben sich nicht nur Vorteile für die Produzenten, auch Unternehmen machen sich das Fairtrade-Siegel zunutze. Da die Konsumenten oft nicht fragen, wieviel Prozent des Preises bei dem Produzenten ankommt, können Unternehmen einen höheren Preis festsetzen, den die Kunden bereit sind zu zahlen (vgl. Claus 2018, S. 165-166).

Grundsätzlich erhalten die Produzenten ein gesichertes Grundeinkommen, von dem sie leben können. Des Weiteren gibt es aber immer noch Fälle von Kinderarbeit, da es sich manche Familien immer noch nicht leisten können, auf das dabei verdiente Geld zu verzichten (vgl. Claus 2018, S. 165-166).

Aktuelle Situation

Der Faire Handel hat seit den 1970er Jahren zugenommen. Im Jahr 2021 haben laut einer Umfrage 7 von 10 Käufer:innen bereits fair gehandelte Produkte gekauft. So geben 18,5% an, mindestens einmal im Monat ein fair gehandeltes Produkt zu kaufen. Das klingt zunächst nach wenig, dennoch hat das Bewusstsein durch die Medien, aber auch durch Supermärkte und in anderen Bereichen zugenommen. Warum manche Menschen die Produkte nicht kaufen, liegt meistens immer noch am hohen Preis. Zudem werden die Produkte, wenn sie gekauft werden, immer weniger in Weltläden, sondern vielmehr in Supermärkten, Discountern oder Drogeriemärkten erworben.

Auch in der Politik wurde das Thema Fairer Handel in Bezug auf das Lieferkettengesetz die vergangenen zwei Jahre diskutiert. Das Gesetz soll Unternehmen dazu verpflichten, Menschenrechte in ihren internationalen Lieferketten einzuhalten. Es wurde 2021 verabschiedet.

Durch die Corona-Pandemie kam es zu einem Umsatzeinbruch im Jahr 2020, so nahm der Umsatz um 2,9% im Gegensatz zum Vorjahr ab. Insgesamt wurden 2020 in Deutschland 1.800 Mio. Euro erwirtschaftet. Der Rückgang war vor allem auf den Lockdown zurückzuführen, darunter litten vor allem faire textile Produkte.

Zu den meistverkauften Produkten gehört immer noch Kaffee mit 30% des Gesamtumsatzes. Dennoch hat auch hier die Pandemie den Rücklauf an Käufen angestoßen, unter anderem weil Cafés und andere Restaurants geschlossen hatten. Die Preissituation hat sich durch die Pandemie zusätzlich verschlechtert. Lieferanten haben aufgrund des Preisdrucks Aufträge unterhalb der Produktionskosten angenommen, um die Produkte verkaufen zu können. Produzenten, die nicht die Sicherheit des Fairtrade-Konzepts erfahren, mussten unter diesen Bedingungen besonders leiden.

Vor allem Unternehmen profitieren immer noch von Dumpinglöhnen, sie verdienen einen Großteil an der Ware anstatt der Produzenten. Sie besitzen die Macht, sich gegen die Produzenten durchzusetzen. Dadurch können sie Liefer- und Markteintrittskonditionen und Preise vorgeben. Deshalb wurde die Stimme laut, dass Dumpinglöhne verboten werden sollen. Es wurde ein Gesetz zur Stärkung der Organisationen und Lieferketten im Agrarbereich 2019 in der EU und 2021 als Gesetz in Deutschland eingeführt. Das Ziel dieses Gesetzes ist, Machtmissbrauch zu verhindern, es weist aber noch Schwächen auf, welche die Unternehmen weiterhin ausnutzen können (vgl. Bäthge 2021).

Fazit

Abschließend kann man festhalten, dass der Faire Handel die Situation der Produzenten in den Entwicklungsländern verbessern kann. Es gibt aber noch einige Ansatzpunkte, die der Faire Handel verbessern muss, damit sich langfristig für mehr Produzenten die Situation ändert. Dabei ist es wichtig, weiterhin auf Bildungsmaßnahmen zu bauen, so dass die Produzenten und Arbeiter von ihrer Verantwortung Gebrauch machen. Positiv hat sich Fairtrade vor allem durch die Gemeinwohlprämie in den Entwicklungsländern ausgezeichnet. Mit dem Bau von Schulen und ärztlicher Versorgung wird eine gute Grundlage für weitere Verbesserungen geschaffen.

Weiterhin wird immer mehr die Frage nach umweltfreundlichen Produkten stark. Eine Produktion, die nicht nur auf fairen Arbeitsbedingungen, sondern auch auf Umweltschonung basiert, sollte immer mehr ausgebaut werden. In diesem Bereich gibt es noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Die Gefahr besteht bei den zusätzlichen Kosten, dass die Bauern weiterhin an der konventionellen Anbauweise festhalten, obwohl diese nach und nach abgeschafft werden sollte.

Bei den langfristigen Kooperationen erhalten die Produzenten und Arbeiter ein gesichertes Einkommen und müssen sich um ihre Existenz keine Sorgen machen. Hier kann aber auch ein Abhängigkeitsverhältnis in Bezug auf die Organisation und den Produzenten entstehen, sodass die Produzenten nicht weiter gewillt sind, Verbesserungen vorzunehmen oder sich nach alternativen Kooperationen umschauen, die für sie besser wären.

Fairtrade hilft demnach, die soziale, ökonomische und ökologische Situation der Produzenten in den Entwicklungsländern zu verbessern. Das Konzept hat sich ausgehend von wenigen Weltläden stark ausgebreitet. Heute wissen sehr viele, für was das Fairtrade-Siegel steht und kaufen deshalb Fairtrade-Produkte. Somit kann man festhalten, dass Fairer Handel sich durchaus fair gegenüber den Produzenten verhält. Dennoch gibt es immer noch Verbesserungsmöglichkeiten.

Literaturverzeichnis

  • Baake, P.; Friedrichsen, J.; Naegele, H. (2018): „Soziale Nachhaltigkeitssiegel: Versprechen und Realität am Beispiel von Fairtrade-Kaffee“, DIW Wochenbericht, ISSN 1860-8787, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, online unter: http://dx.doi.org/10.18723/diw_wb:2018-48-1 
  • Claus, K.; von Hauff, M. (15.01.2018): „Fair Trade“, UVK Verlag, online unter: https://elibrary.utb.de/doi/book/10.36198/9783838549699 
  • Loske, D. (2017): „Hält Fairtrade was es verspricht? Eine wertschöpfungsorientierte Analyse der Fairtrade-Kaffee“, Supply Chain, ild Schriftenreihe der FOM, No. 57, FOM Hochschule für Oekonomie & Management, ild Institut für Logistik- & Dienstleistungsmanagement, Essen, online unter: https://www.econstor.eu/bitstream/10419/234142/1/FOM-ild-Schriftenreihe-Band-57.pdf 
  • Steinrücken, Torsten (2003): „Funktioniert fairer Handel? Ökonomische Überlegungen zum alternativen Handel mit Kaffee.“, Ilmenau. (= Diskussionspapier), online unter: https://www.db-thueringen.de/receive/dbt_mods_00004618# 

Internetquellen

  • Bäthge, S.; Fiedler, M.; Frank, K.; Fütterer, A.; Volland, M. (2021): “ Aktuelle Entwicklungen im Fairen Handel 2021“, online unter: Forum Fairer Handel: Aktuelle Entwicklungen im Fairen Handel 2021 (forum-fairer-handel.de) abgerufen am 30.03.2022
  • Brot für die Welt: „Wie fairer Handel zu einem würdevollen Leben beiträgt“, online unter: https://www.brot-fuer-die-welt.de/themen/fairer-handel/ abgerufen am 30.03.2022
  • Eatsmarter (27.12.2018): „Die wichtigsten Siegel für Fair-Trade-Produkte“, online unter: https://eatsmarter.de/gesund-leben/news/fair-trade-produkte abgerufen am 30.03.2022
  • Fair Trade: online unter: https://www.fairtrade-deutschland.de/ abgerufen am 30.03.2022
  • Fair Trade Siegel: „FAIRTRADE-Siegel; Auf einen Blick“, online unter: Fairtrade-Siegel: Fairtrade Deutschland (fairtrade-deutschland.de) abgerufen am 30.03.2022
  • Hansen, A (29.01.2015): „Das Geschäft mit dem schlechten Geschmack“, online unter: https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fwirtschaft%2F2015-01%2Ffairtrade-qualitaet abgerufen am 30.03.2022
  • Kampffmeyer, N.; Scherf, C.-S. (20.05.2020): „Nachhaltigkeitssiegel: Verbrauchertäuschung oder verlässliche Orientierungshilfe?“, online unter: https://gfzpublic.gfz-potsdam.de/pubman/faces/ViewItemOverviewPage.jsp?itemId=item_5002010 abgerufen am 30.03.2022
  • Kruchem, T. (30.11.2013): „Kleinbauern in Afrika. Kleinbauern mit Armutsgarantie“, online unter: https://www.deutschlandfunk.de/kleinbauern-in-afrika-landwirtschaft-mit-armutsgarantie-100.html abgerufen am 30.03.2022 
  • WFTO: “Definition of Fair Trade”, online unter: WHO WE ARE | World Fair Trade Organization (wfto.com) abgerufen am 30.03.2022
  • (2015): „Bewusst genießen: ökologischer Anbau, regionale Herkunft, fairer Handel.“, Erfurt: Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, online unter: https://www.db-thueringen.de/receive/dbt_mods_00033774 abgerufen am 30.03.2022

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