1. Einleitung
Man braucht jeweils zwei Teelöffel Natron und Speisestärke, drei Teelöffel Kokosöl und 10 Tropfen ätherisches Öl. Als erstes vermischt man das Natron und die Speisestärke gleichmäßig miteinander. Dann erwärmt man das Kokosöl und rührt es unter. Man muss solange rühren, bis eine cremige Paste entsteht. Anschließend rührt man das ätherische Öl darunter und zum Schluss wird alles in einen verschließbaren Behälter gegossen. Fertig ist das selbstgemachte Deo ohne schädliche Zusatzstoffe. (vgl. Ecoyoucommunity 2020)
DIY nennt sich so etwas, also Do-it-yourself. Unter diesem und vielen weiteren Hashtags (deutsch in etwa: Schlagwort) finden sich unzählige Anleitungen auf diversen Plattformen wie Instagram und Co., um alle möglichen Produkte selber herzustellen. Hierbei geht es häufig um weniger und "besseren" Konsum. „Less waste - more nature“ - damit wirbt der Instagram-Kanal Ecoyoucommunity und bezeichnet seine Anhänger als „Umwelthelden“. Auch in den sozialen Medien ist Nachhaltigkeit längst ein Trend geworden. Gibt man bei Instagram den Hashtag #nachhaltigkeit ein, erscheinen über 800.000 Beiträge unter diesem Begriff.
Luise Neubauer, die sich für "Fridays for Future" engagiert, hat über 170.000 Abonnenten auf ihrem Instagram-Kanal. Auf Facebook finden sich massenhaft Gruppen und Diskussionsforen zum Thema Nachhaltigkeit und auch Blogs möchten über das Thema aufklären. Der Blog Energieblogger verfolgt das Ziel, über erneuerbare Energien aufzuklären und diese dem durchschnittlichen Verbraucher näherzubringen. Sie bieten außerdem an, unseriöse Berichte zum Thema Energiewende auf Unwahrheiten zu prüfen. (vgl. Energieblogger 2020)
Auch bei Unternehmen ist die entsprechende Berichterstattung in den sozialen Medien längst angekommen. So twitterte Amazon Deutschland erst vor kurzem unter dem Hashtag #Nachhaltigkeit, dass sie sich eine nachhaltige Umsetzung zur obersten Priorität gesetzt haben. Sie kündigten an, bis 2030 die Hälfte ihrer Lieferungen CO2-neutral durchführen zu wollen. (vgl. Amazon DE, 2020)
Dies sind nur einige von etlichen Beispielen, welche die Verknüpfungen von sozialen Medien und dem Thema Nachhaltigkeit aufzeigen. Es stellt sich jedoch oft die Frage: Handelt es sich hierbei lediglich um eine Trenderscheinung zur Verbesserung der Reputation von Unternehmen durch das Werben mit dem Konzept der Nachhaltigkeit?
Zum besseren Verständnis wird in dieser Arbeit zunächst versucht, das Konzept der Nachhaltigkeit zu definieren. Anschließend soll kurz erläutert werden, welche Wirkung soziale Medien ausüben und einige erfolgreiche Beispiele mit Nachhaltigkeitskonzepten aufgezählt werden. Es soll aufgezeigt werden, welche Vor- und Nachteile die sozialen Medien im Umgang mit diesen Konzepten bieten - sowohl für den durchschnittlichen Verbraucher als auch für Unternehmen.
Außerdem soll deutlich gemacht werden, wie Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit in den sozialen Medien umgehen und welche Kriterien sie zu erfüllen haben. Abschließend soll die Frage beantwortet werden, ob durch soziale Medien eine wirkliche Chance zur Veränderung und Manifestierung neuer nachhaltiger Lebens- und Wirkungsmechanismen gegeben ist oder ob es sich nur um eine Trenderscheinung handelt.
2. Begriffsdefinition: Nachhaltigkeit
Mit dem Begriff Nachhaltigkeit assoziiert man Umweltverschmutzung, Klimawandel, Plastikmüll, Luftverpestung und vieles mehr. Die Begrifflichkeit ist aber keine Neuerscheinung unserer Gegenwart, sie wurde bereits im 18. Jahrhundert von Carl von Carlowitz in einem seiner Bücher thematisiert. Damals bestand der Leitgedanke darin, nicht mehr Bäume zu fällen als nachwachsen. Es ging um das grundsätzliche Prinzip, nicht mehr zu ernten als zu säen, schließlich entstünde sonst ein Defizit. (vgl. bpb 2020)
Mittlerweile hat sich Nachhaltigkeit zu einem Gesamtkonzept entwickelt, welches weit mehr als nur Ressourcenknappheit erfasst. Nachhaltigkeit beinhaltet drei Säulen: Die Ökologie, welche Themen wie Klimaschutz, Ressourcen und die Wahrung von Artenvielfalt beinhaltet ebenso wie auch die Herstellung von Lebensmitteln ohne Pestizide. Die zweite Säule ist die Ökonomie, welche sich mit ökonomischen Problemen beschäftigt wie zum Beispiel mit Ressourcenbeschaffung. Die letzte Säule des Konzepts bildet das Soziale. Diese Säule schließt auch Themen wie soziale Gerechtigkeit ein. (vgl. Pufe 2014) Es geht dabei um die Gleichheit der Geschlechter ebenso wie um die Bekämpfung von Armut. Bessere Bildungschancen und gerechte Lebensverhältnisse für alle sind nur ein paar der Thematiken, welche heute in Verbindung mit Nachhaltigkeit stehen. Dennoch bleibt der Grundgedanke erhalten.
Die Grundproblematik, welche zum nachhaltigen Agieren drängt, ist die Befriedigung von Bedürfnissen. Zwangsläufig entsteht hier ein Spannungsverhältnis, da es nicht nur um die Befriedigung von Bedürfnissen geht, sondern auch darum, dass Ressourcen dafür genutzt werden müssen, um diese zu erfüllen. Diese Ressourcen stehen wiederum nicht unendlich zur Verfügung. „[Die] meisten natürlichen Rohstoffe [sind] nur endlich verfügbar […].“ (Dallmer 2020, S.18) Deshalb gilt es nicht nur eine Lösung zu finden, um Ressourcen zu schützen und einzusparen. Es geht auch um die prinzipielle Frage nach den Bedürfnissen. Welche Dinge werden tatsächlich gebraucht, um Bedürfnisse abzudecken? Dallmer beschreibt dieses Phänomen als Suffizienz.
Schon in den frühen 1970er-Jahren trat das Konzept der Nachhaltigkeit ins öffentliche Bewusstsein. „Nachhaltige Entwicklung ist seit über 30 Jahren ein Leitbild der (internationalen) Politik, um den globalen Herausforderungen von Klimawandel, Umweltverschmutzung und zunehmender Ressourcenknappheit zu begegnen.“ (Dallmer 2020, S.21) Der Earth Overshoot Day (zu Deutsch: Erdüberlastungstag oder Welterschöpfungstag) trat Anfang der 1970er-Jahre ins Leben und ist ein nachdrückliches Beispiel für unseren rücksichtslosen Umgang mit Ressourcen auf der Welt. Er hält den Tag fest, an dem weltweit mehr verbraucht wurde als in einem Jahr "nachwachsen" kann. (vgl. Tögel 2020, S. 13) Tögel führt an, dass Deutschland zum momentanen Stand drei Erden verbraucht.
„Die Befriedigung von Bedürfnissen erfordert die Nutzung von Ressourcen. Die aus der Übernutzung von Ressourcen entstehenden ökologischen Probleme wirken jedoch zunehmend auf die sozialen Probleme.“ (Dallmer 2020, S.22) Die Konsequenzen treffen vor allem die ärmsten Bevölkerungsschichten. Denn wie Veith Rühling beschreibt, hat unser Wunsch nach Smartphones enorme Konsequenzen auf die Umwelt Ghanas.
Er erklärt an dem Beispiel eines Dokumentarfilmes ("Welcome to Sodom - dein Smartphone ist schon hier"), dass eine sachgemäße Entsorgung von Smartphones „teuer und aufwendig“ für viele Firmen ist. Um sich diese Kosten zu sparen und einen höheren Gewinn einzuspielen, wird Elektroschrott auf illegale Elektromüllkippen wie z.B. in Ghana exportiert und in unsachgemäßen und gefährlichen Prozeduren entsorgt. (vgl. Rühling 2020, S.98)
Die Folgen betreffen sowohl die Umwelt vor Ort als auch die Gesundheit der einfachen Arbeiter auf diesen Müllkippen, welche ihr Leben aufs Spiel setzen. Auch das ist ein Bereich, der Nachhaltigkeit betrifft. Denn es geht ebenfalls um Macht und um die Verteilung von Rohstoffen und Reichtum, um konkurrierende Wirtschaftssysteme und Strukturen, welche aus Profitgier zum Nachteil anderer agieren. Tögel (2020) führt als plakatives Beispiel an, dass gerade mächtige Akteure wie multinationale Unternehmen den Handel mit Erdöl und Erdgas vollziehen und erneuerbare Energien kaum fördern, da die erste Variante wesentlich gewinnbringender ist. (vgl. Tögel 2020, S.15-16)
Bei Nachhaltigkeit geht es also auch um das Bemühen, Rohstoffe „konfliktfrei“ zu erhalten und zu verwerten. (Rühling 2020, S.98) Das öffentliche Bewusstsein, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, ist dahingehend sensibilisiert, dass man den Grundgedanken der Nachhaltigkeit verstanden hat. Es herrscht Einigkeit darüber, dass „nachhaltige Entwicklungsprozesse“ (Erben / de Haan 2014) von enormer Wichtigkeit für die zukünftigen Generationen und den Planeten sind. Auch in der Gesellschaft haben sich nachhaltige Lebenskonzepte längst etabliert und finden einen hohen Zuspruch. Diese Entwicklung zeigt sich ebenfalls in den sozialen Medien.
3. Soziale Medien als Plattform für Nachhaltigkeitskonzepte
Wie schon zu Beginn angesprochen, ist das Web 2.0 vollgepackt mit Themen und Angeboten rund um Nachhaltigkeit. Im Bereich der sozialen Medien besetzt insbesondere eine Perspektive den Umgang mit Nachhaltigkeit. Es geht darum, wie jeder Einzelne durch direktes Handeln etwas verändern kann. Besonders neue Wege und Möglichkeiten, im individuellen Alltag nachhaltiger agieren zu können, dominieren die „Berichterstattung“ rund um das Thema in den sozialen Medien.
So geht es beispielsweise oft um Fragen solcher Art: Welche Alternativen habe ich als Konsument, um Plastikmüll zu vermeiden? Welches Auto ist weniger umweltschädlich? Wie kann ich als durchschnittlicher Verbraucher die Anwendung von schädlichen und gesundheitsgefährdenden Inhaltsstoffen vermeiden bzw. beeinflussen? Wie kann ich verreisen, ohne meinen ökologischen Fußabdruck zu belasten? (vgl. Tögel 2020, S.12)
Recyceln, tauschen, selber machen - ganze Blogs, Facebookgruppen und dergleichen bieten als Plattformen Hinweise und Anregungen, sich über Alternativen auszutauschen, aber auch aufzuklären. Es geht nicht mehr nur um die Frage, ob ich einen Strohhalm aus Edelstahl statt aus Plastik verwende, um die Schildkröten zu retten [1]. Der soziale Bereich nimmt immer mehr an Bedeutung zu. Wie bereits angeführt, klären Blogs wie zum Beispiel Energieblogger unter anderem über unseriöse Mitteilungen zur Energiewende auf.
Hierbei geht es nicht nur darum, es selbst besser zu machen, sondern auch um das Aufdecken von und Aufklären über unfaire Produktion sowie Ausbeutung und ungleiche Verhältnisse. In Zeiten von Fast Fashion wird Mode immer günstiger für Konsumenten, doch unter welchen Bedingungen? Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass billige Mode für uns Armut für andere bedeutet. Die FAZ berichtete schon 2014 von einem Unternehmen in Bangladesch, welches für einen großen europäischen Hersteller Textilien herstellt und seinen Mitarbeitern lediglich acht Cent pro Kleidungsstück zahlt. (vgl. Hein 2014)
Immer mehr Plattformen zeigen Alternativen auf. So werben viele Instagram-Accounts unter dem Hashtag #fairfashion für Mode, welche sowohl mit fairen Materialien (z.B. ohne gesundheitsschädliche Chemikalien) als auch unter fairen Arbeitsbedingungen (Arbeiterschutz, faire Bezahlung, etc.) produziert wurde. Der Blog fairknallt stellt nachhaltig produzierte Kleidung und auch Kosmetik vor, berichtet aber darüber hinaus ebenso über Nachhaltigkeit und den Umgang damit in der Politik. Nicht nur auf dem Blog, sondern auch auf Instagram hat sich die Seite eingefunden und bietet Nutzern Alternativen zur Fast Fashion.
3.1 Erfolge durch und in sozialen Medien
Dass soziale Medien eine neue Kraft in der Gesellschaft darstellen und enorm populär sind, ist nicht abzustreiten. Allein in Deutschland nutzen 58% der 20 bis 28-Jährigen Instagram. Mit einer Milliarde Nutzer befindet sich Instagram auf dem zweiten Platz der weltweit am meisten genutzten Plattformen. 2018 betrug die Zahl der Nutzer in Deutschland 15 Millionen. (vgl. Poleshova 2020) Deshalb werden im Folgenden die Vor- und Nachteile von sozialen Medien im Umgang mit Nachhaltigkeit überwiegend am Beispiel von Instagram gezeigt.
Instagram hat sich gewandelt. Wollte man vor ein paar Jahren noch nur die Urlaubsbilder von Prominenten und Bekannten betrachten, will heute kaum einer noch mit Photoshop aufwendig bearbeitete und unbedeutende Bilder sehen. Zwar schaut man sich als Nutzer zeitweilig trotzdem schöne Urlaubslandschaften an, dennoch ist der Trend hin zu mehr Natürlichkeit und sinnstiftenden Beiträgen da.
Längst haben soziale Medien wie Instagram und Co. einen politischen Charakter bekommen. Eine Luisa Neubauer veröffentlicht auf ihrem Instagramkanal geplante Streiks und ruft ihre über 170.000 Abonnenten dazu auf, gegen die Klimaerwärmung auf die Straße zu gehen, um die Politik darauf aufmerksam zu machen, wie ernst die Lage ist.
Über den Zusammenhang von sozialen Medien und dem amerikanischen Wahlkampf gibt es etliche Veröffentlichungen, welche deren Einfluss auf Gesellschaft und Politik auch wissenschaftlich bestätigen. Auch sogenannte „Influencer“ [2] folgen dem Kurs, sinnstiftende Beiträge oberflächlichen vorzuziehen und werben für Aktionen mit positiven Auswirkungen auf die Gesellschaft und interessanten Beiträgen zu bestimmten Themen.
Es ist weit mehr als nur eine Plattform zum Veröffentlichen von Bildern geworden. Neben Prominenten haben auch viele namhaften Politiker, Personen des öffentlichen Lebens, Aktivisten u.v.m. die stetig steigende Bedeutung und Reichweite von sozialen Medien wie Instagram für sich entdeckt. Wer etwas auf sich hält und bewirken will, hat einen Instagram-Kanal, einen Youtube-Channel, einen Twitter-Account, eine Facebook-Seite, usw.
Nicht zuletzt geht es um Popularität. Und genau hier setzt die Thematik Nachhaltigkeit ein. Es ist einfach zu erklären, wie das Verhältnis von Nachhaltigkeitsgedanken und sozialen Medien zusammenhängt. Beide sind (mehr oder weniger) neuere Entwicklungen, erfreuen sich einer enormen Anhängerschaft und Popularität und dementsprechend möchten sich viele dieser Sache anschließen. Influencer und auch die unterschiedlichsten Kanäle werben mit #upcycling, #fairfashion, #zerowaste, #gegenMassentierhaltung usw.
Doch wo genau liegen die Vorteile davon? Zum einen gewinnt Nachhaltigkeit insbesondere durch soziale Medien eine enorme Aufmerksamkeit. Allein die Tatsache, dass z.B. Instagram weltweit 1 Milliarde Nutzerinnen hat (vgl. Poleshova 2020), eröffnet eine riesige Plattform, wie es in solchen Dimensionen nirgends anders zu finden ist. Weder Printmedien noch TV oder andere Mittel erreichen so viele Menschen global und besonders zur selben Zeit. Es spielt keine Rolle, wo man ist und wann, die Themen erreichen einen.
Das führt auch zu einem anderen Nutzen durch soziale Medien. Das Verbreiten von nachhaltigen Trends, Entwicklungen usw. gelingt in kürzester Zeit. So lassen sich auf Instagram Seiten und Beiträge nur durch einen Klick teilen und verbreiten sich so wesentlich schneller - sowohl von passiven Nutzern und Konsumenten als auch von aktiven Produzenten von Inhalten in den social media.
Durch das Teilen eines Beitrages wird es außerdem möglich, unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen, welche ohne diese Plattform nicht ohne weiteres darauf aufmerksam geworden wären. Gerade dies erweist sich für nachhaltige Konzepte, Ideen usw. als praktikabel. Denn oftmals sind diverse Spendenaktionen wie auch nachhaltige Produkte nur einen Klick weit entfernt.
Soziale Medien bieten die Möglichkeit des direkten Austausches und Dialogs. So kann man diese nicht nur teilen, sondern auch kommentieren und die Reaktionen anderer einsehen. Durch einen Like-Button oder aber einen kritischen Kommentar unter einem Beitrag werden Reaktionen, Kritik aber auch Lob transparenter und ungefiltert dargestellt. Viele Unternehmen erkennen die Kraft von sozialen Medien und sind dementsprechend in den bekanntesten vertreten. Besonders in den sozialen Medien, wo sie im direkten Kontakt zum Konsumenten stehen, kommt ihre Corporate Social Responsibility (CSR) [3] zum Tragen.
„Konkret geht es beispielsweise um faire Geschäftspraktiken, mitarbeiterorientierte Personalpolitik, sparsamen Einsatz von natürlichen Ressourcen, Schutz von Klima und Umwelt, ernst gemeintes Engagement vor Ort und Verantwortung auch in der Lieferkette.“ (Bundesministerium für Soziales und Arbeit, o. D.)
Die Nähe zum Konsumenten in den sozialen Medien erweist sich gerade für Unternehmen als ein sehr praktisches Tool, welche dadurch in direktem Kontakt zu ihm stehen und ihr Angebot darauf anpassen können. Neue Formen von Kommunikation eröffnen sich in den sozialen Medien. So können sowohl Konsumenten als auch Produzenten in einen direkteren Kontakt treten und Feedback gleichwohl geben und erhalten. Dieser Austausch erweist sich laut der Webseite B2N-Social Media Services oftmals als authentischer und einfacher als das Betreiben von Marktforschung.
Zwar sind Unternehmen dadurch auch wesentlich leichter und öffentlicher Kritik ausgesetzt. Jedoch bietet sich ihnen die Gelegenheit einer direkten und schnellen Stellungnahme. Zusätzlich dazu können sich sowohl Unternehmen als auch Nutzer schneller und direkter vernetzen, dadurch neue Netzwerke bilden und zusammenfinden.
Der Erfolg dieser über soziale Medien gebildeten Netzwerke zeigt sich am Beispiel Fridays for Future. Nach dem Klimastreik von Greta Thunberg hatte sich der Hashtag #fridaysforfuture in den sozialen Medien rasant verbreitet und eine globale Bewegung ausgelöst. So formierten sich viele der Protestzüge auf der ganzen Welt über Plattformen wie Facebook und Twitter. Der Einfluss und Erfolg dieser Klimastreiks gipfelte in der Rede von Greta Thunberg auf dem UN-Klimagipfel 2019. (vgl. Kesper 2019) Zwar startete diese Bewegung zunächst nicht in den sozialen Medien, doch machten sie diese zu einer globalen politischen Bewegung.
Im Umgang mit Nachhaltigkeit nehmen Influencer eine Sonderrolle ein. Wie schon an vorheriger Stelle angeführt, ist das Bewusstsein hinsichtlich nachhaltiger Lebenskonzepte heute so hoch wie nie. So findet man vermehrt Influencer, die für einen nachhaltigen Lebensstil werben. Sei es, indem sie für vegane Lebensmittelunternehmen werben, welche sich z.B. gegen Massentierhaltung aussprechen, oder für alternative Produkte ohne Plastik, um den Plastikverbrauch zu reduzieren, bis hin zu fair hergestellter Kleidung. Die Liste ist endlos.
Ob die Influencer tatsächlich so nachhaltig leben, wie sie sich auf ihren Kanälen präsentieren, ist nicht immer nachvollziehbar. Dennoch erreichen sie durch ihr Netzwerk von Abonnenten Aufmerksamkeit, die sie nutzen, um auf diese Problematiken hinzuweisen. Es hilft, neue nachhaltige Produkte oder Konzepte schneller und weitreichender zu etablieren.
Hinsichtlich der Strukturen von sozialen Medien fungieren Influencer als Verstärker, denn innerhalb ihrer Zielgruppe und ihres Themengebiets verfügen sie oftmals über eine gewisse Popularität und können ein bestimmtes Thema unverkennbar leichter kommunizieren. (vgl. starting-up.de, o. D.) Gerade was Nachhaltigkeit betrifft, haben die vorangegangen Beispiele gezeigt, wie weit das gehen kann.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass es in sozialen Medien wesentlich einfacher ist, spezielle Zielgruppen zu finden. Je nachdem, ob man sich für fair produzierte Kosmetik, vegane Ernährung oder eben für Fridays for Future interessiert. Für fast alles gibt es einen Platz und vor allem einen Hashtag auf den Plattformen. So können sich Nischen bilden und jeder, der sich für ein bestimmtes Themengebiet von Nachhaltigkeit interessiert, kann dort ansetzen, wo er möchte.
Auch da nicht immer alles durch herkömmliche Medien abgedeckt wird und werden kann, bieten die sozialen Medien eine Möglichkeit. Das bringt eine weitere Einzigartigkeit mit sich. Denn für jeden findet sich der passende Weg, um nachhaltiger zu handeln und zu leben. Während die einen für die Erhaltung von Artenvielfalt spenden möchten, können die anderen lernen, Deodorant ohne gesundheits- und umweltschädliche Chemikalien herzustellen.
Wieder erweisen sich die Nischenplattformen als hilfreich und die positive Konsequenz daraus ist, dass jeder seinen eigenen Weg und die für ihn passenden Nachhaltigkeitskonzepte austesten und finden kann. Im Allgemeinen lassen sich auch für Unternehmen viele Vorteile durch nachhaltigeres Wirtschaften festhalten. So haben nachhaltig handelnde Unternehmen ein besseres Image, da sie dadurch Teile ihrer CSR erfüllen. Um dies zu zeigen, nutzen sie insbesondere soziale Medien.
Auch finanziell ist es wesentlich Erfolg bringender, nachhaltig zu agieren. Pufe (2014) erklärt dies am Beispiel der Deepwater Horizon-Katastrophe 2010. Damals war eine Ölplattform der British Petroleum untergegangen und hatte eine Ölpest im Golf von Mexiko zur Folge. Dies führte zu einer „existenzgefährdenden Unternehmensbewertung“ von BP innerhalb kürzester Zeit. (vgl. Pufe 2014) Ökologisch wirtschaften sowie Popularität sind nicht nur für die Unternehmen von Vorteil, sondern eben auch für den Planeten.
3.2 Mängel
Ein Nachteil von sozialen Medien ist, dass man in den meisten Fällen einen Account anlegen muss, um diese benutzen und auf diesen kommunizieren zu können. Oft sind bestimmte Beiträge öffentlich sichtbar, doch ist keine Interaktion möglich ohne einen eigenen Account.
Obwohl soziale Medien viele Vorteile, wie zum Beispiel das Sensibilisieren für nachhaltige Konzepte, Ideen und Produkte mit sich bringen, sind einige Schwächen festzustellen. Ebenso schnell, wie sich neue Ideen und Informationen ausbreiten, können sie wieder als nichtig betrachtet werden. Die Schnelllebigkeit der sozialen Medien und einiger Trends stellt sich als Problem bei der nachhaltigen Entwicklung von Effekten dar.
Der ständige Informationsfluss und -überschuss in den sozialen Medien lässt bestimmte Informationen oder Problematiken betreffend der Nachhaltigkeit ebenso schnell unwichtig erscheinen. In einigen Fällen ist es unmöglich, einen nachhaltigen Effekt zu erreichen. Außerdem besteht gerade in den sozialen Medien das Problem von Fake News.
Zwar gibt es einige Blogs und Websites, welche Falschmeldungen zum Thema Energiewende prüfen und darauf verweisen. Jedoch ist der Fluss und die Schnelllebigkeit an Berichten, Bildern, Videos etc. so hoch, dass es nicht immer leicht ist, zu erkennen, was wahr ist und was nicht. Noch gibt es keine Schutzmechanismen und Systeme, welche Fake News und Unwahrheiten filtern und korrigieren oder entfernen.
Schließlich kann wahrlich jeder auf solchen Plattformen berichten. Als problematisch gilt außerdem die Oberflächlichkeit von sozialen Medien. So sind viele die Nachhaltigkeit betreffende Themen oftmals sehr komplex und abstrakt. Diese Komplexität kann nicht immer in einem Posting auf Instagram oder Twitter verständlich bzw. vollständig richtig komprimiert werden. Es erfordert Expertenwissen und anspruchsvolle Erklärungen, weshalb viele nachhaltige Themen oft nur oberflächlich in den sozialen Medien kommuniziert werden. So weiß man zwar, dass Plastikmüll der Umwelt schadet, aber welche exakten Chemikalien in unserer Kleidung umweltschädlich und gesundheitsschädigend sind, erschließt sich nur bei genauerem Einlesen.
„Die Schnittmenge zwischen nachhaltiger Kommunikation zwischen Unternehmen und Verbrauchern lässt sich ohne Zweifel in den Sozialen Medien finden. Nirgendwo sonst ist die Auseinandersetzung direkter und transparenter, nirgendwo sonst steht die Glaubwürdigkeit derart auf dem Prüfstand.“ (starting-up.de)
Gerade bei Unternehmen, ihrer CSR und ihrem Umgang mit den sozialen Medien zeigen sich Mängel. So spricht ein Artikel auf der B2N-Social Media Services Website davon, dass sich viele Unternehmen mit „vorgeblicher Nachhaltigkeit brüsten“. Oftmals deklarieren sich viele Unternehmen als nachhaltig, aber agieren nur oberflächlich. (vgl. Norden- B2N, o. D.)
So twitterte Amazon, wie in der Einleitung angeführt, bis 2030 den CO2-Ausstoß ihrer Lieferungen um 50% eindämmen zu wollen, aber wie genau ihre Lieferketten überarbeitet werden sollen, wird nicht weiter konkretisiert. Dieses Phänomen könnte man sogar schon fast als Greenwashing bezeichnen.
„Als Greenwashing werden Kampagnen und PR-Aktionen bezeichnet, die einzelne Produkte, ganze Unternehmen oder politische Strategien in ein „grünes“ Licht stellen, sodass der Eindruck entsteht, die Akteure würden besonders umweltfreundlich, ethisch korrekt und fair handeln.“ (Jans 2018)
Jans führt weiter aus, welche Vorteile sich Unternehmen durch Greenwashing erhoffen und sichern. Zum einen fördert es das Image des Unternehmens. Da immer mehr Menschen Nachhaltigkeit als unabdingbar betrachten, haben Unternehmen, welche diese (offiziell) betreiben, ein besseres Image. Außerdem kann für scheinbar ökologisch produzierte Mittel mehr verlangt werden, was wiederum einen höheren Gewinn für Unternehmen bedeutet.
Sowohl für Nutzer und Konsumenten als auch Unternehmen lassen sich Mängel in der Nutzung von sozialen Medien feststellen. Schnelllebigkeit, unorganisierter und ungefilterter Informationsüberfluss, Fake News, oberflächliche Nachhaltigkeit, Greenwashing u.v.m. sind mit den sozialen Medien einhergehende Schwächen und behindern zum Teil eine effektive und langfristige Etablierung von Nachhaltigkeitskonzepten.
4. Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten werden, welche positiven Effekte soziale Medien auf den Nachhaltigkeitsgedanken haben. Sie können als Chance für Veränderungen hinsichtlich nachhaltiger Lebenskonzepte begriffen werden. Mithilfe dieser Plattformen können außerordentlich viele Menschen erreicht werden. Soziale Medien bieten eine einmalige Möglichkeit, soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit zu erwirken. Zudem vereinfachen es soziale Medien, Konzepte zu visualisieren und auch neue nachhaltige Produkte, Entwicklungen u.v.m. gesellschaftlich zu etablieren. Sie schaffen ein neues Bewusstsein und sensibilisieren Konsumenten für bestimmte Themenfelder.
Es geht außerdem nicht nur um Produktkonsum und Werbung, sondern vor allem um die Kommunikation von Alternativen. Oft geschieht dies durch die direkte Kommunikation und Nähe von Produzent und Nutzer in den sozialen Medien authentischer und transparenter. Durch die sozialen Medien eröffnen sich neue Nischen und Teilgebiete, und es ist nicht mehr möglich, die Verantwortung und das Handeln hinsichtlich Nachhaltigkeit auf andere abzuwälzen. Denn jeder trägt eine soziale Verantwortung für sein Handeln und seinen Konsum.
Eben solche Plattformen wie Blogs, Instagram, Facebook, Pinterest, YouTube, Twitter u.v.m. zeigen Wege und Möglichkeiten auf, wie Nachhaltigkeit bürgernah und im Alltag umgesetzt werden kann. Auch ermöglichen soziale Medien die Erschließung und Vernetzung von Netzwerken, welche die Kraft besitzen, auch politische Prozesse zu beeinflussen. Aufrufe zu Spendenaktionen, Boykotten, Protesten u.v.m., wie am Beispiel von Fridays for Future sichtbar, zeigen den Einfluss, den soziale Medien längst auch auf gesamtgesellschaftliche Bewegungen haben. So liegt es an uns, diese Plattformen weiterhin für nachhaltige Entwicklungen und Konzepte, trotz oder eben wegen bestehender Mängel, positiv zu benutzen und Fortschrittliches für den Planeten zu bewirken.
Literaturverzeichnis
Printquellen
- Dallmer, Jochen (2020): Glück und Nachhaltigkeit - Subjektives Wohlbefinden als Leitmotiv für nachhaltige Entwicklung, transcript Verlag: Bielefeld
- Rühling, Veith (2020): Nachhaltigkeit vs. Digitalisierung- Warum mein Handy 75 Kilo wiegt. In: Tögel, Jonas/ Zierer, Klaus (Hrsg.): Nachhaltigkeit ins Zentrum rücken - Ein interdisziplinärer Zugang zu den wichtigsten Fragen unserer Zeit, Schneider Verlag Hohengehren GmbH: Baltmannsweiler, S.94-105
- Tögel, Jonas (2020): Zertifikat Umweltbildung und Nachhaltigkeit - Eine Einführung. In: Tögel, Jonas/ Zierer, Klaus (Hrsg.): Nachhaltigkeit ins Zentrum rücken - Ein interdisziplinärer Zugang zu den wichtigsten Fragen unserer Zeit, Schneider Verlag Hohengehren GmbH: Baltmannsweiler, S.12-27
Internetquellen
- Amazon Deutschland (2020): Tweet (twitter.com vom 23.09.2020) https://twitter.com/AmazonNewsDE/status/1308660014408761346 [25.09.2020]
- Bundeszentrale für politische Bildung (o. D.): Nachhaltigkeit (bpb.de, o. D.) https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/das-junge-politik-lexikon/161435/nachhaltigkeit [09.09.2020]
- Deges, Frank (2018): Influencer (wirtschaftslexikon.gabler.de vom 26.10.2018) https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/influencer-100360 [10.09.2020]
- Ecoyoucommunity (2020): DIY - Deo selbermachen (Instagram.de vom 01.09.2020) https://www.instagram.com/p/CElNb79glBv/ [08.09.2020]
- Energieblogger (2020): (energieblogger.net, 2020) https://www.energieblogger.net/ [17.09.2020]
- Erben, Friedrun/ de Haan, Gerhard (2014): Nachhaltigkeit und politische Bildung (bpb vom 21.07.2014) https://www.bpb.de/apuz/188665/nachhaltigkeit-und-politische-bildung [06.09.2020]
- Hein, Christoph (2014): Textilindustrie in Bangladesch- Nachrichten aus einem verrotteten Land (faz.net vom 23.05.2014) https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/menschen-wirtschaft/textilindustrie-in-bangladesch-ein-jahr-danach-12944282.html?printPagedArticle=true#pageIndex_3 [13.09.2020]
- Jans, Thorge (2018): Greenwashing - Die dunkle Seite der CSR (reset.org vom November 2018) https://reset.org/knowledge/greenwashing-%E2%80%93-die-dunkle-seite-der-csr [19.08.2020]
- Kesper, Marvin (2019): Fridays for Future: Ziele und Hintergründe (unicum.de vom 21.11.2019) https://www.unicum.de/de/studentenleben/zuendstoff/fridays-for-future-ziele-hintergruende [19.08.2020]
- Nasemann, Marie (2020): Fairknall-Blog (fairnknallt.de, 2020) https://www.fairknallt.de/ [17.09.2020]
- Norden, Stefanie (o. D.): 3 Gründe für Social Media in der Nachhaltigkeitskommunikation – #glskoop (b2n-social.media.de, o. D.) https://www.b2n-social-media.de/3-gruende-fuer-social-media-nachhaltigkeitskommunikation/ [05.09.2020]
- Poleshova, A. (2020): Statistiken zu Instagram (statista.com vom 05.02.2020) https://de.statista.com/themen/2506/instagram/ [11.09.2020]
- Pufe, Iris (2014): Was ist Nachhaltigkeit? Dimensionen und Chancen (bpb.de vom 21.07.2014) https://www.bpb.de/apuz/188663/was-ist-nachhaltigkeit-dimensionen-und-chancen?p=all [10.09.2020]
- Starting-up (o. D.): Der Wert der Glaubwürdigkeit: Grundlagen der Nachhaltigkeitskommunikation (starting-up.de, o. D.) https://www.starting-up.de/praxis/soft-skills/nachhaltigkeitskommunikation.html [10.09.2020]
Anmerkungen
[1] Auf Instagram warb eine Firma mit neuen, wieder verwendbaren Strohhalmen, um die Verschmutzung von Ozeanen durch Plastikmüll zu vermeiden und Schildkröten so vor dieser Lebensraumbedrohung zu retten. Es entwickelte sich zum Trend, der von vielen berühmten Persönlichkeiten auf Instagram verbreitet wurde unter dem Motto: Benutzt plastikfreie Strohhalme und rettet die Schildkröten.
[2] „Als Influencer (engl. to influence = beeinflussen, einwirken, prägen) werden Personen bezeichnet, die aus eigenem Antrieb Inhalte (Text, Bild, Audio, Video) zu einem Themengebiet in hoher und regelmäßiger Frequenz veröffentlichen und damit eine soziale Interaktion initiieren.“ (Deges 2018)
[3] „Unter "Corporate Social Responsibility" oder kurz CSR ist die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen im Sinne eines nachhaltigen Wirtschaftens zu verstehen.“ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales)
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