Ihr Kommilitone Sebastian hat im Rahmen eines anderen Seminars Ressourcen rund um Nachhaltigkeit und BNE (= Bildung für nachhaltige Entwicklung) zusammengestellt. Hier sein Beitrag:
Die Konsequenzen der Digitalisierung der Lebenswelt des Menschen für die Umwelt sind verheerend:
so ist der stromverbrauchgebundene CO2-Ausstoß des Internet größer als
der der gesamten Luftfahrtbranche, und mit dem Energieverbrauch für eine
Suchanfrage bei Google & Co. brennt eine Energiesparlampe eine
Stunde lang.
Dies soll jedoch nicht die Chancen, die das Web (2.0) für eine
Entwicklung zu größerer ökologischer Nachhaltigkeit bereithält,
überdecken – denn diese sind zahlreich. Dabei möchte ich mit dem
Folgenden angehenden LehrerInnen Möglichkeiten zur Auseinandersetzung
mit Fragen der Bildung für nachhaltige Entwicklung an die Hand geben.
Bevor der/die LeserIn sich in die Tiefen des Web stürzt, möchte ich
gleich noch ein paar ganz praktische Ideen zum Surfen auf den Weg geben.
So könnt ihr euch bewusst über co2-neutrale Websites wie jener von
Greenpeace informieren (fragt diesbezüglich auch gerne bei den
Betreibern nach, denn das erhöht das Bewusstsein für die Problematik),
nutzt selbst ökologische Email-Provider wie jenen von posteo oder
‚googelt‘ nicht, sondern nutzt Ecosia zur co2-neutralen Webrecherche - viel Spaß!
Das Web 2.0 als Informationsquelle zu den Themen Ökologie und Umweltbildung
Es gibt im Internet eine unbegrenzte Fülle an Websites von
verschiedensten Betreibern, die Informationen zu den unterschiedlichsten
Themen mit Schwerpunkt Ökologie/Umweltbildung/Nachhaltigkeit anbieten.
Allein deshalb kann die nachfolgende Darstellung nur ausschnitthaften
Charakter haben, und zwar dahingehend, wie sich der Autor dieses
Blogbeitrags selbst des Web 2.0 zur Information über das Thema bedient
(hat).
Wichtig bei der Auswahl fachlicher wie auch später didaktischer Medien
ist m.E., dass diese zumindest konstruktiv problematisierend, im
Idealfall aber lösungsorientiert ‚geframte‘ Inhalte vermitteln. Das
Gegenteil hierzu sind apokalyptische Darstellungen über das Ende ganzer
Ökosysteme oder der Menschheit sowie Negativszenarien, die bei der
Umweltproblematik Klimawandel fatalistische Unterhaltungsbedürfnisse
bedienen.
Doch zunächst einmal ist eine informationelle Grundlegung angebracht.
Wer sich mit dem Thema ökologischer Nachhaltigkeit noch sehr unsicher
fühlt, kann hierzu lexikalische Websites wie das immer noch aktuelle dadalos-d.org oder das Lexikon der Nachhaltigkeit nutzen. Aber auch die Wikipedia stellt an dieser Stelle selbstverständlich als hilfreiches Nachschlagwerk offen.
Letztlich gilt, wie Ragnar Müller auf dadalos-d.org schreibt, dass
„allein die Umweltthematik schon so facettenreich [ist], dass sie sich
im Rahmen [nur] eines Online-Lehrbuchs nur lückenhaft skizzieren lässt" –
der Leser ist also zur schneeballhaften weiteren Recherche genötigt.
Möglichkeiten hierzu bieten die Onlinemedien der Zeitungen, wie z.B. zeit.de/nachhaltigkeit, NGOs wie der BUND Deutschland, NABU, Friends of the Earth oder Greenpeace.
Aber auch bei YouTube findet man hervorragend aufgearbeitete, leicht
zugängliche Materialien. Ein wachrüttelndes, ausgesprochen kritisches,
aber dennoch informatives Video findet sich hier. Die Website sustainabilityillustrated
hat es sich zur Aufgabe gemacht, über Videos auf Deutsch, Englisch und
Französisch auch didaktisch wertvolle Erklärungen zum Themenkomplex
Nachhaltigkeit anzubieten.
Eine Ebene tiefer taucht das Umweltbundesamt,
welches auch mit anspruchsvolleren technisch-naturwissenschaftlichen
Berichten und Studien aufwartet. Das Webportal des Umweltbundesamtes
bietet darüber hinaus anwendungsbezogene und fundierte wie sehr
lohnenswerte didaktische Ressourcen.
Weitere nationale und internationale Organisationen sind UNEP, UNFCCC,
das PIK, … die oftmals in ihren je eigenen Zuständigkeitsbereichen tätig
sind. Für Baden-Württemberg bei regionalen und lokalen technischen
Umweltfragen ist die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz zuständig.
Schließlich möchte ich einen relativen „Exoten“ hervorheben. Sustainia
hat es sich ganz explizit zum Ziel gemacht, eben jene konstruktiven
Beiträge zu einer Lösung der Nachhaltigkeitskrise zu fördern und darüber
zu informieren. Leider nur auf Englisch vorhanden, sind die Beiträge
regelrechte „Hingucker“.
Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass viele Akteure der Umweltpolitik
durch ihre Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auch in den sozialen Medien
zu finden sind und dort über die jüngsten Entwicklungen informieren
(z.B. UNEP, UBA, UNFCCC etc.). Einfach liken und du bist stets
up-to-date! ;)
Nachhaltig handeln lernen mithilfe digitaler Medien im „grünen“ Klassenzimmer (schulische und außerschulische Umweltbildung)
„Untersuchungen zufolge konnten bereits Zusammenhänge zwischen Medien
und Umweltwissen, Umwelteinstellungen, Umweltbewusstsein und
Handlungsbereitschaft von Kindern festgestellt werden (vgl.
Gruber-Mannigel et al. 2010). Der Erfolg von Medien hängt – wie zu
erwarten ist – zu einem großen Teil von dem pädagogischen Gesamtkonzept
ab, in dessen Zusammenhang die digitalen (Geo-)Medien eingesetzt werden.
Neben der Einbettung in das Gesamtkonzept stellen Faktoren wie
Lebensweltbezug, Adressatengemäßheit bzw. Zielgruppenorientierung,
Komplexitätsreduktion, Anschaulichkeit, Handlungsorientierung,
Interaktivität und der für Heranwachsende wichtige Spaßfaktor weitere
bedeutsame Kriterien dar, die die Wirksamkeit des Medieneinsatzes und
damit auch dessen Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung bzw.
Umweltbildung beeinflussen (vgl. Peters & Große Ophoff 2009, S. 471;
Gruber-Mannigel et al. 2010).
Vor dem Hintergrund der medialen Sozialisation heutiger Kinder und
Jugendlicher kommt dem Einsatz digitaler Medien eine zentrale Bedeutung
bei der Verankerung von Nachhaltigkeitsthemen in Bildungskontexten zu.“
(Aus: Michel, Siegmund, Ehlers, Jahn, Bittner: Digitale Medien in der
Bildung für nachhaltige Entwicklung - Potenziale und Grenzen, oekom
verlag, München, 2013).
Wie die Autoren schreiben, kommt es bei einer gelingenden Vermittlung
von Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen in der Schule heute in ganz
erheblichem Umfang auf den Einsatz digitaler Medien innerhalb eines
pädagogisch stimmigen Gesamtkonzepts an. Folgende Zusammenstellung soll
hierfür eine Grundlage bieten, wobei neben innerschulischen Lernorten
wie dem Klassenzimmer auch ganz besonders außerschulische Lernorte zu
berücksichtigen sind.
Einen umfangreichen, einführenden Beitrag zur Didaktik der Bildung für
nachhaltige Entwicklung (BNE) stellt die Material- und Infosammlung der Bundeszentrale für politische Bildung
dar. Hier werden besonders politikdidaktische Grundlagen wie der
Beutelsbacher Konsens im Zusammenhang mit BNE thematisiert. Außerdem
wird etwas umfangreicher die Notwendigkeit einer motivierenden
Herangehensweise bei der Vermittlung von Bildung für nachhaltige
Entwicklung dargelegt.
BNE Baden-Württemberg
bietet ein weitreichendes Angebot an außerschulischen Lernorten, vom
Bauernhof über den Wald bis zum Zoo, sowie einigen didaktischen
Materialien zum Thema Nachhaltigkeit in der Schule für alle Schulformen.
Das Land Rheinland-Pfalz hat gar eine Landesanstalt für Umweltaufklärung
geschaffen, die mit einigen interessanten Materialien aufwartet (u.a.
gibt es einen Reiter ‚Bienen in der Schule‘, der im Kontext der BNE die
Arbeit in Schulimkereien thematisiert und besonders hervorhebt – was
einem Imker wie dem Autor natürlich gefällt). Weitere bundesstaatliche
Einrichtungen sind das Umweltministerium (BMUB) mit ihrer Website umwelt-im-unterricht.de sowie die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.
Zentrale Anlaufstelle für Fragen besonders der außerschulischen Umweltbildung stellt die Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung (ANU) dar. Von ihr ausgehend findet man im Web ein weites Netz an Einrichtungen wie zum Beispiel die Ökostation Freiburg.
Sie bietet unter dem Reiter „Grünes Klassenzimmer“ eine Vielzahl von im
Wesentlichen außerschulisch stattfindenden Angeboten für Schulklassen.
Eine besonders aktuelle und spannende (und nur bedingt schulische)
Thematik des ANU findet sich unter „Umweltbildung mit Flüchtlingen“, außerdem eine Liste sämtlicher Umweltzentren in BW.
Das Web ist außerdem eine Fundgrube für didaktische Materialien, die
weitestgehend direkt im Unterricht einsetzbar sind, wie die Videos von PlanetSchule, z.B. „Gefundenes Fressen – Leben vom Abfall“ und besonders die Themenschwerpunkte Klimawandel sowie Bedrohte Meereswelt.
Last but not least stellen auch PC-Games in der BNE ein Potential zum
besonders motivierenden, spielgesteuerten Lernen dar. Eine kurze
Übersicht über die verschiedenen Arten von PC-Games mit Lerneffekt im
Bereich BNE findet sich hier. Beispiele hierfür sind Landyous, Anno 2205 oder das Bildungscent-Spiel des UBA.
Das Web 2.0 als Tool zum persönlichen nachhaltigen Ressourcenmanagement
Zuletzt soll nicht unbeachtet bleiben, dass das Web 2.0 in erheblichem
Umfang Raum bietet für den Austausch über einen nachhaltig(er)en
Lebensstil – in allen Bereichen des täglichen Lebens: Wohnen, Mobilität,
Konsum und Lebensmittel.
Wohnen: Im Netz finden sich zahlreiche CO2-Rechner,
z.B. vom Umweltbundesamt. Abgesehen davon bietet das Internet in
Kombination mit intelligenten technischen Neuerungen natürlich
zahlreiche Möglichkeiten – von der intelligenten Waschmaschine bis hin
zu der sich unter dem Begriff „smart grids“ (intelligente Stromnetze)
erst entwickelnden integrierten Energiemanagementsystemen.
Mobilität: Vor allem in Form von verschiedensten Apps zahlreicher
Startup- wie auch älterer Unternehmen bietet das Web 2.0 Möglichkeiten,
bewusst nachhaltiger unterwegs zu sein. Man denke hier nur an die
Unternehmen des ÖPNV, die DB, an Carsharing oder Mitfahrgelegenheiten oder Allrounder wie z.B. memobility.
Konsum: Unter dem Begriff der „sharing economy“ versammeln sich
unzählige Initiativen, die etwa ihr Gartengerät, Werkzeug oder sonstige
Gegenstände teilen. Und unter gartenpaten.org gibt es gar den ganzen Garten! Des weiteren bietet das Web Anschluss an kommerzielle Anbieter im Bereich eines ökologisch-alternativen Lifestyle und Einblick in das Privatleben von Aktivmenschen vermittels Lifestyle oder Aussteiger-Blogs. Mit dem "nachhaltigen Warenkorb"
bietet der Rat für nachhaltige Entwicklung ein stets aktuelles und sehr
umfangreiches Informationsportal, auch in App-Form, dar.
Lebensmittel: Schließlich bietet das Web 2.0 im letzten großen
Nachhaltigkeitsfeld „Lebensmittel“ Möglichkeiten zur aktiven Gestaltung
einer nachhaltigeren Realität. Über foodsharing
können nicht verwendete Lebensmittel doch noch einen Verwendungszweck
finden. Ein ähnliches Angebot findet sich beim staatlichen Anbieter "zu gut für die Tonne"
in Form einer ansprechenden App. Und die Kommunikation beim Beziehen
einer Bio-Kiste vom Bauern erleichtert das Internet genauso, wie es die
Besorgung von Lebensmitteln umweltverträglicher gestalten kann – egal ob
per Online-Supermarkt oder den Zusammenschluss von Containern/Dumpstern im Netz (Vorsicht! Nicht ganz legal… ).
Sind bei all dem eure Erwartungen doch nicht so recht erfüllt worden
oder braucht ihr jetzt einfach mal `ne Pause? Dann entsprecht einfach
dem Rat des im vergangenen Jahr verstorbenen Peter Lustig aus eigentlich
noch prädigitalen Zeiten, der am Ende seiner Sendung stets dazu einlud:
„einfach mal ab(zu)schalten“! – denn (nachhaltig) Leben, das tun wir
letztlich immer noch analog! ;)
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