Sonntag, 22. April 2018

Einschlägige Bücher bei der bpb

In der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) sind in den letzten Wochen mehrere für unsere Thematik einschlägige Bücher erschienen:

Annemieke Hendriks (2018), Tomaten. Recherchen auf dem globalisierten Nahrungsmittelmarkt (für 4,50 € bestellen) - Kurzbeschreibung auf der bpb-Website:
Tomaten sind beliebt, aber unverarbeitet nicht lange haltbar. Hierzulande wird zumeist niederländische Ware angeboten. Auch in Osteuropa dominieren Tomaten niederländischer Produktion – obgleich das warme Klima in vielen Gegenden Rumäniens, Bulgariens, Ungarns oder Polens eine regionale Produktion zulässt. Große Teile der spanischen Tomatenernte wiederum werden in den Niederlanden oder anderswo mehrfach umgepackt und teilweise wieder spanischen Verbrauchern angeboten. Die Ware Tomate, so das Fazit der niederländischen Journalistin Annemieke Hendriks nach ihrer Recherche in ganz Europa, spiegelt beispielhaft einen grotesk anmutenden, globalisierten Lebensmittelmarkt, der hinsichtlich der Produktion und der Vertriebslogistik vielfach die Gewinnmaximierung ökologischen, gesundheitlichen und ethischen Kriterien überordnet. Hendriks hinterfragt zudem die Monopolstrukturen in der Saatgutproduktion, aber auch die Mentalität der Verbraucher, die sich häufig von Schlagworten wie Nachhaltigkeit oder Regionalität blenden ließen.
Michael Kopatz (2018), Ökoroutine. Damit wir tun, was wir für richtig halten (für 4,50 € bestellen) - Kurzbeschreibung auf der bpb-Website:
Niemand muss das Rad neu erfinden, um ressourcenschonender zu leben: Unser Alltag bietet zahlreiche Gelegenheiten, und viele Menschen sind auch dazu bereit. Jedoch sei auch im großen Maßstab, so Michael Kopatz, Nachhaltigkeit mit Blick auf Generationengerechtigkeit und den immer noch wachsenden Ressourcenverbrauch nicht nur möglich, sondern zwingend geboten. Um bei Konsum und Wohnen, bei Arbeit, Produktion und Verkehr, im Agrarsektor, in der Energieversorgung und der Abfallwirtschaft im Sinne einer ökologisch vertretbaren Praxis umzusteuern, bedürfe es einer Vielzahl auch gesetzlicher Anreize. Eine in diesem Sinne engagierte Politik könne dazu beitragen, den vielfach vorhandenen guten Willen in die Tat umzusetzen, damit nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsformen zur Selbstverständlichkeit werden. Kopatz kommt ohne moralische oder pädagogische Zeigefinger aus und misst seine Vorschläge an der Realität. Entscheidend sei, dass es gelinge, die Bürgerinnen und Bürger auf dem Weg in eine "Ökoroutine".
Susanne Dohrn (2018), Das Ende der Natur. Die Landwirtschaft und das stille Sterben vor unserer Haustür (für 4,50 € bestellen) - Kurzbeschreibung auf der bpb-Website:
Raubbau in Deutschland? Was wir anderswo in der Welt anprangern, geschieht auch vor unserer Haustür: Aus Profitstreben oder Rationalisierungsdruck haben sich hierzulande landwirtschaftliche Strukturen etabliert, die Boden, Luft und Wasser schädigen. Monokulturen und Pestizideinsatz führen, weithin ignoriert, zum dramatischen Rückgang der Artenvielfalt, insbesondere bei Insekten und Vögeln, und verwandeln Landschaften in Agrarwüsten. Vielfach fehlt es an Wissen um solche schwerwiegenden Auswirkungen agrarindustrieller Nutzung, zuweilen auch am guten Willen, anders und umweltgerechter zu wirtschaften. Susanne Dohrn verbindet die ökologische Lupe mit dem Blick auf bundesweite Strukturen: Sie erläutert die Folgen der Landschaftsverarmung und Überdüngung, des Herbizid- und Pestizideinsatzes, spricht mit Produzenten, Lobbyisten, Aktivisten und Forschenden in Landwirtschaft und Umweltschutz. Ihr Buch setzt sich für ein Umdenken in der Agrarpolitik ein, das, so die Autorin, nicht nur geboten, sondern im Interesse von Mensch und Umwelt unabdingbar sei.

Klimawandel beschleunigt sich

Eine beunruhigende Bestandsaufnahme zum Klimawandel ist in der FAZ zu lesen:

Montag, 9. April 2018

Kostenloser Nahverkehr - ein Weg zu nachhaltiger Mobilität in Deutschland?

''Wenn es darum geht, zwischen Wirtschaftswachstum und ökologischer Stabilität zu wählen, dann entscheiden sich Politiker, Unternehmensvorstände und Wähler fast immer für das Wachstum. Im 21. Jahrhundert werden wir das anders machen müssen, wenn wir eine Katastrophe vermeiden wollen'' (Harari 2017, S. 33f.).
Der eindrückliche Appell, den Yuval Noah Harari in seinem bahnbrechenden Werk ''Homo Deus'' an die Leserschaft richtet, hat den Verfasser dieser Seminararbeit in dem Verlangen bestärkt, sich eingehender mit nachhaltigen Entwicklungsprozessen zu beschäftigen.

In Deutschland scheint es unterdessen vor allem der Verkehrssektor zu sein, der Befürworter und Gegner eines nachhaltigen Wirtschaftens entzweit. Um die Luftqualität in zahlreichen Großstädten zu verbessern und drohende Fahrverbote für ältere, dieselbetriebene Autos zu umgehen, erwog die Bundesregierung kürzlich, das Konzept eines kostenlosen Nahverkehrs im Rahmen eines Pilotprojektes auf seine Wirksamkeit zu überprüfen (Decker, 2018). Als Modellstädte sind hierfür Bonn, Essen, Herrenberg, Mannheim und Reutlingen vorgesehen (Decker, 2018).

Unmittelbar nachdem jener Vorschlag der Bundesregierung der Öffentlichkeit präsentiert wurde, regte sich gewaltiger Widerstand gegen das Vorhaben. Neben prinzipiellen Zweifeln an einer umweltschonenderen Mobilität durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder an der Wirksamkeit eines sinkenden Preisniveaus im Nahverkehr wird insbesondere die Befürchtung gehegt, dass eine Finanzierung des beschriebenen Bestrebens nicht realisierbar sei (Decker, 2018).

In Zusammenspiel mit den grundsätzlichen Aussagen Hararis führte die Vielzahl an konträren Positionen einem kostenlosen Nahverkehr gegenüber zu dem Bedürfnis, eine Analyse zu dessen Effektivität und Realisierungspotenzial zu betreiben. An diesen basalen Überlegungen wird sich die Gliederung der vorliegenden Seminararbeit orientieren. Nachdem einige zentrale Begriffe im Kontext nachhaltiger Verkehrsentwicklung definiert worden sind, wird zunächst darauf eingegangen, inwiefern die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel einer auf Nachhaltigkeit basierenden Mobilität grundsätzlich zuträglich ist. Anschließend soll das Potenzial, das durch einen Verzicht auf die Erhebung von Gebühren im Nahverkehr nutzbar gemacht werden könnte, erörtert werden. Schließlich wird die Möglichkeit einer Finanzierung des kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs kritisch in den Blick genommen.

Der Verfasser der Seminararbeit hat sich somit dazu entschlossen, eine ganzheitliche Betrachtung der Thematik vorzunehmen. Ausgehend von grundsätzlichen Gedankengängen (Begriffsdefinition, Mehrwert durch öffentliche Verkehrsmittel), die in der emotional aufgeladenen Debatte um Änderungen an der gängigen Mobilitätspraxis jedoch essentiell für ein substanzielles Verständnis sind, werden konkrete Ausgestaltungsmöglichkeiten und Erfolgschancen eines kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs aufgezeigt.

Mittwoch, 4. April 2018

Das Ende des Wachstumsparadigmas, Wachstumszwänge und Postwachstumsgesellschaft

Die 1980er – ab diesem Zeitpunkt reichen die Ressourcen unserer Erde nicht mehr aus, um unsere Lebensweise und die künftiger Generationen dauerhaft zu sichern und die dadurch verursachten ökologischen Folgen zu tragen (vgl. Meadows et al. 2006, XVII). Seitdem nimmt der Bedarf der Menschheit an Ressourcen stetig zu, sodass wir heute ungefähr vier Erden bräuchten, um unsere von Rohstoffen abhängige Lebensweise auf Dauer beizubehalten. 

Entkoppelungsstrategien und „green growth“ – Methoden, mit denen wir unseren Lebensstandard aufrecht erhalten sollen und dennoch die Natur schonen – versuchen, uns darüber hinwegzutäuschen, was Kritiker seit Jahrzehnten als längst überfällig und unumgänglich erachten: Einen Wandel des unserer expansiven Lebensweise zugrundeliegenden Wachstumsparadigmas.

Das Antasten dieser fundamentalen Ideologie galt jahrzehntelang als unmöglich und auch heute noch sträubt sich vielerorts die Politik – aus vielfältigen Gründen –, die Notwendigkeit eines alternativen Gesellschaftsmodells zu thematisieren. Ein Grund dafür ist, dass der Wachstumsgedanke in seiner heute praktizierten exponentiellen Form nicht nur der Ökonomie, sondern auch gesellschaftlichen und subjektorientierten Strukturen zugrundeliegt und tiefer in unseren Köpfen verankert ist, als wir annehmen.


Doch das Wachstum hat seine Versprechungen vom Wohlstand und vom guten Leben für alle nicht gehalten und noch schlimmer: Es hat sich als tickende Zeitbombe herausgestellt. Die Menschheit steht nun vor der Aufgabe, ein neues Gesellschaftsmodell zu entwickeln, das sich zum einen durch die Vereinbarkeit mit den ökologischen Grenzen unserer Erde auszeichnet und sich zum anderen der leeren Versprechen des Wachstums annimmt.

Bedeutet jedoch die Alternativlosigkeit des Endes des Wachstumsparadigmas ein Zurückfallen der Gesellschaftsstrukturen und des Lebensstandards in die 1980er Jahre, als unser Bedarf von nur einer Erde gedeckt werden konnte? Mit dieser Arbeit soll unter anderem die Notwendigkeit eines Wandels klargemacht werden. Ausgehend davon ergibt sich die Frage, weshalb die Menschheit noch immer am Wachstumsparadigma festhält, es sollen also zudem diejenigen Wachstumszwänge thematisiert werden, die einen Ausstieg aus dem zugrundeliegenden Paradigma erschweren. Zuletzt soll das Modell eines bekannten Forschers zur Postwachstumsthematik skizziert werden.