Mittwoch, 11. Mai 2022

Nachhaltiges Bauen

Energieeffizient und ressourcenschonend

Der besonders sparsame Umgang mit Energie und auch Rohstoffen ist angesichts der weltweiten Ressourcenknappheit eine der drängendsten Herausforderungen in unserer heutigen Zeit. Auf dem Weg zu einer gerechteren und umweltverträglicheren globalen Entwicklung steht Deutschland vor großen Aufgaben und hat sich daher ambitionierte Ziele gesetzt. Diese sind in der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie festgehalten. Angestrebt wird unter anderem ein nahezu klimaneutraler Gebäudebestand bis zur Mitte des Jahrhunderts. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn Gebäude schon heute nachhaltig, also energieeffizient und klimagerecht, geplant und gebaut werden.

Die Bauwirtschaft stellt einen besonders ressourcenintensiven Wirtschaftszweig dar. Etwa 14 Prozent der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland stammen aus dem Gebäudesektor (Quelle: Bundesregierung, Stand 2018). Grund hierfür sind beispielsweise Emissionen, welche bei der Herstellung von Strom, Fernwärme oder von Baustoffen entstehen. Eigentlich müsste dieser Wert das Doppelte betragen, also 28 Prozent, denn obwohl man die Produkte hauptsächlich im Gebäudesektor benötigt, werden die Emissionen dennoch der Energiewirtschaft und der Industrie zugerechnet. Auch trägt der Baubereich über die Hälfte zum deutschen Abfallaufkommen bei (Quelle: Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, 09/2018). Ein sparsamerer Ressourceneinsatz, Recycling und Wiederverwertung von Baustoffen können daher einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten.

„ProgRess“

Im Gebäudebereich gibt es einen "Fahrplan für einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand". Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat schon 2015 die „Energieeffizienzstrategie Gebäude“ mit konkreten Ansatzpunkten der Beratung aufgelegt. Diese Strategie integriert die Handlungsfelder Strom, Wärme und Effizienztechnik. Damit schafft sie einen klaren Handlungsrahmen für einen besseren Energieeinsatz im Gebäudebereich.

Auch die Inanspruchnahme von Ressourcen stellt für die Bundesregierung ein wichtiges Thema dar. So hat sie im Februar 2012 auf Grundlage ihrer Rohstoffstrategie die Entwicklung eines nationalen Ressourceneffizienzprogramms (ProgRess) auf den Weg gebracht. ProgRess wurde im März 2016 mit ProgRess II fortgeschrieben. Oberstes Ziel stellt hierbei dar, das Wirtschaftswachstum vom Rohstoffverbrauch zu entkoppeln und somit das Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie zu erreichen (vgl. Deutsche Bundesstiftung Umwelt 2015).

Nebenbei setzt das Programm auf eine enge Kooperation mit der Wirtschaft, Förderung von Innovationen und Schaffung von Anreizen. Einziger Haken an der Sache: Bislang beruhen die in ProgRess verankerten Maßnahmen lediglich auf dem Prinzip der Freiwilligkeit. Daher sollen gute Anwendungsbeispiele dabei entscheidende Treiber für Ressourcen- und Energieeffizienz sein.

Um das Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050 zu erreichen, sieht das zuständige Bundesministerium sowohl anspruchsvolle Neubaustandards, langfristige Sanierungsstrategien für den Gebäudebestand als auch die schrittweise Abkehr von fossilen Heizungssystemen als zentrale Voraussetzung. Die Treibhausgasemissionen müssen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 66 bis 67 Prozent sinken.

Während im Jahr 1990 die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor noch 210 Millionen Tonnen ausmachten, beliefen sich die Zahlen, dank energieeffizienter Neubauten, im Jahr 2018 noch auf rund 120 Millionen Tonnen (Quelle: Bundesregierung „Klimafreundliches Bauen und Wohnen“). Es ist daher von immenser Bedeutung, den Gebäudebestand energetisch auf einen effizienteren Stand zu bringen. Energetische Sanierungsmaßnahmen wie der Heizungstausch, der Einbau neuer Fenster, die Dämmung von Dächern und Außenwänden werden ab dem 1. Januar 2020 bis Ende 2029 steuerlich begünstigt.

Dies alles verdeutlicht, wie wichtig es für das Klima ist, Gebäude energetisch zu sanieren, alte Heizungen auszutauschen und umweltschonendes Baumaterial einzusetzen. Also statt dem altbekannten Motto: „Erst planen, dann bauen“ (vgl. Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, 09/2018), sollten beim Design eines Bauwerks zwar die Heizungsart und die Dämmung meist frühzeitig geplant werden, jedoch im selben Zug eine veränderte Nutzung des Gebäudes im Zeitverlauf oder die Wiederverwertbarkeit der Baustoffe bei Sanierung und Abriss verstärkt bedacht werden.

Eine über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes gespannte Planung für Bau und Betrieb ermöglicht es, diese Aspekte viel stärker zu berücksichtigen. Gerade in Ballungszentren wird eine gut durchdachte und ressourcenschonende Planung und Entwicklung, die den sich wandelnden Bedürfnissen Rechnung trägt, von zentraler Bedeutung. In diesem Zusammenhang verweisen die Autoren des Monatsberichts vom September 2018 auf das Konzept der „Smart“-City (vgl. in Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, 09/2018).

Neubauaktivitäten belasten die Umwelt stärker als vergleichbare Erneuerungsaktivitäten im Bestand. Zentrales Ziel einer nachhaltig angelegten Baupolitik muss es also sein, vorhandene Gebäude möglichst langfristig zu nutzen. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, nachhaltige Planungs- und Baupraktiken einzurichten und dies gleichzeitig mit der ökologischen Verträglichkeit zur Entlastung der Umwelt zu vereinbaren. Im Idealfall bezieht eine nachhaltige Gebäude- oder Sanierungsplanung die verschiedenen Lebensphasen des Gebäudes mit ein und zielt darauf ab, aus verschiedenen Bauausführungsvarianten die aus Material- und Energieeffizienzsicht günstigste Lösung zu wählen.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt greift in ihrem Bericht von 2015 eine derartige Lebenszyklusbetrachtung auf, welche beispielweise Bestandteil des Zertifizierungssystems für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB) und des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen für Bundesbauten (BNB) ist. Das Spektrum des nachhaltigen Bauens und Wohnens reiche in diesem Zusammenhang von der ressourcensparenden Architektur und der Auswahl entsprechender Baustoffe über energieeinsparende, technische Innovativen bis hin zur Recyclingfähigkeit und Wiederverwendbarkeit von Baustoffen und Materialien (vgl. Deutsche Bundesstiftung Umwelt 2015).

Der Präsident des Umweltbundesamtes, Prof. Dr. Andreas Troge, schlussfolgert an dieser Stelle zutreffend: „Wie wir bauen und wohnen, beeinflusst ganz erheblich die Qualität unserer Gesundheit und Umwelt. Der Mensch entreißt der Natur nicht nur mehr Baumaterialien, als diese bereit stellen kann, wir machen uns auch viel zu breit, nehmen zu viel Fläche in Anspruch“ (aus: Pressemitteilung des Umweltbundesamts vom 25.11.2008). Es ist insgesamt also noch ein langer und steiniger Weg zu absolvieren, hin zu einer dauerhaft umweltgerechten und nachhaltigen Bau- und Siedlungspolitik.

Quellen und weiterführende Informationen

  • Bundesministerium des Innern, Bau und Heimat, "Leitfaden Nachhaltiges Bauen" (Stand 2019), https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/leitfaden-nachhaltiges-bauen.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (letzter Zugriff am 30.04.22)
  • Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, https://www.nachhaltigesbauen.de/themen/ (letzter Zugriff am 30.04.22)
  • Bundesregierung, Klimaschutz: „Klimafreundliches Bauen und Wohnen“, https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/klimaschutz/klimafreundlich-wohnen-1672900 (letzter Zugriff am 02.05.2022)
  • Deutsche Bundesstiftung Umwelt 2015: https://www.dbu.de/phpTemplates/publikationen/pdf/101214024519cr9s.pdf (letzter Zugriff 02.05.2022)
  • Deutsche Gesellschaft für Nachhaltige Bauen (DGVNB e. V.), https://www.dgnb.de/de/index.php (letzter Zugriff am 29.04.22)
  • Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, Monatsbericht September 2018: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Schlaglichter-der-Wirtschaftspolitik/2018/09/kapitel-1-4- ressourcenschonendes-bauen.html (letzter Zugriff 02.05.2022)
  • Umweltbundesamt, Pressemitteilung Nr. 82/08, https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/bauen-wohnen-belastet-die-umwelt-immer-noch-mehr (letzter Zugriff am 02.05.2022)

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