Freitag, 5. Juli 2019

Klimawandelleugner – Versuch einer Erklärung

Im „Grundsatzpapier Klima“ der EIKE (Europäisches Institut für Klima und Energie), lässt sich auf die Frage, ob CO2 ein Lebenselixier oder Schadstoff sei, folgende Antwort finden:
„CO2 ist Grundbaustein der Photosynthese und damit Voraussetzung allen Lebens unserer Erde. Mit zunehmender CO2-Konzentration wachsen Pflanzen besser: Die Getreide-Erträge im Freiland steigen. Gewächshauskulturen werden zur Ertragssteigerung mit CO2 begast.“ (EIKE, Grundsatzpapier Klima).
In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt dagegen Professor Mathias Frisch:
„Wer in Anbetracht des Forschungsstandes immer noch zweifelt, dass Kohlendioxid-Emissionen vorrangig für den gegenwärtigen Klimawandel verantwortlich sind, ist daher nicht ein kritisch-rationaler Skeptiker sondern ein Klimawandel-Leugner […]“ (Frisch 2019).
Aber auch von anderen Seiten werden die „skeptischen“ Stimmen immer lauter. Wer einen genaueren Blick in das Europawahlprogramm der ‚Alternative für Deutschland‘ wirft, wird unter dem Kapitel „Umweltschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz“ folgendes Zitat finden:
„Der propagierte Ausbau der sogenannten Erneuerbaren Energien führt zu einer Vernichtung unserer Natur- und Kulturlandschaften.“ (Europawahlprogramm der AfD 2019).
Einer Studie der Denkfabrik ‚adelphi‘ zufolge ist dieses Phänomen europaweit zu erkennen:
„We found that party programmes seldom cover climate policy and if they do, the position is relatively simplistic or underdeveloped.“ (Convenient Truths Mapping climate agendas of right-wing populist parties in Europe 2019)
Noch interessanter ist ein anderes Ergebnis der Studie: 7 von 21 überprüften rechtspopulistischen Parteien dementieren den Klimawandel und den damit verbundenen Konsens in der Wissenschaft (vgl. ebd.). Dass der von Menschen gemachte Klimawandel (anthropogener Klimawandel) in der Wissenschaft beinahe unumstritten ist, bestätigt die Professorin Claudia Kemfert mit folgenden Worten:
„Natürlich, Diskurs gehört zur Wissenschaft. Aber wir streiten nur noch darüber, wie die Auswirkungen des Klimawandels genau aussehen werden (…). Im Grundsatz gibt es aber kein Erkenntnisproblem. Der menschengemachte Klimawandel gilt als zu 97 Prozent sicher.“ (Kemfert 2019)
Weiter unterstrichen wird diese Aussage durch den vom IPCC (Intergovernmantel Panel on Climate Change) veröffentlichten Sonderbericht über 1,5°C globale Erwärmung (eine auf Deutsch übersetzte Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger gibt es hier zu lesen). An dieser Stelle sollte bereits eine Dissonanz zwischen anerkannter Wissenschaft und Klimawandel-Leugnern ersichtlich geworden sein. In der Zeitschrift fluter zieht der Autor Bartholomäus von Laffert zu besagter Dissonanz folgenden Schluss:
„Und bis auf ein paar merkwürdige Ausnahmen sogenannter Klimawandel-Leugner bezweifeln wir auch nicht, dass er [der Klimawandel] menschengemacht ist (Anpassung F.L.).“ (Laffert 2019)
‚Merkwürdige Ausnahmen‘, diese Umschreibung klingt eher wie eine Art Euphemismus. Denn es handelt sich eben nicht um einzelne Ausnahmen, sondern um ein breites und auch organisiertes Netzwerk von Personen. Eine solche Beschönigung würde diesem Phänomen nicht gerecht werden und die Tragweite solcher ‚Skeptiker‘ verharmlosen.

So soll sich in diesem Beitrag nicht mit der Frage beschäftigt werden, ob es nun einen von Menschen erzeugten Klimawandel gibt oder nicht. Denn zu dieser Frage existiert bereits ein breiter Konsens in der Wissenschaft. Vielmehr soll es darum gehen, warum in Anbetracht des aktuellen Forschungsstandes immer noch eine Vielzahl an Strömungen existieren, welche die aktuellen Forschungsergebnisse anzweifeln und sogar bekämpfen oder auch vehement die Augen vor einer solchen Krise verschließen. Dabei muss erwähnt werden, dass diese Arbeit nicht den Anspruch auf eine vollständige Klärung dieses Phänomens erheben kann. Ziel ist es, mit diesem Beitrag weitere Überlegungen und Denkanstöße zu dieser Thematik zu ermöglichen.

Um sich dieser Thematik nähern zu können, soll wie folgt vorgegangen werden: Zu Beginn dieses Beitrages sollen rechtspopulistische Strömungen und deren Einstellung zum anthropogenen Klimawandel fokussiert werden. Danach sollen historische Aspekte der Klimawandel-Leugnung genauer betrachtet werden und es soll untersucht werden, welche wirtschaftlichen Interessengruppen dabei eine Rolle spielen. In einem letzten Schritt werden psychologische Faktoren zu Rate gezogen, um dieses Phänomen besser zu erklären.


Wie stehen rechtspopulistische Akteure zum Klimawandel?

In einer (bereits erwähnten) Untersuchung von Stella Schaller und Alexander Carius wurden rechtspopulistische Parteien in Europa in Bezug auf deren Ansichten über den anthropogenen Klimawandel überprüft. Dabei wurden Wahlprogramme, Aussagen von Pressesprechern oder der Parteispitze und Pressemitteilungen hinsichtlich der Einstellung gegenüber dem Klimawandel betrachtet.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Klimapolitik in den meisten überprüften rechtspopulistischen Parteien eine sehr geringe Rolle spielt. So teilt die Studie die untersuchten Parteien in drei unterschiedliche Kategorien ein:
  • Kategorie 1: 7 von 21 überprüften Parteien leugnen demnach den wissenschaftlichen Konsens in der Wissenschaft direkt. Zu diesen Parteien zählt beispielsweise die ‚Alternative für Deutschland‘. Sie geht sogar so weit, den wissenschaftlichen Konsens durch das Streuen von ‚alternativen Fakten‘ (aus unglaubwürdigen Quellen) zu untergraben.
  • Kategorie 2: Der Hauptanteil (11 Parteien) widersprechen dem wissenschaftlichen Konsens nicht direkt, in einigen Punkten kommt es allerdings zu widersprüchlichen Aussagen.
  • Kategorie 3: Die letzten drei Parteien würden demnach den Klimawandel nicht leugnen. Trotzdem zeigt die Studie, dass ein erschreckend hoher Anteil der untersuchten Parteien den Klimawandel zumindest in Teilen leugnet.
Als weiteres Beispiel dafür, dass rechtspopulistische Akteure eher dazu neigen, den Klimawandel zu leugnen, kann der jetzige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, genannt werden. So sieht Donald Trump keinen Anlass dafür, den Klimawandel und die Folgen in irgendeiner Weise ernst zu nehmen. Bestätigend dazu hat CNN einen Artikel mit 20 Aussagen des Präsidenten über den Klimawandel zusammengestellt. So hat die USA unter der Führung von Donald Trump das Klimaabkommen von Paris im Juni 2017 aufgekündigt, weil es laut seiner Aussage unfair sei.

An dieser Stelle sollte klar geworden sein, dass es gerade unter Rechtspopulisten relativ häufig vorkommt, dass der Klimawandel und der wissenschaftliche Konsens darüber entweder geleugnet oder dem skeptisch gegenübergestanden wird. Es ist allerdings weiterhin unklar, warum es zu einer solchen Haltung kommt.

Warum könnten Rechtspopulisten dazu neigen, den anthropogenen Klimawandel zu leugnen?

Eine Erklärung kann in den Wesensmerkmalen des Populismus erkannt werden. Populismus ist kein eindeutig definierter Begriff, dennoch gibt es bestimmte Merkmale, welche es erleichtern, populistisches Verhalten zu erkennen. So sind Populisten meist anti-elitär, sie grenzen sich also von der herrschenden Elite, dem ‚Establishment‘ ab. Hierzu schreibt Jan-Werner Müller (hier) folgendes:
„[Populismus ist] eine ganz bestimmte Politikvorstellung, laut derer einem moralisch reinen, homogenen Volk stets unmoralische, korrupte und parasitäre Eliten gegenüberstehen […] (Anpassung F.L.)“.
So kann Klimaschutzpolitik von rechtspopulistischen Akteuren als liberales Eliten-Konzept wahrgenommen werden. Und dadurch wäre also denkbar, dass sich Populisten gegen den anthropogenen Klimawandel stellen, um sich klar gegen die ‚vorherrschenden Eliten‘ zu positionieren. Einfach ausgedrückt: Wenn die Eliten dafür sind, bin ich dagegen.
„They use arguments against climate policy to back up typically populist divisive narratives (“we against the other”).“ (Adelphi)
Weiter kann noch ausgeführt werden, dass das Thema Klimawandel dafür genutzt wird, um das Misstrauen gegenüber internationalen Institutionen auszudrücken. Auf europäischer Ebene kann hier der Euroskeptizismus als eine oftmals auftretende Gemeinsamkeit hiesiger rechtspopulistischer Parteien genannt werden und auch Trumps Austritt aus dem Pariser Abkommen kann zu dieser Form des Verhaltens gezählt werden.

Weiter geht die Studie davon aus, dass Populisten die Klimapolitik und damit verbundene internationale Abkommen so auslegen, dass dadurch die Souveränität des Volkes in Gefahr geraten würde: „It appeals to an ‘imagined community’ of the people overruled by external elites“ (Adelphi).

Bis hierher konnte nun schon auf verschiedene Vermutungen eingegangen werden, warum es für rechtspopulistische Parteien profitabel erscheint, den Klimawandel zu leugnen. Wenn allerdings der amerikanische Präsident ein Klimaschutzabkommen für unfair erklärt und sich dagegen ausspricht, stellt sich weiterhin die Frage, welche wirtschaftlichen Interessen hinter einer Leugnung des Klimawandels stecken. Im nächsten Abschnitt soll es also um eine folgenreiche Entwicklung gehen, seit in den 80er Jahren erstmals der anthropogene Klimawandel für Aufmerksamkeit sorgte.

Der Klimawandel und das liebe Geld
„Der Hockeyschläger war das Schlimmste, was der Industrie passieren konnte.“ (Michael E. Mann)
Das Hockeyschläger-Diagramm beschreibt den Temperaturverlauf des letzten Jahrtausends und seinen Namen verdankt es dem Aussehen, welches einem liegenden Hockeyschläger ähnelt. Dieses Diagramm war sozusagen der Startschuss für die denialistische Gegenbewegung. So ist der Verlauf in diesem Diagramm bis 1980 relativ konstant und erst ab dem Zeitpunkt, als vermehrt Kohle, Gas und Öl verbrannt worden ist, steigt die Kurve rasant nach oben. Mann, von dem das angeführte Zitat stammt, war mitverantwortlich für dieses Diagramm.

Entwicklungen, welche den anthropogenen Klimawandel aus wirtschaftlichen und ideologischen Interessen leugnen, lassen sich in Amerika schon früh erkennen. In etwa zu der Zeit, als der Klimawandel und seine Folgen in den 80er Jahren in Amerika mehr und mehr in den öffentlichen Diskurs gelangten und als es in den 90ern international zu größeren Bewegungen kam, begann sich eine Gegenbewegung zu bilden:
„With the collapse of the Soviet Union, a great deal of the political energy of anti-communism was transferred to anti-environmentalism.“ (Manne 2015)
Zur damaligen Zeit fand eine Unterscheidung zwischen zwei Wissenschaften statt. Auf der einen Seite war die „production science“, die sich dem industriellen Fortschritt verschrieben hatte. Auf der anderen Seite stand die „impact science“, die sich der Frage begrenzter Ressourcen widmete. Als Reaktion auf den wachsenden Einfluss der Umweltschützer begann sich also die Gegenbewegung der Leugner (englisch: denialists) herauszukristallisieren (vgl. Manne 2015).

Um sich gegen die (auch schon damals) deutlichen Fakten behaupten zu können, wurde eine ähnliche Strategie verwendet, die zuvor die Tabakindustrie verwendet hatte. Für die Tabakindustrie war es nicht notwendig, zu beweisen, dass das Konsumieren von Zigaretten ungefährlich sei. Es reichte schon aus, in Frage zu stellen, ob Rauchen tatsächlich gefährlich ist. Allein der Zweifel an Studien oder wissenschaftlichen Erkenntnissen reichte vollkommen aus, eine wissenschaftliche Bestätigung wurde nicht benötigt.

Für die Klimawandel-Leugner bedeutete diese Erkenntnis also folgendes: Es musste nur eine glaubwürdige Opposition aufgebaut werden, die neue ‚Erkenntnisse‘ in den öffentlichen Diskurs einbrachte. Die Aufgabe war es, Zweifel an einem wissenschaftlichen Konsens zu streuen und zu etablieren (vgl. Manne 2015). Mit dieser Opposition konnte und kann ein kultureller Gegenentwurf gestellt werden, welcher es erlaubte, das Weltbild intakt zu halten.

Das effektivste Mittel, solche ‚Erkenntnisse‘ zu verbreiten, war es, die wenigen Forscher und Wissenschaftler mit finanziellen Mitteln zu unterstützen, welche den Klimawandel in öffentlichen Diskursen anzweifeln. So entstand ein immer größer werdendes Netzwerk von ‚Skeptikern‘, und der öffentliche und politische Diskurs verschob sich zu Gunsten der Denialisten.
„In the process of building the climate-science Potemkin village, in what has been called “the social construction of non-problematicity” through “consciousness lowering” activities, the climate-denialist counter-movement has achieved, by any reckoning, outstanding success.“ (Manne 2015)
Aber woher stammte das Geld, womit sich eine solch kostenintensive und aufwendige Gegenbewegung finanzieren ließ? Um solche Wissenschaftler oder Denkfabriken zu finanzieren, „spendeten“ zu einem Großteil Personen, welche große Teile ihres Vermögens durch konventionelle Energieträger erwirtschaften, das nötige Geld. Besonders herausragend waren laut verschiedener Studien die finanziellen Zuwendungen der Koch-Brüder. Sie belegen nach dem Forbes Magazin Platz 8 der reichsten Menschen der USA. Ihren Reichtum erwirtschaften sie zu großen Teilen in der Öl-Industrie.
„As the Koch brothers’ most important enterprises are in oil and gas, and as they are zealous market fundamentalists, in their case it is impossible to separate the corporate financial interest from the ideological motivation.“ (Manne 2015)
Es existiert also eine Verbindung zwischen der denialistischen Gegenbewegung und der fossilen Energieindustrie. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die Affäre rund um ExxonMobil in den 70er Jahren. Laut verschiedenen Recherchen wusste ExonMobil bereits Mitte der 70er Jahre über die negativen Auswirkungen von Kohlendioxid und deren Entstehung durch die Verbrennung von fossilen Rohstoffen Bescheid. Die Rede war jedoch davon, dass es erst innerhalb von den nächsten 10 Jahren notwendig sei, eine energiepolitische Änderung anzustreben.

In einer Publikation von 2017 wurden 187 Klimawandelinformationen von ExxonMobil analysiert. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass ExxonMobil zwar zur Klimawandelforschung beigetragen hat, aber in Advertorial (also in der breiten Öffentlichkeit) Zweifel über den anthropogenen Klimawandel verbreitet hat.

Unterstützend zu diesen Thesen kommt eine Studie des Soziologen Justin Farrell von der Yale University hinzu. In dieser hat er sich mit Publikationen (aus 164 verschiedenen Organisationen) zwischen 1993 und 2013 beschäftigt, welche sich gegenüber dem Klimawandel kritisch äußern. Die Ergebnisse zeigen dabei ein “ecosystem of influence” auf. So verbreiten Akteure, welche aus wirtschaftlichen Quellen finanziert werden, häufiger Aussagen, welche den anthropogenen Klimawandel leugnen oder kritisieren.

Ferner haben beispielsweise 21 Senatoren der Republikanischen Partei nach einem Aufruf des US-Präsidenten Trump, das Pariser Klimaabkommen nicht mehr zu unterstützen, über drei Wahlperioden Wahlkampfspenden im Wert von zehn Millionen Dollar aus der Kohle- Gas- und Ölindustrie erhalten (vgl. Schmidt 2019).

Offensichtlich spielen also wirtschaftliche Anreize eine große Rolle dabei, warum sich Menschen gegen den wissenschaftlichen Konsens stellen. Dennoch scheint mir, dass dieser externe Faktor alleine nicht ausreicht, dieses häufig auftretende Phänomen zu erklären.

Naomi Klein – psychologische Faktoren

In folgendem Abschnitt werde ich mich auf das Buch „This Changes Everything“ von Naomi Klein beziehen. Dabei werde ich versuchen, ihre Theorie, warum es immer noch Menschen gibt, die den Klimawandel leugnen, darzulegen und diese gegebenenfalls mit aktuellen Beispielen unterstreichen. Gleich zu Beginn dieses Beitrags erwähnte ich bereits das Europäische Institut für Klima und Energie (kurz: EIKE). Um sich nun besser mit Naomi Kleins Thesen beschäftigen zu können, bedarf es einer kurzen Erläuterung zum EIKE und dessen Mitarbeitern. Auf diese Weise kann die von Klein aufgestellte Theorie besser verinnerlicht werden, und es zeigt sich die aktuelle Brisanz ihrer Theorie.

Zwischen dem 23. und 24. November 2018 tagte die 13. International Conference on Climate Change in Europa, genauer gesagt in München (Anmerkung: Naomi Klein berichtet ebenfalls über eine dieser Konferenzen, dabei handelte es sich allerdings erst um die 6. dieser Art (Klein 2014, Seite 46)). Diese Konferenz will bereits mit ihrem Namen einen professionellen und wissenschaftlichen Eindruck erwecken. Dabei ist dieser Name - International Conference on Climate Change (kurz ICCC) - in direkter Anlehnung an den anerkannten Weltklimarat Intergovernmantel Panel on Climate Change (kurz IPCC) gewählt (Klein 2014, Seite 47). Interessanterweise pflegt diese Denkfabrik gute Kontakte zur AfD. Beispielsweise ist Michael Limburg Vizepräsident des EIKE und auch Mitglied in der AfD.

Naomi Klein fokussiert sich in ihrem Buch stark auf das Heartland Institute, welches sich unter anderem zur Aufgabe gemacht hat, den von Menschen gemachten Klimawandel zu leugnen, beziehungsweise Falschinformationen darüber zu verbreiten (vgl. Klein, Seite 46 und hier). Das EIKE steht im direkten Kontakt zu besagtem Institut und ist in gewisser Weise das europäische Pendant zum amerikanischen Vorbild (vgl. ebd.).

Für Klein gibt es unter anderem einen zentralen Punkt, um die Handlungen solcher Denkfabriken zu erklären: Der Klimaschutz und damit verbunden der anthropogene Klimawandel ist nicht mit der Logik des Marktes und somit auch nicht mit dem Kapitalismus vereinbar (vgl. Klein 2014, Seite 55). Um dem Klimawandel wirklich gerecht zu werden, bräuchte es massive Interventionen (beispielsweise Verbot von klimaschädlichen Interventionen oder Subventionen für grüne Alternativen) (vgl. ebd.). Kurzgefasst alles, was solche Institutionen versuchen zu verhindern oder das Gegenteil dessen, für was sie stehen (vgl. ebd.). Gerade eine solche Ablehnung lässt sich bereits im Grundsatzpapier Energie der EIKE nachlesen und wiedererkennen:
„EIKE lehnt energiepolitische Maßnahmen ab, die zu einer unwirtschaftlichen, unzuverlässigen und umwelt-unverträglichen Energieversorgung führen. Eine solche Politik (EEG) [Erneuerbare-Energien-Gesetz] fügt der wirtschaftlichen Entwicklung großen Schaden zu, und beeinträchtigt zugleich den Lebensstandard der Bürger erheblich. (Anmerkung F.L.)“.
Klein geht davon aus, dass zum Beispiel Menschen wie Holger Thuß aus Angst den anthropogenen Klimawandel leugnen (vgl. Klein 2014, Seite 56). Holger Thuß bietet sich hierbei als Beispiel an, da er Gründer und Präsident des EIKE ist und damit zu den führenden ‚Skeptikern‘ des anthropogenen Klimawandels gehört.

In einem Interview auf der Homepage von EIKE gibt Thuß Einblicke in seine Art zu denken. So spricht er sich beispielsweise für eine marktwirtschaftliche klimapolitische Zukunft aus, welche ohne Subventionierungen auskommen solle. Auch werden erneuerbare Energien kritisiert. So heißt es, dass Wind- und Solaranlagen riesige Naturflächen besetzen würden, welche die Umwelt, die durch solche Maßnahmen geschützt werden solle, eher zerstören.

Ferner spricht Thuß davon, dass wenn kein Politikwechsel stattfände (zurück zu konventionellen Energien), es vielleicht keine Klimawandelopfer mehr gäbe, aber dafür Klimaschutzopfer. Seine Befürchtung ist: Wir „entwickeln uns durch die Klimapolitik in Richtung Entwicklungsland mit niedriger Lebensqualität.“ Ich denke, diese Beispiele reichen aus, um die Art und Weise von Thuß „Angstdenken“ besser verstehen zu können. Diese Angst entsteht, laut Klein, aus folgendem Grund:
„Wenn das System der freien Märkte tatsächlich physikalische und chemische Prozesse in Gang gesetzt hat, die, sollten sie weiterhin ungehindert ablaufen, große Teile der Menschheit existentiell bedrohen, dann war der ganze Kreuzzug für eine moralische Reinwaschung des Kapitalismus vollkommen vergeblich.“ (Klein 2014, Seite 56)
Oder anders ausgedrückt: wenn Menschen wie Thuß die Existenz eines anthropogenen Klimawandels anerkennen und diese tatsächlich auf ein Versagen des freien kapitalistischen Marktes zurückzuführen sind, ist dies nicht nur ein Eingeständnis eines Fehlers dieses ‚unfehlbaren‘ Marktes (also ein Fehler der eigenen Ideologie), sondern durch starke Reduktion der Emission nach Vorgaben der Wissenschaft (staatliche Eingriffe, Subventionierungen, Bestrafung von Emissionserzeugern …), bedeutet dies ebenso das Ende eines (beziehungsweise seines) ideologischen Weltbildes (vgl. Klein 2014, Seite 57).

Kurzer Ausflug: Klimawandel und der freie Markt

An dieser Stelle stellt sich die Frage, warum es für umweltverträgliche Energieträger so schwer ist, sich im freien Markt durchzusetzen? Um diese Frage zumindest teilweise beantworten zu können, beziehe ich mich im weiteren Verlauf hauptsächlich auf den Text von Ottmar Edenhofer. Erschienen ist dieser in einer aktualisierten Version in der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ und ist hier online verfügbar.

So existiert bereits ein offensichtliches Grundproblem für erneuerbare Energieträger: Durch ein Überangebot an fossilen Energieträgern werden die Preise für diese auch in Zukunft weiter relativ günstig bleiben. Gerade dieses Argument ist für Schwellen- und Entwicklungsländer ausschlaggebend. Gerade Länder wie Indien verlassen sich fast ausschließlich auf Kohlekraftwerke, da der Vorrat an Kohle beinahe unbegrenzt und günstig ist. So soll in der ärmeren und breiten Bevölkerungsschicht eine sichere Stromversorgung gewährleistet sein.

Es existiert allerdings ein weiteres Problem: So haben die Prognosen, dass fossile Energieträger immer knapper werden, nicht etwa für einen Anstieg der erneuerbaren Energien gesorgt. Im Gegensatz dazu wurde nach Alternativen und unentdeckten Vorkommen gesucht (Stichwort ‚Fracking‘). Edenhofer kommt zu folgendem Urteil für die Klimapolitik:
„Die politischen Entscheidungsträger können nicht mehr hoffen, dass der Handlungsdruck von den Märkten kommt. Sie selbst müssen durch internationale Regeln und Vereinbarungen dafür sorgen, dass die fossilen Ressourcen im Boden bleiben und die Atmosphäre als das Gemeinschaftsgut der gesamten Menschheit geschützt wird.“
Unterstützend zu Kleins Annahmen sind die aus dem Cultural Cognition Project entstandenen Aussagen des Jura-Professors Dan Kahan von der Yale Universität. So unterscheiden sich laut Kahan die Weltanschauung der Amerikaner in zwei unterschiedliche Perspektiven: „either hierarchical-individualism or communitarian-egalitarianism.“. Diese zwei Perspektiven sind laut Kahan ein besserer Faktor zur Bestimmung der Anschauung einer Person als andere Merkmale wie Alter oder Bildung. Wenn es also in den USA zu differenten Meinungen kommt und es alternative Ansichtsweisen gibt, geschieht laut Kahan folgendes:
„What individualists and communitarians do is turn to the experts or the political leaders or the commentators who, according to their world views, they have come to trust.“
Bezogen auf den Klimawandel heißt das also: Wenn es bei einem eigentlich unumstrittenen Thema plötzlich durch eine gut inszenierte Opposition zu einem wissenschaftlichen Diskurs kommt, dann entscheiden viele Menschen (nach der Cultural Cognition-Theorie) sich nach ihrem Weltbild. Aus diesem Grund war die oben beschriebene ‚Opposition‘ so wichtig und gleichzeitig erfolgreich (zumindest bis heute in den USA) für die Klimawandel-Leugner.

Dieser Filterprozess lässt sich eben auch auf Klimawandel-Leugnung und der von Klein aufgestellten Theorie anwenden. Wenn Personen den Klimawandel und die damit verknüpften Interventionen als eine Art ‚Angriff‘ auf das eigene Glaubenssystem interpretieren, kann dies dazu führen, dass diese Menschen (trotz wissenschaftlich klar belegten Fakten über den Klimawandel) dazu neigen, Tatsachen zu leugnen beziehungsweise abzulehnen, bevor ihre Weltanschauung dadurch erschüttert werden könnte (vgl. Klein 2014, Seite 53).

Wenn neue Informationen die eigenen Ansichten, was eine gute Gesellschaft ausmacht, stützen, neigen Menschen dazu, diese Informationen direkt zu übernehmen. Werden allerdings die neu eingetroffenen Informationen als eine Bedrohung für unser Glaubenssystem aufgenommen, wird diesen eher misstraut, um das besagte Glaubenssystem nicht zu gefährden (vgl. Klein 2014, Seite 52). Die Begründung sieht Kahan darin, dass eine Zustimmung zu solch ‚bedrohlichen‘ Informationen einen Keil zwischen sie und die Menschen in ihrem Bezugsfeld treiben könnte (vgl. ebd.). Oder um Naomi Klein zu zitieren: „[…] es ist immer einfacher, die Realität zu leugnen, als zuzulassen, dass unserer Weltanschauung erschüttert wird […] (Anpassung F.L.)“ (ebd.).

Es existiert verschiedenen Studien zufolge ein direkter Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Klimawandel-Leugnern (vgl. Klein 2014, Seite 81). Menschen mit einem ausgeprägten konservativen Weltbild und/oder industriefreundlichen Ansichten neigen eher dazu, sich umweltschädlich zu verhalten (vgl. ebd.). Der Psychologe Tim Kasser sagt in einem Interview unterstützend zu dieser Behauptung folgendes:
„[…] the more that people care about materialistic goals, the less they care about ecological sustainability and the more their lifestyles tend to have a damaging effect on the planet.“
Kapitalismus geht in der aktuellen wirtschaftlichen Lage Hand in Hand damit, materialistisch zu denken, dementsprechend gibt es also einen Zusammenhang zwischen klimaschädlichem Verhalten und dem Kapitalismus. Daraus lässt sich weiter ableiten, dass Menschen, die dem Kapitalismus nahestehen eher dazu neigen, den Klimawandel und die Konsequenzen zu leugnen, damit das eigene Weltbild erhalten werden kann.

Fazit

Den Klimawandel und den damit verbundenen wissenschaftlichen Konsens zu leugnen ist ein weit verbreitetes Phänomen. So konnte die Arbeit zeigen, dass es eben nicht nur wenige ‚Spinner‘ sind, sondern große Interessengruppen existieren, die versuchen, eine Kontroverse über einen wissenschaftlichen Konsens zu erschaffen. Über einen deutlichen Konsens - dies muss an dieser Stelle noch einmal betont werden -, der in der Wissenschaft nur äußerst selten existiert.

Es hat sich allerdings auch gezeigt, dass es nicht einfach ist zu erklären, warum Menschen dazu übergehen, sich so vehement gegen eine solche Bedrohung zu wehren. Die Arbeit konnte zeigen, dass es verschiedene Theorien dazu gibt, warum Menschen den Klimawandel leugnen und warum solche Interessensgruppen entstanden sind. So sind auf der einen Seite klimapolitische Maßnahmen schlecht für die fossile Energielobby - eine Interessengruppe, die über ein hohes Maß an Ressourcen und finanziellen Mitteln verfügt und diese auch bereitwillig für eine klimapolitische Gegenbewegung einsetzt. Salopp gesagt ist also der Klimawandel aus Sicht dieser Lobby schlecht fürs Geschäft und aus einer kurzsichtigen und wirtschaftlichen Perspektive ist es geradezu ‚vernünftig‘, eine solche Gegenbewegung zu finanzieren und erstarken zu lassen.

Ferner konnte zusätzlich durch das Buch von Naomi Klein eine psychologische Dimension erörtert werden. So ist es schon fast nachvollziehbar, wenn sich ein Mensch sein ganzes Leben dem Spiel des freien Marktes unterworfen und diesen als unfehlbar kategorisiert hat, dass wenn sich dieser besagte Mensch plötzlich mit einer Wahrheit konfrontiert sieht, welche diese komplette Weltanschauung in Frage stellt, die logische Konsequenz die Leugnung dieser Tatsache ist.

Ich denke, dass es gerade für rechtspopulistische Parteien sehr lukrativ ist, sich gegen den menschengemachten Klimawandel zu stellen. Der Klimawandel ist gerade für den globalen Norden sehr unbequem, da er bedeutet, den eigenen Lebensstandard und das Verhalten zu großen Teilen zu verändern, und es vermutlich nicht ausreicht, kleinere Stellschrauben zu bewegen. So ist es vielleicht gerade für einige Wähler bequemer, eine Partei oder einen Politikstil zu unterstützen welche sich ihrem Weltbild anpasst. Auf diese Weise könnten rechtspopulistische Akteure Wählerstimmen generieren, indem sie eine einfachere und bequemere Alternative (nämlich die Leugnung) anbieten. Auch stellt der Klimawandel uns Menschen vor ein globales Problem, welches nicht im nationalen Alleingang gelöst werden kann. Für Populisten, welche gerne nationale Interessen im Fokus sehen, ist der gemeinsame Kampf gegen den Klimawandel eng verknüpft mit dem Verlust der nationalen Souveränität und damit für einen Rechtspopulisten wohl schwer zu ertragen.

Zusammenfassend denke ich, dass mit dieser Arbeit ein Beitrag zur Klärung der Frage geleistet wurde, warum Menschen den anthropogenen Klimawandel leugnen. Meiner Meinung nach ist es dabei wichtig, die verschiedenen Interessengruppen zu beachten und zu erkennen, welche Vorteile aus einer solchen Haltung für sie entstehen könnten oder welche Einbußen mit einer Anerkennung einhergehen würden. Es gilt aber weiterhin zu beachten, dass es nicht nur einen Grund gibt, den Klimawandel zu leugnen, sondern es ein Zusammenspiel zwischen unterschiedlichen Faktoren oder Anreizen ist.

Literaturverzeichnis 

Online:
Print:
  • Klein, N. (2014). This Changes Everything. UK: Penguin Random House

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