Freitag, 10. Juni 2022

Photovoltaik: mit der PV-Pflicht hin zur Klimaneutralität?

‚In erneuerbaren Energien liegt unsere Zukunft‘: so lauten seit einigen Jahren die Schlagzeilen verschiedenster Tageszeitungen, die immer wieder über die Möglichkeiten von Sonnen- und Windenergie berichten. Im Bereich der erneuerbaren Energien nimmt Photovoltaik inzwischen eine führende Rolle ein. So kann dieser Prozess folgendermaßen beschrieben werden:

„Als Photovoltaik wird der Zweig der Energietechnik bezeichnet, der sich mit der Umwandlung von solarer Strahlungsenergie (Photonen) in elektrische Energie beschäftigt. Mit der Nutzung der Photovoltaik als erneuerbare Energiequelle werden viele positive Aspekte assoziiert. So stellt die Sonne eine für den Menschen unerschöpfliche Energiequelle dar. Die Strahlungsenergie der Sonne ist ein sogenanntes freies Gut, das heißt, sie steht jedem jederzeit kostenfrei zur Verfügung.“ (Dengler 2012, S.14)

Auch hinsichtlich der Reduzierung der CO2-Emissionen ist Photovoltaik als alternative, erneuerbare Energie von besonders großer Bedeutung. Die Nutzung von eigens auf dem Dach produziertem Solarstrom statt herkömmlich erzeugtem Strom trägt zudem zur Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen und damit zur Minderung der Folgen des Klimawandels bei. Somit hat die Nutzung der Photovoltaik also auch direkte Auswirkungen auf die Bekämpfung der Klimakatastrophe (vgl. Dengler 2012, S.13).

Diese Erkenntnisse kamen inzwischen auch in Politik und Wirtschaft an und so wurde bereits bundesweit festgelegt, dass alle Neubauten ab dem 1.1.2023 den bisher höchsten Energiestandard ‚EH-55‘ erfüllen müssen. Das bedeutet, dass ein neu gebautes Gebäude nur noch rund 55 Prozent der herkömmlichen Energie eines normalen Hauses verbrauchen darf. Geplant ist, dass ab dem Jahr 2025 die Regeln noch weiter verschärft werden: Dann gilt ‚EH-40‘. Er sieht dementsprechend vor, dass die Neubauten nur noch maximal 40 Prozent der Energie eines Standardgebäudes verbrauchen dürfen. Die Regulierung des Energieverbrauchs von Neubauten soll dabei den Grundstein für weitere Maßnahmen legen (vgl. Schlitt 2021).

Ziel der Etablierung von Photovoltaik-Anlagen sollte zudem vor allem sein, den eigens erzeugten Sonnenstrom auch selbst zu verbrauchen, um sich von den steigenden Strompreisen unabhängig zu machen. Dafür lohnt sich der Einsatz von Batteriespeichern, welche die überschüssige Sonnenenergie für den Gebrauch zuhause zwischenspeichern. So kann man die Energiekosten direkt senken und zudem auch indirekt etwas für das Klima tun. Die Unabhängigkeit von Energiepreisen rückt zudem seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine immer mehr in den Fokus, weshalb die EU-Kommission keine Anstrengungen scheut, um von russischer Energie unabhängig zu werden.

Solar-Offensive in Baden-Württemberg

Seit dem 1. Mai 2022 gilt die Photovoltaik-Pflicht (kurz: PV-Pflicht) für neue Wohngebäude, ab Januar 2023 greift diese auch bei allen grundlegenden Dachsanierungen (vgl. BW.de 2021). Die baden-württembergische Umwelt- und Energieministerin Thekla Walker unterstreicht den Nutzen und die dringende Notwendigkeit dieser Photovoltaik-Pflicht:

„Nur mit enormen und gemeinsamen Kraftanstrengungen wird es uns gelingen, die Klimakrise zu stoppen und uns aus der Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle zu lösen. Wie wichtig das ist, hat uns der brutale russische Angriff auf die Ukraine schmerzhaft vor Augen geführt. Unser vorrangiges Ziel muss der schnelle Ausstieg aus den fossilen Energieträgern und der massive Ausbau der erneuerbaren Energien sein“ (BW.de 2021).

Baden-Württemberg hat sich mit dem Klimaschutzgesetz 2021 das Ziel gesetzt, durch das Reduzieren der Treibhausgas-Emissionen einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und zudem zu einer nachhaltigen Energieversorgung beizutragen. Dafür sei die PV-Pflicht unabdingbar (vgl. BW.de 2021). Ministerin Walker sagt dazu:

„Sonnenstrom ist schon heute die Stütze der Energiewende in Baden-Württemberg und wir nehmen hier bereits heute bundesweit eine Spitzenposition ein“ (ebd.).

Das kleine Kraftwerk auf dem Hausdach helfe dabei nicht nur dem Klima, sondern spare am Ende auch noch Geld (vgl.ebd.), denn: „Für die Photovoltaik gilt grundsätzlich: Je mehr Sonne scheint, desto höher ist der Solarstromertrag“ (Dengler 2012, S. 39). Da Baden-Württemberg jährlich mit mehr als 2.000 Sonnenstunden verwöhnt wird, soll nun die PV-Pflicht dazu beitragen, das Sonnen-Potenzial im ‚Ländle‘ besser auszuschöpfen und die Energiewende zu fördern.

Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen hatten ab spätestens 2023 eine Solarpflicht für Gebäude vereinbart. Auch in mehreren anderen Bundesländern wie Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen oder Bayern gelten schon ähnliche Varianten, welche sich allerdings lediglich auf Gewerbe- und Parkplatzflächen beziehen. Die Stadt Waiblingen in der Nähe der Landeshauptstadt Stuttgart war auf kommunaler Ebene im Jahr 2006 der erste deutsche Vorreiter, der eine Solarpflicht für Neubauten einführte. Seitdem sind immer mehr Städte diesem Vorbild gefolgt: bekanntestes Beispiel Tübingen (vgl. Gonschor 2022).

Vor allem Bauträger und private ‚Häuslebauer‘ stehen der Solarpflicht jedoch kritisch gegenüber, da sie die zusätzlichen Investitionskosten scheuen. Dabei wird allerdings meist vergessen, dass die Installation einer solchen PV-Anlage und die daraus resultierende Ersparnis bei den Stromkosten auch weitere finanzielle Vorteile mit sich bringt (vgl. ebd.): „Von der größeren Unabhängigkeit und dem aktiven Beitrag zum Klimaschutz mal ganz zu schweigen“ (ebd.).

Wenn Deutschland seine selbst gesteckten Klimaziele noch erreichen möchte, so müsste beim Photovoltaik-Ausbau jetzt gehörig Tempo aufgenommen werden (vgl. Gonschor 2022). Die aktuell regierende Ampel-Koalition möchte deshalb nach eigenen Angaben bald eine „bundesweite Solarpflicht für Photovoltaik auf gewerblichen Neubauten“ (Gonschor 2022) einführen. Eine Regelung auf Bundesebene hätte den großen Vorteil, dass man sich in ganz Deutschland an einheitlichen Maßnahmen orientieren würde und Solar so deutlich schneller und vor allem unkomplizierter ausbauen könnte (vgl.ebd.). Baden-Württemberg als Vorbild zeigt, dass verbindliche Photovoltaik-Anlagen für Neubauten die ersten wichtigen Schritte hin zu unabhängigen Stromerzeugern und vor allem zu nachhaltigem, klimafreundlichem Bauen sind.

Quellen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen