Freitag, 29. September 2017

Aus Gebern und Nehmern werden Partner - nachhaltige Entwicklungspolitik in Afrika?

Das Jahr 2017 ist nicht nur das Jahr der Reformation – welche sich zum 500sten Mal jährt – sondern auch das Afrikajahr Deutschlands und der EU. Das Afrikajahr 2017 soll dazu dienen, alte Konzepte zu reformieren, zwar nicht im Sinne von Martin Luther, jedoch im Sinne eines neuen Partnerschaftsvertrages.

Die neue Partnerschaft soll den Cotonou-Vertrag ablösen und eine neue Grundlage der Zusammenarbeit schaffen. Die Schwerpunkte dieses "Marshall-Plans" liegen auf den Gebieten „fairer Handel“, „mehr private Investoren“, „mehr wirtschaftliche Entwicklung“, und „unternehmerische Entfaltung“, außerdem soll dieser Plan zu mehr Jobs und mehr Beschäftigung führen. Der zentrale Begriff des Planes ist Zusammenarbeit, innerhalb welcher die EU und ihre Mitgliedstaaten als „gleichberechtigte Partner zur Verfügung“ stehen sollen.
„Ziel ist ein prosperierendes Afrika, dessen Entwicklung alle einbeziehen und von den Potenzialen der eigenen Bevölkerung vorangetrieben wird.“
Weiter heißt es, man wolle afrikanische Lösungen für afrikanische Herausforderungen (vgl. BMZ 2017, S. 5). Diese „neue Dimension der Zusammenarbeit“ scheint reformatorisch zu sein. Doch stellt man sich in diesem Zusammenhang die Frage: Wie kann nachhaltige Afrikapolitik aussehen und wie soll diese gestaltet werden?

Das Ziel, eine nachhaltige Afrikapolitik zu gestalten, geht vor allem aus der Historie hervor, da diese zu Zeiten der Kolonien und durch die Folgen der Kongo-Konferenz von 1884 in keinster Weise als Zielsetzung zu verstehen war.
„Denn obwohl es auf dem Kongress offiziell nur um die Einrichtung einer Freihandelszone im Kongo ging, steckten die imperialen Mächte bei der Gelegenheit gleich auch ihre territorialen Ansprüche in Afrika ab – mit Bleistift und Lineal.“ (Knopp 2011, S. 11)
Die Kongo-Konferenz, welche auch „Berliner Konferenz“ oder „Westafrika-Konferenz“ genannt wird, markiert durch „[d]ie Aufteilung des Kontinents unter den europäischen Großmächten ohne die Einbeziehung der unmittelbaren Betroffenen [...]“ (Kiplagat in Gieler 2010, S. 43) den Beginn einer gemeinsamen europäischen Afrikapolitik. Dies ist der Beginn einer institutionalisierten Beziehung, die im Folgenden als „Einmischung“ bezeichnet wird (vgl. Bruchhaus et al. 1986, S. 7).

Die Einmischung in Afrika beginnt zwar nicht im Jahr 1884, es ist jedoch das erste Mal, dass es eine koordinierte europäische Vorgehensweise gibt, und kann daher als Beginn der europäischen Afrikapolitik gesehen werden. Sinnbildlich für diese Konferenz steht die Aussage des amerikanischen Historiker Godfrey Uzoigwe, dass „[n]iemals zuvor in der Geschichte der Menschheit […] sich die Staaten eines Kontinents zur Aufteilung eines anderen zusammengefunden [haben], eines Erdteiles, dessen rechtmäßigen Herrscher von dieser Aufteilung nicht einmal Kenntnis hatten“ ( Knopp 2011, S. 11).

Inhaltlich hatte die Berliner Afrikakonferenz das Ziel, „die durch die koloniale Konkurrenzsituation vor allem zwischen Frankreich und Großbritannien in Afrika entstehenden Konflikte am Konferenztisch zu lösen“ (Krings in Bruchhaus et.al. 1984, S. 295).

Der Auslöser hierfür ist die industrielle Revolution, welche auf Expansion ausgelegt war. Afrika bot die Möglichkeit zu dieser Expansion, denn „[d]er afrikanische Kontinent ist reich an Rohstoffen und natürlichen Ressourcen“ (Gesichter-afrikas.de, 2009).
„Afrika verfügt über zahlreiche nicht erneuerbare Rohstoffe von weltweitem Interesse wie Öl, Gold, Diamanten und Erze. Zudem finden sich dort geschätzt 89% der weltweiten Vorkommen an mineralischen Rohstoffen wie Bauxit, Chromit, Kobalt, Diamanten, Gold, Platin und Titan.“ (van Dijk 2015, S. 85)
Nicht nur Rohstoffe und Ressourcen waren Katalysatoren zur Befriedigung europäischer Wirtschaftsinteressen, sondern auch der Handel mit menschlicher Arbeitskraft in Form von Sklaven. Der Handel mit Sklaven war zwar keine europäische Erfindung, jedoch ist zu konstatieren, „daß die Unterdrückung des von Europäern initiierten transatlantischen Sklavenhandels die Institution der Sklaverei in Afrika nicht nur nicht erschütterte, sondern im Gegenteil die interne Sklaverei im Gefolge der Abolition einen weiteren Aufschwung erlebte und zugleich ihren Charakter veränderte, und das wohlverstanden zum Schlechten hin“ (Wirz in Bruchhaus et.al. 1984, S. 27).

Es ist also festzuhalten, dass die Afrikapolitik des 19. Jahrhunderts auf eigenen, hauptsächlich wirtschaftlichen Interessen basiert, auch wenn der Sklavenhandel durch die Schlussakte der Kongo-Konferenz am 8. April 1885 faktisch verboten wurde. Dies ist in Artikel 9 der General-Akte der Berliner Konferenz zu lesen, welche von allen anwesenden Vertretern am 26. Februar 1885 unterzeichnet wurde:
„Da nach den Grundsätzen des Völkerrechts, wie solche von den Signatärmächten anerkannt werden, der Sklavenhandel verboten ist, und die Operationen, welche zu Lande oder zur See diesem Handel Sklaven zuführen, ebenfalls als verboten anzusehen sind, so erklären die Mächte, welche in den das konventionelle Kongobecken bildenden Gebieten Souveränitätsrechte oder einen Einfluß ausüben oder ausüben werden, daß diese Gebiete weder als Markt noch als Durchgangsstraße für den Handel mit Sklaven, gleichviel welcher Race, benutzt werden sollen. Jede dieser Mächte verpflichtet sich zur Anwendung aller ihr zu Gebote stehenden Mittel, um diesem Handel ein Ende zu machen und diejenigen, welche ihm obliegen, zu bestrafen.“ (General-Akte der Berliner Konferenz 1885)
Zwar wurde die Sklaverei im Kongobecken verboten, jedoch wurde der Kongo-Freistaat zum „Privatbesitz“ des belgischen Königs Leopold II. und dadurch entstand ein Zwangsarbeitssystem, welches dem Sklavenhandel in vorhergegangener Zeit gleichkam. Dieses Zwangsarbeitssystem war eines, „welches die Arbeiter zur Gewinnung von Kupfer, Eisen, Elfenbein, Palmöl und Kautschuk etc. antrieb“ (Munoz-Perez in Gieler 2010, S. 221).

Man nutzte die erzwungenen Arbeitskräfte, um den eigenen Wohlstand in der Heimat Belgien zu vergrößern - und das trotz des Verbotes der Sklaverei. Man verstand diese Leibeigenschaft nicht als Sklaverei, da man die „Eingeborenen“ (General-Akte Berliner Konferenz 1885, S. 218) nicht als Handelsware, sondern als Eigentum oder Besitz sah. Die Konferenz legte zwar fest, dass der Handel verboten werden sollte, nicht aber Leibeigenschaft und Zwangsarbeit.

Das sorgte international für Aufsehen, und so wurde am 15. November 1908 das Gebiet der heutigen Demokratischen Republik Kongo von der belgischen Regierung übernommen. Doch selbst danach gab es Zwangsarbeit, und der Kontinent wurde weiterhin ausgebeutet, so dass „die Kupfererzeugung zwischen 1912 und 1930 von 2.500t auf 140.000t [stieg]“ (Munoz-Perez in Gieler 2010, S. 221).

Die deutsche Kolonialpolitik hat ihren Anfang im Jahr 1884 genommen, welche durch eine Rede des Reichskanzlers Otto von Bismarck vor dem Reichstag eingeleitet wurde:
„Ich habe mich dann entschlossen, an die englische Regierung die Frage zu stellen, ob sie auf Angra Pequena Rechtsansprüche geltend mache, und wie sie, im Falle dass es so wäre, glaube, diese begründen zu können... ich habe mich überzeugen können, dass dort nur die eingeborenen Stämme bisher eine Souveränität ausüben, und dass da Zweifel nicht vorliegen.“ (Knopp 2011, S. 38)
Angra Pequena ist die später als Lüderlitzbucht bezeichnete Meeresbucht, welche sich nahe der Stadt Lüderlitz befindet. Sie liegt im heutigen Namibia. Namibia wurde auf der Afrika-Konferenz dem Deutschen Kaiserreich zugeteilt. Die Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestafrika „holte Siedler aus Deutschland ins Land [Region rund um die Lüderlitzbucht] und verkaufte bzw. verpachtete große Teile des Landes südlich des 20. Breitengrads als kommerzielle Farmen, die wegen des ariden Klimas überwiegend für extensive Viehzucht genutzt wurden“ (Christiansen in Gieler 2010, S. 331).

Durch diese Ausbreitung der deutschen Bauern und Farmer, welche nach 1885 in das heutige Namibia auswanderten, wurden die einheimischen Herero vertrieben und oftmals zu Arbeiten auf den neuen Farmen gezwungen. Auch durch die Rinderpest, welche 1897 90% der Herero-Viehbestände, jedoch durch den Impfschutz nur 50% der Kühe auf europäischen Farmen in Südwestafrika tötete (vgl. Hauck 1996, S. 147).

Die Folgen waren der Verkauf von Herero-Land und der Zwang zur Arbeit auf Farmen europäischer Siedler. Dies mündete in einen Aufstand von 1904 bis 1907, welcher heute unter dem Namen Herero-Aufstand bekannt ist. Es kam am 11. August 1904 zur Schlacht am Waterberg und daraus folgte dann, dass ein Großteil der Herero-Bevölkerung im Omaheke-Gebiet ihren Tod  durch Verdursten fand. Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob die Herero-Bevölkerung intentional in die Wüste geschickt wurde, um dort zu verdursten oder nicht.

Das vorläufige Ende der deutschen Kolonialgeschichte markierte der Versailler Vertrag, welcher im Jahre 1919 unterzeichnet wurde. Dieser Vertrag war das Resultat des verlorenen Ersten Weltkrieges. So heißt es in Artikel 119 aus „Deutsche Rechte und Interessen außerhalb Deutschlands: Kapitel 1“: „Deutschland verzichtet zugunsten der alliierten und assoziierten Hauptmächte auf alle seine Rechte und Ansprüche bezüglich seiner überseeischen Besitzungen.“

Damit gemeint sind die deutschen Kolonien, welche sich bis zum Ende des Weltkrieges in deutschem Besitz befanden. Des weiteren wurde eine Entschädigung für die entstandenen Schäden verlangt: „Deutschland übernimmt die Wiedergutmachung der Schäden, die französische Staatsangehörige in der Kolonie Kamerun oder in der Grenzzone durch Handlungen deutscher Zivil- und Militärbehörden und deutschen Privatpersonen in der Zeit vom 1. Januar 1900 bis zum 1. August 1914 erlitten haben. Die Berechnung wird von der französischen Regierung aufgestellt. Sie bedarf der Billigung des Widergutmachungsausschusses“ (Artikel 124 des Versailler Vertrages).

Deutschland musste jedoch keine Reparation an die kamerunesisch Bevölkerung leisten, auch werden Reparationszahlungen der deutschen Regierung an die namibische Regierung bis heute nicht getätigt. Die Kolonialgeschichte Deutschlands war durch den Versailler Vertrag offiziell beendet, aus europäischer Perspektive ging der „Gewahrsam“ der afrikanischen Territorien bis in die fünfziger und sechziger Jahre und die damit verbundenen Unabhängigkeitsbewegungen hinein.
„Zwar sind im Laufe der Nachkriegszeit die meisten ehemaligen Kolonien in die staatliche Souveränität entlassen worden; mehrheitlich in den 1960er Jahren, Mosambik und Angola jedoch erst 1975 [...]. Mit der politischen Dekolonisation waren koloniale Beziehungen jedoch nicht mit einem Schlag beendet.“(Conrad 2012, bpb online)
Es lohnt sich daher, die Entwicklung des postkolonialen Afrikas anhand des Beispiels Nigeria genauer anzuschauen. Dieser Einblick dient nicht nur dem historischen Verständnis, sondern soll die aktuelle Lage Afrikas verständlicher machen.

Noch bevor Nigeria unabhängig wurde, nämlich zur Zeit der Kolonisation der Länder rund um den Niger, wechselte das europäische Wirtschaftsinteresse weg von Sklaven oder menschlicher Arbeitskraft hin zu den Erzeugnissen des Landes, zum Beispiel der Ressourcen. Die Interessen verschiedener, auch nicht-staatlicher Gruppierungen, stiegen weiter an.
„Den Händlern folgten die Missionare. Der immer stärker werdende europäische Einfluss leitete den Zerfall der einheimischen politischen und wirtschaftlichen Machtstruktur ein.“ (Gieler, 2010, S. 346)
Die nigerianische Nation, welche der „volkreichste Staat des [afrikanischen] Kontinents“ (Hauck 2001, S. 163) ist, hatte daher nicht nur Schwierigkeiten, die eigenen Interessenskonflikte nach der Unabhängigkeit zu bearbeiten, sondern musste zudem einen Kompromiss aus traditioneller afrikanischer Politik und „modernen“ europäischen Politik-Strukturen finden.

Einer dieser Auslöser war die willkürliche Grenzziehung auf der Berliner Kongo-Konferenz, welche nicht nach Ethnien oder kulturellen Differenzen der afrikanischen Bevölkerung um 1885 entschieden wurde, sondern ausschließlich wirtschaftliche Interessen der europäischen Staaten widerspiegelte. So befinden sich, auch heute noch, Gebiete einer indigenen Bevölkerung auf zwei oder mehreren Staaten verteilt (Beispiel: Tutsi in Ruanda, Burundi und der Dem. Rep. Kongo) oder es wurden ethnische Gruppierungen in Kolonialgebiete aufgeteilt, welche bislang keinerlei Kontakt zueinander hatten.
„[J]e nach ethnologischer Zählweise leben in Nigeria zwischen 250 und 400 verschiedene Ethnien.“ (Gieler 2010, S. 347)
Diese Gruppierungen traten in Konflikt miteinander um die Verteilung der wirtschaftlich bedeutsamen Ressourcen. Es spitzten sich bereits während der Unabhängigkeit Nigerias (01.10.1960) die Probleme zu, so dass „[d]er erste Militärputsch […] schon 1966, sechs Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung, die gewählte Regierung Balewa [stürzte]“ (Hauck 2001, S. 164) und das parlamentarisch-demokratische System beseitigte. Es folgte der Sezessionskrieg um Biafra (1967-1970), welcher durch weitere Putsche und Gegenputsche initiiert wurde.

„Gegen die im Biafrakrieg siegreiche Militärregierung Gowon gab es 1976 einen Putsch. Erst am 29.05.1999 nach dem Tod des Militärdiktators Abacha entstand eine Präsidialdemokratie, die sogenannte „Vierte Republik“ (vgl. Gieler 2010, S. 344), welche bis heute Bestand hat.

Nigeria profitierte in den Jahren zwischen 1960 und der „Vierten Republik“ vor allem von seinem Erdölreichtum, welches besonders der jeweiligen Regierung zugutekam. Die Bevölkerung des Landes zog daraus nur wenig Vorteile und wurde Opfer einer wirtschaftlichen Ungleichheit.
„Nach einer Studie von Diejomaoh und Anusionwu (1981) lag der Gini-Index der interpersonalen Einkommensverteilung 1960 noch bei 0,5, 1970 schon bei 0,6 und 1976 gar zwischen 0,7 und 0,8, ein Ungleichheitsniveau, das weltweit unerreicht ist.“ (Hauck 2001, S. 164)
Das sorgte für Unzufriedenheit in der sehr heterogenen Bevölkerung, welche sich in gewaltsamen Konflikten widerspiegelte. Die Probleme, welche bis zum Jahre 1999 vorherrschend waren, waren also die Heterogenität der Bevölkerung und die damit verbundenen ethnischen Konflikte, die ungleiche Verteilung innerhalb der Bevölkerung, die Korruption, welche Teil der Verteilungsproblematik ist, die ständigen politischen Wechsel, welche ebenfalls negative Auswirkungen auf die Wirtschaft hatten und zusätzlich noch eine Polarisierung zwischen der christlichen und muslimischen Bevölkerung, welche Terrormilizen wie Boko Haram entstehen ließen.

Der christlich-dominierte Süden ist reich an Bodenschätzen und profitiert von seiner wirtschaftlichen Stärke, der muslimisch dominierte Norden hingegen ist durch seine Lage in der Wüste und Halbwüste und den geringen Mengen an Bodenschätzen deutlich schwächer, sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Dieses Ungleichgewicht schafft nicht nur Konflikte zwischen den ethnischen Gruppen, sondern sind ist zugleich der Nährboden für einen politischen und religiösen Fanatismus.

Im Norden ist eine islamistische Terrormiliz beheimatet, welche weltweit unter dem Namen „Boko Haram“, also „westliche Bildung ist Sünde“, bekannt ist. Ihr offizieller Name ist „Jama´atu Ahlis Sunna Lidda´awati wal-Jihad“, das beduetet so viel wie: Personen, die sich der Verbreitung der Lehre des Propheten und des jihad verschrieben haben“. Dies beinhaltet das Statement, sich für die Verbreitung des salafistischen Islams einzusetzen.

Die Miliz Boko Haram begann im Januar 2010 mit Anschlägen durch Schusswaffen und Bomben, mehrheitlich im Norden des Landes (vgl. Internationale Gesellschaft für Menschenrechte). Boko Haram hat die Intention, ein islamisches Kalifat zu errichten, welches sich politisch wie auch ideologisch vom Süden des Landes lossagen soll. Dass es sich um einen inner-nigerianischen Konflikt handelt, zeigt auch, dass bis auf einen Anschlag im Jahre 2011 auf ein UN-Quartier keine Anschläge auf internationale Institutionen getätigt wurden (vgl. Internationale Gesellschaft für Menschenrechte).

Das Ziel ist also eine Spaltung des nigerianischen Staates, denn „[f]ür die demokratische Entwicklung des Landes ist der Nord-Süd-Antagonismus weiterhin von tiefgreifender Bedeutung“ (Gieler 2010, S. 351). Dieser wird jedoch zu vereinfacht dargestellt, wenn man ihn auf die Polarisierung der christlich/muslimischen Konflikte minimieren würde. Die Bundesrepublik Nigeria und deren geschichtliche Entwicklung nach dem Ende der Kolonialzeit und dem Erreichen der Unabhängigkeit ist stellvertretend für viele der über 50 afrikanischen Staaten zu verstehen und zeigt zudem die Komplexität der politischen und wirtschaftlichen Lage dieser Länder.

Kein rein afrikanisches Thema, jedoch ebenso zentral für Afrika wie für jede Region dieser Welt ist das Thema des Klimawandels und die damit einhergehenden Problematiken. Die Wüsten Afrikas breiten sich immer weiter aus, besonders die Sahara. Durch diese Desertifikation kommen laut br-online jedes Jahr 70.000 Quadratkilometer Wüste weltweit dazu. Diese Entwicklung sei vor allem durch „Tourismus und Landwirtschaft, eine verfehlte Agrarpolitik und eine Bevölkerungsexplosion“ (br-online, 2017) zu erklären. Außerdem ist der wachsende Wasserverbrauch eine weitere Gefahr für den Erhalt von afrikanischen Agrarflächen.
„Mit der Zunahme der Weltbevölkerung auf geschätzt 9 Mrd. Menschen im Jahre 2050 (UNFPA) wird auch der Wasserbedarf steigen. 40% der weltweit hergestellten Nahrungsmittel werden derzeit aus Bewässerungslandbau gewonnen (FAO 2011). Es wird geschätzt, dass dieser Anteil um 11% steigen wird, um den Bedarf an Nahrungsmittel- und Biomasseproduktion zu stillen.“ (Evers in Heinrichs 2014, S. 476)
Durch die Trockenphasen, besonders in ostafrikanischen Ländern wie zum Beispiel Äthiopien oder auch Kenia, wurde der Hunger in den letzten Jahrzehnten deutlich verstärkt (ein aktuelles Beispiel wäre Somalia).

Besonders bei Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Dürren sind afrikanische Staaten auf Hilfe von außerhalb angewiesen, doch scheint die bisherige Entwicklungshilfe diesbezüglich nicht besonders wirksam zu sein, denn „[d]a die Entwicklungsgelder direkt an die afrikanischen Regierungen gingen, bestimmen die Politiker über deren Verteilung, was dazu führe, dass die Menschen alles daransetzen politisch mitzuspielen“ (Neubert 2009, S. 21). Das birgt die Gefahr, statt die Menschen vor Ort zu unterstützen, lediglich die Korruption anzukurbeln.
„Hinzuzufügen ist der Hinweis auf die verbreitete Ausbeutungsmentalität und Korruption der nationalen Eliten, die in Krisenzeiten gerne ihr Geld ins Ausland bringen sowie auf die häufig anzutreffende 'Bad Governence'.“ (Schiffer 2015, S. 37)
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) schreibt hierzu, dass weite Teile der afrikanischen Bevölkerung unter einer politischen Kultur leiden, die unter „Regieren“ nicht die Pflicht verstehe, dem Gemeinwohl zu dienen, sondern das Recht, sich selbst zu bedienen (BMZ 2017, S. 13).

Das BMZ zieht daraus die Konsequenz, dass sie nur noch „mit den Staaten intensiver zusammen[arbeiten], die reformorientiert sind und das vor allem durch Verlässlichkeit, Rechtssicherheit und politische Beteiligung ihrer Bürgerinnen und Bürger unter Beweis stellen“ (BMZ 2017, S. 13).

Dies setzt jedoch voraus, dass man die genaue politische Lage des Landes kennt und sich intensiv mit dem politischen System und dessen Funktionalität beschäftigt. Dies wäre beispielsweise durch Wahlbeobachter möglich, welche die jeweilige Wahl genauer beobachten müssten. „Private Investoren brauchen die richtigen staatlichen Rahmenbedingungen [...]“ (BMZ 2017, S. 21).

Der Gewinn an Demokratie wäre also nicht nur ein Vorteil für die dortige Bevölkerung, welche dadurch eigene Interessen artikulieren könnte, sondern auch für ausländische Privatinvestoren, die zwar primär ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen folgen, zugleich jedoch die lokale Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen könnten.

So weit zumindest die Theorie. Zunächst muss jedoch geprüft werden, ob es in afrikanischen Staaten überhaupt ein Demokratiedefizit gibt. Dazu ist der EIU-Democrcay-Index-2015 geeignet. Dieser Index, welcher von der Wirtschaftszeitschrift „The Economist“ publiziert wird, erstellt jedes Jahr ein Ranking, anhand dessen man die Entwicklungen und den aktuellen Stand der einzelnen Staaten sehen kann.

Der Index basiert auf einem System, welches den Wahlprozess und Pluralismus, die bürgerlichen Freiheiten, das Funktionieren der Regierung, die politische Beteiligung und die politische Kultur auf einer Skala von 1 bis 10 bemisst. Anschließend werden die Ergebnisse in „volle Demokratien“, „fehlerhafte Demokratien“, „hybride Regime“ und „autoritäre Regime“ kategorisiert. Das Schlussstatement für die 44 Staaten des subsaharischen Afrikas fiel im Jahre 2015 folgendermaßen aus:
„Overall, only one country—Mauritius—is deemed to be a “full democracy”, whereas 23 states—more than half of SSA countries—are considered “authoritarian”, and 12 are classified as “hybrid regimes”. Despite the slight increase in the region’s average score, the average country ranking fell from 106th to 113th in 2015, suggesting that SSA is falling behind other regions. The sources of democratic weakness vary. In addition to flawed electoral processes, many countries score poorly on the functioning of government, which reflects problems with paying civil servants, high levels of corruption, and limited administrative control over national territory. Widespread poverty and low education levels also hinder political participation, an important aspect of any democracy. In many places, the presence of a repressive regime serves to depress the score on civil liberties. As low commodity prices put pressure on governments and popular resentment towards long-serving autocratic rulers grows, repression could increase, putting further pressure on the civil liberties score.“ (The Economist Intelligence Unit's Democracy Index 2015, S. 41)
Laut diesem Ergebnis kommt also nur Mauritius in Frage, da es das einzige afrikanische Land ist, welches als „volle Demokratie“ die Vorgaben der BMZ erfüllt. Mauritius ist mit seinen 1,3 Millionen Einwohnern lediglich auf Weltrangliste 150 einzuordnen und verfügt über die Wirtschaftszweige Tourismus und Zuckerrohr (Miltsch in Gieler 2010, S. 313).

Das ist im Vergleich zu anderen afrikanischen Staaten, nimmt man besonders afrikanische Flächenstaaten hinzu (Mauritius ist auf Weltrangnummer 169 in Fläche), sehr wenig. Um also Handel mit Ländern Afrikas zu betreiben, darf man die Forderung nach Demokratie für eine Handelsgrundlage nicht aus europäischer oder deutscher Sicht sehen, sondern muss hierbei Abstriche machen.

Hinzu kommen auf dem gesamten afrikanischen Kontinent neun weitere Staaten mit dem Status "fehlerhafte Demokratien". Diese Staaten sind Botswana (Rang 28), Kap Verde (32), Südafrika (37), Ghana (53), Tunesien (57), Lesotho (64), Namibia (72), Sambia (73), und der Senegal (75). Würde man also die eigenen Vorschriften ernst nehmen, hätte man die Möglichkeit mit 10 von über 50 afrikanischen Staaten, davon 7 subsaharische Staaten, Handel zu treiben, hinzu kommen noch die zwei Inselstaaten Kap Verde und Mauritius.

Auf der anderen Seite schreibt das BMZ: „Selbstverständlich werden wir auch künftig unserer Mitverantwortung gegenüber den am wenigsten entwickelten Staaten gerecht“(BMZ 2017, S. 13). Es wird darauf nicht weiter eingegangen. „Der Tschad ist eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt – im UNDP Human Development Index 2007/2008 nahm der Staat Platz 170 von 177 ein“ (Sperfeldt in Gieler 2010, S. 487). Er wäre also definitiv einer dieser Staaten, der zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt gehören. Der Tschad belegt jedoch zugleich die Rangnummer 165 im The Economist Intelligence Unit's Democracy Index und ist daher, vor Syrien und Nord-Korea, das Land mit den dritt-wenigsten demokratischen Elementen. Es gehört also in die Kategorie „autoritäre Regime“.

Eine ähnliche Situation ist in Eritrea (Rang 151), dem Sudan (auch Rang 151), der Demokratischen Republik Kongo (157), Guinea-Bissau (160), Äquatorialguinea (163) und der Zentralafrikanischen Republik (164) vorhanden. Diese Staaten gehören zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt, sind zugleich aber einige der autoritärsten Regime der Welt. Staatliche Entwicklungshilfe würde diese Situation nicht verbessern und privaten Investoren würde es wohl an Sicherheit fehlen. Die Bevölkerungen dieser Staaten können daher oft nicht mit sinnvollen Investitionen unterstützt werden.

Eine nachhaltige Entwicklung scheint für diese Staaten nur schwer erreichbar zu sein, doch genau deises Ziel verfolgt der Marshallplan für Afrika des BMZ. „Der Marshallplan wird von drei Säulen und mehr als 100 Reformideen getragen und den Grundlagenthemen für Entwicklung flankiert“ (BMZ 2017, S. 12). Diese drei Säulen sind „Wirtschaft, Handel und Beschäftigung“, „Frieden und Sicherheit“ und „Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“.

Die erste Säule, „Wirtschaft, Handel und Beschäftigung“, wird mit den Schlagwörtern: „Berufliche Bildung“, „Finanzierung“ und „soziale Sicherung“ ergänzt. Die Wichtigkeit der Berufsausbildung wird in den Eckpunkten für einen Marshallplan mit Afrika folgendermaßen begründet:
„Mehr als 50 Millionen Jugendliche befinden sich in Afrika in unsicheren Arbeitsverhältnissen. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei bis zu 50 Prozent. Afrika braucht jährlich rund 20 Millionen neue Arbeitsplätze.“ (BMZ 2017, S. 16)
Diese Arbeitsplätze werden benötigt, da es laut der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung insgesamt 2 Milliarden Menschen auf dem afrikanischen Kontinent geben wird. Die Bevölkerung wird sich, verglichen mit den heutigen 965 Millionen Menschen, mehr als verdoppeln (vgl. Welt, 2007). Die daraus folgende Notwendigkeit, mehr Arbeitsplätze zu schaffen, welche zudem ein sicheres und geregeltes Einkommen ermöglichen, ist ein wichtiger Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der afrikanischen Wirtschaft.

Des weiteren fordert das BMZ „mehr Ausbildungsmöglichkeiten in Afrika, eine Aufwertung des Handwerks und der flächendeckende Aufbau beruflicher Ausbildung, insbesondere auch die Entwicklung eines modernen Berufsbildes in der Landwirtschaft“(BMZ 2017, S. 16). Das bedeutet vor allem Modernisierung. Es müssen adäquate Ausbildungsberufe her, welche auf lokale Bedürfnisse angepasst sind. Hierbei kann es auf Grund der vorherrschenden Heterogenität von Ressourcen und Möglichkeiten keine „panafrikanische“ Lösung geben. Das flächenreiche und fruchtbare Tansania hat andere Voraussetzungen als das günstig gelegene, jedoch für die meiste Landwirtschaft ungeeignete Dschibuti.

Des weiteren werden Berufe benötigt, welche nicht ausschließlich von der Verfügbarkeit von Rohstoffen abhängig sind. Nachhaltig wirtschaften bedeutet auch vorausschauend zu wirtschaften und ist daher auf neue Technologien angewiesen. Bei einer Bevölkerung, welche ungefähr bei einer Milliarde liegt, ist daher auch die Gewinnung von Strom brisant. Afrika verfügt über die größte Wüste der Welt, welche potentiell für die Gewinnung von Energie durch Sonnenstrahlen genutzt werden könnte. Auch Regionen südlich der Sahelzone werden auf Grund der „zenitalen“ Sonne sicherlich von Bedeutung für den Erwerb von nachhaltigen Energien sein.

Außerdem befinden sich in Afrika einige der größten und wasserreichsten Flüsse der Welt. Der größte Fluss der Welt und damit auch Afrikas ist der 6.671 km lange Nil. Die ägyptische Regierung profitiert von dem 1970 fertiggestellten Assuan-Staudamm, welcher maßgeblich zur Stromerzeugung des nordafrikanischen Landes beiträgt. Der Nil führt durch den Kongo (4.835 km) und durch Niger (4.160 km). Der afrikanische Kontinent verfügt demnach über ein großes Strompotenzial. Dieses Potenzial muss genutzt werden, um mit der weltweiten Wirtschaftskonkurrenz mithalten zu können.
„Die meisten Menschen in Subsahara-Afrika leiden unter erheblichem Energiemangel. 620 Millionen Menschen (68 % der Bevölkerung) haben keinen Zugang zu Elektrizität.“ (iass-potsdam, 2016, S. 15)
Ein ausreichendes Stromnetz ist essenziell, besonders in Zeiten der Globalisierung. Außerdem reduziere sie nicht nur die Chancen auf Gesundheit und Bildung, sie behindere auch, so heißt es in der iass-potsdam-Studie von 2016, landwirtschaftliche Aktivität und den Zugang zu verbesserten Wasserressourcen und Hygieneinrichtungen (S. 16). Ein erster und wichtiger Schritt zu einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung ist es also, mehrere Möglichkeiten zur nachhaltigen Stromgewinnung zu schaffen. Dies geschieht bislang oftmals durch ausländische Investoren. Diese ausländischen Investoren sind einerseits private Konzerne, auf der anderen Seite oftmals auch staatliche Unternehmen.
“Nach Erfassung des Mofcom investierten zwischen 1998 und 2012 etwa 2.000 chinesische Unternehmen in 49 afrikanische Länder. Hierbei ist die Top-Destination für chinesische Engagements Nigeria, mit Abstand gefolgt von Südafrika, Sambia, Äthiopien und Ägypten.“ (IHK,2017) 
Das hat einen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge, es wird in die Infrastruktur, die Gewinnung von Energie investiert. Investitionen, welche positive Auswirkungen auf das Leben der Afrikaner hat. Durch die Geschäfte der ausländischen Investoren verbesserte sich in vielen Ländern bereits das Straßennetz. In Addis Abeba, der Hauptstadt von Äthiopien, wurde mit chinesischer Hilfe die erste äthiopische S-Bahn-Strecke gebaut (Vgl. Spiegel, 2015), Wirtschaftszentren entstehen und ältere Gebäude müssen für neue Hochhäuser Platz machen.

Dieser neue „Wettlauf um Afrika“ kann aus Sicht der Bevölkerung jedoch auch kritische Züge bekommen, da der wirtschaftliche Aufschwung durch Staaten außerhalb des afrikanischen Kontinents zumeist an der einfachen Bevölkerung vorbeigeht. Es wird für den Bau von Straßen oder Gebäuden oftmals nur bei ausländischen Unternehmen geworben, welche ausländische Arbeiter angestellt haben und außer den fertigen Arbeiten nichts hinterlassen. So wird auch die neue Stadtbahn in Addis Abeba von chinesischen Fahrern betrieben.

Ein weiteres Thema ist die Landvergabe an große Investoren, welche oftmals nicht mit der lokalen Bevölkerung vereinbart wurde. Land, welches über mehrere Generationen von einer bestimmten Bevölkerung bewirtschaftet wurde, wird oft von staatlichen Institutionen als ihr Eigentum verstanden. Es gibt in vielen Regionen Afrikas oft keine schriftlichen Verträge oder Urkunden, welche den Besitz von Land festhalten. Das ist für viele Regierungen Grund genug, Land an ausländische Unternehmen zu verpachten oder zu verkaufen.

Die lokale Bevölkerung wird zum Spielball von wirtschaftlichen Interessen der Regierungen und ausländischer Unternehmen. Sie ist hierbei zumeist unterlegen und hat außer der Möglichkeit zu protestieren keinerlei Chancen auf ein Mitspracherecht.
„Sollten großflächige Vertreibungen erfolgen oder Nahrungsmittel exportiert werden, während große Teile der Bevölkerung hungern, sind [...] Proteste zu erwarten.“ (Hoering, 2009, S.108)
In einem demokratischen Staat hätte das negative Auswirkung auf das Bild der Regierung und die Bevölkerung würde die Konsequenz daraus bei den nächsten Wahlen ziehen. Da ausländische Firmen jedoch oftmals keine Berührungsängste mit korrupten Staaten haben (vgl. Handelsblatt, 2017), welche zudem einen schlechten Democracy Index haben, gibt es nur wenige Möglichkeiten für die lokale Bevölkerung, sich zu wehren.

Der Marshallplan mit Afrika behandelt diese Problematik mit der 3. Säule „Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“. Diese Säule beinhaltet Schlagwörter wie „Demokratie“, „Rechtsstaatlichkeit“, „Menschenrechte“, „Politische Teilhabe“, „Korruptionsbekämpfung“ und „Eigenmittel“.
„Private Investoren brauchen die richtigen staatlichen Rahmenbedingungen – auch um sicherzustellen, dass nicht nur die Eliten eines Landes profitieren, sondern alle.“ (BMZ 2017, S. 21)
Dies muss auf Staatenebene durchgesetzt werden und verlangt einen Rechtsstaat, welcher die Menschenrechte achtet, die politische Teilhabe der Bevölkerung ermöglicht und durch eine Bekämpfung der Korruption möglichst alle Bevölkerungsschichten mit einbeziehen kann. Diese Demokratien sind, wie bereits erwähnt, sehr selten auf dem afrikanischen Kontinent. Es muss daher der Handel mit Diktaturen gestoppt werden, als Resultat wäre ein Aufbegehren in der eigenen Bevölkerung wünschenswert.

Die afrikanische Bevölkerung steht selbst in der Verantwortung, ihre Interessen zu artikulieren, dies funktioniert jedoch nur mit entsprechenden demokratischen Grundelementen in den politischen Systemen der jeweiligen Republiken. Die Säule namens „Wirtschaft, Handel und Beschäftigung“ ist daher von der Säule „Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ abhängig und auch umgekehrt. Es braucht also eine Partnerschaft zwischen der EU, Deutschland und den Staaten der Afrikanischen Union (AU), welche nicht allein auf wirtschaftliche Interessen Afrikas Rücksicht nimmt, sondern ebenfalls die Demokratisierung der einzelnen Staaten maßgeblich unterstützt, ohne dabei zu sehr Einfluss zu nehmen. Das würde der Selbstbestimmung der afrikanischen Bevölkerung schaden.

Das BMZ folgert daraus: „Die Eigenverantwortung der afrikanischen Staaten muss gestärkt, die Zeit der „Entwicklungshilfe“ und die Zeit von „Geber und Nehmer“ abgelöst werden“(BMZ 2017, S. 4). Afrika soll durch den Marshallplan mit Afrika in Zukunft als Partner wahrgenommen werden.

Afrikanische Staaten können jedoch nur zu gleichrangigen Partnern werden, wenn die politische Stabilität innerhalb der jeweiligen Länder gegeben ist. Das spricht die BMZ mit der 2. Säule der Eckpunkte des Marshallplanes mit Afrika an. Die zweite Säule wird mit „Frieden, Sicherheit und Stabilität“ tituliert und um den Begriff „Widerstandsfähigkeit“ ergänzt.

Der bereits erwähnte Konflikt im Norden Nigerias, welcher zwischen islamistischen Terroristen und weiten Teilen der Bevölkerung und der nigerianischen Regierung stattfindet, sowie die Auseinandersetzungen zwischen der Al-Shabab-Miliz und der kenianischen Regierung verhindern in der jeweiligen Region den Frieden. Das macht es auf der einen Seite nicht möglich, einen demokratischen Staat zu errichten, und auf der anderen Seite schwindet das Interesse ausländischer Investoren, denn „wo geschossen wird, wird auch weiterhin niemand investieren“ (BMZ 2017, S. 19).

Ausländische Investoren werden demzufolge nicht für wirtschaftliche Stabilität sorgen können. Ein aktueller Konflikt, welcher sinnbildlich für die Lage vieler afrikanischen Staaten steht, ist der Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik. Es bekriegen sich die Séléka, welche dem muslimischen Glauben angehören, und christliche Milizen (vgl. bpb, 2014). Dies ist nur ein Grund für diesen Konflikt.
„Hinzu kommt, dass weite Teile des Landes nicht mehr unter staatlicher Kontrolle stehen. Konflikte in den Nachbarstaaten weiten sich seit Jahren grenzübergreifend auf die Zentralafrikanische Republik aus.“ (bpb, 2014) 
Es braucht in vielen afrikanischen Staaten mehr Vertrauen in die staatlichen Institutionen. Eine starke Demokratie und ein Rechtsstaat geben den Bürgern Vertrauen und Sicherheit. Ohne Sicherheit durch Demokratie werden kriegerische Konflikte und Hunger weiterhin keinen wirtschaftlichen und sozialen Aufschwung in afrikanischen Ländern zulassen. Die Bundesregierung und die EU stehen aus historischer sowie aus humanistischer Verantwortung in der Schuld, die Demokratisierung der afrikanischen Staaten zu unterstützen.

Es scheint, als schlägt die Bundesregierung durch den Marshallplan mit Afrika eine neue Richtung ein. Aus „Geber und Nehmer“ sollen Partner werden, denn auch die EU und Deutschland profitieren von einer Partnerschaft und dem erhofften Aufschwung der afrikanischen Wirtschaft. Dass 2017 das Afrikajahr der EU ist, scheint nach den Debatten über Geflüchtete kein Zufall. „Fluchtursachen bekämpfen“ hieß es öfter während der Bundestagswahl 2017.

Das BMZ entwickelte daher das beschriebene Drei-Säulen-Modell, welches aus „Wirtschaft, Handel und Beschäftigung“, „Frieden und Sicherheit“ und „Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ besteht. Aus historischen Ereignissen, besonders zur Kolonialzeit, und der aktuellen politischen Lage schlussfolgert das BMZ die Notwendigkeit einer Partnerschaft und damit auch eine Mitverantwortung.

Zwar schafft die AU (Afrikanische Union) mit der Agenda 2063 eigene Strategien, jedoch möchte das BMZ afrikanische Staaten und die EU zu zukünftigen Partnern machen. Das könnte eine win/win-Situation werden, jedoch nur, wenn wichtige Schritte zur Demokratisierung der AU-Staaten eingeleitet werden. Es besteht also die Möglichkeit zu einer nachhaltigen Afrikapolitik, jedoch nur wenn aus „Geber und Nehmer“-Ländern Partner werden, welche das eigene Interesse nicht bedingungslos über die Interessen Anderer stellen. 

Quellenverzeichnis

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