Freitag, 31. Oktober 2025

Hartmut Rosa über das gute Leben

Ein Beitrag von Theresa Klagholz

Wir alle streben nach dem guten Leben – einem Leben, das Sinn gibt, uns erfüllt und berührt. Doch was genau ist dieses gute Leben und warum scheint es in unserer modernen Welt beinahe unerreichbar? Mit diesen Fragen hat sich einer der bedeutendsten deutschen Soziologen, Hartmut Rosa, beschäftigt. Er fasst seine Erkenntnisse in einem Vortrag zusammen, um den es in diesem Text geht.

 

Der Vortrag ist in drei Teile gegliedert, die jeweils in einen strukturellen und einen kulturellen Aspekt untergliedert werden. Zunächst beschreibt Rosa das Weltverhältnis der Moderne auf struktureller Ebene. In diesem Zusammenhang spricht er von dynamischer Stabilisierung. Damit meint er, dass unsere Gesellschaft nur bestehen kann, wenn sie sich stetig steigert. Nur durch fortwährende Steigerung kann der Status quo erhalten werden.

Besonders deutlich sieht man das im Bereich der Wirtschaft. Kernmerkmal des kapitalistischen Systems ist Wachstum und Beschleunigung. Die Steigerungslogik, die sich in der Wirtschaft durch Gewinnmaximierung und Innovation ausdrückt, illustriert Rosa anhand der Marxschen Formel G–W–G′: Geld wird eingesetzt, um Waren zu kaufen, die anschließend weiterverkauft werden, um das Geld zu vermehren. Diese Logik liegt dem kapitalistischen System zugrunde.

Rosa verweist auch auf andere Bereiche, in denen sich dieselbe Steigerungslogik zeigt. So formuliert er die eigene Formel W–F–W′, was so viel bedeutet wie: Wissenschaft investiert in Forschung, um sich selbst zu erweitern. Diesem Beschleunigungszwang unterliegen alle gesellschaftlichen Bereiche – von der Wirtschaft über die Wissenschaft bis hin zur Kunst.

Doch Wachstum ist heute kein Ausdruck von Fortschritt mehr, wie es früher der Fall war, sondern eine Bedingung, um den Status quo zu erhalten. So hat diese Steigerungslogik, die alle gesellschaftlichen Bereiche durchdrungen hat, ihren Sinn verloren: Sie führt nicht zur Verbesserung, sondern dient nur noch dazu, nicht zurückzufallen.

Nun könnte man einwenden, dass dieser Beschleunigungszwang allein dem Kapitalismus zuzuschreiben sei. Doch hier kommt die zweite, die kulturelle Dimension ins Spiel: Auf kultureller Ebene argumentiert Rosa mit dem Konzept der Reichweitenvergrößerung. Diese sei ein natürliches menschliches Streben – der Wunsch, sich die Welt verfügbar zu machen. Er verdeutlicht dies am Beispiel der Mobilität: Wenn man als Kind das Fahrradfahren lernt, erschließt man sich eine neue Möglichkeit, die Welt eigenständig erfahrbar und somit auch erreichbar zu machen. Mit dem Moped und Auto vergrößert sich die eigene Weltreichweite immer weiter. Das reicht bis zum Flugzeug, das selbst ferne Orte zugänglich und somit verfügbar macht.

Ähnlich ist es mit der Technik: In einer zunehmend digitalen Welt können wir uns die Welt durch Geräte wie das Smartphone verfügbar machen. Eine mit entscheidende Rolle spielt dabei das Geld, das als eine Art „Zaubermittel“ fungiert, um Welt verfügbar zu machen. Dieser unwiderstehliche Reiz der Reichweitenvergrößerung ist eine anthropologische Konstante, die in Wechselwirkung steht mit der strukturellen Konstante der dynamischen Stabilisierung.

Doch die Steigerungslogik hat auch Nebenfolgen. Rosa spricht hier von einer Desynchronisation auf struktureller Ebene. Nicht alles lässt sich gleich schnell beschleunigen, manches kann nicht im Tempo der Moderne mithalten und wird dadurch abgehängt. Ein Beispiel ist die Natur: Sie ist „zu langsam“, weshalb wir eine ökologische Krise erleben. Die Natur kann sich nicht so schnell regenerieren, wie sie genutzt wird. Daraus ergibt sich auch die Klimakrise, da die Erdatmosphäre nicht so viele Treibhausgase aufnehmen kann, wie wir produzieren.

Auch die Demokratie mit ihren längeren Entscheidungsprozessen braucht länger Zeit, als ihr durch die schnelle Geschwindigkeit der wirtschaftlichen Entwicklungen zur Verfügung steht. Sie kann nicht mithalten, es entsteht eine Demokratie-Krise. Selbst innerhalb der Wirtschaft kommt es zur Desynchronisation: Finanzmärkte können binnen Sekundenbruchteilen hohe Geldsummen verschieben, während die Realökonomie nicht in diesem Tempo folgen kann.

Auf kultureller Ebene führt Rosa weitere Nebenfolgen an, die er unter dem Stichwort Entfremdung zusammenfasst. Die Logik der Reichweitenvergrößerung bewirkt paradoxerweise das Gegenteil: Statt, dass die Welt verfügbarer wird, wird sie unverfügbar und fremd. Dies zeigt sich etwa in der Klimakrise, bei der z.B. Gletscher schmelzen und uns buchstäblich Welt verloren geht. Gleichzeitig fühlen sich Menschen zunehmend überfordert. Nicht zufällig spricht man von der Psycho-Krise (burn-out). Der Mensch entfremdet sich durch Überforderung und Kontrollverlust, er wird nicht mehr berührt und die Welt weicht zurück. Rosa spricht hier von einer schweigenden Welt. Statt sich die Welt verfügbar zu machen, kommt es zu einem Weltverlust. 

Rosa erkennt die negativen Folgen des modernen Weltverhältnisses und stellt diesem ein alternatives gegenüber: Auf struktureller Ebene spricht er von adaptiver Stabilisierung. Das bedeutet, Steigerung soll nur noch dort stattfinden, wo sie tatsächlich Verbesserung bewirkt, z.B. im Kampf gegen Hunger oder Krankheiten, nicht aber, um bloß den Status quo zu sichern.

Auf kultureller Ebene prägt Rosa den Begriff der Resonanz als Gegenbegriff zum steigerungsorientierten Weltverhältnis. In der Beziehung zur Welt gehe es nicht um Anerkennung, sondern um das Andere der Entfremdung. Resonanz ist für Rosa kein emotionaler Zustand, sondern abhängig von fünf Kenrmerkmalen:

  • Der Mensch muss von etwas berührt, erreicht oder bewegt werden.
  • Er muss darauf antworten.
  • Nur wenn dabei eine Transformation und Veränderung stattfindet, also wenn man spürt „ich bin jetzt jemand anderes“, kann Resonanz gelingen.
  • Resonanz ist nicht systematisch herstellbar, weder erzwingbar noch steigerbar. Resonanz bleibt unverfügbar.
  • Sie entsteht nur unter bestimmten Voraussetzungen, wenn man verletzbar wird und sich darauf einlässt, nur dann bildet sich ein sogenannter Resonanzraum.

Rosa ist überzeugt: Eine Gesellschaft kann nur dann ein gutes Leben führen, wenn viele Resonanzmöglichkeiten im Leben bereitstehen. Doch wie kann Politik dazu beitragen? Klar ist, Politik kann die Kernmerkmale – Berührung, Antwort, Veränderung und Unverfügbarkeit – nicht direkt steuern oder beeinflussen, doch sie kann Rahmenbedingungen und Resonanzräume schaffen und fördern, in denen Resonanz möglich wird.

So könnte etwa in der Bildungspolitik die Rückkehr von G8 zu G9 Schülerinnen und Schüler entlasten, ihnen mehr Zeit und Raum für echte Erfahrungen geben und damit Resonanzmöglichkeiten schaffen. Auch politische Reformen wie eine Wirtschaftsdemokratie oder ein bedingungsloses Grundeinkommen könnten der Gesellschaft ingesamt Raum geben, zu reagieren, sich berühren zu lassen, sodass es möglicherweise zu mehr Resonanz kommen kann. Nur dann, so Hartmut Rosa, ist ein gutes Leben möglich.

Samstag, 25. Oktober 2025

Nachhaltigkeit: Individuelle Verantwortung und (konsum)gesellschaftliche Muster

Ein Beitrag von Anh Tran

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich unsere Gesellschaft zunehmend zu einer Konsumgesellschaft entwickelt. Materieller Wohlstand und ständiger Konsum prägen seither den Alltag vieler Menschen. Immer häufiger werden Produkte gekauft, die nicht wirklich benötigt werden, oft aus dem Wunsch heraus, gesellschaftlichen Trends zu folgen.

Mit der fortschreitenden Globalisierung und der zunehmenden Vernetzung durch digitale Technologien hat sich dieses Konsumverhalten weiter verstärkt. Waren und Dienstleistungen werden international gehandelt, wodurch der ökologische Fußabdruck maßgeblich gewachsen ist. In Anbetracht des Klimawandels, der Ressourcenknappheit und der Konsumgesellschaft stellt sich die Frage, wie nachhaltiges Handeln im Alltag gelingen kann.

Nachhaltig zu leben bedeutet weit mehr, als lediglich auf Fleischkonsum zu verzichten oder wiederverwendbare Produkte zu nutzen. Es geht vor allem darum, so zu handeln, dass die Bedürfnisse künftiger Generationen nicht beeinträchtigt werden und ökologische, soziale und ökonomische Aspekte im Einklang stehen.

Ein guter Anfang ist der Blick auf den eigenen Alltag: Ist es wirklich notwendig, mit dem Auto in die Stadt zu fahren oder kann ich auch mit dem Fahrrad fahren, um weniger Treibhausgasemissionen auszustoßen? Schon solche kleinen Veränderungen können den individuellen ökologischen Fußabdruck deutlich verringern und langfristig zu umweltfreundlicheren Lebensweisen beitragen. Des Weiteren spielt die Nachhaltigkeit auch beim Einkaufen eine zentrale Rolle. Wer regionale und saisonale Produkte einkauft, unterstützt nicht nur die heimische Wirtschaft, sondern verhindert auch lange Transportwege.

Allerdings fördert in einer globalisierten Welt das aktuelle Wirtschaftssystem, geprägt vom Neoliberalismus, stetiges Wachstum und Konkurrenz. Diesbezüglich steht dieses Denken im Widerspruch zu echter Nachhaltigkeit. Politische Entscheidungen orientieren sich oft an kurzfristigen ökonomischen Interessen statt am ökologischen Wohlstand. Aufgrund dessen bleibt Nachhaltigkeit häufig ein schönes Ideal, das in der Realität schwer umzusetzen ist.

Ein Gegenentwurf zu dieser Wachstumslogik stammt von der britischen Ökonomin Kate Raworth. In ihrem Modell der Donut-Ökonomie entwirft sie ein Konzept, wie Wirtschaft und Nachhaltigkeit miteinander vereinbar sein können. Das Modell wird sinnbildlich als Donut dargestellt. Der innere Ring symbolisiert das soziale Fundament. Jeder Mensch soll Zugang zu ausreichend Nahrung, Wasser, Bildung, Gesundheit, Einkommen und Gleichberechtigung haben. Der äußere Ring markiert die planetaren Grenzen: Klimawandel, Artensterben, Umweltverschmutzung oder Übernutzung von Böden dürfen nicht überschritten werden. Zwischen diesen beiden Ringen befindet sich das Gleichgewicht, in dem soziale Bedürfnisse erfüllt sind, ohne die ökologische Stabilität des Planeten zu gefährden.

Angesichts der globalen Herausforderungen wurden auf internationaler Ebene zahlreiche Lösungsansätze entwickelt. Ein zentrales Beispiel ist das Pariser Abkommen, in dem sich die teilnehmenden Staaten verpflichtet haben, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur unter 2 Grad Celsius auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Ein weiteres Beispiel zeigt sich mit der Agenda 2030. Damit haben die Vereinten Nationen 17 Sustainable Development Goals (SDG) verabschiedet mit dem Ziel, die Armut zu bekämpfen, Bildung zu fördern, Gleichberechtigung zu stärken und den Klimawandel einzudämmen. Sie verdeutlichen, dass Nachhaltigkeit mehr bedeutet als Umweltschutz, denn sie ist eine globale Aufgabe, die wirtschaftliche Fairness, soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung miteinander verbinden muss.

Doch nachhaltiges Handeln verlangt mehr als politische Programme. Es fordert ein Umdenken in unseren Werten, weg von kurzfristigem Konsum, hin zu einem bewussteren, verantwortungsvolleren Lebensstil. Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern eine Haltung, und wenn man sie konsequent zu Ende denkt, ist sie sogar ein radikales Konzept. Denn sie stellt die Art infrage, wie wir leben, arbeiten und wirtschaften. Letztendlich zeigt sich, dass jede Entscheidung, die wir im Alltag treffen, ob beim Essen, beim Einkauf oder in der Mobilität, Auswirkungen hat auf unsere Umwelt.

Freitag, 24. Oktober 2025

Grundlegendes zum Nachhaltigkeitsseminar

Ein Beitrag von Alia Negendank

Wie können wir ein gutes Leben führen, ohne die natürlichen Grundlagen unseres Planeten zu zerstören? Um dieser Frage nachzugehen, beschäftigen wir uns im Seminar "Nachhaltigkeit: Klima, Wachstum, und das gute Leben" mit 3 Themenkomplexen.

  • Teil 1: Das gute Leben - hier geht es darum, was Menschen brauchen, um ein erfülltes Leben zu haben. Dabei steht im Mittelpunkt Glück, Resonanz, Beziehungen und Basisgüter.
  • Teil 2: Problemdiagnose - hier beschäftigen wir uns mit den Themen Wachstumsfixierung, Ungerechtigkeit, Artensterben, mit Problemen der Umweltpolitik und mit zwei zentralen Konzepten zur Charakterisierung unserer Gesellschaft: Konsumgesellschaft und Externalisierungsgesellschaft.
  • Teil 3: Lösungsansätze - nach der Diagnose betrachten wir Wege in eine nachhaltige Zukunft. Wir schauen uns dafür unterschiedliche Ansätze an: EU-Emissionshandel, den Green New Deal, den Schutz von Mooren und Wäldern oder technologische Ideen wie Geoengineering.

Begriff Nachhaltigkeit: Der Begriffsursprung stammt aus der Forstwirtschaft zu Beginn des 18. Jahrhunderts von Hans Carl von Carlowitz. Er wollte nicht mehr Holz schlagen, als nachwächst. Damit legte er den Grundstein für Nachhaltigkeit, da er erkannte, dass der Wald dauerhaft bestehen muss.

Was ist eine nachhaltige Gesellschaft? Unser zentrales Ziel ist eine nachhaltige Gesellschaft. Aber was heißt das überhaupt? Eine nachhaltige Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich selbst erhalten kann. Das bedeutet, sie besteht über einen längeren Zeitraum und die Ressourcen werden schonend genutzt. Der richtige Umgang mit Müll, die Wiederverwendung von Ressourcen (Recycling, Upcycling...) spielen hierbei eine wichtige Rolle. Nachhaltigkeit ist mehr als nur ein Trend – sie ist ein radikales Konzept. Eine nachhaltige Gesellschaft denkt an zukünftige Generationen, denn Nachhaltigkeit ist ein intergenerationelles Konzept. Wir müssen verantwortungsvoll handeln und dafür sorgen, dass die zukünftigen Generationen ein gutes Leben führen können. Dies wurde auch im Brundtland-Bericht 1987 „Our Common Future“ so das erste Mal international definiert und bildet seither die Grundlage.

Donut-Ökonomie: Kate Raworth visualisierte erstmals das Prinzip einer nachhaltigen Gesellschaft (Grafik siehe hier, weitere Informationen hier). Das Modell besteht aus zwei Kreisen ähnlich wie ein Donut. Der innere Kreis steht für das soziale Fundament. Er beschreibt, was Menschen für ein gutes Leben brauchen - dazu zählt Nahrung, sauberes Wasser, Bildung, Gesundheit und Einkommen. Der äußere Kreis befasst sich mit ökologischen Grenzen des Planeten. Er zeigt die Belastungsgrenze, die wir nicht überschreiten dürfen. Themen wie Klimawandel, Artenvielfalt und Wasserverschmutzung spielen hierbei eine Rolle. Das Ziel der Donut-Ökologie ist es, innerhalb beider Ringe zu bleiben.

Warum funktioniert nachhaltige Entwicklung in der Realität oft nicht? Die Ziele sind klar, doch in der Praxis stoßen wir auf mehrere Hindernisse. Ein zentraler Punkt ist, dass wir sehr wachstumsfixiert sind und viel zu viele Güter konsumieren. Viele Menschen konsumieren weit mehr Güter als sie brauchen. Der Wunsch nach Wohlstand und gutem Leben führt dazu, dass materielle Gegenstände einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft haben. Heutzutage ist es fast schon ein Trend, immer das neueste Handy oder die angesagtesten Klamotten zu haben. Diese Konsumgüter verschaffen uns einen gewissen Status in der Gesellschaft.

Ein weiteres Problem liegt bei der Verteilung der Verantwortung. Die meisten Mensch sehen die Verantwortung nicht bei sich. Sie denken: „Wenn ich allein mein Verhalten ändere, etwa aufs Fahrrad umsteige, während alle anderen weiterhin das Auto nutzen, bringt das nichts.“ Aus diesem Grund handeln sie nicht nachhaltig, sondern passen sich dem Verhalten der Mehrheit an. Hinzu kommt, dass nachhaltiges Handeln oft keine sofortige Belohnung bringt. Die positiven Auswirkungen zeigen sich meist erst nach vielen Jahren, was es schwierig macht, sich schon heute dafür zu engagieren.

Solange wir in der individuellen Verantwortung verharren, wird sich nichts ändern. Denn die individuelle Verantwortung reicht nicht aus, um das große Ganze zu verändern. Hier kommt die Klimapolitik ins Spiel, denn wirkliche Veränderungen sind nur auf politischer Ebene möglich. Doch auch hier stoßen wir leider auf einige Hindernisse. Es bleibt wenig Aufmerksamkeit und Zeit für Nachhaltigkeit, denn oft gibt es andere Probleme die als wichtiger empfunden werden. Außerdem verursacht Nachhaltigkeit einige Kosten, die niemand übernehmen möchte. Viele Politiker fürchten, dadurch unpopulär zu werden und so Stimmen zu verlieren und nicht wiedergewählt zu werden.

Abschließend wird deutlich, dass Nachhaltigkeit weit mehr bedeutet als nur Umweltschutz. Sie fordert ein Umdenken in unserem Verhalten, unserem Konsum und unserer Vorstellung von Wohlstand. Wenn wir lernen, achtsam mit Ressourcen umzugehen und soziale, ökologische und wirtschaftliche Aspekte miteinander zu verbinden, können wir eine lebenswerte Zukunft gestalten. Ein gutes Leben ist dann möglich, wenn es nicht auf Kosten anderer Menschen oder der Natur geht.

Donnerstag, 23. Oktober 2025

Nachhaltigkeit ist mehr als ein Trend

Ein Beitrag von Laura-Sophie Hägenläuer

"Gemeinsam machen wir Nachhaltigkeit zur normalsten Sache der Welt." Dieser Satz aus der Aldi-Werbung klingt zunächst inspirierend, aber was steckt wirklich dahinter? Ist Nachhaltigkeit heute mehr als ein Label, das man auf die Verpackung druckt? Heute hatte ich an der Uni ein spannendes Seminar über das Thema Nachhaltigkeit. Anfangs dachte ich, es geht nur um den Umweltschutz. Doch schnell wurde klar, dass der Begriff weit über reinen Umweltschutz hinausgeht. Aber was heißt es eigentlich, nachhaltig zu sein?

Der Begriff Nachhaltigkeit stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft aus dem Jahr 1713. Geprägt wurde er von Hans Carl von Carlowitz, der das Prinzip formulierte, nur so viel Holz zu schlagen, wie auch wieder nachwächst. Zu dieser Zeit wurde das Holz insbesondere zum Heizen und Verhütten verwendet. Durch den steigenden Bedarf wurden jedoch immer mehr Wälder abgeholzt, sodass die Bestände stark zurückgingen. Carlowitz wollte dem entgegenwirken und forderte eine nachhaltige Nutzung des Waldes. Um die Versorgung in der Zwischenzeit zu sichern, griff man zusätzlich auf Kohle als Energiequelle zurück.

Während Hans Carl von Carlowitz mit seinem Prinzip vor allem den Erhalt natürlicher Ressourcen, insbesondere der Wälder, im Blick hatte, greift der Brundtland-Bericht von 1987 diese Idee auf und führt sie weiter. Aus dem Gedanken der reinen Ressourcenschonung wird ein umfassender Ansatz: „sustainable development“, also nachhaltige Entwicklung.

„Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.“ (Brundtland-Bericht)

Damit verschiebt sich der Fokus von einem Prozess, der darauf abzielt, Bestehendes zu bewahren, hin zu einem Prozess, der auf Veränderung, Weiterentwicklung und die nachhaltige Gestaltung der Zukunft gerichtet ist. Nachhaltigkeit bedeutet also im Grunde viel mehr: Sie ist ein ganzheitliches Konzept, das immer Ökologie, Ökonomie und Soziales gemeinsam in den Blick nehmen sollte. Doch wie hat sich diese Idee auf internationaler Ebene durchgesetzt?

Der Begriff der ,,nachhaltigen Entwicklung“ erhielt durch die Rio-Konferenz („Erdgipfel“) 1992 erstmals eine klare politische Bedeutung. In Rio wurde das Konzept der nachhaltigen Entwicklung als internationales Leitbild anerkannt (siehe: https://www.bmz.de/de/service/lexikon/un-konferenz-fuer-umwelt-und-entwicklung-rio-konferenz-1992-22238).

Ein weiterer Meilenstein, um die Idee auf internationaler Ebene durchzusetzen, war das Pariser Klimaabkommen von 2015. Hier verpflichteten sich fast alle Staaten der Welt, den Klimawandel einzudämmen. Im Mittelpunkt steht das sogenannte 1,5-Grad-Ziel: Staaten wollen die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzen (siehe: https://www.bmz.de/de/service/lexikon/klimaabkommen-von-paris-14602).

Eine anschauliche Vorstellung davon, wie eine nachhaltige Gesellschaft aussehen könnte, liefert Kate Raworth mit ihrem Konzept der „Donut-Ökonomie“:

Donut-Ökonomie von Kate Raworth: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Doughnut_(economic_model).jpg

Der Innenring des Donuts steht für das soziale Fundament, also die grundlegenden Bedürfnisse der Menschen, wie z.B. Wohnen, Wasser, Bildung oder Gesundheit. Der Außenring markiert die planetaren Grenzen, die die Erde nicht überschreiten darf. z.B. beim Klimawandel. Der Bereich dazwischen, der sogenannte „sichere und gerechte Raum“, zeigt den Spielraum, in dem Menschen gut leben können: Hier sind die Grundbedürfnisse erfüllt, ohne dass die ökologischen Grenzen überschritten werden.

Doch was in der Theorie so leicht klingt, ist in der Praxis leider nicht immer so einfach umzusetzen. Obwohl viele Menschen in Deutschland die Möglichkeit hätten, nachhaltig zu leben, sind sie weiterhin in einem übermäßigen Konsumverhalten gefangen. Niemand von uns braucht ständig das neueste iPhone oder jeden Monat ein neues Paar Schuhe. Doch obwohl wir die Folgen unseres Konsums kennen, handeln wir oft nicht danach.

Zusammenfassend möchte ich dazu anregen, dass jede*r sein Konsumverhalten überdenken sollte! Auch kleine Taten bewirken Großes: Wenn wir zum Beispiel weniger Plastik verwenden oder mit dem Fahrrad zur Uni fahren, können wir gemeinsam die Welt nachhaltiger gestalten.